Inklusion und Arbeitswelt
Maiaufruf von Staatsministerin Emilia Müller
Der „Tag der Arbeit“ ist immer ein guter Anlass, Bilanz zu ziehen und nach vorne zu blicken. Bayerns Arbeitsmarkt ist in bester Verfassung. In den vergangenen zehn Jahren haben wir es geschafft, die Arbeitslosigkeit um fast 40 Prozent zu reduzieren. Der Anteil der sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnisse steigt kontinuierlich an. Wir haben Vollbeschäftigung erreicht und mit rund 7,4 Millionen Erwerbstätigen die beste Arbeitsmarktsituation seit knapp 20 Jahren. Die Konjunktur ist robust. Die Auftragsbücher unserer Unternehmen sind voll. Der stärkste Beleg für die gute Lage: Deutschland ist wieder Exportweltmeister. Und das Wachstum des bayerischen Bruttoinlandsprodukts lag 2016 mit einem Plus von 2,1 Prozent erneut über dem bundesweiten Zuwachs von 1,9 Prozent.
Dieser Erfolg ist das Ergebnis einer Gemeinschaftsleistung. Mein Dank dafür gilt unseren hervorragend ausgebildeten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, unseren innovativen Unternehmerinnen und Unternehmern, aber auch unseren starken Gewerkschaften und Verbänden. Die Tarifpartnerschaft funktioniert und ist Grundlage des Erfolges.
Erfolg ist schön, aber nie Selbstzweck. Er soll uns stattdessen steter Ansporn sein, noch besser zu werden. Dazu gehört, allen Jobsuchenden den Zugang zum ersten Arbeitsmarkt zu eröffnen und ihnen echte Chancen zu ermöglichen. Die Inklusion von Menschen mit Behinderung spielt dabei eine zentrale Rolle. Beschäftigte mit einer Behinderung sind oft hochmotiviert und gut ausgebildet. Diese wertvollen Potentiale müssen wir noch stärker nutzen.
Dabei müssen wir uns immer bewusst sein: Ein großer Teil der betroffenen Menschen kommt nicht mit einer Behinderung zur Welt, sondern erwirbt sie erst im Laufe des (Arbeits-)Lebens. Infolge des demografischen Wandels und der längeren Lebensarbeitszeit wird also die Zahl von Beschäftigten mit einer Behinderung weiter steigen. Arbeitgeber, die schon heute Akzeptanz und Fairness leben und mit behindertengerechten Arbeitsplätzen, Arbeitsabläufen und Arbeitszeitmodellen auf die Bedürfnisse der Beschäftigten mit Behinderung reagieren, investieren daher direkt in die Zukunft ihres Unternehmens.
Und es hat sich einiges getan. Inklusion wird in der öffentlichen Wahrnehmung und damit auch in der Arbeitswelt immer selbstverständlicher. Das vierte Inklusionsbarometer der „Aktion Mensch“ bescheinigt Deutschlands Unternehmen eine durchaus optimistische Grundhaltung: Mehr als drei Viertel der inklusiv arbeitenden Unternehmen sind davon überzeugt, dass zwischen Beschäftigten mit und ohne Behinderung keine generellen Leistungsunterschiede existieren. Vielmehr bereichert Inklusion den Arbeitsalltag.
Denn Menschen mit und ohne Behinderung motivieren sich gegenseitig. Die Folge: Das Betriebsklima wird besser. Die Sozialkompetenz steigt. Das Zugehörigkeitsgefühl zur Firma wächst. Das dient allen.
Bayern ist dabei Taktgeber für die inklusive Gesellschaft. Denn wir setzen uns dafür ein, dass Menschen mit Behinderung selbst über ihr Leben bestimmen und es gestalten können. Allein um Menschen mit Behinderung bei der Inklusion in den ersten Arbeitsmarkt zu unterstützen, investieren wir jährlich über 75 Millionen Euro. Wir verlängern zudem die Förderung aus dem Bund-Länder-Programm „Initiative Inklusion“ aus Landesausgleichsabgabemitteln bis Ende 2018. Und wir haben mit unserer Initiative für das Bundesteilhabegesetz nicht nur eine der größten Sozialreformen der vergangenen Jahrzehnte angestoßen. Wir schaffen damit auch den Paradigmenwechsel, indem wir Menschen mit Behinderung aus der Fürsorge der Sozialhilfe herausholen und ihre Rechte auf Teilhabe bündeln. Damit verbessern wir die Jobchancen von Menschen mit Behinderung ganz konkret, etwa durch die Verdopplung des Arbeitsfördergeldes oder durch das Budget für Arbeit.
Wir sind gerade in dieser Legislaturperiode auf dem Weg zur inklusiven Gesellschaft entscheidende Schritte vorangekommen, aber natürlich noch nicht am Ziel. Wir entwickeln deshalb unsere Werkstätten, Inklusionsbetriebe und Programme beständig weiter. Und wir treiben den Bewusstseinswandel weiter voran – etwa mit dem Preis „JobErfolg“ oder mit Kampagnen wie „Inklusion in Bayern – wir arbeiten miteinander“. Das ist wichtig. Denn die wichtigste Baustelle ist – wie so oft – der Kopf.
Wer Menschen mit Behinderung einstellt und die notwendigen Rahmenbedingungen schafft, erzeugt Win-win-Situationen. Inklusion nützt allen: Den Beschäftigten und den Unternehmen. Den Menschen und dem Land. Denn die inklusive Gesellschaft ist nicht nur die gerechtere Gesellschaft. Sie ist auch die bessere.
Emilia Müller
Bayerische Staatsministerinfür Arbeit und Soziales, Familie und Integration