Allgemeinverfügung
(Allgemeine Vorschrift im Sinne von Art. 3 Absatz 2 der Verordnung
(EG) Nr. 1370/20071) des Freistaats Bayern
über die Einführung eines 365-Euro-Ticket MVV für Schülerinnen, Schüler
und Auszubildende zum 1. August 2020 als Höchsttarif
Hintergrund
Die Gremien der Münchner Verkehrs- und Tarifverbund GmbH (MVV GmbH) haben beschlossen, zum 1. August 2020 im Münchner Verkehrs- und Tarifverbund (MVV) für Schülerinnen, Schüler und Auszubildende ein 365-Euro-Ticket MVV mit verbundweiter Gültigkeit als Jahresticket einzuführen. Ausgangspunkt der Überlegungen für dieses neue Angebot war den Schülern und Auszubildenden ein preisgünstiges Angebot anzubieten, um zum einen diese Zielgruppe frühzeitig an den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) heranzuführen und zum anderen die Umwelt in Bezug auf den motorisierten Individualverkehr (MIV) zu entlasten.
Nach Prognose der MVV GmbH kann es in Folge der Einführung dieses neuen Angebotes bei den Verkehrsunternehmen, die den MVV-Gemeinschaftstarif anwenden, zu einem Rückgang der Fahrgeldeinnahmen im MVV kommen. Der Freistaat Bayern, die Landeshauptstadt München sowie die Landkreise Bad Tölz-Wolfratshausen, Dachau, Ebersberg, Erding, Freising, Fürstenfeldbruck, München und Starnberg stellen eine angemessene Finanzierung sinkender Fahrgelderlöse im MVV-Gemeinschaftstarif, die aus der Umsetzung der Einführung des 365-Euro-Ticket MVV resultieren, sicher.
Um die europarechtskonforme Finanzierung der Mindereinnahmen im MVV-Gemeinschaftstarif nach Einführung des 365-Euro-Ticket MVV sicherzustellen, werden als Grundlage für die Ausreichung der Ausgleichsleistungen an die Verkehrsunternehmen von den Aufgabenträgern im MVV für ihr jeweiliges Zuständigkeitsgebiet jeweils eine Allgemeine Vorschrift im Sinne von Art. 3 Absatz 2 der Verordnung (EG) 1370/2007 in Form einer Allgemeinverfügung erlassen.
Die operative Abwicklung, die Berechnung des Ausgleichsbetrages und die Durchführung des Finanztransfers gegenüber den Verkehrsunternehmen im MVV erfolgt über die MVV GmbH auf Basis der „Finanzierungsrichtlinie 365-Euro-Ticket MVV“, die als Anlage 2 Bestandteil dieser Allgemeinverfügung ist und von der Gesellschafterversammlung der MVV GmbH am 12. Mai 2020 beschlossen wurde.
Auf der Grundlage von § 15 des Allgemeinen Eisenbahngesetzes (AEG) in Verbindung mit Art. 3 Absatz 2 der Verordnung (EG) 1370/2007 und Art. 15 Absatz 1 des Gesetzes über den öffentlichen Personennahverkehr in Bayern (BayÖPNVG) erlässt das Bayerische Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr die nachstehende
Allgemeinverfügung
- 1.
- Das 365-Euro-Ticket MVV gemäß Anlage 1 wird im Schienenpersonennahverkehr (SPNV) gemäß Art. 1 Absatz 2 Satz 2 BayÖPNVG ab dem 1. August 2020 – frühestens jedoch ab Anzeige des geänderten MVV-Gemeinschaftstarifs gegenüber dem Bayerischen Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr und nach Zustimmung durch die Regierung von Oberbayern als zuständige Genehmigungsbehörden – als Höchsttarif für alle Auszubildenden im Sinne der Definition der bezugsberechtigten Personen des 365-Euro-Ticket MVV in Anlage 1 (im Folgenden Auszubildende genannt) im Sinne von Art. 3 Absatz 2 der Verordnung (EG) 1370/2007 festgesetzt. Die hiermit verbundene gemeinwirtschaftliche Verpflichtung umfasst die Beförderung von Auszubildenden im gegenüber der bis zum 31. Juli 2020 geltenden Fassung des MVV-Gemeinschaftstarifs (veröffentlicht am 14. August 2019) geänderten MVV‑Gemeinschaftstarif. Der sachliche und geografische Geltungsbereich dieser Allgemeinverfügung ist das Zuständigkeitsgebiet des Freistaats Bayern in Bezug auf Verkehrsleistungen im SPNV, für die der MVV-Gemeinschaftstarif nach Einführung des 365‑Euro-Ticket MVV Anwendung findet.
- 2.
- Verkehrsunternehmen, die im geografischen Geltungsgebiet des MVV-Gemeinschaftstarifs Verkehrsleistungen im SPNV erbringen und den Höchsttarif anwenden, haben ab dem 1. August 2020 – frühestens jedoch ab Anzeige des reformierten MVV-Gemeinschaftstarifs gegenüber dem Bayerischen Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr und nach Zustimmung durch die Regierung von Oberbayern als zuständige Genehmigungsbehörden – einen Anspruch auf Ausgleichsleistungen für die spezifischen finanziellen Nachteile, die den Verkehrsunternehmen aus der Einführung des 365-Euro-Ticket MVV erwachsen. Die Höhe der Ausgleichsleistungen richtet sich nach der Finanzierungsrichtlinie „365-Euro-Ticket MVV“ der MVV GmbH (Anlage 2). Die Ausgleichsleistung je Verkehrsunternehmen ist auf den Betrag beschränkt, der dem finanziellen Nettoeffekt im Sinne von Ziffer 2 des Anhangs der Verordnung (EG) 1370/2007 aufgrund der Einhaltung der Tarifpflicht nach Ziffer 1 entspricht.
- 3.
- Die Höhe der Ausgleichsleistung darf den finanziellen Nettoeffekt der Summe aller positiven und negativen Auswirkungen der Erfüllung der gegenständlichen gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung des Verkehrsunternehmens bezogen auf die Einhaltung der Tarifpflicht gemäß Ziffer 1 nicht übersteigen. Die Verkehrsunternehmen sind verpflichtet, jährlich einen Nachweis darüber zu führen, dass die empfangenen Ausgleichsleistungen zu keiner Überkompensation im Sinne von Art. 4 und Art. 6 Absatz 1 in Verbindung mit dem Anhang der Verordnung (EG) 1370/2007 geführt haben. Das Verfahren zur Nachweisführung richtet sich nach Maßgabe der Finanzierungsrichtlinie 365-Euro-Ticket MVV der MVV GmbH (Anlage 2).
- 4.
- Die Aufgabenträger im MVV (der Freistaat Bayern, die Landeshauptstadt München, die Landkreise Bad Tölz-Wolfratshausen, Dachau, Ebersberg, Erding, Freising, Fürstenfeldbruck, München und Starnberg) stellen gemeinsam zur Finanzierung des Ausgleichs nach Ziffer 2 aller Allgemeinverfügungen einen Gesamtausgleichsbetrag bis zu einer Höhe von 30 Millionen Euro pro Jahr zur Verfügung, der entsprechend der Finanzierungsrichtlinie 365-Euro-Ticket MVV (Anlage 2) fortgeschrieben wird; Details sind der Anlage 2 zu entnehmen. Der Freistaat Bayern stellt hiervon einen anteiligen Finanzierungsbetrag in Höhe von zwei Dritteln an der Gesamtfinanzierung (Fortschreibung entsprechend Anlage 2) zur Verfügung. Der Freistaat Bayern geht davon aus, dass der Gesamtausgleichsbetrag ausreicht, um den Verkehrsunternehmen einen angemessenen Ausgleich für die spezifischen Nachteile im MVV aus der Einhaltung der Tarifpflicht zu gewähren und die finanzielle Nachhaltigkeit der Erbringung der Verkehrsleistung im Sinne von Art. 2a Absatz 2 Buchstabe b der Verordnung (EG) 1370/2007 zu sichern. Sollte sich nach Einführung des 365-Euro-Ticket MVV zeigen, dass der Gesamtausgleichsbetrag hierfür nicht ausreicht, wird der Freistaat Bayern gemeinsam mit den übrigen Aufgabenträgern im MVV geeignete Maßnahmen (beispielsweise eine Anpassung des Gesamtausgleichsbetrags) prüfen, wie er der vorgenannten Zielsetzung gerecht werden kann.
- 5.
- Die objektive und transparente Aufstellung der Parameter, anhand derer die Ausgleichsleistung berechnet wird, die operative Abwicklung der Ausreichung der Ausgleichsleistungen, die Führung von Nachweisen durch die Verkehrsunternehmen und die Rückforderung von Ausgleichsleistungen unter Einbindung der MVV GmbH richten sich nach der „Finanzierungsrichtlinie 365-Euro-Ticket MVV“ der MVV GmbH (Anlage 2).
- 6.
- Diese Allgemeinverfügung ist am Tag nach der Veröffentlichung im Bayerischen Ministerialblatt bekanntgegeben (Art. 41 Absatz 4 Satz 4 des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes). Die Verpflichtung nach Ziffer 1 tritt jedoch erst einen Monat nach dem Tag in Kraft, an dem alle anderen Aufgabenträger im MVV (die Landeshauptstadt München, die Landkreise Bad Tölz-Wolfratshausen, Dachau, Ebersberg, Erding, Freising, Fürstenfeldbruck, München und Starnberg) eine Allgemeinverfügung gleichen Regelungsgehalts, die den Höchsttarif nach Anlage 1 festsetzt, bekanntgegeben haben und diese unanfechtbar geworden sind. Die Bekanntgabe erfolgt durch Veröffentlichung im jeweiligen Amtsblatt und mit Wirkung auf den dort genannten Termin.
- 7.
- Diese Allgemeinverfügung tritt am 31. Juli 2023 außer Kraft. Sie kann durch Allgemeinverfügung verlängert, geändert oder aufgehoben werden. Der Freistaat Bayern wird gemeinsam mit den anderen Aufgabenträgern im MVV bis zum 31. Dezember 2021 über eine Nachfolgeregelung dieser Allgemeinverfügung befinden beziehungsweise die erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um auch nach dem 31. Juli 2023 eine nachhaltige Erbringung der Verkehrsleistung durch die Verkehrsunternehmen unter Geltung des MVV-Gemeinschaftstarifs sicherzustellen.
- 8.
- Folgende Anlagen sind Bestandteil dieser Allgemeinverfügung:
Anlage 1: | Tarifbestimmungen für das 365-Euro-Ticket MVV |
Anlage 2: | Finanzierungsrichtlinie 365-Euro-Ticket MVV |
Gründe
Der Freistaat Bayern, der Stadtrat der Landeshauptstadt München sowie die Kreistage der Landkreise Bad Tölz-Wolfratshausen, Dachau, Ebersberg, Erding, Freising, Fürstenfeldbruck, München und Starnberg haben der Einführung des 365-Euro-Ticket MVV zugestimmt. Da die Umsetzung dieses neuen Angebotes nach den Prognosen der MVV GmbH, zu kalkulatorischen Mindereinnahmen von bis zu 30 Millionen pro Jahr (Fortschreibung entsprechend Anlage 2) führen kann und somit nicht ohne Ausgleichsleistungen möglich ist (vergleiche § 8a Absatz 1 Satz 2 des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG)), haben der Freistaat Bayern, der Stadtrat der Landeshauptstadt München sowie die Kreistage der Landkreise Bad Tölz-Wolfratshausen, Dachau, Ebersberg, Erding, Freising, Fürstenfeldbruck, München und Starnberg beschlossen, den betroffenen Verkehrsunternehmen hierfür einen wirtschaftlichen Ausgleich bis zu einer Höhe von 30 Millionen Euro pro Jahr zu gewähren, der Betrag von 30 Millionen Euro wird entsprechend der Finanzierungsrichtlinie 365-Euro-Ticket MVV (Anlage 2) fortgeschrieben.
Als rechtliche Grundlage für die Ausreichung der Ausgleichsleistungen an die Verbundverkehrsunternehmen im MVV erlässt der Freistaat Bayern, vertreten durch das Bayerische Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr in seiner Funktion als Aufgabenträger für den SPNV gemäß Art. 15 Absatz 1 BayÖPNVG und gemäß Art. 15 Absatz 2 BayÖPNVG zuständige Behörde im Sinne der Verordnung (EG) 1370/2007 in seinem sachlichen und räumlichen Zuständigkeitsbereich gemäß § 15 Absatz 1 AEG in Verbindung mit Art. 3 Absatz 2 der Verordnung (EG) 1370/2007 eine Allgemeine Vorschrift in Form einer Allgemeinverfügung über die Festsetzung des MVV-Gemeinschaftstarif als Höchsttarif für alle Auszubildenden. Die gemeinwirtschaftliche Verpflichtung geht über die in § 45a PBefG enthaltene gemeinwirtschaftliche Verpflichtung hinaus und im Rahmen des Ausgleichsverfahrens wird eine Doppelfinanzierung aufgrund Ausgleichsleistungen nach § 45a PBefG und nach dieser Allgemeinverfügung vermieden.
Er beachtet die Vorgaben des Rechts der Europäischen Union nach Maßgabe der Verordnung (EG) 1370/2007 durch eine transparente und diskriminierungsfreie Ausreichung der Mittel an die Verkehrsunternehmen und eine auf den finanziellen Nettoeffekt aus der Erfüllung der Tarifpflicht beschränkte Gewährung von Ausgleichsleistungen.
Rechtsbehelfsbelehrung
Gegen diese Allgemeinverfügung kann innerhalb eines Monats nach ihrer Bekanntgabe Klage beim örtlich zuständigen Bayerischen Verwaltungsgericht schriftlich, zur Niederschrift oder elektronisch in einer für den Schriftformersatz zugelassenen2 Form erhoben werden.
Örtlich zuständig ist das Bayerische Verwaltungsgericht, in dessen Bezirk der Kläger seinen Sitz oder Wohnsitz hat:
- Regierungsbezirk Oberbayern:
Verwaltungsgericht München in 80335 München, Bayerstraße 30, - Regierungsbezirke Niederbayern und Oberpfalz:
Verwaltungsgericht Regensburg in 93047 Regensburg, Haidplatz 1, - Regierungsbezirk Oberfranken:
Verwaltungsgericht Bayreuth in 95444 Bayreuth, Friedrichstraße 16, - Regierungsbezirk Unterfranken:
Verwaltungsgericht Würzburg in 97082 Würzburg, Burkarderstraße 26, - Regierungsbezirk Mittelfranken:
Verwaltungsgericht Ansbach in 91522 Ansbach, Promenade 24-28, - Regierungsbezirk Schwaben:
Verwaltungsgericht Augsburg in 86152 Augsburg, Kornhausgasse 4.
Für Kläger ohne Sitz oder Wohnsitz im Freistaat Bayern ist das Verwaltungsgericht München in 80335 München, Bayerstraße 30, örtlich zuständig.
Die Klage muss den Kläger, den Beklagten (Freistaat Bayern) und den Gegenstand des Klagebegehrens bezeichnen und soll einen bestimmten Antrag enthalten. Die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel sollen angegeben, die angefochtene Allgemeinverfügung soll in Abschrift beigefügt werden. Der Klage und allen Schriftsätzen sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.
München, den 15. Mai 2020
Andrea Degl
Ministerialdirigentin
- 1
- VERORDNUNG (EG) Nr. 1370/2007 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 23. Oktober 2007 über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 1191/69 und (EWG) Nr. 1107/70 des Rates (ABl. L 315/1) in der Fassung der Verordnung (EU) 2016/2338 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 14. Dezember 2016 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 hinsichtlich der Öffnung des Marktes für inländische Schienenpersonenverkehrsdienste (ABl. L 354/22). ↩
- 2
- Die Einlegung eines Rechtsbehelfs per einfacher E-Mail ist nicht zugelassen und entfaltet keine rechtlichen Wirkungen! Nähere Informationen zur elektronischen Einlegung von Rechtsbehelfen entnehmen Sie bitte der Internetpräsenz der Bayerischen Verwaltungsgerichtsbarkeit (www.vgh.bayern.de).
Kraft Bundesrechts wird in Prozessverfahren vor den Verwaltungsgerichten infolge der Klageerhebung eine Verfahrensgebühr fällig. ↩