2126-1-6-G
Begründung der Verordnung zur Änderung der Einreise-Quarantäneverordnung (EQV)
vom 29. November 2020
Die Begründung der Verordnung zur Änderung der Einreise-Quarantäneverordnung (BayMBl. Nr. 681) wird im Hinblick auf § 28a Abs. 5 Satz 1 IfSG bekannt gemacht.
Die vorliegende Änderungsverordnung beruht auf § 32 Satz 1 in Verbindung mit den §§ 28, 28a, 29, 30 Abs. 1 Satz 2 IfSG in Verbindung mit § 9 Nr. 5 DelV. Vorlage für die Verordnung ist die vom Bund zur Verfügung gestellte Muster-Verordnung zu Quarantänemaßnahmen für Ein- und Rückreisende zur Bekämpfung des Coronavirus vom 14. Oktober 2020 (Muster-VO, https://www.bundesregierung.de/resource/blob/997532/1798906/0a2294f4c1310622597ea8a24dad8521/2020-10-14-musterquarantaeneverordnung-data.pdf?download=1).
Hinsichtlich der Begründungspflicht der Verordnung ist Folgendes voranzustellen:
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Beschluss vom 23. November 2020 (Az. 20 NE 20.2454) im Rahmen einer summarischen Prüfung im Eilverfahren entschieden, dass es sich bei der Begründungspflicht nach § 28a Abs. 5 Satz 1 IfSG um eine im Verfahren zur Aufstellung einer Rechtsverordnung nach § 32 Satz 1 IfSG zu beachtende Anforderung handele, so dass die Begründungspflicht nur für Verordnungen gelten dürfte, die nach Inkrafttreten von § 28a IfSG erlassen werden. Zwar handelt es sich nur bei der vorliegenden Änderungsverordnung – nicht aber bei der EQV in ihrer ursprünglichen Fassung – um eine Verordnung, die nach Inkrafttreten von § 28a IfSG erlassen worden ist, gleichwohl soll nachfolgend nicht lediglich eine allgemeine Begründung der konkreten Änderungen, sondern darüber hinaus vielmehr eine solche der EQV insgesamt in der Gestalt erfolgen, die sie durch die Änderungsverordnung erhalten hat.
Die vorliegende Verordnung ist erforderlich, weil Infektionszahlen weltweit und auch innerhalb der Europäischen Union wieder massiv ansteigen. Insbesondere liegen die 7-Tage-Inzidenzen der Anrainerstaaten Deutschlands mit Ausnahme Dänemarks deutlich höher als in der Bundesrepublik. Nach Zahlen der WHO liegt die Bundesrepublik Deutschland am 27. November 2020 bei einer 7-Tage-Inzidenz von 152,9, Österreich bei 424,5, die Tschechische Republik bei 280,0 und die Schweiz bei 333,8 (https://who.maps.arcgis.com/apps/opsdashboard/index.html#/ead3c6475654481ca51c248d52ab9c61).
Da zugelassene Impfstoffe bisher und auch in absehbarer Zeit noch nicht in erforderlichem Maße zur Verfügung stehen und die Therapie schwerer Krankheitsverläufe komplex und langwierig ist, besteht die Gefahr einer Verstärkung des Infektionsgeschehens mit erheblichen Folgen für Leben und Gesundheit der Bevölkerung und einer möglichen Überforderung des Gesundheitssystems bei Einreisen aus Risikogebieten unvermindert fort.
Nach der Risikobewertung des Robert Koch-Instituts (RKI) handelt es sich weltweit und in Deutschland nach wie vor um eine sehr dynamische und ernst zu nehmende Situation; die Gefährdung für die Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland wird nach wie vor insgesamt als hoch, für Risikogruppen als sehr hoch eingeschätzt.
Oberstes Ziel ist daher nach wie vor, die weitere Verbreitung des Virus so beherrschbar zu halten, dass eine Überlastung des Gesundheitssystems auch in Zukunft insgesamt vermieden wird und die medizinische Versorgung bundesweit sichergestellt bleibt. Erfahrungen anderer Staaten wie den USA, Brasilien, Italien oder Spanien mit rasch zunehmenden Infiziertenzahlen und einer sehr hohen Zahl schwerer Krankheitsverläufe mit Bedarf an intensivmedizinischer Behandlung sind unbedingt zu vermeiden. Um dieses Ziel zu erreichen, bestehen bundesweit nach wie vor weitreichende Einschränkungen des öffentlichen Lebens fort. Im Alltag sind umfassende Hygieneauflagen Pflicht; das öffentliche Leben ist trotz erfolgter Lockerungen immer noch deutlich von der Normalität entfernt. Die fortbestehende Gefährdung zeigt sich auch bei lokalen Ausbrüchen mit zum Teil hohen Infiziertenzahlen, bei denen unter Umständen kurzfristig regional wieder erhebliche Beschränkungen des öffentlichen Lebens angeordnet wurden, um das Infektionsgeschehen einzudämmen und die Infektionsketten nachverfolgen zu können.
Aufgrund des aktuellen Infektionsgeschehens bundesweit und in Bayern muss zusätzlich zu den fortgeltenden Beschränkungsmaßnahmen im Inland sichergestellt werden, dass durch Einreisen in die Bundesrepublik Deutschland keine neuen Infektionsherde im Inland entstehen. In der Sommerferien- und Hauptreisezeit hat sich bereits gezeigt, dass sich neue Infektionsherde oftmals nach Einreise aus Risikogebieten bilden. Vor dem Hintergrund unterschiedlicher Infektionsgeschehen in den verschiedenen Staaten ist eine Differenzierung bei der Absonderungspflicht geboten. Diese kann auf Personen beschränkt werden, die sich vor ihrer Einreise nach Deutschland in einem Risikogebiet aufgehalten haben. Insofern ist weiterhin von einer Ansteckungsgefahr bei diesen Personen auszugehen. Seit 8. August 2020 gilt für diese Personen – zunächst nach der Verordnung des Bundesministeriums für Gesundheit zur Testpflicht von Einreisenden aus Risikogebieten vom 6. August 2020 (BAnz AT 07.08.2020 V1) eine Pflicht, auf Anforderung des zuständigen Gesundheitsamts ein ärztliches Zeugnis darüber vorzulegen, dass bei ihnen keine Anhaltspunkte für eine Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 erkennbar sind (Negativtest). Diese Testpflicht ist durch die Verordnung des Bundes zur Testpflicht von Einreisenden aus Risikogebieten vom 4. November 2020 (BAnz AT 06.11.2020 V1) neugestaltet worden. Als Testnachweis gilt ein negatives Testergebnis in Bezug auf einen direkten Erregernachweis des Coronavirus SARS-CoV-2 auf Papier oder in einem elektronischen Dokument in deutscher, englischer oder französischer Sprache. Die zugrundeliegende Testung darf höchstens 48 Stunden vor der Anforderung nach Absatz 1 Satz 1 vorgenommen worden sein. Nähere Anforderungen an den zugrundeliegenden Test werden vom RKI im Internet unter der Adresse https://www.rki.de/tests veröffentlicht.
Personen, die ein solches ärztliches Zeugnis nicht vorlegen können, sind verpflichtet, eine entsprechende ärztliche Untersuchung zu dulden, die insbesondere eine Testung auf das Vorliegen einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 einschließlich einer Abstrichnahme zur Gewinnung von Probenmaterial umfasst. Hierzu flankierend besteht eine Meldeverpflichtung einreisender Personen aus Risikogebieten (u. a. zu Identität, Kontaktdaten, Vorliegen eines ärztlichen Zeugnisses) sowie die Verpflichtung der Beförderer und der Betreiber von Flughäfen, Häfen und Bahnhöfen zur Information der Einreisenden sowie zur Verteilung und Weiterleitung von Aussteigekarten (vgl. dazu Anordnungen des Bundesministeriums für Gesundheit betreffend den Reiseverkehr nach Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite durch den Deutschen Bundestag vom 5. November 2020, BAnz AT 06.11.2020 B5).
Darüber hinaus ist für diese Personen eine allgemeine zehntägige häusliche Absonderung bei Einreise aus Risikogebieten weiterhin notwendig, sofern sie nicht den Ausnahmeregelungen unterfallen bzw. – soweit eine Freitestung erfolgen kann – keinen negativen Test vorweisen können bzw. solange sie auf das Testergebnis warten, um die in Deutschland und im europäischen Raum bereits ergriffenen Maßnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 nicht zu gefährden. Hiermit wird die aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes folgende Schutzpflicht für Leben und körperliche Unversehrtheit zugunsten der Bürgerinnen und Bürger im Rahmen des bestehenden Einschätzungsspielraums wahrgenommen. Da die weltweite epidemische Gefahrenlage fortbesteht und insbesondere aus Risikogebieten mit einem erneuten Eintrag von Infektionen zu rechnen ist, ist diese Maßnahme vor dem Hintergrund einer potentiell tödlich verlaufenden Viruserkrankung auch nach einer neuen, aktuellen Lagebewertung weiterhin geboten und angemessen. Die möglicherweise eintretenden Schäden durch eine Einreise aus Risikogebieten ohne anschließende Absonderung können folgenschwer und gravierend sein. Ein- und Rückreisende aus so festgestellten Risikogebieten müssen deshalb grundsätzlich für zehn Tage abgesondert werden. Vergleichbare Regelungsansätze, die der Eindämmung der Coronavirus-Pandemie dienen, werden derzeit von einer Vielzahl von Staaten weltweit umgesetzt.
Ausnahmen gelten für Personen, die ohne Zwischenhalt durch ein Risikogebiet durchreisen oder die nicht der Pflicht zur häuslichen Absonderung nach der Einreise aus einem Risikogebiet unterliegen. Letzteres ist der Fall, wenn die Personen einem Ausnahmetatbestand des § 2 unterfallen. Um das Funktionieren des Gemeinwesens sowie Ehe- und Familienlebens sicherzustellen, ist es erforderlich und unter Wahrung infektiologischer Gesichtspunkte vertretbar, im engen Rahmen Ausnahmen von der Absonderungspflicht für bestimmte Personengruppen vorzusehen. Die Ausnahmen sind zu beschränken auf für das Funktionieren des Gemeinwesens und des Ehe- und Familienlebens zwingend notwendige Bereiche. Den genannten Fällen ist gemeinsam, dass durch andere Schutz- und Hygienemaßnahmen das Risiko einer Verbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 gemindert werden kann.
Soweit eine Absonderung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 erfolgen muss, beträgt diese nach der Einreise aus einem Risikogebiet zehn Tage. Auf diese Zeitspanne hatten sich die Gesundheitsminister der Europäischen Union Anfang September 2020 gemeinsam verständigt. Laut WHO beträgt die durchschnittliche Inkubationszeit fünf bis sechs Tage. Unter Berücksichtigung der Absonderungsdauer ist damit auch eine Testung und eine Verkürzung der Absonderungsdauer erst nach fünf Tagen zielführend. Nur so kann weitgehend ausgeschlossen werden, dass Ansteckungen in den letzten Tagen im Risikogebiet unerkannt bleiben und zu weiteren Ansteckungen nach Einreise in das Bundesgebiet führen.
Die Änderungen der vorliegenden Änderungsverordnung betreffen die Aktualisierung des Verweises auf die Anordnungen des Bundesministeriums für Gesundheit in der aktuellen Fassung in § 1 Abs. 3 und die Ausnahmetatbestände in § 2 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2 und Nr. 3. Der Ausnahmetatbestand des § 2 Abs. 2 Nr. 1 wird dahingehend eingeschränkt, dass Aufenthalte im Rahmen des Grenzverkehrs mit Nachbarstaaten nur noch privilegiert sind, wenn der Auslandsaufenthalt ausschließlich einem triftigen Reisegrund dient. Triftige Reisegründe sind berufliche, dienstliche, geschäftliche, schulische, medizinische oder familiär bedingte Gründe sowie Besorgungen des täglichen Bedarfs, nicht aber sportliche oder touristische Zwecke. Der neu geschaffene § 2 Abs. 2 Nr. 2 privilegiert Personen, die beruflich bedingt grenzüberschreitend Personen, Waren oder Güter auf der Straße, der Schiene, per Schiff oder per Flugzeug transportieren. Zur Erleichterung des internationalen Warenverkehrs werden diese Personen von der Einreisequarantänepflicht ausgenommen. In § 2 Abs. 2 Nr. 3 der neu gefassten Verordnung wird schließlich eine Angleichung an die Muster-VO vorgenommen, wonach die dortigen spezifischen Privilegierungen nicht nur für Personen gelten, die sich weniger als 72 Stunden in Deutschland aufhalten, sondern auch für solche, die sich weniger als 72 Stunden in einem Risikogebiet aufgehalten haben.
Mit der Aufhebung des § 4 wird der Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 24. November 2020, Az. 20 NE 20.2605 nachvollzogen.
Die Maßnahmen sind – wie auch durch § 28a Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 1 IfSG angeordnet – zeitlich befristet. Die Einreise-Quarantäneverordnung tritt mit Ablauf des 20. Dezember 2020 außer Kraft.