2126-1-6-G
Begründung der Verordnung zur Änderung
der Einreise-Quarantäneverordnung
vom 12. Februar 2021
Die Begründung der Verordnung zur Änderung der Einreise-Quarantäneverordnung vom 12. Februar 2021 (BayMBl. Nr. 114) wird im Hinblick auf § 28a Abs. 5 Satz 1 IfSG bekannt gemacht.
Die vorliegende Verordnung beruht auf § 32 Satz 1 in Verbindung mit § 28 Abs. 1, § 28a, 29, 30 Abs. 1 Satz 2 IfSG in Verbindung mit § 9 Nr. 5 DelV.
Anlass für die vorliegende Änderungsverordnung ist das sich trotz erster Erfolge weiterhin auf hohem Niveau bewegende Infektionsgeschehen, insbesondere der Nachweis verschiedener besorgniserregender Virusvarianten wie insbesondere der im Vereinigten Königreich von Großbritannien und Nordirland verstärkt aufgetretenen, mutierten Form des Coronavirus SARS-CoV-2 auch in Bayern. Bei dieser mutierten Form des Virus wird von einer deutlich erhöhten Übertragbarkeit – bis zu 70 % höher im Vergleich zu den bisher zirkulierenden Virusvarianten – ausgegangen; zugleich bestehen Anhaltspunkte für einen höheren Anteil an schwerwiegenden Krankheitsverläufen. Die neuen Virusvarianten bergen die Gefahr eines erneuten erheblichen oder sogar exponentiellen Anstiegs der Zahl der Neuinfektionen in Bayern, bei denen seit Mitte Januar 2021 ein kontinuierlicher Rückgang verzeichnet werden kann. Insgesamt weisen nach den Daten des Robert Koch-Instituts (RKI) am 12. Februar 2021 15 Landkreise und kreisfreie Städte in Bayern weiterhin eine 7-Tage-Inzidenz von über 100 auf, weitere 44 Landkreise und kreisfreie Städte liegen über dem Schwellenwert von 50, aber unter einer 7-Tage-Inzidenz von 100. Zwei der Landkreise und kreisfreien Städte weisen indes eine 7-Tage-Inzidenz von über 200 auf, einer dieser wiederum einen Wert von über 300 (https://experience.arcgis.com/experience/478220a4c454480e823b17327b2bf1d4/page/page_1). Dabei handelt es sich um die Landkreise Wunsiedel i. Fichtelgebirge und Tirschenreuth, die an der Grenze zur Tschechischen Republik liegen. Beide Landkreise sind unter den drei aktuell in Deutschland am stärksten betroffenen Landkreisen. In Tschechien ist die Inzidenz am 12. Februar 2021 mit einem Wert von 484,5 und steigender Tendenz deutlich höher als in Bayern (https://who.maps.arcgis.com/apps/opsdashboard/index.html#/ead3c6475654481ca51c248d52ab9c61, Stand 11. Februar 2021). Auffällig ist auch, dass sich die überwiegende Anzahl der Landkreise und kreisfreien Städte mit einem deutlich überdurchschnittlichen 7-Tage-Inzidenzwert von über 100 im Grenzgebiet zu Tschechien und Österreich befinden. Eine Weiterverbreitung in die übrigen Regionen Bayerns ist daher unbedingt zu vermeiden.
Die nach wie vor angespannte Situation zeigt sich auch an der weiterhin hohen Auslastung der Intensivstationen der bayerischen Krankenhäuser. Auch wenn aktuell, verglichen mit der Situation Anfang Januar 2021, ein Rückgang bei den COVID-19-Patienten, die in Intensivbetten mit Möglichkeit zur invasiven Beatmung behandelt werden müssen, zu verzeichnen ist, ist gleichzeitig ein Anstieg bei anderen intensivpflichtigen Patienten zu beobachten. Dies rührt in erster Linie daher, dass aufgeschobene Operationen, die aber nunmehr dringend notwendig sind, durchgeführt werden müssen. Während am 28. Oktober 2020 noch 660 freie Intensivbetten mit der Möglichkeit zur invasiven Beatmung in Bayern verfügbar waren, sind es aktuell lediglich 400 freie Betten (Meldungen der Krankenhäuser in IVENA vom 12. Februar 2021). Einzelne Krankenhäuser und Leitstellen melden weiterhin, dass in ihrem Einzugsgebiet nur noch wenige Intensivbetten mit invasiver Beatmungsmöglichkeit zur Verfügung stehen. Wenig freie Kapazitäten (unter zehn Intensivbetten mit invasiver Beatmungsmöglichkeit) stehen derzeit laut Meldungen der Krankenhäuser u. a. in den Leitstellen Fürstenfeldbruck, Erding, Traunstein, Ansbach, Mittelfranken Süd, Schweinfurt, Nordoberpfalz, Amberg und Bayreuth zur Verfügung. Anders als in der ersten Welle im Frühjahr 2020 ist auch die Zahl der COVID-19-Patienten auf den Allgemeinpflegestationen in den Krankenhäusern weiterhin auf hohem Niveau. Am 28. Oktober 2020 waren es 869 Patienten, die wegen einer SARS-CoV-2-Infektion im Krankenhaus auf einer Normalstation behandelt werden mussten, aktuell (Stand: 12. Februar 2021) sind es 1.917 Patienten. Die Krankenhäuser berichten weiterhin, dass es aktuell immer noch vermehrt zu Krankheitsfällen im Personal komme.
Bei der Zahl der Todesfälle ist weiterhin kein substanzieller Rückgang zu vermelden. Seit Anfang Dezember 2020 überschritt die Zahl der Verstorbenen 37-mal den höchsten Tageswert aus der ersten Corona-Welle, der sich am 15. April 2020 auf insgesamt 104 Todesfälle belief. Die höchste Zahl der Verstorbenen binnen 24 Stunden wurde bislang mit 275 Todesfällen am 3. Februar 2021 – d. h. nach Inkrafttreten der 11. BayIfSMV in ihrer ursprünglichen Fassung – verzeichnet. Der vor Inkrafttreten der 11. BayIfSMV erreichte Höchstwert betrug 126 Todesfälle am 15. Dezember 2020. Zuletzt wurden am 10. und 11. Februar 2021 140 und 105 Todesfälle gemeldet. Damit ist keine Entspannung der Situation zu verzeichnen.
Wenn auch mit rückläufiger Tendenz, ist nach wie vor eine hohe Anzahl an Übertragungen in der Bevölkerung in Deutschland zu beobachten. Das RKI schätzt die Situation weltweit, in Europa und in Deutschland weiterhin als sehr dynamisch und ernst zu nehmend ein. Die Gefährdung für die Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland wird nach wie vor als „sehr hoch“ eingestuft. Das Infektionsgeschehen ist diffus, in vielen Fällen kann das Infektionsumfeld nicht mehr ermittelt werden. Impfstoffe sind noch nicht in ausreichender Menge verfügbar und die Therapie schwerer Krankheitsverläufe ist komplex und langwierig; ein nicht unerheblicher Teil erfordert eine intensivmedizinische Behandlung. Des Weiteren geht eine Gefahr von den neuen besorgniserregender Virusvarianten (Variants of concern, VOC) aus. Insbesondere die zunächst in Großbritannien beschriebene Variante B1.1.7 scheint eine deutlich höhere Übertragbarkeit zu besitzen, erste wissenschaftliche Daten deuten zudem auf eine erhöhte Fallsterblichkeit hin. Für die südafrikanische VOC B.1.351 und die brasilianische VOC P.1 wird eine verringerte Wirkung neutralisierender Antikörper diskutiert, wodurch die Immunität gegenüber diesen Varianten bei Personen schwächer ausgeprägt sein könnte, die an der ursprünglichen SARS-CoV-2-Variante erkrankt waren oder den Impfstoff erhalten haben. Das Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (European Centre for Disease Prevention and Control – ECDC) hat die Risikoeinstufung für die Einschleppung und gemeinschaftliche Ausbreitung der VOC am 21. Januar 2021 von „hoch“ auf „sehr hoch“ geändert und warnt vor einer mit einer verstärkten Ausbreitung einhergehenden Erhöhung der Hospitalisierungs- und Sterberaten in allen Altersgruppen, insbesondere aber bei älteren Menschen und Personen mit Vorerkrankungen. Es ist daher von entscheidender Bedeutung, die Übertragung und Ausbreitung von SARS-CoV-2 so gering wie möglich zu halten und Ausbrüche zu verhindern, um Belastungsspitzen im Gesundheitswesen zu vermeiden. Ferner kann hierdurch mehr Zeit für die Produktion und Verteilung von Impfstoffen, die Durchführung von Impfungen sowie die Entwicklung von antiviralen Medikamenten gewonnen werden.
Die Infektionszahlen weltweit und auch innerhalb der Europäischen Union befinden sich weiterhin auf einem sehr hohen Niveau. Die 7-Tage-Inzidenzen der Anrainerstaaten Bayerns liegen dabei zum Teil deutlich höher als im Freistaat. Nach Zahlen des RKI liegen Bayern und die Bundesrepublik Deutschland am 12. Februar 2021 bei einer 7-Tage-Inzidenz von 62,5 bzw. 62,2 (https://experience.arcgis.com/experience/478220a4c454480e823b17327b2bf1d4/page/page_0/). Die WHO weist für Deutschland als Ganzes mit 70,1 (Stand: 11. Februar 2021) eine etwas höhere Inzidenz als das RKI aus. Demgegenüber liegt die Tschechische Republik nach Zahlen der WHO bei einer 7-Tage-Inzidenz von 484,5 und die Schweiz bei 82,5. In Österreich ist die 7-Tage-Inzidenz mit 102,5 über dem Niveau des WHO-Werts für Deutschland (https://who.maps.arcgis.com/apps/opsdashboard/index.html#/ead3c6475654481ca51c248d52ab9c61).
Oberstes Ziel ist nach wie vor, die weitere Verbreitung des Virus so beherrschbar zu halten, dass eine Überlastung des Gesundheitssystems auch in Zukunft insgesamt vermieden wird und die medizinische Versorgung bundesweit sichergestellt bleibt. Situationen anderer Staaten wie in den USA, Italien, Spanien oder ganz aktuell in Portugal und in Teilen Tschechiens mit rasch zunehmenden Infiziertenzahlen und einer sehr hohen Zahl schwerer Krankheitsverläufe mit Bedarf an intensivmedizinischer Behandlung sind unbedingt zu vermeiden.
Daher muss zusätzlich zu den fortgeltenden Einschränkungen im Inland sichergestellt werden, dass durch Einreisen in die Bundesrepublik Deutschland keine neuen Infektionsherde im Inland entstehen. Es hat sich bereits gezeigt, dass sich neue Infektionsherde oftmals nach Einreise aus Risikogebieten bilden. Auch muss der Eintrag von Virusvarianten mit potenziell höherer Infektiosität möglichst verhindert werden. Vor dem Hintergrund unterschiedlicher Infektionsgeschehen in den verschiedenen Staaten ist eine Differenzierung bei der Absonderungspflicht geboten. Diese kann auf Personen beschränkt werden, die sich vor ihrer Einreise nach Deutschland in einem Risikogebiet aufgehalten haben. Insofern ist weiterhin von einer Ansteckungsgefahr bei diesen Personen auszugehen.
Daher ist zum einen eine Verlängerung der Regelungen der Einreise-Quarantäneverordnung – die gemäß § 28a Abs. 5 Satz 2 IfSG grundsätzlich möglich ist – bis einschließlich 7. März 2021 zwingend geboten. Hinsichtlich der Begründung der in der EQV fortgeführten Maßnahmen wird auf die Begründung der Verordnung zur Änderung der Einreise-Quarantäneverordnung (EQV) vom 29. November 2020 (BayMBl. Nr. 682), die Begründung der Zehnten Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (10. BayIfSMV) vom 8. Dezember 2020, deren § 29a eine inhaltliche Änderung der EQV zum Gegenstand hatte, auf die Begründung der Verordnung zur Änderung der Einreise-Quarantäneverordnung (EQV) vom 30. Dezember 2020 (BayMBl. Nr. 820) und auf die Begründung der Verordnung zur Änderung der Elften Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung und der Einreise-Quarantäneverordnung vom 28. Januar 2021 (BayMBl. Nr. 76) verwiesen.
Zum anderen ist eine Änderung in § 2 Abs. 6 erforderlich:
Mit Wirkung vom 14. Februar 2021, 0:00 Uhr, hat das Bundesministerium für Gesundheit im Einvernehmen mit dem Auswärtigen Amt und dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, Satz 3 der Coronavirus-Einreiseverordnung (CoronaEinreiseV), § 2 Nr. 17 IfSG u. a. die Tschechische Republik sowie das österreichische Bundesland Tirol mit Ausnahme des politischen Bezirks Lienz (Osttirol), der Gemeinde Jungholz sowie des Rißtals im Gemeindegebiet von Vomp und Eben am Achensee zu Virusvariantengebieten erklärt. Erstmals sind damit unmittelbar an den Freistaat Bayern angrenzende Gebiete mit zahlreichen Grenzpendlern und Grenzgängern als Virusvarianten-Gebiete ausgewiesen. Dies hat grundsätzlich zur Folge, dass gemäß der bisherigen Fassung des § 2 Abs. 6 EQV, dem nunmehrigen § 2 Abs. 6 Satz 1 EQV, die Ausnahmetatbestände der § 2 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a und c, Nr. 4 bis 7 und Abs. 3 nicht mehr für Personen gelten, die sich in den letzten zehn Tagen vor ihrer Einreise in diesen Gebieten aufgehalten haben. Grenzgänger und Grenzpendler könnten daher nicht mehr ohne Einreise-Quarantäne gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 in den Freistaat Bayern einreisen, wenn ihnen kein anderweitiger Ausnahmetatbestand zur Verfügung steht.
In Abwägung der zwingenden Erfordernisse des Infektionsschutzes einerseits und der Notwendigkeit der Aufrechterhaltung betrieblicher Abläufe durch grenzüberschreitendes Personal andererseits ist eine Ergänzung des § 2 Abs. 6 EQV geboten. Nach dem neu aufgenommenen Satz 2 gilt die Ausnahmevorschrift für Grenzpendler und Grenzgänger in § 2 Abs. 2 Nr. 4 für Personen nach § 2 Abs. 6 Satz 1 nur dann, wenn deren Tätigkeit für die Aufrechterhaltung betrieblicher Abläufe dringend erforderlich und unabdingbar ist und dies durch den Dienstherrn, Arbeitgeber oder Auftraggeber bescheinigt wird; die Bescheinigung ist ab dem 17. Februar 2021 bei jeder Einreise mitzuführen und auf Verlangen der zuständigen Kreisverwaltungsbehörde, der von ihr beauftragten Stelle oder der mit der polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs beauftragten Behörde vorzulegen.
Die Ausstellung einer unrichtigen Bescheinigung hinsichtlich der dringenden Erforderlichkeit und Unabdingbarkeit der Tätigkeit der betroffenen Person für die Aufrechterhaltung betrieblicher Abläufe stellt eine Ordnungswidrigkeit gemäß § 4 Nr. 4 EQV dar.
Die Maßnahmen der vorliegenden Verordnung sind – wie durch § 28a Abs. 5 Satz 1 IfSG angeordnet – zeitlich befristet.