220-WK
Richtlinien für die Gewährung eines fiktiven Unternehmerlohns zur Sicherung
des Lebensunterhalts der von der Corona-Virus-Pandemie (SARS-CoV-2)
betroffenen soloselbstständigen Künstlerinnen und Künstler
sowie Angehörigen kulturnaher Berufe
(Soloselbstständigenprogramm für Künstlerinnen und Künstler)
Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst
vom 16. Dezember 2020, Az. K.1-K1206.0/3
1Der Freistaat Bayern gewährt nach Maßgabe
- des Art. 53 der Bayerischen Haushaltsordnung (BayHO) sowie der allgemeinen haushaltsrechtlichen Bestimmungen und der dazu erlassenen Verwaltungsvorschriften,
- der Dritten Geänderten Regelung zur vorübergehenden Gewährung geringfügiger Beihilfen im Geltungsbereich der Bundesrepublik Deutschland im Zusammenhang mit dem Ausbruch von COVID-19 („Dritte Geänderte Bundesregelung Kleinbeihilfen 2020“1) und
- dieser Richtlinien
finanzielle Hilfen zur Sicherung des Lebensunterhalts von soloselbstständigen Künstlerinnen und Künstlern sowie soloselbstständigen Angehörigen kulturnaher Berufe, die von der durch das Corona-Virus SARS-CoV-2 ausgelösten Pandemie erhebliche Umsatzrückgänge erfahren haben. 2Die Finanzhilfen erfolgen als Billigkeitsleistung ohne Rechtsanspruch im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel. 3Die zuständige Bewilligungsstelle entscheidet über den Antrag nach pflichtgemäßem Ermessen.
- 1.
- Zweck der Hilfen
1Infolge der Corona-Pandemie und der damit verbundenen Schließung von Kultureinrichtungen sowie der Absage von zahlreichen Veranstaltungen kommt es bei Künstlerinnen und Künstlern sowie Angehörigen kulturnaher Berufe zu erheblichen wirtschaftlichen Härten. ²Daher ist für Künstlerinnen und Künstler sowie Angehörige kulturnaher Berufe zur Sicherung ihrer privaten wirtschaftlichen Existenz und zur Deckung privater Lebenshaltungskosten eine gesonderte Finanzhilfe zur Abfederung erheblicher Umsatzrückgänge erforderlich.
- 2.
- Antragsvoraussetzungen
1Antragsberechtigt sind Künstlerinnen und Künstler sowie Angehörige kulturnaher Berufe mit bestehendem Hauptwohnsitz in Bayern (Stichtag: 1. Oktober 2020), die spätestens seit 1. Februar 2020 eine künstlerische, publizistische oder kulturnahe Tätigkeit erwerbsmäßig und nicht nur vorübergehend ausüben. ²Voraussetzung hierfür ist, dass die Antragsteller
- nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz versichert sind oder
- den Lebensunterhalt überwiegend aus erwerbsmäßiger künstlerischer oder publizistischer Tätigkeit gemäß dem Katalog der Künstlersozialkasse bestreiten oder
- den Lebensunterhalt überwiegend aus erwerbsmäßiger Tätigkeit in kulturnahen Bereichen bestreiten; hierunter fallen beispielsweise die Tätigkeiten im Bereich Veranstaltungsorganisation und -management, als Kulturvermittler, Künstlervermittler,
-manager und -agent, Pädagoge und Techniker, soweit diese sich jeweils auf den Kulturbereich beziehen (Musik, Theater und darstellende Künste, bildende Kunst und Design, Film und Medien, Heimat- und Geschichtspflege, Literatur, Museen und Ausstellungen).
3Personen nach Satz 2 Variante 1 und 3 müssen als Soloselbstständige, Personen nach Satz 2 Variante 2 als Soloselbstständige oder in abhängiger Beschäftigung mit wechselnden Engagements und/oder bei unterschiedlichen Arbeitgebern tätig sein. 4Als Soloselbstständige gelten Antragsteller, die keine Mitarbeiter beschäftigen; ein Zusammenschluss von Personen in einer Gesellschaft ist unschädlich. 5Antragsvoraussetzung ist ferner, dass die durchschnittlichen monatlichen Gesamteinnahmen des Antragstellers im Antragszeitraum verglichen mit den durchschnittlichen monatlichen Gesamteinnahmen des Jahres 2019 durch Einnahmeausfälle aufgrund der Corona-Pandemie um mindestens 30 Prozent zurückgegangen sind (erheblicher Umsatzrückgang). 6Wurde die Tätigkeit nach Satz 1 und 2 erst im Laufe des Jahres 2019 aufgenommen, werden als Vergleichszeitraum die vollen Monate des Jahres 2019 seit Aufnahme der Tätigkeit herangezogen, bei einer Aufnahme ab 1. November 2019 die vollen Monate bis einschließlich Februar 2020. 7Künstlerinnen und Künstlern, die sich am 31. Dezember 2019 gemäß Art. 2 Abs. 18 der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung bereits in Schwierigkeiten befanden, dürfen keine Beihilfen nach dieser Regelung gewährt werden. 8Für den Zeitraum, für den der Antragsteller bereits Grundsicherung (Arbeitslosengeld II) zur Sicherung des Lebensunterhalts bezieht oder beantragt hat, besteht kein Anspruch auf Leistungen nach dem Soloselbstständigenprogramm; die Finanzhilfe kann jedoch nach Gewährung durch Grundsicherung aufgestockt werden, sofern sie zur Sicherung des Lebensunterhalts nicht ausreichend ist, und ist im Falle einer Antragstellung auf Grundsicherungsleistungen anzugeben.
- 3.
- Umfang der Finanzhilfen
Als Finanzhilfen werden ein fiktiver Unternehmerlohn in Höhe des Umsatzrückgangs im Antragszeitraum, höchstens jedoch 1 180 Euro pro Antragsmonat, sowie der Ersatz der Kosten nach Nr. 5 Satz 3 gewährt.
- 4.
- Kumulierung mit anderen öffentlichen Hilfen
1Etwaige andere öffentliche Unterstützungsleistungen, die einen vergleichbaren Zweck verfolgen, werden in voller Höhe angerechnet, soweit sich die Leistungszeiträume überschneiden. 2Insbesondere die Bayerische Lockdown-Hilfe für besonders betroffene Gebiete (Oktoberhilfe) sowie die außerordentlichen Wirtschaftshilfen des Bundes (November- und Dezemberhilfe) werden nicht angerechnet. 3Eine Kumulierung von Beihilfen nach dieser Regelung ist zulässig mit anderen Beihilfen auf der Grundlage der Mitteilung der Europäischen Kommission C(2020) 1863 final vom 19. März 2020 in der Fassung vom 3. April 2020 (C(2020) 2215 final) und nach der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung, den sektorspezifischen Freistellungsverordnungen sowie den verschiedenen De-minimis-Verordnungen. 4Eine Überkompensation ist unzulässig.
- 5.
- Antrag
1Der Antragsteller stellt bei der zuständigen Bewilligungsstelle einen Antrag auf Gewährung eines fiktiven Unternehmerlohns in Höhe des Umsatzrückgangs im Antragszeitraum, höchstens jedoch 1 180 Euro pro Antragsmonat.
2Hierfür sind insbesondere einzureichen:
- Nachweis über eine Versicherung nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz oder
- Nachweis über eine erwerbsmäßige künstlerische, publizistische oder kulturnahe Tätigkeit nach Nr. 2 Satz 2 Variante 2 und 3, z. B. durch aktuelle Umsatzsteuervoranmeldung des vorausgehenden Vierteljahres, Gewinnermittlung für das vorausgehende Jahr, Aufstellung der Tätigkeiten (Art und Umfang) und Einnahmen des letzten Jahres, Vorlage von Honorarverträgen, Nachweis über eine professionelle künstlerische Ausbildung, Mitgliedschaft in künstlerischen Berufsverbänden, Mitgliedschaft in Verwertungsgesellschaften wie VG Wort oder Listung bei professionellen künstlerischen Berufsvermittlungsagenturen;
- geeigneter Nachweis über den Umsatz im Vergleichszeitraum;
- geeigneter Nachweis über den Umsatz im Antragszeitraum.
3Zum Nachweis des Umsatzes im Vergleichszeitraum sowie des Umsatzes im Antragszeitraum kann sich der Antragsteller der Mithilfe eines Steuerberaters, Wirtschaftsprüfers, vereidigten Buchprüfers oder Rechtsanwalts bedienen; die hierfür nachgewiesenen Kosten werden erstattet, soweit sie angemessen sind.
- 6.
- Zuständigkeit
1Zuständig für die Prüfung des Antrags sowie die Bewilligung und Auszahlung der Finanzhilfen ist die örtlich zuständige Regierung. 2Die für die Bewirtschaftung erforderlichen Mittel werden den Bewilligungsstellen vom Bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst zugewiesen. 3Unterstützt werden die Bewilligungsstellen durch die Bayerische Gesellschaft für Innovation und Wissenstransfer mbH (Bayern Innovativ) insbesondere bei der technischen Betreuung des Antragsverfahrens.
- 7.
- Antragsfrist und Bewilligungszeitraum
1Anträge sind bis spätestens 31. März 2021 an die jeweils zuständige Bewilligungsstelle zu richten. 2Sie können einmalig für bis zu drei Monate im Zeitraum von Oktober bis Dezember 2020 gestellt werden. 3Die Antragstellung mit den notwendigen Nachweisen erfolgt elektronisch über eine Internetseite der Bayern Innovativ. 4Die Antragsbearbeitung erfolgt bei der jeweils zuständigen Bewilligungsstelle nach der Reihenfolge des Antragseingangs.
- 8.
- Europäisches Beihilferecht
1Die Bewilligung erfolgt im Rahmen der „Dritten Geänderten Bundesregelung Kleinbeihilfen 2020“. 2Der Antragsteller hat daher der jeweils zuständigen Bewilligungsstelle jede Kleinbeihilfe nach jener Bundesregelung anzugeben, die er bislang erhalten hat, sodass sichergestellt ist, dass der dort vorgesehene Höchstbetrag von 800 000 Euro nicht überschritten wird (Stand: 27. Mai 2020). 3Die Veröffentlichung von Informationen über die einzelnen Finanzhilfen erfolgt nach Maßgabe von § 4 Abs. 4 der „Dritten Geänderten Bundesregelung Kleinbeihilfen 2020“.
- 9.
- Auskunftspflichten, Prüfung
- 9.1
- Prüfung durch die Bewilligungsstellen
1Die Bewilligungsstelle prüft das Vorliegen der Voraussetzungen der Gewährung des fiktiven Unternehmerlohns auf Glaubhaftigkeit. 2Der fiktive Unternehmerlohn wird von der Bewilligungsstelle nach Erlass des Bewilligungsbescheides unter dem Vorbehalt der Rückforderung auf das Konto des Antragstellers überwiesen. 3Nach Auszahlung, spätestens bis zum 31. Juli 2021, prüft die Bewilligungsstelle das Vorliegen der Voraussetzungen für die Gewährung des fiktiven Unternehmerlohns vollumfänglich und erlässt einen Schlussbescheid, in dem der tatsächliche Umsatzrückgang festgestellt wird; bereits erhaltene Finanzhilfen können gemäß Nr. 10 Satz 2 zurückgefordert werden. 4Der Empfänger ist verpflichtet, der Bewilligungsstelle auf Verlangen die zur Identifizierung seiner Person, zur Aufklärung des Sachverhalts und zur Bearbeitung des Antrags erforderlichen Unterlagen und Informationen zur Verfügung zu stellen.
- 9.2
- Prüfung durch andere Stellen
1Der Bayerische Oberste Rechnungshof ist berechtigt, bei den Empfängern Prüfungen im Sinne des Art. 91 BayHO durchzuführen. 2Dem Bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst sowie der Bewilligungsstelle sind von den Empfängern auf Verlangen erforderliche Auskünfte zu erteilen, Einsicht in Bücher und Unterlagen sowie Prüfungen zu gestatten. 3Ebenso hat die Europäische Kommission das Recht, Finanzhilfen auf Grundlage dieser Richtlinie zu überprüfen und die Herausgabe aller dafür notwendigen Unterlagen zu verlangen. 4Daher müssen alle für den fiktiven Unternehmerlohn relevanten Unterlagen zehn Jahre lang ab der Gewährung aufbewahrt werden.
- 10.
- Erstattungspflicht
1Der Empfänger der Finanzhilfe ist verpflichtet, der Bewilligungsstelle unverzüglich anzuzeigen, wenn sich die für die Bewilligung der Finanzhilfe maßgeblichen Umstände ändern oder wegfallen. 2Wenn die Gewährung der Finanzhilfe auf falschen oder unvollständigen Angaben bei der Antragstellung beruht oder sich herausstellt, dass die Finanzhilfe den tatsächlichen Umsatzrückgang übersteigt, kann die gewährte Finanzhilfe ganz oder teilweise bzw. bis zur Höhe des tatsächlichen Umsatzrückgangs zurückgefordert werden. 3Der Antragsteller ist verpflichtet, an der Sachverhaltsermittlung mitzuwirken. 4Kommt der Antragsteller seiner Mitwirkungspflicht nicht nach, kann die Finanzhilfe im Ganzen zurückgefordert werden. 5Der Antragsteller versichert im Rahmen der Antragstellung, von einer möglichen Erstattungspflicht sowie den entsprechenden Mitwirkungspflichten Kenntnis genommen zu haben.
- 11.
- Strafrechtliche Hinweise
1Falsche Angaben im Antrag sowie in den dazu eingereichten ergänzenden Unterlagen können zu einer Strafbarkeit gemäß § 263 des Strafgesetzbuchs führen. 2Der Antragsteller muss vor der Bewilligung eine Erklärung über die Kenntnis dieser Tatsachen abgeben.
- 12.
- Steuerrechtliche Hinweise
1Die als Finanzhilfe unter den vorstehenden Voraussetzungen bezogenen Billigkeitsleistungen sind steuerbar und nach den allgemeinen steuerrechtlichen Regelungen im Rahmen der Gewinnermittlung zu berücksichtigen. 2Mangels erbrachter Leistung des Antragstellers unterliegen die Zahlungen nicht der Umsatzsteuer. 3Die Bewilligungsbehörde kann die Finanzbehörden auf Ersuchen oder von Amts wegen über die einem Antragsteller jeweils gewährte Finanzhilfe unter Benennung des Antragstellers informieren; dabei sind die Vorgaben der Mitteilungsverordnung zu beachten. 4Für Zwecke der Festsetzung von Vorauszahlungen für das Jahr 2020 ist die Finanzhilfe nicht zu berücksichtigen.
- 13.
- Datenschutz
1Bei der Verarbeitung personenbezogener Daten sind die datenschutzrechtlichen Bestimmungen, insbesondere die Verordnung (EU) 2016/679 (EU-Datenschutzgrundverordnung – DSGVO) einzuhalten. 2Die jeweils zuständige Bewilligungsstelle ist Verantwortlicher im Sinne von Art. 4 Nr. 7 DSGVO. 3Die Verpflichtungen aus der DSGVO (insbesondere die Betroffenenrechte und die Informationspflichten gemäß Art. 13 f. DSGVO) werden von der jeweils zuständigen Bewilligungsstelle erfüllt.
- 14.
- Inkrafttreten, Außerkrafttreten
Diese Bekanntmachung tritt am 18. Dezember 2020 in Kraft und mit Ablauf des 31. Dezember 2021 außer Kraft.
Dr. Rolf-Dieter Jungk
Ministerialdirektor