Veröffentlichung AllMBl. 2017/01 S. 48 vom 30.09.2016

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Az. 55-3562/144/1
7074-W
7074-W
Richtlinien für die Unterstützung der von der Naturkatastrophe
„Unwetter mit Hochwasser am 23./24. Juli 2016 in der Stadt Passau“
geschädigten gewerblichen Unternehmen und Angehörigen Freier Berufe
sowie gewerblichen Träger wirtschaftsnaher Infrastruktur
Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums
für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie
vom 30. September 2016, Az. 55-3562/144/1
Präambel
1Der Freistaat Bayern gewährt nach Maßgabe
der allgemeinen haushaltsrechtlichen Bestimmungen – insbesondere der Art. 23 und 44 der Bayerischen Haushaltsordnung (BayHO) und der dazu erlassenen Verwaltungsvorschriften bzw. der Allgemeinen Verwaltungsvorschriften für die Gewährung von Zuwendungen an die gewerbliche Wirtschaft (AVG)
der Verordnung (EU) Nr. 651/2014 der Europäischen Kommission vom 17. Juni 2014 zur Feststellung der Vereinbarkeit bestimmter Gruppen von Beihilfen mit dem Binnenmarkt in Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (Allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung – AGVO, ABl. L 187 vom 26. Juni 2014, S. 1)
insbesondere des Art. 50 AGVO (Beihilfen zur Bewältigung der Folgen bestimmter Naturkatastrophen)
Soforthilfen für gewerbliche Unternehmen, Angehörige Freier Berufe sowie gewerbliche Träger wirtschaftsnaher Infrastruktur, die von der Naturkatastrophe „Unwetter mit Hochwasser am 23./24. Juli 2016 in der Stadt Passau“ betroffen sind. 2Auf die Gewährung der Leistungen besteht kein Rechtsanspruch. 3Die zuständige Bewilligungsbehörde entscheidet aufgrund ihres pflichtgemäßen Ermessens im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel.
1.
Zweck der Förderung
1Gefördert werden Kosten/Ausgaben für die Behebung der durch die Naturkatastrophen in der Stadt Passau verursachten unmittelbaren Schäden an gewerblichen und freiberuflichen Betriebsstätten mit dem Ziel der Erhaltung der Betriebe und der Wiederherstellung der Betriebsfähigkeit. 2Mittelbare Schäden werden nicht berücksichtigt. 3Davon ausgenommen sind Schäden, die durch Einsatzkräfte und Einsatzfahrzeuge verursacht wurden, soweit diese Schäden nicht anderweitig reguliert werden können.
2.
Räumlicher und zeitlicher Geltungsbereich
1Förderfähig nach dieser Richtlinie sind ausschließlich Schäden, die vom räumlichen und zeitlichen Geltungsbereich der Finanzhilfeaktion „Unwetter mit Hochwasser am 23./24. Juli 2016 in der Stadt Passau“ des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat umfasst sind und für die die förmliche Anerkennung der zuständigen Behörden als Naturkatastrophe im Sinne von Art. 50 Abs. 1 AGVO vorliegt. 2In dem betroffenen Gebiet sind nur die Schäden förderfähig, die unmittelbar von der Naturkatastrophe verursacht wurden.
3.
Gegenstand der Förderung
1Folgende Kosten/Ausgaben zur Beseitigung unmittelbarer Schäden durch die Naturkatastrophe an gewerblichen und freiberuflichen Betriebsstätten werden gefördert:
Investitionen (u. a. Wiederherstellung der Nutzungsfähigkeit der betrieblichen Grundstücke und Gebäude, Ersatzbeschaffung beweglicher Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, einschließlich bilanziell aktivierbarer Eigenleistungen),
Umlaufvermögen (u. a. Lagerbestände und Waren),
sonstige Kosten/Ausgaben zur Beseitigung unmittelbarer materieller Schäden (z. B. Reparatur-, Putz- und Aufräumarbeiten).
2Kosten/Ausgaben zur Beseitigung von Schäden an Gebäuden, die sich bei Schadenseintritt noch im Rohbaustadium oder in der Rekonstruktion befanden, können gefördert werden. 3Durch vorübergehende Unterbrechungen der betrieblichen Tätigkeit entgangene Gewinne oder entstandene Verluste, Verluste von Aufträgen, Kunden oder Märkten oder Anwalts- oder Gerichtskosten sowie sonstige mittelbare Schäden werden nicht ersetzt. 4Ausgeschlossen ist auch der Ersatz von Schäden an Objekten, die bei Eintritt der Naturkatastrophe nicht mehr genutzt oder bereits für eine nicht gewerbliche oder nicht freiberufliche Nutzung vorgesehen waren.
4.
Zuwendungsempfänger (Antragsberechtigte)
4.1
Antragsberechtigt sind
4.1.1
Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft und Angehörige Freier Berufe mit bis zu 500 Arbeitnehmern und einer geschädigten Betriebsstätte,
4.1.2
gewerbliche Träger wirtschaftsnaher Infrastruktur mit bis zu 500 Arbeitnehmern und einer geschädigten wirtschaftsnahen Infrastruktur sowie
4.1.3
Eigentümer überwiegend betrieblich genutzter Betriebsstätten, die geschädigt sind und an ein Unternehmen oder einen Angehörigen Freier Berufe im Sinne der Nrn. 4.1.1 und 4.1.2 vermietet oder verpachtet sind.
4.2
Zudem setzt die Antragsberechtigung voraus, dass sich die geschädigte Betriebsstätte bzw. die geschädigte wirtschaftsnahe Infrastruktur in dem Gebiet nach Nr. 2 befindet.
4.3
Nicht gefördert werden Unternehmen in Schwierigkeiten gemäß Art. 2 Nr. 18 AGVO, es sei denn, die Schwierigkeiten sind auf das Schadensereignis zurückzuführen.
5.
Schadensfeststellung
1Bemessungsgrundlage der Förderung sind die Reparaturkosten bzw. der durch einen geeigneten externen Sachverständigen oder eine andere fachkundige Stelle festgestellte Wiederherstellungs- bzw. Ersatzbeschaffungswert der geschädigten/zerstörten Wirtschaftsgüter. 2Als Sachverständige bzw. fachkundige Stelle können beispielsweise Steuerberater oder Experten von Kommunen und kommunalen Gesellschaften fungieren. 3Vom Wiederherstellungs-/Ersatzbeschaffungswert ist ein Abzug „Neu für Alt“ durchzuführen (Vorteilsausgleich). 4Der Abzug „Neu für Alt“ erfolgt für die geschädigten Wirtschaftsgüter grundsätzlich nach folgenden Kriterien:
Bereits abgelaufener Anteil der
individuellen Nutzungsdauer (%)
Prozentualer Abzug vom Neupreis (%)
bei „neu für alt“
Bis 10 %
0
> 10 % bis 33 %
–10 %
> 33 % bis 66 %
–20 %
> 66 %
–30 %
5Der vom Antragssteller angegebene abgelaufene Anteil der individuellen Nutzungsdauer ist durch den Sachverständigen bzw. eine andere fachkundige Stelle festzustellen. 6Bei Reparaturkosten wird kein Abzug „Neu für Alt“ vorgenommen. 7Für die Ersatzbeschaffung geringwertiger Wirtschaftsgüter ist kein Abzug „Neu für Alt“ durchzuführen; stattdessen ist vom Neupreis ein pauschaler Abschlag in Höhe von 10 % (Vorteilsausgleich) vorzunehmen.
6.
Art und Umfang der Förderung
1Die Förderung erfolgt im Rahmen einer Projektförderung durch Zuschüsse im Wege der Anteilsfinanzierung. 2Zuwendungen werden ab einer Schadenshöhe von über 10 000 Euro gewährt. 3Eine Zuwendung unter 5 000 Euro wird nicht gewährt.
6.1
1Bei nicht versicherbaren Schäden wird ein Zuschuss in Höhe von bis zu 50 % der zuwendungsfähigen Kosten/Ausgaben, maximal 100 000 Euro, gewährt. 2Schäden, die nicht versichert waren, aber grundsätzlich versicherbar gewesen wären, können nur ausgeglichen werden, wenn ein Ausschluss aus solchen Versicherungen im Einzelfall nachgewiesen wird.
6.2
Bei versicherbaren Schäden wird ein Zuschuss in Höhe von bis zu 25 % der zuwendungsfähigen Kosten/Ausgaben, maximal 100 000 Euro, gewährt.
6.3
Reichen die Hilfen nach den Nrn. 6.1 und 6.2 nicht aus, können bei nachweisbarer Existenzgefährdung oder in vergleichbaren Härtefällen statt der unter den Nrn. 6.1 und 6.2 beschriebenen Zuschüsse Notstandsbeihilfen des Freistaats Bayern in Betracht kommen.
7.
Bedingungen
7.1
Mitwirkungspflicht und Offenlegungspflicht
1Der Zuwendungsempfänger ist verpflichtet, der Bewilligungsbehörde die zur Aufklärung des Sachverhalts und zur Bearbeitung seines Antrags erforderlichen Unterlagen und Informationen zur Verfügung zu stellen. 2Der Zuwendungsempfänger hat gegenüber der Bewilligungsbehörde alle auf Grund des Schadereignisses erhaltenen oder beantragten Zuwendungen, Zahlungen oder Leistungen Dritter (z. B. Versicherungsleistungen oder Spenden) offenzulegen.
7.2
Anrechnung sonstiger staatlicher Hilfen
Auf die Zuwendung sind für dasselbe Schadensereignis ggf. gewährte sonstige staatliche Hilfen zum Ausgleich von Schäden durch Naturkatastrophen anzurechnen (z. B. Sofortgeld).
7.3
Anrechnung von Leistungen Dritter
1Leistungen Dritter, insbesondere Versicherungsleistungen und Spenden, werden nur auf den Eigenanteil des Antragsstellers angerechnet. 2Nur zur Vermeidung einer Überkompensation erfolgt eine Anrechnung auf den Zuschuss nach dieser Richtlinie.
7.4
Keine Überkompensation
Bei Kumulierung der Soforthilfe mit anderen im Zusammenhang mit der Naturkatastrophe erhaltenen Leistungen (z. B. Leistungen Dritter, insbesondere etwaige Schadenersatzansprüche oder öffentliche Finanzierungshilfen) darf die Summe 100 % der zuwendungsfähigen Kosten/Ausgaben nicht überschreiten (100-%-Klausel).
7.5
Kostensteigerungen
In besonders begründeten Ausnahmefällen können aus Gründen der Verhältnismäßigkeit unvorhersehbare und unabwendbare Kostensteigerungen berücksichtigt werden.
8.
Einholung von Vergleichsangeboten
1Vor der Vergabe von Aufträgen zur Wiederherstellung der Betriebsfähigkeit gewerblicher und freiberuflicher Unternehmen (z. B. Aufräumarbeiten, Reparaturen, Ersatzbeschaffung) sind im Regelfall drei Vergleichsangebote einzuholen. 2Dies ist zu dokumentieren.
9.
Sonstige Bestimmungen
Als Nebenbestimmungen zu den AVG gelten die Besonderen Nebenbestimmungen für Zuwendungen an die gewerbliche Wirtschaft (Besondere Nebenbestimmungen – BNZW), soweit in diesen Richtlinien keine abweichenden Regelungen enthalten sind.
10.
Bewilligungsbehörde
Zuständig für die Prüfung des Antrags, die Bewilligung und Auszahlung der Zuschüsse sowie die Verwendungsnachweisprüfung ist die örtlich zuständige Regierung.
11.
Verfahren
1Anträge sind vor Beginn des Vorhabens und bis spätestens zum 31. Dezember 2016 an die zuständige Bewilligungsbehörde zu richten. 2Antragsformulare sind bei den Bewilligungsbehörden erhältlich. 3Die Bewilligungsbehörde kann in begründeten Fällen eine Nachfrist gewähren.
In dringenden Fällen ist der Beginn der Schadensbehebung bereits vor Antragstellung möglich und förderunschädlich (ab Eintritt des maßgeblichen Schadensereignisses).
Die Soforthilfe muss spätestens zum 31. Dezember 2019 bewilligt sein.
1Der Durchführungszeitraum ist in der Regel auf 36 Monate begrenzt. 2In begründeten und objektiv nachvollziehbaren Ausnahmefällen kann der dreijährige Zeitraum verlängert werden.
Die Zuwendung kann auch anteilig angefordert und ausbezahlt werden, soweit sie innerhalb von zwei Monaten nach der Auszahlung für fällige Zahlungen benötigt wird.
Der Verwendungsnachweis ist grundsätzlich innerhalb von sechs Monaten nach Abschluss der Maßnahme der Bewilligungsstelle vorzulegen.
Abweichend von Nr. 5.2 BNZW sind dem Verwendungsnachweis auf Anforderung der Bewilligungsbehörde Belege beizufügen.
12.
Auskunftspflichten, Prüfung
1Der Bayerische Oberste Rechnungshof ist berechtigt, bei den Zuwendungsempfängern Prüfungen gemäß Art. 91 BayHO durchzuführen. 2Dem Staatsministerium für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie sowie der Bewilligungsbehörde sind auf Verlangen erforderliche Auskünfte zu erteilen, Einsicht in Bücher und Unterlagen sowie Prüfungen zu gestatten. 3Ebenso hat die Europäische Kommission das Recht, Zuwendungen auf Grundlage dieser Richtlinie zu überprüfen und alle dafür notwendigen Unterlagen herauszuverlangen. 4Daher müssen alle für die Förderung relevanten Unterlagen zehn Jahre lang ab der Gewährung dieser Zuwendung aufbewahrt werden.
13.
Hinweis auf Elementarschadensversicherung
Den Zuwendungsempfängern sollte in den Zuwendungsbescheiden empfohlen werden, sich nachhaltig um den Abschluss einer Elementarschadensversicherung zu bemühen, bzw. den Umfang einer ggf. bereits bestehenden Elementarschadensversicherung soweit wie nötig zu erweitern.
14.
Inkrafttreten, Außerkrafttreten
Diese Bekanntmachung tritt mit Wirkung vom 30. September 2016 in Kraft und mit Ablauf des 31. Dezember 2019 außer Kraft.
 
Dr. Bernhard Schwab
Ministerialdirektor