7912.5-U
Vollzug des Bayerischen Naturschutzgesetzes;
Teil 6 „Erholung in der freien Natur“
Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz
vom 27. November 2020, Az. 62f-U8667.0-2019/1-126
1.
1.1
1Das Recht auf Genuss der Naturschönheiten und auf Erholung in der freien Natur ist durch Art. 141 Abs. 3 Satz 1 der Bayerischen Verfassung (BV) zu einem jedermann zustehenden subjektiven Recht im Range eines Grundrechts erhoben worden. 2Das Recht auf Naturgenuss und Erholung hat öffentlich-rechtliche und privatrechtliche Auswirkungen. 3Öffentlich-rechtlich beschränkt es das Eigentum an den von ihm erfassten Grundstücken und konkretisiert dessen Sozialbindung. 4Die sich im Einzelnen daraus ergebenden Verpflichtungen hat der betroffene Eigentümer wegen der Situationsgebundenheit seines Grundstückes grundsätzlich entschädigungslos hinzunehmen (Art. 36 Abs. 1 BayNatSchG). 5Den staatlichen Vollzugsbehörden obliegt die Durchsetzung und Überwachung der sich aus dem Recht auf Naturgenuss und Erholung im Einzelnen ergebenden Rechte und Pflichten. 6Daneben hat dieses Recht auch privatrechtliche Wirkungen, indem es dem Eigentümer oder sonstigen Berechtigten, wie zum Beispiel dem Besitzer, die Berufung auf mögliche Abwehransprüche verwehrt, da insoweit eine Duldungspflicht gemäß den §§ 1004 Abs. 2, 858 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) besteht. 7Das Recht auf Genuss der Naturschönheiten und auf Erholung in der freien Natur schließt auch das Recht auf Aneignung wildwachsender Waldfrüchte in ortsüblichem Umfang ein. 8Das Aneignungsrecht ist in § 39 Abs. 3 des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) näher geregelt (sogenannte Handstraußregelung). 9Nicht erfasst sind hingegen sämtliche Handlungen, die nicht der Erholung dienen. 10Auch das gewerbsmäßige Betreten oder Befahren von Privatwegen ist nicht Inhalt des verfassungsrechtlich verbürgten Betretungsrechts (BayVerfGH, Entscheidung vom 28. Juni 2005 – BayVerfGHE 58, 150). 11Die Vorschriften der Art. 26 ff. BayNatSchG ergänzen und konkretisieren darüber hinaus den abweichungsfesten Grundsatz des § 59 Abs. 1 BNatSchG, der das Betreten der freien Landschaft auf Straßen und Wegen sowie auf ungenutzten Grundflächen zum Zweck der Erholung allen gestattet. 12Die Vorschriften füllen die Öffnungsklausel des § 59 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 und Satz 2 BNatSchG aus.
1.2
1Das Betretungsrecht bezieht sich grundsätzlich auf alle Teile der freien Natur. 2Die Vorschriften des naturschutzrechtlichen Betretungsrechts gelten in Abweichung vom Bundesrecht auch im Wald (vergleiche Art. 13 Abs. 1 Satz 2 BayWaldG). 3Der Wald ist Bestandteil der freien Natur (vergleiche Art. 141 Abs. 3 Satz 1 BV). 4Der Begriff „freie Natur“ entzieht sich einer alle möglichen Fälle einschließenden Definition. 5Umfasst sind aber vor allem Flächen, die sich im Naturzustand befinden oder landwirtschaftlich, forstwirtschaftlich oder gärtnerisch kultiviert werden (jedoch keine Hausgärten). 6Im Einzelfall muss jeweils nach den tatsächlichen Gegebenheiten entschieden werden, ob ein Gebiet Teil der freien Natur ist. 7Art. 27 Abs. 1 BayNatSchG enthält nur eine beispielhafte Aufzählung derjenigen Flächen, die sich besonders für die Ausübung des Betretungsrechts eignen und häufig dafür in Anspruch genommen werden. 8Auch Skipisten und Loipen sind Teil der freien Natur. 9Der Begriff „freie Natur“ umfasst jedenfalls alle Flächen außerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile, soweit sie nicht durch bauliche oder sonstige Anlagen verändert sind. 10Bauliche oder sonstige Anlagen selbst, wie etwa Wohngebäude, Stallungen, Campingplätze, Badeanstalten, Sportplätze, Friedhöfe, Bahnanlagen oder Lagerplätze können nicht als Teile der freien Natur betrachtet werden. 11Unerheblich für die Abgrenzung des Begriffs „freie Natur“ ist es jedoch, ob eine Fläche frei zugänglich ist oder durch Einfriedungen oder sonstige Sperren dem Zugang der Allgemeinheit entzogen ist. 12Auch größere Freiflächen innerhalb von Stadtgebieten oder von im Zusammenhang bebauten Ortsteilen können Bestandteile der freien Natur sein (so auch BayObLG, Beschluss vom 15. September 1993, BayObLGSt 1993, 164). 13Das gilt insbesondere für Waldungen, Parkanlagen (zum Beispiel den Englischen Garten in München) und ziergärtnerisch angelegte Flächen. 14Auch eine Splitter- oder Streusiedlung kann in ihrer Gesamtheit so in die Landschaft eingebettet, mit dieser zu einem einheitlichen Bild verwachsen oder zu einem Bestandteil der Landschaft geworden sein, dass sie mit Ausnahme der tatsächlich überbauten Flächen und der Gebäude zur freien Natur zu rechnen ist.
1.3
- 1.3.1
- Betreten im engeren Sinn, Art. 27 Abs. 1 BayNatSchG
1Art. 27 Abs. 1 BayNatSchG berechtigt den Fußgänger, zu jeder Jahreszeit in allen Teilen der freien Natur unentgeltlich zu wandern, zu gehen oder zu laufen. 2Das Betretungsrecht ist nicht beschränkt auf Wege und umfasst auch die Befugnis, sich auf diesen Flächen zum Zwecke der Erholung aufzuhalten, dort zu rasten und zu verweilen, sofern nicht Einschränkungen nach Art. 30 bis 32 BayNatSchG vorliegen. 3Darüber hinausgehende Betätigungen, zum Beispiel das Aufstellen von Wohnwagen, von Tischen und Stühlen, das Zelten oder das Übernachten im Freien sind vom Betretungsrecht nicht gedeckt und bedürfen, unbeschadet öffentlich-rechtlicher Vorschriften, der Zustimmung des Eigentümers. 4Auch das Zurücklassen von beweglichen Sachen in der freien Natur (zum Beispiel Geocaching) ist nicht vom Betretungsrecht umfasst (vergleiche Art. 38 Abs. 1 BayNatSchG), mit Ausnahme von Bohrhaken, die der Sicherung beim Klettern dienen.
- 1.3.2
- Wandern auf Privatwegen, Art. 27 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 28 Abs. 1 BayNatSchG
1Art. 28 Abs. 1 BayNatSchG betont die Zulässigkeit des Wanderns, also des Gehens zu Fuß, auf vorhandenen Privatwegen in der freien Natur. 2Angesichts des umfassenden Betretungsrechts in Art. 27 Abs. 1 BayNatSchG, das das Recht auf Wandern auf Privatwegen bereits umfasst, ist die praktische Relevanz dieser Vorschrift begrenzt. 3In Art. 28 Abs. 1 BayNatSchG wird das Wandern als wichtigste Form des Betretens in der freien Natur nochmal ausdrücklich betont (vergleiche amtliche Begründung zu Art. 16 Abs. 1 BayNatSchG 1973, LT-Drucksache 7/3007 Seite 26).
- 1.3.2.1
- Wegeeigenschaft
1Wege sind Bahnen im Gelände, die begehbar sind, mit gewisser Regelmäßigkeit zum Zwecke der Fortbewegung genutzt werden und die sich in dieser Funktion nach ihrem äußeren Erscheinungsbild von der von ihr durchzogenen Landschaft abheben. 2Ein bestimmter Ausbauzustand ist nicht erforderlich (so auch AG Aichach, Urteil vom 17. April 2018, Az. 101 C 153/17). 3Auch ist unerheblich, ob der Weg ganzjährig begehbar ist oder seine Nutzung dem Willen des Eigentümers zuwiderläuft (OVG Frankfurt (Oder), Beschluss vom 14. Oktober 2004, Az. 3 a B 255/03). 4Unbefestigte Feldwege, Wanderpfade, Trampelpfade und Steige stellen daher in aller Regel Wege in diesem Sinne dar. 5Die Wegeeigenschaft von Holzrückegassen und -wegen wird nicht einheitlich beurteilt. 6Unter Zugrundelegung des Waldgesetzes und der Ziffer 2.1 in Verbindung mit Ziffer 2.9 der Gemeinsamen Bekanntmachung der Bayerischen Staatsministerien für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten sowie für Umwelt und Gesundheit zu Waldwegebau und Naturschutz vom 26. September 2011 zählen Holzrückegassen und -wege auf gewachsenem Waldboden grundsätzlich nicht zu den Waldwegen, sondern unmittelbar zum Waldbestand. 7Sie werden in der Regel nur im Abstand von mehreren Jahren im Rahmen der Holzernte befahren und verbleiben ansonsten in einem ungenutzten Zustand. 8Gleichwohl können auch Holzrückegassen und -wege im Waldbestand den Eindruck eines Weges vermitteln (AG Aichach, Urteil vom 17. April 2018, Az. 101 C 153/17). 9Selbst wenn sie als Wege anzusehen sein sollten, stellen sie aber jedenfalls regelmäßig keine für das Befahren oder Reiten geeigneten Wege dar (vergleiche 1.3.3.2).
- 1.3.2.2
- Privatwege
1Das Betretungsrecht umfasst die Benutzung von vorhandenen Privatwegen in der freien Natur. 2Privatwege sind alle Wege, die nicht zu den öffentlichen Straßen und Wegen im Sinne des Bayerischen Straßen- und Wegegesetzes (BayStrWG) oder des Bundesfernstraßengesetzes (FStrG) gehören. 3Sie sind nicht nach den Vorgaben des BayStrWG oder des FStrG dem öffentlichen Verkehr gewidmet. 4Zudem gilt das Betretungsrecht für tatsächlich-öffentliche Wege im Sinne des Straßenverkehrsrechts. 5Dies sind Flächen, die straßenrechtlich nicht gewidmet sind, auf denen der Verfügungsberechtigte jedoch die Benutzung durch jedermann tatsächlich zugelassen hat.
- 1.3.3
- Reiten und Fahren auf geeigneten Privatwegen, Art. 27 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 28 Abs. 1 BayNatSchG
1Das Radfahren in der freien Natur ist verfassungsrechtlich garantiert, wenn es der Erholung und nicht kommerziellen oder rein sportlichen Zwecken dient (BayVGH, Urteil vom 03. Juli 2015, Az. 11 B 14.2809). 2Das Grundrecht des Art. 141 Abs. 3 Satz 1 BV umfasst wohl auch das Reiten zur Erholung in der freien Natur (bejahend: BayVerfGH, Beschluss vom 16. Juni 1975, BayVerfGHE 28, 107; zweifelnd: BayVerfGH, Entscheidung v. 30. Juni 1998, BayVerfGHE 51, 94). 3Die Reiter und Radfahrer haben bei der Ausübung des Grundrechts pfleglich mit der Natur und Landschaft umzugehen (Art. 141 Abs. 3 Satz 2 BV). 4Demgemäß erweitert Art. 27 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 28 Abs. 1 BayNatSchG das Betretungsrecht auf das Reiten und das Fahren mit Fahrzeugen ohne Motorkraft sowie Krankenfahrstühlen (mit oder ohne Elektromotor), beschränkt die Benutzung aber auf Wege, die sich dafür eignen. 5Diese Beschränkung ist Ausfluss der Sonderstellung des Grundrechts auf Naturgenuss, die sich daraus ergibt, dass es nicht nur dem Staat, sondern auch dem einzelnen Grundrechtseigentürmer Bindungen auferlegt. 6Beschränkungen des Rechts auf Naturgenuss sind deshalb überall dort angebracht, wo Interessen anderer Erholungsuchender dies erfordern oder erhebliche eintretende oder drohende Schäden für Grundeigentümer oder Allgemeinheit verhindert werden müssen (BayVerfGH, Beschluss vom 16. Juni 1975, BayVerfGHE 28,107). 7Ein Querfeldeinfahren mit Fahrrädern oder anderen Fahrzeugen ohne Motorkraft ist ebenso nicht vom Betretungsrecht erfasst. 8Auch ein Reiten abseits geeigneter Wege verstößt gegen das naturschutzrechtliche Betretungsrecht. 9Bei der Benutzung von Wegen gebührt den Fußgängern der Vorrang (Art. 28 Abs. 1 Satz. 2 BayNatSchG).
- 1.3.3.1
- Fahren mit Fahrzeugen ohne Motorkraft
1Zu den Fahrzeugen ohne Motorkraft zählen in erster Linie Fahrräder (vergleiche amtliche Begründung zu Art. 16 Abs. 1 BayNatSchG 1973, LT-Drucksache 7/3007 Seite 26). 2Es ist jedoch auch anderweitiges Fahren mit Fahrzeugen ohne Motorkraft vom Anwendungsbereich der Vorschrift umfasst (zum Beispiel Befahren mit Rollern oder Pferdegespannen). 3Fahrradfahren ist eine Sportart mit hohem Erholungswert; sie ist deshalb auch verfassungsrechtlich garantiert (BayVGH, Urteil vom 03. Juli 2015, Az. 11 B 14.2809). 4Unter den Anwendungsbereich des Art. 28 Abs. 1 BayNatSchG fallen auch Fahrräder mit einer elektrischen Trethilfe, die mit einem elektromotorischen Hilfsantrieb mit einer Nenndauerleistung von höchstens 250 Watt ausgestattet sind, dessen Unterstützung sich mit zunehmender Fahrzeuggeschwindigkeit progressiv verringert und beim Erreichen einer Geschwindigkeit von 25 Kilometer pro Stunde oder früher, wenn der Fahrer im Treten einhält, unterbrochen wird. 5Solche Fahrzeuge (so genannte Pedelecs) sind keine Kraftfahrzeuge im Sinne des § 1 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG), sondern gelten nach § 63a der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) als Fahrräder, auch wenn sie über eine Anfahr- oder Schiebehilfe bis zur Geschwindigkeit von 6 Kilometer pro Stunde verfügen. 6Diese Grundsätze müssen im Sinne der Einheit der Rechtsordnung (Art. 28 Abs. 4 BayNatSchG) auch für die Auslegung von Art. 28 Abs. 1 BayNatSchG herangezogen werden mit der Folge, dass das Befahren geeigneter Wege mit Pedelecs jedermann gestattet ist. 7E-Bikes (Elektrofahrräder) oder schnelle Pedelecs (S-Pedelec), bei denen der Motor auch ohne Treten antreibt oder erst bei einer höheren Geschwindigkeit abgeschaltet wird, stellen, ebenso wie E-Scooter, kein Fahrzeug ohne Motorkraft im Sinne des Art. 28 Abs. 1 BayNatSchG dar.
- 1.3.3.2
- Wegeeignung
1Art. 28 Abs. 1 BayNatSchG gewährt das Recht zur Benutzung von geeigneten Privatwegen mit Fahrzeugen ohne Motorkraft. 2Die Eignung eines Weges ist im Gesetz nicht definiert und unterliegt – je nach Benutzungsart – unterschiedlichen Kriterien. 3Bei der Vielfalt der Erholungsräume in Bayern lassen sich keine generellen und überall zutreffenden Regelungen für die Eignung von Wegen aufstellen. 4Es kommt vielmehr auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls an. 5Insbesondere ist die Vorgabe einer Mindestbreite eines Wegs aus verfassungsrechtlichen Gründen abzulehnen, da schmale Wege nicht von vornherein als ungeeignet anzusehen sind (vergleiche BayVGH, Urteil vom 03. Juli 2015, Az. 11 B 14.2809). 6Es kommt auf die objektive Eignung des Wegs, nicht hingegen auf das subjektive Können des Erholungsuchenden an. 7Die Wegeeignung ist generell zu beurteilen, das heißt nach der Beschaffenheit der Wegefläche, wie sie durchschnittlich oder überwiegend während bestimmter Jahreszeiten oder anderer, nach klimatischen oder sonstigen sachbezogenen Gesichtspunkten abgegrenzten Zeiträumen besteht (BayVGH, Urteil vom 17. Januar 1983, VGHE 36, I. Teil, 15). 8Dabei sind die Beschaffenheit des Untergrunds sowie der bauliche Zustand des Weges zu berücksichtigen. 9So kann ein treppenartig angelegter Weg für das Radfahren ungeeignet sein (BayVGH, Urteil vom 03. Juli 2015, Az. 11 B 14.2809). 10Eine nachhaltige Beeinträchtigung der Wege oder des Naturraums (insbesondere Erosionsgefährdung) muss nach Möglichkeit ausgeschlossen werden. 11Besteht die Gefahr, dass durch das Befahren des Wegs die Bodenoberfläche gelockert und damit das Risiko von Bodenabtrag und Bodenerosion auf dem Weg gesteigert wird, ist der Weg regelmäßig für das Befahren mit Fahrrädern oder anderen Fahrzeugen ohne Motorkraft ungeeignet. 12Dies gilt insbesondere in Gebirgslagen, da die Gefahr von Erosionsschädigungen im Steilgelände durch das dortige Befahren der Wege regelmäßig sehr hoch ist. 13Um der nachhaltigen Beeinträchtigung der Wege entgegenzuwirken, ist eine für die vorgesehene Nutzung ausreichende Spur- und Trittfestigkeit der Wege zu beachten. 14Das Befahren darf nicht zur Zerstörung der Wegeoberfläche führen. 15Breite, Steigung, Kurven und Übersichtlichkeit sind, auch im Zusammenhang mit der Frequentierung des Weges durch andere Naturnutzer, zu beachten. 16Den Fußgängern gebührt der Vorrang (Art. 28 Abs. 1 Satz 2 BayNatSchG). 17Ein Weg ist nur dann geeignet, wenn eine sichere Nutzung (durch Befahren oder Reiten) ohne Gefährdung oder unzumutbare Behinderung von Fußgängern möglich ist. 18Ein starker Erholungsverkehr kann daher aus Gründen der Sicherheit den Weg für Reiter oder Fahrradfahrer ungeeignet machen. 19Dies gilt gerade auch für Wege, die ein gefahrloses Überholen auch bei angepasster Fahrweise nicht zulassen (etwa aufgrund ihrer Steigung, Beschaffenheit oder Wegebreite), wie zum Beispiel steile oder unübersichtliche Pfade, auf denen der Fahrradfahrer nicht sicher bremsen kann oder bei denen Absturzgefahr besteht. 20Dies wird insbesondere bei Singletrails der Fall sein, wenn einer der Wegenutzer den Weg im Begegnungsfall verlassen muss. 21Insbesondere im alpinen Bereich werden deshalb besonders strenge Maßstäbe an die Geeignetheit von Wegen mit starker Steigung oder geringer Breite zu stellen sein. 22Die Geeignetheit eines Weges kann – insbesondere im alpinen Gelände – aus Gründen der Gemeinverträglichkeit auch auf die Tageszeit oder bestimmte Zeiträume eines Tages beschränkt sein. 23Dies gilt etwa für unbefestigte Wege, die über Almweiden führen, auf denen sich Tiere (Vieh) befinden. 24Insbesondere während der Nachtzeit (zwischen Sonnenuntergang und -aufgang) kann ein Betreten dieser Wege bei den Weidetieren Panikreaktionen auslösen, die zu Verletzungen und Schäden führen. 25Wege, die durch Querfeldeinfahren entstanden sind, sind in aller Regel nicht geeignet für das Befahren mit Fahrzeugen ohne Motorkraft. 26Die unteren Naturschutzbehörden sind zuständig für die Beurteilung der Wegeeignung für das Befahren mit Fahrrädern. 27Sie überprüfen und dokumentieren die Geeignetheit der Wege. 28Holzrückegassen und -wege auf dem gewachsenen Waldboden stellen nach den Ausführungen unter 1.3.2.1 grundsätzlich keine Wege dar und sind in aller Regel keine für das Befahren mit Fahrzeugen ohne Motorkraft und das Reiten geeigneten Wege. 29Sie verlaufen vornehmlich durch das Innere von Waldbeständen und erlauben durch mehrjährige, teilweise ein Jahrzehnt andauernde Zeiträume zwischen forstlichen Nutzungen, einen weitgehend natürlichen Wiederbewuchs und Lebensraumzusammenhang. 30Das Fahren und Reiten auf den Holzrückegassen kommt damit dem Querfeldeinfahren gleich (siehe hierzu 1.3.3.3).
- 1.3.3.3
- Reiten und Fahren im Wald, Art. 30 Abs. 2 BayNatSchG
1Das Radfahren, das Fahren mit Krankenfahrstühlen und das Reiten ist im Wald (ebenfalls) nur auf Straßen und geeigneten Wegen zulässig. 2Dies stellt Art. 30 Abs. 2 BayNatSchG ausdrücklich klar. 3Offenland und Wald werden hinsichtlich des Radfahrens, Reitens und Befahren mit Krankenfahrstühlen damit gleichbehandelt. 4Querfeldeinfahren und -reiten ist auch im Wald ohne Zustimmung des Eigentümers verboten.
- 1.3.3.4
- Markierungen und Wegetafeln, Art. 28 Abs. 2 BayNatSchG
1Art. 28 Abs. 2 BayNatSchG begründet keinen allgemeinen öffentlich-rechtlichen Genehmigungsvorbehalt für Wanderwegmarkierungen. 2Vielmehr darf mit Einwilligung der Grundeigentümer jedermann Markierungen und Wegetafeln an Wanderwegen anbringen. 3Die Bedeutung der Vorschrift besteht darin, den in Art. 28 Abs. 3 BayNatSchG genannten Organisationen und Verbänden eine Markierungstätigkeit auch dann zu ermöglichen, wenn die sonst grundsätzlich notwendige privatrechtliche Einigung mit den Grundeigentümern nicht zustande kommt. 4Die Markierung von Wegen kann eine sinnvolle Lenkungsmaßnahme sein.
- 1.3.4
- (Andere) sportliche Betätigungen, Art. 29 BayNatSchG
1Art. 27 Abs. 2 Satz 1 BayNatSchG erweitert das Betretungsrecht auch auf die Befugnisse nach Art. 29 BayNatSchG. 2Das Gesetz nennt als Beispiele für sportliche Betätigungen das Ballspielen sowie das Ski- und Schlittenfahren. 3Zu den Ballspielen gehört das sogenannte Bolzen ebenso wie etwa Federball oder Boccia. 4Als ähnliche sportliche Betätigungen kommen Winter- wie Sommersportarten in Betracht, zum Beispiel Skilanglauf, Skitouren, Klettern, Gelände- oder Waldlauf. 5Sportarten, die keinen Zusammenhang mehr mit Naturgenuss und Erholung aufweisen, insbesondere jegliche motorsportliche Betätigung (zum Beispiel Geländefahrten), sind von Art. 29 BayNatSchG nicht erfasst. 6Die Sportausübung durch die Benutzung von Fahrzeugen ohne Motorkraft im Sinne von 1.3.3.1 sowie das Reiten richten sich nicht nach Art. 29 BayNatSchG, sondern nach Art. 28 Abs. 1 BayNatSchG. 7Handelt es sich bei sportlichen Betätigungen um organisierte Veranstaltungen, so besteht das Betretungsrecht nur unter den Voraussetzungen des Art. 32 BayNatSchG (vergleiche 2.4).
1.4
1Nach den Richtlinien zur Förderung von Wanderwegen, von Unterkunftshäusern und von Grün- und Erholungsanlagen (FöR-WaGa) kann der Freistaat Bayern die Generalinstandsetzung und die Beschilderung von bestehenden, umweltverträglichen und dauerhaften Wanderwegen für Wanderer und Bergsteiger in der freien Natur beziehungsweise die Informationsgewinnung und
-verarbeitung über diese Wanderwege fördern. 2Zuwendungsempfänger sind der Landesverband Bayern der deutschen Gebirgs- und Wandervereine e. V. und seine Mitglieder sowie die Hauptgeschäftsstelle und die Sektionen des Deutschen Alpenvereins e. V. 3Nach den Richtlinien von umwelt- und klimaverträglichen Naturerlebnis- und Naturtourismusangeboten in bayerischen Kommunen (FöRNatKom) können vom Freistaat Bayern insbesondere Konzeption und Realisierung naturverträglicher Naturerlebnisrouten und -wege (unter anderem Routen und Trails für geländegängige, mit Muskelkraft betriebene Fahrzeuge, zum Beispiel Mountainbikes; hiervon erfasst sind auch Fahrzeuge vergleichbar mit solchen im Sinne von § 1 Abs. 3 StVG) im Rahmen eines naturtouristischen Gesamtkonzepts gefördert werden. 4Zuwendungsempfänger sind Kommunen.
1.5
1Der in Art. 27 Abs. 4 BayNatSchG enthaltene Hinweis auf die Regelung des Gemeingebrauchs an Gewässern und öffentlichen Straßen ist lediglich deklaratorischer Art. 2Der Umfang dieser Rechte bestimmt sich nach Art. 141 Abs. 3 Satz 1 BV und nach den Regelungen in den Wasser- beziehungsweise Straßen- und Wegegesetzen. 3Der Gemeingebrauch an Gewässern umfasst beispielsweise das Baden (einschließlich der Benutzung von Schwimmgürteln und -ringen, Bällen, Luftmatratzen), die Ausübung des Eissports (insbesondere Schlittschuhlaufen, Eisstockschießen und ähnliche Betätigungen) sowie das Befahren mit kleinen Fahrzeugen ohne eigene Triebkraft, § 25 Wasserhaushaltsgesetz (WHG), Art. 18 Abs. 1 Satz 1 BayWG. 4Das Betreten von Ufergrundstücken dagegen ist Bestandteil des naturschutzrechtlichen Betretungsrechts. 5Der Grundsatz der Gemeinverträglichkeit (vergleiche 2.2) ist auch ohne ausdrückliche Formulierung Bestandteil des Rechtes auf Ausübung des Gemeingebrauchs. 6Beschränkungen der Ausübung des Gemeingebrauchs an Gewässern sind insbesondere durch Verordnung nach Art. 18 Abs. 3 BayWG (unter anderem auch im Interesse des Naturschutzes oder des Erholungsverkehrs) möglich. 7Die einschlägigen Vorschriften der Schifffahrtsordnungen, vor allem die Verordnung für die Schifffahrt auf den bayerischen Gewässern (BaySchiffV) und die Verordnung über die Schifffahrt auf dem Bodensee (Bodensee-Schifffahrts-Ordnung – BSO), enthalten nähere Regelungen über den Verkehr auf dem Wasser. 8In der BaySchiffV befinden sich zum Beispiel Vorschriften über die allgemeine Sorgfaltspflicht bei der Teilnahme am Wasserverkehr (§ 38), über die Fahrgeschwindigkeit (§ 40), über den vom Ufer und von Staustufen einzuhaltenden Abstand (§ 46), über die Begegnung von Segelfahrzeugen (§ 43) und über die Erlaubnispflicht von Sportveranstaltungen (§§ 51, 52; vergleiche 2.4). 9Besondere, für das jeweilige Gebiet geltende Bestimmungen, etwa Verordnungen über Natur- oder Landschaftsschutzgebiete oder Verordnungen zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, können weitere Beschränkungen, zum Beispiel die zeitliche wie räumliche Beschränkung des Badebetriebs, zur Folge haben.
1.6
1Die Ausübung des Rechts auf Naturgenuss und Erholung erfolgt gemäß § 60 BNatSchG grundsätzlich auf eigene Gefahr und begründet weder für den Staat noch für die betroffenen Grundeigentümer oder sonstigen Berechtigten eine Haftung oder bestimmte Sorgfaltspflichten. 2Unberührt bleiben Verkehrssicherungspflichten, die den Grundeigentümer nach anderen gesetzlichen Bestimmungen treffen. 3Die sich für den Einzelfall ergebenden zivilrechtlichen Verkehrssicherungspflichten werden jeweils von der Rechtsprechung konkretisiert. 4Insbesondere besteht danach keine Haftung für typische, sich aus der Natur oder der ordnungsgemäßen Bewirtschaftung des Walds ergebende Gefahren, wie Trockenzweige in Baumkronen, herabhängende Äste nach Schneebruch oder Sturm, Unebenheiten auf Wegen durch Wurzeln, kleinere Schlaglöcher und Steine. 5Atypische Gefahren, für die grundsätzlich eine Verkehrssicherungspflicht besteht, sind dagegen solche, die (vom Besitzer) künstlich geschaffen oder geduldet werden und die der Besucher nicht oder nicht rechtzeitig erkennen kann und mit welchen er nicht rechnen muss. 6Der Abschluss einer Haftpflichtversicherung kann, im Rahmen der jeweiligen Versicherungsbedingungen, in Betracht kommen, um Haftungsrisiken (insbesondere Restrisiken) bei Vorliegen einer Verkehrssicherungspflicht abzusichern. 7Inwieweit im Detail die Risiken durch die Versicherung abgedeckt sind, ist von jedem Waldbesitzer selbst zu prüfen.
1.7
1Art. 57 Abs. 2, 3 und 4 BayNatSchG sieht Geldbußen bei Verstößen gegen die Vorschriften des naturschutzrechtlichen Betretungsrechts vor. 2Die bei Ordnungswidrigkeiten verwendeten Gegenstände können gemäß Art. 58 BayNatSchG, §§ 22, 53 Abs. 2 des Ordnungswidrigkeitengesetzes (OwiG), § 111b der Strafprozessordnung (StPO) beschlagnahmt und eingezogen werden. 3Danach ist auch die Einziehung eines Mountainbikes, mit dem außerhalb des vom naturschutzrechtlichen Betretungsrecht vorgesehenen Rahmens gefahren wurde, möglich.
2.
2.1
Beschränkungen des Betretungsrechts können sich ergeben aus dem Gesetz (vergleiche 2.2, 2.3 und 2.4), aus hoheitlichen Anordnungen (vergleiche 2.5) oder aus Maßnahmen der Eigentümer und sonstigen Berechtigten im Rahmen der Gesetze (vergleiche 2.6).
2.2
Art. 26 Abs. 2 BayNatSchG nennt die immanenten Schranken des Grundrechts auf Naturgenuss und Erholung des Art. 141 Abs. 3 Satz 1 BV, nämlich die Grundsätze der Natur-, Eigentümer- und Gemeinverträglichkeit.
- 2.2.1
- Natur- und Eigentümerverträglichkeit
1Art. 26 Abs. 2 Satz 1 BayNatSchG wiederholt die bereits in Art. 141 Abs. 3 Satz 2 BV festgelegte Verpflichtung, mit Natur und Landschaft pfleglich umzugehen. 2Die Pflicht der Erholungsuchenden zur Rücksichtnahme auf Eigentümer und Nutzungsberechtigte steht in Zusammenhang mit dem Grundsatz der Sozialpflichtigkeit des Eigentums, der vom Recht auf Naturgenuss und Erholung konkretisiert wird.
- 2.2.2
- Gemeinverträglichkeit
1Beschränkungen des Betretungsrechts ergeben sich allgemein aus dem Gesichtspunkt der Gemeinverträglichkeit, wonach ein Recht nur in der Weise ausgeübt werden darf, dass die Rechtsausübung anderer nicht verhindert oder mehr als nach den Umständen unvermeidbar beeinträchtigt wird (Art. 26 Abs. 2 BayNatSchG). 2Unzulässig ist es danach zum Beispiel, übermäßigen Lärm zu erzeugen (etwa beim Betreiben von tragbaren Tonwiedergabegeräten), die Natur zu verunreinigen (etwa durch das Liegenlassen von Abfällen) oder andere durch die Ausübung gefährlicher Sportarten zu gefährden (etwa beim Bogenschießen). 3Der Grundsatz der Gemeinverträglichkeit ist in Art. 28 Abs. 1 Satz 2 BayNatSchG dadurch konkretisiert, dass den Fußgängern der Vorrang vor den Benutzern von Fahrzeugen und Krankenfahrstühlen und den Reitern eingeräumt wird. 4Der Grundsatz stellt in erster Linie eine Verhaltensregel für die Erholungsuchenden selbst dar. 5Er ist zugleich auch als Hinweis dafür anzusehen, dass das Betretungsrecht dort seine Grenze hat, wo die Rechte des Eigentümers mehr als zumutbar beeinträchtigt werden; das kann zum Beispiel der Fall sein, wenn durch das Befahren der Wege insbesondere im alpinen Bereich Erosionsschäden hervorgerufen werden (siehe dazu 1.3.3). 6Der genannte Grundsatz verpflichtet also zu gegenseitiger Rücksichtnahme aller Nutzer. 7Seine Rechtmäßigkeit wurde vom BayVerfGH im Beschluss vom 16. Juni 1975, BayVerfGHE 28, 107, ausdrücklich bestätigt. 8Der Grundsatz der Gemeinverträglichkeit ist besonders beim Befahren von auch von Fußgängern benutzten Wegen mit zum Beispiel Mountainbikes zu berücksichtigen; hier können sich insbesondere als Folge von hoher Frequentierung und Qualität des Weges Einschränkungen des Befahrens ergeben. 9Dies kann beispielsweise zu einer räumlichen Trennung von Fußgängern und Radfahrern führen, wenn infolge einer starken Beanspruchung von Wegen durch Radfahrer Wanderer unzumutbar behindert würden. 10Auch bei der Ausübung sportlicher Betätigungen ist der Grundsatz der Gemeinverträglichkeit zu beachten; vor allem auf Flächen mit starkem Erholungsverkehr können sich daraus Beschränkungen sportlicher Betätigung ergeben (zum Beispiel bei Ballspielen an einem Badestrand oder auf Liegewiesen, beim Reiten auf viel begangenen Wegen). 11Die Behörde hat hierauf insbesondere Rücksicht zu nehmen, wenn sie nach Art. 31 BayNatSchG Anordnungen zur Regelung des Erholungsverkehrs trifft.
2.3
1Unter die Beschränkung des Betretungsrechts nach Art. 30 Abs. 1 BayNatSchG fallen sowohl landwirtschaftlich als auch gärtnerisch genutzte Flächen. 2Hierzu gehören Acker- und Grünland, Mähwiesen und Weiden, Sonderkulturen wie Obst- und Weingärten, Hopfen- und Spargelfelder sowie durch Anbau bestimmter Gartenpflanzen genutzte Flächen. 3Alle diese Flächen dürfen während der Nutzzeit nur auf vorhandenen Wegen betreten werden. 4Die Wege sind unter den Voraussetzungen des Art. 35 BayNatSchG offen zu halten. 5Der Begriff der Nutzzeit ist in Art. 30 Abs. 1 Satz 2 BayNatSchG definiert. 6Außerhalb der Nutzzeit kann der Eigentümer das Betreten seines land- beziehungsweise forstwirtschaftlichen Grundstücks durch Errichtung von Sperren (nach vorheriger Anzeige bei der unteren Naturschutzbehörde) der Allgemeinheit unter den Voraussetzungen des Art. 33 Nr. 1 BayNatSchG verwehren. 7Auf die Möglichkeit, darüber hinaus nach Art. 34 Abs. 1 Satz 3 BayNatSchG für Sonderkulturen bis zu einer Fläche von fünf Hektar ohne Anzeige gegenüber der unteren Naturschutzbehörde Sperren zu errichten, wird hingewiesen. 8Zum Betreten und Befahren forstlicher Grundstücke siehe 1.3.3.3.
2.4
1Das Betretungsrecht ist auch für Teilnehmer an organisierten Veranstaltungen beschränkt (Art. 32 BayNatSchG). 2Darunter sind solche Zusammenkünfte zu verstehen, die auf einen gemeinsam gefassten oder von einem Veranstalter stammenden Entschluss zurückgehen und nicht auf den engeren Familien- oder Bekanntenkreis begrenzt sind. 3Das Betretungsrecht ist demnach ausgeschlossen beziehungsweise beschränkt für Sportveranstaltungen wie Trail Running Events, Radmarathons, Gelände- und Querfeldeinrennen, Fuchsjagden, ferner für Versammlungen, Demonstrationen und ähnliche Veranstaltungen. 4Als Teilnehmer sind dabei auch Zuschauer anzusehen. 5Den Teilnehmern organisierter Veranstaltungen steht das Betretungsrecht nur zu, wenn die betroffenen Grundstücke nicht oder nicht mehr als bei Ausübung des Betretungsrechts durch nicht organisierte Personen beeinträchtigt werden können. 6Hierbei kommt es vor allem auf die Zahl der Teilnehmer sowie auf die Dauer und Intensität des Aufenthalts auf einzelnen Grundstücken, auf die zu erwartende Verunreinigung der Grundstücke und auf die Beschaffenheit des Geländes und auf den Zweck der Veranstaltungen an. 7Beispielsweise wird das Betretungsrecht bei Führungstouren alpiner Vereine oder bei Wanderungen oder Exkursionen kleinerer Gruppen in Begleitung von Führern regelmäßig nicht ausgeschlossen sein. 8Eine entsprechende Einschränkung gilt für Sportveranstaltungen auf Gewässern und öffentlichen Straßen (zum Beispiel Segelregatten und Radrennen, vergleiche §§ 51, 52 BaySchiffV, Art. 11.05 BSO, Art. 18 BayStrWG). 9Steht hingegen der wirtschaftliche oder kommerzielle Charakter von Veranstaltungen im Vordergrund, so ist das Betretungsrecht vollumfänglich ausgeschlossen, da das Betreten nicht Erholungszwecken dient. 10Dies gilt auch für Teilnehmer entsprechender Veranstaltungen. 11In Zweifelsfällen ist den Veranstaltern zu empfehlen, vorher die Zustimmung des Eigentümers einzuholen. 12Ein behördliches Einschreiten gegen Veranstaltungen, die entgegen Art. 32 BayNatSchG durchgeführt werden sollen oder durchgeführt werden, ist insbesondere dann angezeigt, wenn zu erwarten ist, dass Ordnungswidrigkeiten nach Art. 57 Abs. 2 Nr. 2 BayNatSchG begangen werden.
2.5
- 2.5.1
- Beschränkungen durch Rechtsverordnung oder Einzelanordnung, Art. 31 Abs. 1 BayNatSchG
1Die untere oder höhere Naturschutzbehörde kann das Betretungsrecht nach Art. 31 BayNatSchG sowohl durch Rechtsverordnung als auch durch Einzelanordnung aus Gründen des Naturschutzes, zur Durchführung von landschaftspflegerischen Vorhaben, zur Regelung des Erholungsverkehrs oder aus anderen zwingenden Gründen des Gemeinwohls beschränken. 2Für Rechtsverordnungen nach Art. 31 BayNatSchG schreibt Art. 53 Abs. 2 BayNatSchG die sinngemäße Anwendung des Art. 53 Abs. 1 Sätze 1, 3 und 4 BayNatSchG vor. 3Das bedeutet, dass die Beschränkungen in der Natur in geeigneter Weise kenntlich gemacht werden sollen. 4Dies wird regelmäßig die Aufstellung von Hinweistafeln erfordern, auf denen die Art der Beschränkung, möglichst auch der Grund hierfür und die für die Beschränkung verantwortliche Behörde anzugeben sind (zum Beispiel mit folgendem Text: „Betreten nur auf gekennzeichneten Wegen. Schutz wertvoller Pflanzenbestände. Landratsamt ...“ oder „Wege nur für Fußgänger, nicht für Radfahrer. Unübersichtlicher Streckenverlauf. Landratsamt ...“). 5Auch Beschränkungen durch Einzelanordnung sind im Regelfall durch das Aufstellen von Schildern kenntlich zu machen. 6Darüber hinaus können zur Sicherstellung von Beschränkungen auch weitergehende Maßnahmen, zum Beispiel die Errichtung von Schranken oder Zäunen erforderlich werden. 7Zudem kann es sinnvoll sein, dass eine Aufklärung im Gelände erfolgt, zum Beispiel durch Naturschutzwächter, Ranger, Gebietsbetreuer und andere Naturschutzbeauftragte, wobei allein die Angehörigen der Naturschutzwacht sowie die hauptamtlichen Mitarbeiter der Naturschutzbehörden befugt sind, hoheitliche Einzelanordnungen zu treffen und durchzusetzen. 8Die Arbeit der anderen Naturschutzbeauftragten beschränkt sich auf deklaratorische Aufklärung. 9Die Kosten für die Aufstellung von Hinweistafeln können nicht dem Eigentümer auferlegt werden; sie sind vielmehr von der anordnenden Behörde zu tragen. 10Die Unterlassung der Kennzeichnung berührt nicht die Gültigkeit der Verordnung oder Einzelanordnung.
- 2.5.1.1
- Gründe
Als Gründe des Naturschutzes, der Landschaftspflege oder der Regelung des Erholungsverkehrs oder als andere zwingende Gründe des Gemeinwohls kommen beispielsweise in Betracht:
- Schutz der Brut- und Lebensstätten von störungsempfindlichen Tierarten und Pflanzenbeständen
- Schutz von Rekultivierungs- oder Anpflanzungsmaßnahmen (zum Beispiel Begrünungen, Aufforstungen),
- Vermeidung der Beeinträchtigung anderer Erholungsbetätigungen (zum Beispiel Sperren von Wegen für Radfahrer, um Gefährdung oder unzumutbare Behinderung von Fußgängern auszuschließen),
- Sperrung bestimmter Flächen bei anhaltender Trockenheit zum Schutz vor Bränden.
- 2.5.1.2
- Inhalt der Beschränkungen
1Inhalt einer Beschränkung kann zum Beispiel sein, dass das Betreten von Flächen nur auf bestimmten Wegen erfolgen darf oder dass Flächen überhaupt nicht oder nur zu bestimmten Erholungsbetätigungen betreten werden dürfen (zum Beispiel Verbot sportlicher Betätigung auf Liegewiesen, Wegegebot für Reiter in Ballungsgebieten, Art. 31 Abs. 2 BayNatSchG, Verbot des Befahrens von Wegen für Radfahrer). 2Inhalt einer Anordnung kann auch sein, dass bei bestimmten Betretungsarten Erkennungszeichen zur Erleichterung der Identifizierung der Erholungsausübenden mitgeführt werden müssen (zum Beispiel Kennzeichnungspflicht für Reitpferde in Ballungsgebieten, Art. 31 Abs. 3 BayNatSchG). 3Wenngleich Art. 31 BayNatSchG keine zeitlichen oder gebietsmäßigen Grenzen festlegt, dürfen die genannten Beschränkungen hinsichtlich der zeitlichen Dauer und der räumlichen Ausdehnung nur im erforderlichen Umfang angeordnet werden. 4Die Anordnung ist aufzuheben, sobald die Voraussetzungen für die Beschränkung entfallen sind.
- 2.5.2
- Beschränkungen durch Schutzgebiete
1Gemäß § 23 Abs. 2 BNatSchG können Naturschutzgebiete der Allgemeinheit zugänglich gemacht werden, soweit es der Schutzzweck erlaubt. 2Diese Bestimmung kann durch Ge- und Verbote (zum Beispiel Verbot, die Wege zu verlassen) in der Rechtsverordnung über das Naturschutzgebiet konkretisiert werden. 3Auch in den anderen Schutzgebietskategorien ist eine Beschränkung des Betretungsrechts zur Erreichung des Schutzzwecks grundsätzlich zulässig. 4Derartige Beschränkungen des Betretungsrechts gehen den Vorschriften des Teils 6 des BayNatSchG als Spezialregelungen vor.
- 2.5.3
- Beschränkungen durch sonstige Vorschriften
Unberührt bleiben Beschränkungen des Betretungsrechts wie auch der Ausübung des Gemeingebrauchs (vergleiche 1.5) aufgrund anderer Rechtsvorschriften, wie zum Beispiel
- in Wasserschutzgebieten nach § 52 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WHG,
- nach Art. 18 BayWG
- durch Hafen- und Länderordnungen nach Art. 36 BayWG,
- nach Schifffahrtsordnungen (zum Beispiel über Sperrgebiete nach den §§ 49, 50 BaySchiffV),
- auf Hauptabfahrten oder Hauptskiwanderwegen nach Art. 24 Abs. 1 und 2 LStVG,
- durch Verordnungen über das Baden und das Betreten und Befahren von Eisflächen nach Art. 27 LStVG,
- nach anderen sicherheitsrechtlichen Vorschriften.
2.6
- 2.6.1
- Allgemeines
1Das Betretungsrecht darf nicht ausgeübt werden, wenn der Grundeigentümer oder der sonstige Berechtigte das Betreten seines Grundstückes – gleich ob zulässig oder nicht – untersagt hat (Art. 27 Abs. 3 Satz 2 BayNatSchG). 2Voraussetzung ist, dass die Untersagung durch für die Allgemeinheit geltende, deutliche Sperren erfolgt ist. 3Art. 27 Abs. 3 Satz 2 BayNatSchG dient allein der Wahrung des Rechtsfriedens; die Zulässigkeit solcher Sperren (vergleiche 2.6.2) ist in diesem Zusammenhang daher unerheblich. 4Als Sperren kommen vor allem Einfriedungen aller Art (zum Beispiel Zäune, Mauern) und andere tatsächliche Hindernisse (zum Beispiel Hecken, dichtes Gehölz mit Einfriedungscharakter), die erkennbar den Zugang durch Erholungsuchende ausschließen sollen, sowie Schilder in Betracht. 5Einfriedungen, vor allem Zäune, sind aber nicht in jedem Fall als Sperren anzusehen. 6Dient beispielsweise eine solche Einfriedung allein dem Schutz von Tieren oder Pflanzen (zum Beispiel Weidezäune oder Wildzäune), und sind Durchgänge, Gatter oder Übertritte für Erholungsuchende vorgesehen, so liegt keine Sperre im obigen Sinn vor, weil erkennbar ist, dass hier nicht das Betreten untersagt werden soll. 7Gleiches gilt, wenn durch Wegschranken allein das Benutzen von Wegen durch Kraftfahrzeuge verhindert werden soll. 8In diesem Fall können zum Beispiel Fußgänger oder Radfahrer die Wege benutzen. 9Sperrt der Grundeigentümer oder der sonstige Berechtigte sein Grundstück durch Schilder, so müssen diese auf einen gesetzlichen Grund hinweisen, der eine Beschränkung des Betretungsrechts rechtfertigt (Art. 27 Abs. 3 Satz 3 BayNatSchG), zum Beispiel „Forstarbeiten“, „Erntearbeiten“, „Gewerbebetrieb“, „Industrieanlage“, „Wohnbereich“, „Wasserschutzgebiet“, „Sportveranstaltung am ... von … bis …“. 10Ist ein solcher Grund nicht angegeben, so sind derartige Sperrschilder für Erholungsuchende unbeachtlich. 11Dies gilt zum Beispiel bei Schildern mit der Aufschrift „Privatbesitz – Betreten verboten“. 12Gleiches gilt bei Angabe eines Grundes, der offensichtlich nicht vorliegt (zum Beispiel bei Aufschrift „Betreten verboten – Wohnbereich“, wenn sich auf dem Grundstück erkennbar keine Gebäude befinden). 13Sperren, die nicht die Voraussetzungen des Art. 27 Abs. 3 Satz 3 BayNatSchG erfüllen, sind auch in öffentlich-rechtlicher Hinsicht unzulässig; ihre Beseitigung kann von der Naturschutzbehörde nach Art. 34 Abs. 3 BayNatSchG gefordert werden (vergleiche 3.3). 14Ist die Sperrung zulässig und gemäß Art. 34 BayNatSchG gestattet, entspricht jedoch das verwendete Schild nicht den Anforderungen des Art. 27 Abs. 3 Satz 3 BayNatSchG, ist der Berechtigte vor Anordnung der Beseitigung aufzufordern, ein den Voraussetzungen des Art. 27 Abs. 3 Satz 3 BayNatSchG entsprechendes Schild aufzustellen.
- 2.6.2
- Zulässigkeit von Sperren, Art. 33 BayNatSchG
1Die Zulässigkeit von Sperren durch die Grundeigentümer oder sonstige Berechtigte, die das Betretungsrecht einschränken, ist in Art. 33 BayNatSchG geregelt. 2Soweit das Betretungsrecht bereits durch die Art. 26 ff. BayNatSchG gesetzlich beschränkt ist, kann der Eigentümer auf diese Beschränkung zum Beispiel durch ein Schild hinweisen (vergleiche 3.1.2).
- 2.6.2.1
- Sperren gemäß Art. 33 Nr. 1 BayNatSchG
1Art. 33 Nr. 1 BayNatSchG erfasst Grundstücke in der freien Natur (vergleiche 1.2), die in einer bestimmten, zulässigen Art und Weise genutzt werden und im Interesse der Grundstücksnutzung von dem bestehenden Betretungsrecht ausgenommen werden sollen (zum Beispiel Sperrung von Kiesabbauflächen während der Rekultivierung oder von Wegen in den Weinbergen während der Zeit der Traubenreife). 2Art. 33 Nr. 1 BayNatSchG fordert nur, dass die Absperrung die notwendige Folge der Grundstücksnutzung ist. 3Die Zulässigkeit der Nutzung ist nicht nach Art. 33 Nr. 1 BayNatSchG, sondern nach anderen Vorschriften (zum Beispiel §§ 13 ff. BNatSchG, § 35 Baugesetzbuch) zu beurteilen. 4Würde die Verwirklichung eines Vorhabens nicht nur zu einer Absperrung des Grundstücks, sondern auch dazu führen, dass das fragliche Gelände aus der freien Natur ausscheidet (zum Beispiel die Erstellung von Sportplätzen, Minigolfplätzen, Tennisanlagen und häufig auch von Badeanstalten), so sind die Art. 33 ff. BayNatSchG nicht anwendbar. 5Die Zulässigkeit von Einfriedungen beurteilt sich in diesem Fall nach den einschlägigen bauordnungs- beziehungsweise bauplanungsrechtlichen Vorschriften. 6Darüber hinaus ist das Gesamtvorhaben wiederum nach §§ 13 ff. BNatSchG zu beurteilen. 7Eine Sperre kann auch dort gerechtfertigt sein, wo ein Grundstück regelmäßig von einer Vielzahl von Erholungsuchenden betreten wird und dadurch entweder der Ertrag des Grundstücks erheblich gemindert oder das Grundstück unzumutbar beschädigt oder verunreinigt wird (zum Beispiel Weidewiesen in Ufernähe). 8In diesem Falle kann der Grundeigentümer oder sonstige Berechtigte sein Grundstück ganz oder teilweise sperren. 9Besonders ist in jedem Fall der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten. 10So muss sich die Sperre auf die zur Verhinderung von unzumutbaren Beeinträchtigungen erforderliche Fläche beschränken; dabei ist vor allem auf die Offenhaltung von Wegen oder Durchgängen (Art. 35 BayNatSchG) zu achten.
- 2.6.2.2
- Sperren gemäß Art. 33 Nr. 2 BayNatSchG
1Das Gesetz geht davon aus, dass der Umgriff eines Gebäudes zur freien Natur gehören kann (vergleiche 1.2). 2Der Begriff „Wohnbereich“ setzt voraus, dass auf dem Grundstück ein Gebäude vorhanden ist, das eine Wohnung umschließt. 3Wohnung ist der Raum beziehungsweise die Gesamtheit von Räumen, in denen eine Person oder mehrere zu einem Haushalt vereinigte Personen gemeinschaftlich ihr häusliches Leben führen oder führen sollen. 4Auf die Dauer oder Stetigkeit der Lebensführung in diesem Raum kommt es nicht an. 5Zur Wohnung gehören jedoch wesensnotwendig eine Küche, eine Kochnische oder mindestens eine Kochstelle und, soweit eine Wasserleitung vorhanden ist, eine eigene Wasserstelle sowie ein WC. 6Badehütten, Geräteschuppen, nicht überwiegend ortsfest benutzte Wohnmobile und Wohnwagen können daher keinen Wohnbereich begründen. 7Zum Wohnbereich gehört in jedem Fall ein angemessener Umgriff um das Wohngebäude (Hofplatz, Hausgarten). 8Eine allgemeine Festlegung, wie groß dieser Umgriff sein kann, ist nicht möglich. 9Es muss vielmehr auf den Zweck der Vorschrift abgestellt werden, einen Interessenausgleich zwischen dem Erholungsbedürfnis der Allgemeinheit und dem Recht auf ungestörtes Wohnen vorzunehmen. 10Dies wird immer nur im Rahmen einer Einzelprüfung unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten möglich sein (vergleiche 3.3.1). 11Die bloße Absicht, einen ungestörten Aufenthalt in der Natur genießen zu wollen, berechtigt noch nicht zu einer Sperrung. 12Das gilt zum Beispiel bei großen parkartigen Grundstücken (sofern sie nicht unter Art. 33 Nr. 1 BayNatSchG fallen) und Seeuferparzellen, die nur gemietet sind, um dort zu lagern; hier wird allein eine private Erholungsnutzung angestrebt, die nicht dem Wohnbedürfnis gleichgestellt ist, sodass daraus kein Recht zu einer Absperrung folgt. 13Ist bei Gebäuden, die wie zum Beispiel Kliniken oder Heilanstalten über den Wohnzweck hinausgehenden besonderen Zwecken dienen, die zulässige bestimmungsgemäße Nutzung nur sinnvoll und möglich, wenn der gesamte vorhandene Umgriff den Benutzern des Gebäudes, zum Beispiel den Patienten, vorbehalten bleibt, kann die Erholungsfunktion des Gesamtgrundstücks (das heißt über den üblichen Wohnbereich hinaus) ausschließlich diesem Personenkreis zuerkannt und der Allgemeinheit das Betreten des Grundstücks verwehrt werden.
- 2.6.2.3
- Sperren gemäß Art. 33 Nr. 3 BayNatSchG
1Art. 33 Nr. 3 BayNatSchG gibt dem Grundeigentümer oder sonstigen Berechtigten die Möglichkeit zur Errichtung einer Sperre in Fällen, die auch in Art. 31 BayNatSchG genannt sind. 2Dazu kommen noch Absperrungsmöglichkeiten für Maßnahmen, die mit den auf dem Grundstück möglichen Nutzungen zusammenhängen (zum Beispiel Durchführung von Jagden, forstwirtschaftliche Maßnahmen). 3Bei der Vorbereitung und Durchführung sportlicher Wettkämpfe geht es im Gegensatz zu Art. 32 BayNatSchG nicht um das Betretungsrecht der Teilnehmer, sondern um die Befugnis des Grundeigentümers oder sonstigen Berechtigten, aus einem solchen Anlass Flächen, die grundsätzlich dem allgemeinen Betretungsrecht unterliegen, kurzzeitig zu sperren. 4Art. 33 Nr. 3 BayNatSchG ermöglicht jedoch immer nur kurzzeitige Sperren. 5Angesprochen sind lediglich Vorhaben von vorübergehender Dauer (zum Beispiel aus Anlass von Anpflanzungsarbeiten, Holzeinschlägen, Holztransporten oder Gesellschaftsjagden). 6Mehrwöchige Sperrungen scheiden deshalb regelmäßig aus. 7An das Merkmal der Kurzzeitigkeit ist ein strenger Maßstab anzulegen, zumal bei kurzzeitigen Sperren eine unverzügliche Anzeige an die untere Naturschutzbehörde nach Art. 34 Abs. 1 Satz 4 BayNatSchG genügt. 8Erfordert der Charakter der Maßnahme (zum Beispiel auf dem Gebiet der Landschaftspflege oder der Forstwirtschaft) eine längere Sperrung, so kommt allenfalls eine Anordnung nach Art. 31 BayNatSchG in Betracht. 9Der Grundeigentümer oder sonstige Berechtigte kann einen entsprechenden Antrag stellen. 10War für den Betroffenen nicht eindeutig erkennbar, dass eine von ihm beabsichtigte Sperrung nicht mehr das Merkmal der Kurzzeitigkeit erfüllt, kann die Behörde eine vorgelegte Anzeige als Antrag auf Erlass einer Anordnung nach Art. 31 BayNatSchG ansehen.
- 2.6.2.4
- Besonderheiten bei der Sperrung von Wanderwegen
1Bei der behördlichen Überprüfung der Rechtmäßigkeit von Sperren nach Art. 34 BayNatSchG (vergleiche 3.) ist besonders auf solche Sperren zu achten, die ausschließlich zum Wandern geeignete Privatwege betreffen. 2Gerade die Sperrung solcher Wege hat in der Vergangenheit zu Konflikten zwischen Grundeigentümern und Erholungsuchenden geführt. 3Die Bedeutung des Wanderns als einer für breite Bevölkerungskreise besonders beliebten Erholungsart verlangt bei solchen Absperrungen eine sorgfältige Abwägung der Interessen. 4Die Voraussetzungen des Art. 33 BayNatSchG werden bei Wanderwegen wesentlich seltener zu bejahen sein als bei sonstigen Flächen, sodass eine auch kurzzeitige Einschränkung des Betretungsrechts auf diesen Wegen vielfach als unzulässig anzusehen ist. 5Möglich bleiben Sperren auf anderer Rechtsgrundlage, beispielsweise bei gefährlichen Forstarbeiten, bei Waldschäden zum Beispiel infolge Sturm, Schneebruch oder Insekten oder bei Jagden.
- 2.6.3
- Erhebung eines Entgelts, Art. 27 BayNatSchG
1Die Ausübung des Betretungsrechts ist für jedermann unentgeltlich (Art. 27 Abs. 1 BayNatSchG). 2Die Erhebung eines Entgelts ist daher nur unter den Voraussetzungen zulässig, die das BayNatSchG für die Einschränkung des Betretungsrechts durch Eigentümer oder sonstige Berechtigte vorsieht. 3Dies bedeutet im Einzelnen, Entgelte können nur erhoben werden, wenn die betreffenden Grundstücke nach Art. 27 Abs. 3 BayNatSchG – also mindestens durch die Aufstellung deutlich sichtbarer Tafeln, die auf die Sperrung beziehungsweise die Erhebung eines Entgelts hinweisen – gesperrt sind. 4Die Entgelterhebung muss nach Art. 34 Abs. 1 Satz 2 BayNatSchG der unteren Naturschutzbehörde angezeigt werden; bedarf die Errichtung der Sperre einer behördlichen Gestattung nach anderen Vorschriften, so gilt Art. 34 Abs. 1 Satz 1 BayNatSchG. 5Die Zulässigkeit der Grundstückssperrung zwecks Entgelterhebung beurteilt sich nach Art. 33 BayNatSchG, insbesondere nach Nr. 1 Satz 1. 6Eine Sperrung kann zum Beispiel zulässig sein, wenn der Grundeigentümer oder sonstige Berechtigte notwendige Aufwendungen für Wege und besondere Anlagen gemacht hat, durch die die Ausübung des Betretungsrechts nicht nur erleichtert, sondern erst ermöglicht wird (zum Beispiel durch Schaffung eines Zugangs zu einer Klamm), und wenn für solche Wege und Anlagen laufend Unterhaltungsarbeiten erforderlich sind. 7Das Gleiche gilt, wenn den Erholungsuchenden besondere Einrichtungen zur Verfügung gestellt werden, die in der freien Natur sonst nicht vorhanden sind (zum Beispiel Umkleidekabinen bei Badeplätzen, sanitäre Einrichtungen, Abfallkörbe usw.). 8Die Nutzung solcher Anlagen ist nicht Bestandteil des Betretungsrechts nach Art. 27 Abs. 1 BayNatSchG. 9In jedem Fall ist jedoch die Zulässigkeit einer solchen Nutzung zu prüfen, wobei insbesondere §§ 13 ff. BNatSchG zu beachten sind.
3.
3.1
Für die Zuständigkeit kommt es darauf an, ob es für die Errichtung einer Sperre einer behördlichen Gestattung nach anderen Vorschriften bedarf.
- 3.1.1
- Erforderlichkeit einer Gestattung nach anderen Vorschriften, Art. 34 Abs. 1 Satz 1 BayNatSchG
1Bedarf die Errichtung einer Sperre bereits nach anderen Vorschriften einer behördlichen Gestattung, so bleibt es bei der Zuständigkeit der hierfür vorgesehenen Behörde. 2Diese hat jedoch für die Entscheidung das Benehmen mit der unteren Naturschutzbehörde herzustellen. 3Das Verfahren richtet sich nach den für die Gestattungspflicht maßgebenden Vorschriften.
- 3.1.2
- Keine Gestattungspflicht nach anderen Vorschriften, Art. 34 Abs. 1 Satz 2 BayNatSchG
1Ist nach anderen Vorschriften eine behördliche Gestattung nicht erforderlich, so bedarf die Errichtung einer Sperre mindestens einen Monat vorher einer Anzeige bei der unteren Naturschutzbehörde (Art. 34 Abs. 1 Satz 2 BayNatSchG). 2Keiner Anzeige bedürfen lediglich Sperren von Forstpflanzgärten, Forstkulturen und Sonderkulturen mit einer Fläche bis zu fünf Hektar (Art. 34 Abs. 1 Satz 3 BayNatSchG); diese Freistellungen sind, da es sich um eine Ausnahmevorschrift handelt, eng auszulegen. 3Keiner Genehmigung oder Anzeige nach Art. 34 BayNatSchG bedürfen Sperren, die das Betretungsrecht nicht einschränken, sondern nur darauf hinweisen, dass das Betretungsrecht nicht besteht (zum Beispiel die Sperrung einer Mahdwiese während der Nutzzeit durch Abpflocken), weil insoweit das Betretungsrecht nach Art. 27 BayNatSchG ausgeschlossen ist (vergleiche 2.6.2). 4Kein Betretungsrecht besteht auch gemäß Art. 28 Abs. 1 BayNatSchG für das Reiten oder Radfahren auf ungeeigneten Wegen. 5Der Eigentümer kann auf die Ungeeignetheit des Weges mit einem Schild hinweisen, unterliegt dann aber in analoger Anwendung der Regelung des Art. 34 Abs.1 Satz 2 BayNatSchG der Anzeigepflicht. 6So kann eine Überprüfung der Geeignetheit des Weges durch die unteren Naturschutzbehörden sichergestellt werden. 7Kurzzeitige Sperrungen müssen unverzüglich der unteren Naturschutzbehörde angezeigt werden (Art. 34 Abs. 1 Satz 4 BayNatSchG). 8Kurzzeitige Sperren kommen vor allem im Fall des Art. 33 Nr. 3 BayNatSchG (vergleiche 2.6.2.3) in Betracht; sie sind jedoch auch im Fall des Art. 33 Nr. 1 BayNatSchG (vergleiche 2.6.2.1) denkbar, wenn nämlich ohne Sperrung die zulässige Nutzung des Grundstücks nicht unerheblich behindert oder eingeschränkt würde. 9Hierunter fällt etwa das Zertrampeln einer Wiese kurz vor der Mahd.
3.2
- 3.2.1
- Untersagung von Sperren nach Art. 34 Abs. 2 BayNatSchG
1Eine Sperre ist nach Art. 34 Abs. 2 BayNatSchG zu untersagen, wenn die Sperre den Voraussetzungen des Art. 33 BayNatSchG widerspricht und die Untersagung im gegenwärtigen oder absehbaren zukünftigen Interesse der Erholung suchenden Bevölkerung erforderlich ist. 2Es besteht kein Ermessen. 3Besteht keine Gestattungspflicht nach anderen Vorschriften (Art. 34 Abs. 1 Satz 1 BayNatSchG), so ist die Untersagung nur innerhalb eines Monats nach der Anzeige zulässig. 4Nach Fristablauf hat die Behörde die Möglichkeit, die Beseitigung der Sperre nach Art. 34 Abs. 3 BayNatSchG anzuordnen. 5Im Interesse der Erholung suchenden Bevölkerung erforderlich ist eine Untersagung insbesondere, wenn die Sperre einen nach Art. 28 Abs. 2 BayNatSchG markierten Weg oder Pfad betrifft oder es sich um von Erholungsuchenden gerne besuchte Teile der freien Natur handelt (BayVGH, Urteil vom 21. November 2013, BayVGHE 66, 230). 6Dabei muss die Lage des Grundstücks im größeren Raum berücksichtigt werden. 7Es kommt nicht nur auf die Erholungsbedürfnisse der in der Gemeinde ansässigen Bevölkerung an. 8Ist das Gebiet zum Beispiel als Naherholungsgebiet, Naturpark, Erholungswald oder dergleichen in landesplanerischen Programmen und Plänen oder in Landschaftsplänen ausgewiesen, so ist ein strenger Maßstab anzulegen. 9Es darf ferner nicht nur auf die augenblicklichen Verhältnisse abgestellt werden. 10Auch zukünftige Entwicklungen, die sich etwa infolge einer beabsichtigten Verkehrserschließung abzeichnen, müssen mitberücksichtigt werden. 11Auch die Lage in einem Landschaftsschutzgebiet oder sonstigen Schutzgebiet ist zu beachten.
- 3.2.2
- Untersagung von Sperren nach Art. 36 Abs. 2 Satz 1 BayNatSchG
Verstößt eine Sperre zwar nicht gegen Art. 33 BayNatSchG, ist aber die beschränkte oder unbeschränkte Zugänglichkeit zum Grundstück im überwiegenden Interesse einer Vielzahl von Erholungsuchenden geboten, so kann die untere Naturschutzbehörde gegen Entschädigung die Errichtung der Sperre untersagen.
3.3
- 3.3.1
- Beseitigungsanordnung nach Art. 34 Abs. 3 BayNatSchG
1Art. 34 Abs. 3 BayNatSchG ermächtigt die untere Naturschutzbehörde, die Beseitigung einer bereits bestehenden Sperre und auch von entsprechenden Schildern unter den Voraussetzungen des Art. 34 Abs. 2 BayNatSchG anzuordnen. 2Es müssen die Voraussetzungen des Art. 34 Abs. 2 BayNatSchG vorliegen. 3Die Entscheidung steht im Ermessen der Behörde. 4Dabei sind die Interessen der Erholung suchenden Bevölkerung gegenüber den Interessen der Berechtigten sorgfältig abzuwägen. 5Sonstige Vorschriften über die Rücknahme und den Widerruf der Gestattung oder über eine Beseitigungsanordnung, zum Beispiel nach Art. 76 der Bayerischen Bauordnung, bleiben unberührt.
- 3.3.2
- Beseitigungsanordnung nach. Art. 36 Abs. 2 BayNatSchG
Verstößt eine Sperre zwar nicht gegen Art. 33 BayNatSchG, ist aber die beschränkte oder unbeschränkte Zugänglichkeit zum Grundstück im überwiegenden Interesse einer Vielzahl von Erholungsuchenden geboten, so kann die untere Naturschutzbehörde gegen Entschädigung eine Beseitigungsanordnung erlassen (vergleiche 4.3.1).
3.4
1Neben der völligen Beseitigung der Sperre kommt als weniger einschneidende Maßnahme unter den Voraussetzungen des Art. 35 BayNatSchG eine Anordnung in Betracht, wonach auf einem Grundstück für die Allgemeinheit ein Durchgang offen zu halten ist. 2Besondere Bedeutung hat die Bestimmung für den Zugang zu den See- und Flussufern. 3Sie ermöglicht hier nicht nur Stichwege zum Ufer, sondern auch Durchgänge am Ufer entlang. 4Die Öffnung eines Durchganges muss im überwiegenden Interesse einer Vielzahl Erholungsuchender geboten sein, ein anderer Weg darf nicht zumutbar sein und der Eigentümer oder Nutzungsberechtigte darf nicht übermäßig in seinen Rechten beeinträchtigt sein. 5Die untere Naturschutzbehörde kann nach Art. 35 Satz 2 BayNatSchG entsprechende Anordnungen treffen. 6Sofern die Öffnung des Durchgangs eine für den Eigentümer oder Nutzungsberechtigten nicht zumutbare Beeinträchtigung darstellt, die Zugänglichkeit aber im überwiegenden Interesse einer Vielzahl Erholungsuchender geboten ist, so kann die Behörde entsprechende Anordnungen auf der Grundlage des Art. 36 Abs. 2 Satz 1 BayNatSchG treffen. 7Dem Grundeigentümer oder sonstigen Berechtigten ist dann eine Entschädigung zu gewähren, Art. 36 Abs. 2 Satz 2 BayNatSchG (vergleiche 4.3).
4.
4.1
1Art. 36 Abs. 1 BayNatSchG stellt klar, dass sich die für den Grundeigentümer oder sonstigen Berechtigten ergebenden Beeinträchtigungen durch Maßnahmen nach Art. 34 und 35 BayNatSchG im Rahmen der Sozialbindung des Eigentums (Art. 14 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Grundgesetz, Art. 103 Abs. 2 und Art. 158 Satz 1 BV) halten, wenn sie sich aus der Anwendung des Teils 6 des BayNatSchG unter Beachtung des Art. 33 BayNatSchG ergeben. 2Der Grundeigentümer hat dabei insbesondere der Tatsache Rechnung zu tragen, dass sein Grundbesitz als Teil der Landschaft auch anderen Menschen, die in ihr Freude und Erholung suchen, dienen soll. 3Durch das Recht zum Betreten und zum vorübergehenden Aufenthalt wird das Eigentum nicht seiner primären Zweckbestimmung entfremdet, es werden vielmehr nur Bindungen wirksam, die sich aus der naturgegebenen Lage des Grundstücks ergeben (vergleiche BVerwGE 4, 57/60) und die letztlich auf einen beschränkten Gemeingebrauch an der freien Natur insgesamt hinauslaufen.
4.2
1Die in Art. 36 Abs. 2 BayNatSchG genannten Maßnahmen (Versagung von Gestattungen, Anordnung der Beseitigung von Sperren, Anordnung zur Offenhaltung eines Durchgangs) haben enteignenden Charakter. 2Die Maßnahmen sind nur aufgrund eines besonderen Interesses der Allgemeinheit zulässig, das heißt nur dann, wenn die Zugänglichkeit des Grundstücks für eine große Zahl von Erholungsuchenden notwendig ist und deren Interesse überwiegt. 3Eine behördliche Maßnahme nach Art. 36 Abs. 2 BayNatSchG muss sich darauf beschränken, das Grundstück zugänglich zu machen. 4Soll darüber hinaus das Grundstück mit besonderen Erholungseinrichtungen (zum Beispiel befestigter Weg) versehen werden, so kann dies nicht auf Art. 36 Abs. 2 BayNatSchG gestützt werden. 5In solchen Fällen ist die entsprechende Nutzung des Grundstücks durch privatrechtliche Vereinbarungen, gegebenenfalls durch Ausübung eines Vorkaufsrechts nach Art. 39 BayNatSchG oder durch förmliche Enteignung nach Art. 40 BayNatSchG sicherzustellen.
4.3
1Für Umfang und Art der Entschädigung gelten nach Art. 36 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 BayNatSchG, § 68 BNatSchG in Verbindung mit Art. 41 BayNatSchG die Vorschriften des Bayerischen Gesetzes über die entschädigungspflichtige Enteignung (BayEG). 2Gemäß Art. 49 BayEG sind die Art. 8 bis 13 BayEG sinngemäß anzuwenden. 3Bei der Beseitigung von Sperren oder bei der Offenhaltung eines Durchgangs kann es erforderlich sein, vorhandene bauliche Anlagen (zum Beispiel Zäune) zu beseitigen. 4Waren die Anlagen rechtmäßig errichtet, so ist hierfür Entschädigung zu leisten (Art. 36 Abs. 3 BayNatSchG). 5Die Entschädigungspflicht trifft den durch die Maßnahme Begünstigten (Art. 36 Abs. 4 BayNatSchG). 6Insoweit kommen bei überwiegend örtlicher Bedeutung der Maßnahme Gemeinden, Landkreise und Bezirke, bei überwiegend überörtlicher Bedeutung der Staat in Betracht. 7Für das Verfahren zur Festsetzung der Entschädigung gilt Art. 36 Abs. 5 BayNatSchG. 8Zuständig ist in der Regel die untere Naturschutzbehörde; eine andere Behörde kann zuständig sein, wenn die enteignende Maßnahme in der Versagung einer Gestattung liegt und die Gestattungspflicht für die Sperre außerhalb des Naturschutzgesetzes begründet ist (vergleiche Art. 34 Abs. 1 BayNatSchG). 9Über die Entschädigung ist in der Regel zusammen mit der enteignenden Maßnahme (Versagung der Gestattung, Anordnung nach Art. 34 Abs. 3, Anordnung nach Art. 35 Satz 2 BayNatSchG) zu entscheiden.
5.
1Diese Bekanntmachung tritt am 16. Dezember 2020 in Kraft. 2Die Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Landesentwicklung und Umweltfragen vom 30. Juli 1976 (LUMBl. 1976, S. 135, LMBl. 1976, S. 230) tritt mit Ablauf des 15. Dezember 2020 außer Kraft.
Dr. Christian Barth
Ministerialdirektor