2126.0-G
Richtlinie über die Gewährung einer Landarztprämie
(Landarztprämienrichtlinie – LAPR)
Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege
vom 23. November 2020, Az. 31c-G8060-2018/9-61
1Zentrales Ziel der Staatsregierung ist es, allen Bürgerinnen und Bürgern unabhängig vom Alter, Einkommen und von sozialer Herkunft eine möglichst wohnortnahe und qualitativ hochwertige medizinische Versorgung zu gewährleisten. 2Der Freistaat Bayern gewährt eine Prämie für die Niederlassung von Ärztinnen und Ärzten, die Gründung von Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) und Filialbildungen in medizinisch schlechter versorgten Regionen. 3Die Landarztprämie ist eine freiwillige Leistung des Freistaates Bayern und wird nach Maßgabe dieser Richtlinie und ohne Rechtspflicht im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel gewährt.
1.
1Eine ausreichende wohnortnahe ambulante ärztliche Versorgung ist in Bayern überwiegend gewährleistet. 2Aufgrund ungünstiger Entwicklungen von infrastrukturellen und soziodemografischen Faktoren kann es insbesondere bei einer Kumulierung besonderer Herausforderungen, wie dem Zusammentreffen einer alternden Bevölkerung mit erhöhtem medizinischen Versorgungsbedarf bei gleichzeitig ebenfalls älter werdender Ärzteschaft sowie ungünstiger Erreichbarkeit und Mobilitätslage, in Einzelfällen zu einer unzureichenden medizinischen Versorgung kommen. 3Für diese Regionen, die häufig einen ländlichen Charakter aufweisen, ist es oftmals schwieriger, ausreichend Ärztinnen und Ärzte für eine vertragsärztliche Tätigkeit zu gewinnen, um die Versorgungslage langfristig zu stabilisieren. 4Mit der Landarztprämie soll ein finanzieller Ausgleich für diese besonderen Herausforderungen erfolgen und damit die Entscheidung für die Niederlassung, Gründung von Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) und Filialbildungen im Landarztprämiengebiet gefördert werden. 5Die Landarztprämie soll insbesondere die Nachteile ausgleichen, die den Ärztinnen und Ärzten durch eingeschränkte berufliche Entwicklungsmöglichkeiten, infrastrukturelle Defizite und die weniger flexiblen Arbeitsmodelle entstehen. 6Zudem sollen Nachteile ausgeglichen werden, die durch die höhere Arbeitsbelastung und die oftmals großen zurückzulegenden Entfernungen, aufgrund der besonderen Zusammensetzung der Patientenklientel im Landarztprämiengebiet sowie durch die höhere Morbidität und die spezifische Altersstruktur, entstehen.
2.
1Landarztprämiengebiet ist jeder Planungsbereich des Bedarfsplans der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (Planungsbereich), für den vom Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen in Bayern keine Zulassungsbeschränkungen nach § 103 Abs. 1 SGB V angeordnet sind, es sei denn, es sind trotz der Zulassungsbeschränkungen Ausnahmen nach § 100 Abs. 3 SGB V, § 101 Abs. 1 Satz 8 und Abs. 4 Satz 5 und 6 SGB V oder § 103 Abs. 2 Satz 4 SGB V möglich. 2Eine Ausnahme liegt auch dann vor, wenn die für den Planungsbereich angeordneten Zulassungsbeschränkungen ohne die beabsichtigte Praxisnachfolge nach § 103 Abs. 3a und 4 SGB V in der nächsten regulären Sitzung des Landesausschusses aufgehoben werden müssten oder ein unmittelbares schwerwiegendes lokales Versorgungsdefizit entstünde
und eine ausreichende Mitversorgung der lokalen Bevölkerung durch andere an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärztinnen und Ärzte nicht möglich oder nicht zumutbar wäre.
3.
1Der Freistaat Bayern gewährt im Landarztprämiengebiet jeweils einmalig Prämien (Landarztprämie) für
- 3.1
- die vertragsärztliche Niederlassung als
- a)
- Hausärztin oder Hausarzt,
- b)
- Frauenärztin oder Frauenarzt,
- c)
- Kinderärztin oder Kinderarzt,
- d)
- Augenärztin oder Augenarzt,
- e)
- Chirurgin oder Chirurg, Orthopädin oder Orthopäde,
- f)
- Hautärztin oder Hautarzt,
- g)
- HNO-Ärztin oder HNO-Arzt,
- h)
- Nervenärztin oder Nervenarzt,
- i)
- Urologin oder Urologe,
- j)
- Psychotherapeutin oder Psychotherapeut oder
- k)
- Kinder- und Jugendpsychiaterin oder Kinder- und Jugendpsychiater,
- 3.2
- die Gründung von Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) in den Fachrichtungen der Nr. 3.1 und
- 3.3
- Filialbildungen in den Fachrichtungen der Nr. 3.1.
2Maßgeblicher Zeitpunkt für das Vorliegen eines Landarztprämiengebietes, ist der Zeitpunkt der Aufnahme der ärztlichen Tätigkeit. 3Gibt eine Vertragsärztin oder ein Vertragsarzt im Zusammenhang mit der Niederlassung einen Vertragsarztsitz an anderer Stelle in Bayern auf, so wird eine Prämie nur gewährt, wenn sich der bisherige Vertragsarztsitz außerhalb des Landarztprämiengebietes und der andere Vertragsarztsitz im Landarztprämiengebiet befindet. 4Die Landarztprämie wird nur zugelassenen Vertragsärztinnen und Vertragsärzten und Vertragspsychotherapeutinnen und Vertragspsychotherapeuten sowie den nach Maßgabe des § 95 Abs. 1a Satz 1 SGB V zulässigen Rechtsträgern von MVZ gewährt.
4.
1Die Gewährung der Landarztprämie setzt – neben der Berücksichtigung von Zweck und Gegenstand nach Nrn. 1 und 3 – weiter voraus, dass
- 4.1
- sich Ärztinnen oder Ärzte der Arztgruppe der Kinder- und Jugendpsychiater in einer bayerischen Gemeinde im Landarztprämiengebiet mit höchstens 40 000 Einwohnern bzw. sich Ärztinnen oder Ärzte der anderen als in Nr. 3.1 Buchst. k genannten Arztgruppen in einer bayerischen Gemeinde im Landarztprämiengebiet mit höchstens 20 000 Einwohnern in einer der in Nrn. 3.1 bis 3.3 genannten Form ansiedeln,
- 4.2
- die Aufnahme der ärztlichen Tätigkeit (Stichtag) erfolgt ist und der Antrag auf Gewährung der Landarztprämie spätestens innerhalb von sechs Monaten ab dem Stichtag eingereicht wurde und
- 4.3
- der Zuwendungsempfänger sich gegenüber dem Freistaat Bayern verpflichtet, die ärztliche Tätigkeit, für die die beantragte Prämie gewährt wird, mindestens 60 Monate ab dem Stichtag am Praxissitz aufrechtzuerhalten und die ärztliche Tätigkeit in diesem Zeitraum auch tatsächlich im beantragten Umfang am im Antrag genannten Praxissitz im Landarztprämiengebiet auszuüben (Bindungsdauer).
2Bei Unterbrechung der Tätigkeit nach Satz 1 Nr. 4.3 von mehr als drei Monaten jährlich, beispielsweise wegen des unmittelbaren zeitlichen Zusammenhangs mit einer Entbindung oder der Erziehung von Kindern, verlängert sich die Dauer der Ausübung der ärztlichen Tätigkeit entsprechend. 3Sowohl die Unterbrechung als auch jede Änderung am Umfang der Ausübung der Tätigkeit nach Satz 1 Nr. 4.3 ist dem Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) anzuzeigen.
5.
- 5.1
- 1Die Höhe der Landarztprämie für eine Niederlassung von Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten sowie bei einer Gründung eines MVZ mit der Fachrichtung der Psychotherapie beträgt bis zu 20 000 Euro. 2Bei Bildung einer Filiale nach Satz 1 beträgt die Höhe der Landarztprämie jeweils bis zu 5 000 Euro.
- 5.2
- 1Die Höhe der Landarztprämie für eine Niederlassung von Ärztinnen und Ärzten oder bei einer Gründung eines MVZ mit einer anderen als in Nr. 3.1 Buchst. j genannten Arztgruppe beträgt bis zu 60 000 Euro. 2Bei Bildung einer Filiale nach Satz 1 beträgt die Höhe der Landarztprämie jeweils bis zu 15 000 Euro.
- 5.3
- Die Höhe der Landarztprämie gemäß den Nrn. 5.1 bis 5.2 reduziert sich bei hälftigem Versorgungsauftrag um die Hälfte, bei einem Versorgungsauftrag zu drei Vierteln um ein Viertel.
- 5.4
- 1Aufgrund der besonderen Bedeutung, die dem Erhalt der vertragsärztlichen Versorgung in Gemeinden nach Nr. 4.1 in Planungsbereichen mit festgestellter Unterversorgung oder festgestellter drohender Unterversorgung zukommt, kann eine Landarztprämie auch neben einer Förderung auf Grundlage der Sicherstellungsrichtlinie der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns gewährt werden. 2In diesen Fällen gelten für die Höhe der Landarztprämie aus den Mitteln des Freistaates Bayern die folgenden Maßgaben:
- a)
- 1Die Höhe der Landarztprämie für eine Niederlassung von Psychotherapeutinnen oder Psychotherapeuten sowie bei einer Gründung eines MVZ mit der Fachrichtung der Psychotherapie beträgt bis zu 6 700 Euro. 2Bei der Bildung einer Filiale nach Satz 1 beträgt die Höhe der Landarztprämie jeweils bis zu 1 700 Euro.
- b)
- 1Die Höhe der Landarztprämie für eine Niederlassung von Ärztinnen und Ärzten oder bei einer Gründung eines MVZ mit einer anderen als in Nr. 3.1 Buchst. j genannten Arztgruppe beträgt bis zu 20 000 Euro. 2Bei der Bildung einer Filiale nach Satz 1 beträgt die Höhe der Landarztprämie jeweils bis zu 5 000 Euro.
- c)
- Ist die Gesamtsumme, die ein Begünstigter aus den Mitteln der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns und des Freistaates Bayern nach Maßgabe der Buchst. a bis d erhält, niedriger als die Summe, die allein aus den Mitteln des Freistaates Bayern nach den Nrn. 5.1 bis 5.4 ausgereicht werden würde, kann der Betrag der Landarztprämie nach den Buchst. a bis d mit Zustimmung des Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege um die Differenz zwischen der Gesamtsumme und dem Regelsatz der Landarztprämie erhöht werden.
- d)
- Soweit die Aufnahme der ärztlichen Tätigkeit in einer Gemeinde erfolgt, die weniger als 5 000 Einwohner umfasst oder in einem Planungsbereich erfolgt, in dem der Altersdurchschnitt der Ärztinnen und Ärzte der jeweiligen Fachgruppe über dem bayerischen Altersdurchschnitt der jeweiligen Fachgruppe liegt, wird zusätzlich einmalig ein Zuschlag in Höhe von 10 % der jeweiligen Landarztprämie gewährt.
- e)
- Nr. 5.3 gilt entsprechend.
6.
- 6.1
- 1Soweit nicht ausgeschlossen ist, dass die einzelne Gewährung der Landarztprämie als eine Beihilfe im Sinne des EU-Beihilferechts anzusehen ist, hat die Bewilligungsbehörde zur Freistellung der Landarztprämie von der Anmeldepflicht bei der Kommission die Verordnung (EU) Nr. 1407/2013 der Kommission vom 18. Dezember 2013 über die Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf De-minimis-Beihilfen (ABl. L 352 vom 24. Dezember 2013, S. 1 ff. im Folgenden: De-minimis-Verordnung) anzuwenden. 2Die Bewilligungsbehörde prüft in diesem Fall, ob die Voraussetzungen der De-minimis-Verordnung vorliegen. 3Der Antragsteller gibt daher bereits bei Antragstellung eine De-minimis-Erklärung gegenüber der Bewilligungsbehörde ab. 4Dem Antragsteller wird bei Vorliegen der Voraussetzungen der De-minimis-Verordnung eine De-minimis-Bescheinigung ausgehändigt. 5Diese ist vom Antragsteller zehn Jahre lang aufzubewahren und auf Anforderung der Europäischen Kommission, der Bundesregierung, Landesverwaltung oder bewilligenden Stelle innerhalb von einer Woche oder einer in der Anforderung festgesetzten längeren Frist vorzulegen. 6Wird die Bescheinigung innerhalb der Frist nicht vorgelegt, entfällt rückwirkend die Bewilligungsvoraussetzung und die Beihilfe zuzüglich Zinsen wird zurückgefordert.
- 6.2
- 1Die Landarztprämie ist eine Subvention gemäß § 264 des Strafgesetzbuches. 2Die für die Gewährung der Landarztprämie maßgeblichen Tatsachen sind subventionserheblich im Sinne dieser Bestimmungen (vgl. Art. 1 des Bayerischen Strafrechtsausführungsgesetzes vom 13. Dezember 2016) in der jeweils geltenden Fassung. 3Mit dem Antrag auf Gewährung einer Landarztprämie ist eine entsprechende Erklärung abzugeben.
7.
1Die Landarztprämie ist zurückzuzahlen,
- a)
- bei einem Verstoß gegen die Anzeigepflicht nach Nr. 4 Satz 3
- b)
- bei einem Verstoß gegen die Bindungsdauer nach Nr. 4.3 und
- c)
- wenn der Empfänger der Landarztprämie auch auf Grundlage der Sicherstellungsrichtlinie der KVB gefördert wird, aber entgegen Nr. 5.4 eine zu hohe Fördersumme erhalten hat.
2Die Vorschriften des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (BayVwVfG) bleiben unberührt. 3Der Erstattungsbetrag errechnet sich bei einem Verstoß gegen Nr. 4.3 aus der ausgezahlten Landarztprämie dividiert durch 60 (Monate der Bindungsdauer) multipliziert mit der Anzahl der Monate, in denen die Tätigkeit vorzeitig beendet oder nicht tatsächlich ausgeübt wird oder ausgeübt worden ist. 4Von einer Rückforderung kann ganz, teilweise oder zeitweise abgesehen werden, wenn der Empfänger der Landarztprämie die Beendigung der Betätigung oder die Reduzierung des Versorgungsauftrags nicht zu vertreten hat oder ein besonderer Härtefall vorliegt.
8.
1Der Antrag auf Gewährung einer Landarztprämie ist beim LGL mit dem auf der Internetseite des LGL bereitgestellten Formblatt einzureichen. 2Dem unterschriebenen Antrag sind beizufügen:
- a)
- Ein Arztregisterauszug der KVB,
- b)
- eine Erklärung über die Aufnahme der ärztlichen Tätigkeit,
- c)
- die zulassungsrechtliche Entscheidung über die vertragsärztliche Tätigkeit des Antragstellers oder die Gründung eines MVZ,
- d)
- eine „De-minimis“-Erklärung,
- e)
- eine Erklärung zu subventionserheblichen Tatsachen,
- f)
- eine Erklärung, ob ein Antrag zur Förderung auf Grundlage der Sicherstellungsrichtlinie der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns gestellt worden ist oder beabsichtigt wird, einen solchen Förderantrag zu stellen und die Entscheidung der KVB und
- g)
- eine datenschutzrechtliche Einverständniserklärung, insbesondere mit der Einwilligung der Auskunftseinholung des LGL bei der KVB über für das jeweilige Prämienverhältnis relevante Daten.
9.
1Das Landesamt prüft die Anträge, teilt den Begünstigten die Gewährung der Landarztprämie schriftlich mit und zahlt diese aus. 2Sofern dem Antrag nicht entsprochen werden kann, wird dies den Antragstellern ebenfalls schriftlich mitgeteilt.
10.
Der Bayerische Oberste Rechnungshof ist berechtigt, bei den Empfängern der Landarztprämie Prüfungen im Sinne des Art. 91 BayHO durchzuführen.
11.
1Diese Richtlinie tritt am 1. Januar 2021 in Kraft; sie tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2022 außer Kraft. 2Die Richtlinie zur Förderung der Niederlassung von Ärztinnen und Ärzten sowie von Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten im ländlichen Raum vom 2. Oktober 2013 (AllMBl. S. 420), die zuletzt durch Bekanntmachung vom 8. November 2019 (BayMBl. Nr. 503) geändert worden ist, tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2020 außer Kraft. 3Anträge, die zum Zeitpunkt der Geltung der Richtlinie zur Förderung der Niederlassung von Ärztinnen und Ärzten sowie von Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten im ländlichen Raum vom 2. Oktober 2013 gestellt und zum Zeitpunkt des Außerkrafttretens der Richtlinie noch nicht verbeschieden wurden, werden nach dieser Richtlinie verbeschieden mit der Maßgabe, dass
- a)
- abweichend von Nr. 3.3 Satz 2 für diese Anträge nicht der Zeitpunkt der Aufnahme der ärztlichen Tätigkeit, sondern der Zeitpunkt der Antragstellung maßgeblicher Zeitpunkt für das Vorliegen eines Landarztprämiengebiets ist und
- b)
- abweichend von Nr. 4.2 für diese Anträge die bereits erfolgte Aufnahme der ärztlichen Tätigkeit keine Prämienvoraussetzung ist; die Antragstellung vor Tätigkeitsaufnahme ist in diesen Fällen unschädlich.
Dr. Winfried Brechmann
Ministerialdirektor