73-I
Richtlinie zur Verhütung und Bekämpfung von Korruption
in der öffentlichen Verwaltung
(Korruptionsbekämpfungsrichtlinie – KorruR)
Bekanntmachung der Bayerischen Staatsregierung
vom 13. April 2021, Az. B II 2-515-238
- 1.
- Allgemeines
1Die Bekämpfung der Korruption ist eine zentrale gesellschaftspolitische Aufgabe. 2Das kollusive, von verwerflichem Vorteilsstreben bestimmte Zusammenwirken mit Amtsträgern erschüttert das Vertrauen der Rechtsgemeinschaft in die Integrität der öffentlichen Verwaltung und verursacht hohen volkswirtschaftlichen Schaden. 3Auch wenn der öffentliche Dienst in Bayern seine Aufgaben generell unparteiisch, gerecht und zum Wohl der Allgemeinheit erfüllt, ist es notwendig, Maßnahmen zu ergreifen, die Korruption verhindern, aufdecken und ahnden. 4Dies dient dazu, das Vertrauen der Bevölkerung in die Integrität staatlicher Institutionen zu erhalten und Schaden abzuwenden.
1.1
1Diese Bekanntmachung gilt für alle Behörden und Gerichte des Freistaates Bayern. 2Auf richterliches Personal findet diese Bekanntmachung nur insoweit Anwendung, als die richterliche Unabhängigkeit dies zulässt.
1.2
- 1.2.1
- Begriffsbestimmungen
1„Korruptionsgefährdet“ ist ein Arbeitsbereich, bei dem durch das Verhalten eines dort Beschäftigten oder durch eine dort getroffene Entscheidung ein Dritter einen materiellen oder immateriellen Vorteil erhält oder einer Belastung enthoben wird. 2„Besonders korruptionsgefährdet“ ist ein Arbeitsbereich, wenn durch das Verhalten eines dort Beschäftigten oder durch eine dort getroffene Entscheidung der mögliche Vorteil oder die mögliche Belastung für einen Dritten von besonderer Bedeutung und der Arbeitsbereich insbesondere mit einer der folgenden Tätigkeiten verbunden ist:
- häufige Außenkontakte zu einem bestimmten Personenkreis, der von der Entscheidung des Beschäftigten Vor- oder Nachteile zu erwarten hat,
- Vorbereitung und Entscheidung über die Vergabe von öffentlichen Aufträgen, Konzessionen und von Fördermitteln oder Subventionen,
- Erteilung von Genehmigungen, Erlaubnissen und Bewilligungen,
- Festsetzung und Erhebung von Gebühren und Abgaben,
- personenbezogene Auswahlverfahren, Eignungs- und Leistungsprüfungen,
- Bearbeitung von Vorgängen mit behördeninternen Informationen, die für Dritte nicht bestimmt, für diese jedoch von besonderer Bedeutung sind.
3Eine „besondere systematische Korruptionsgefährdung“ kann angenommen werden,
wenn – zusätzlich zu den Merkmalen einer besonderen Korruptionsgefährdung – die Gesamtumstände eine längerfristig angelegte feste Beziehungsstruktur, die oftmals mehrere Beschäftigte einbindet, ermöglichen.
- 1.2.2
- Gefährdungsfeststellung
1Die Einschätzung, ob ein Arbeitsbereich korruptionsgefährdet ist, gilt unabhängig vom jeweiligen Beschäftigten. 2Sie beruht allein auf objektiven, aufgabenbezogenen Merkmalen, die in einem standardisierten Verfahren erhoben und beurteilt werden („Gefährdungsanalyse“). 3Die vom Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration (Innenministerium) herausgegebene Handreichung zur Feststellung korruptionsgefährdeter und besonders korruptionsgefährdeter Bereiche kann als Leitlinie herangezogen werden. 4Die Festlegung der Korruptionsgefährdung von Arbeitsbereichen ist zur Feststellung korruptionsgefährdeter und besonders gefährdeter Bereiche mindestens alle vier Jahre allgemein zu prüfen und zu aktualisieren. 5Bei wesentlichen Aufgaben-, Organisations- oder Rechtsänderungen ist unverzüglich eine Gefährdungsanalyse zu erstellen.
- 2.
- Personelle Maßnahmen
2.1
1Beschäftigte müssen sich in korruptionsgefährdeten Situationen in der Regel auf ihre eigene Urteilskraft verlassen können. 2Es ist daher notwendig, die Überzeugungen und Wertvorstellungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes im Sinne einer wachen und aktiven Einstellung gegen Korruption zu prägen. 3Beschäftigte in korruptionsgefährdeten Bereichen sollen regelmäßig für Korruptionssignale sensibilisiert und auf ihre Verpflichtungen aus dieser Bekanntmachung hingewiesen werden. 4Regelmäßige Aufklärung und das offene Gespräch über Ursachen, begünstigende Faktoren, Manipulations- und Korruptionsstrukturen und deren Folgen können dazu beitragen, Korruption den Boden zu entziehen. 5Die Thematik soll sowohl bei Einstellung und Wechsel in einen korruptionsgefährdeten Arbeitsbereich als auch anlassunabhängig, zum Beispiel bei Besprechungen innerhalb der Organisationseinheit, angesprochen werden. 6Dies begünstigt keineswegs gegenseitiges Misstrauen, sondern fördert durch Offenheit im Umgang mit Fragen der Korruptionsgefahr ein Klima des Vertrauens. 7Es wird empfohlen, Beschäftigte in korruptionsgefährdeten Arbeitsbereichen mit einem „Verhaltenskodex gegen Korruption“ vertraut zu machen. 8Der Verhaltenskodex soll für konkrete Gefahrensituationen sensibilisieren und Sicherheit verschaffen, wie in derartigen Situationen auf angemessene Weise zu reagieren ist. 9Der vom Innenministerium erstellte Verhaltenskodex steht als Muster zur Verfügung.
2.2
1Das Thema Korruptionsbekämpfung muss in der Aus- und Fortbildung offen diskutiert werden. 2Die Erscheinungsformen von Korruption und die damit verbundenen Gefahrensituationen, die Maßnahmen zur Korruptionsprävention sowie straf-, dienst- und arbeitsrechtliche Folgen sind tätigkeitsorientiert und zielgruppenbezogen in geeigneten Zusammenhängen zu thematisieren. 3Besonderes Augenmerk ist auf die Fortbildung von Beschäftigten zu richten, die in einem besonders korruptionsgefährdeten Arbeitsbereich tätig sind oder die mit Kontrollaufgaben (Revision) befasst sind. 4Ihre Fähigkeit, Korruption oder Manipulationen zu erkennen, ist ebenso zu schulen wie die Kenntnis einschlägiger Regelwerke, zum Beispiel des Vergaberechts. 5Führungskräften obliegt eine besondere Verantwortung bei der Vermeidung und Bekämpfung von Korruption. 6Ihr Problembewusstsein für die Gefahren der Korruption ist in Fortbildungsmaßnahmen zu stärken. 7Sie sind über Kontroll-, Aufsichts- und Sanktionsmöglichkeiten und deren Anwendung im Rahmen moderner Führungsmethoden zu informieren. 8Um den Beschäftigten die Möglichkeit zu geben, bei später auftretenden Problemen oder Fragen das vertrauensvolle Gespräch mit einer bereits bekannten Person zu suchen, wird angestrebt, verwaltungsinterne Dozenten zu gewinnen.
2.3
1Korruptionsprävention erfordert in korruptionsgefährdeten Arbeitsbereichen eine erhöhte Fürsorge für die Beschäftigten. 2Treten Korruptionsanzeichen auf, ist es Aufgabe der Führungskräfte, diesen konsequent nachzugehen. 3Dabei bilden moderne Führungsgrundsätze und Korruptionsprävention keinen Widerspruch. 4Führung beinhaltet vielmehr zielorientierte Kontrolle ohne Beschädigung des Ansehens der Beschäftigten. 5Sie erstreckt sich situationsbezogen auch auf die Verringerung von Korruptionsgefahren. 6Führungskräfte müssen sich ihrer Vorbildfunktion bewusst sein und auf ein Behördenklima hinwirken, das es Beschäftigten ermöglicht, auf korruptionsanfällige Strukturen und gegebenenfalls auf einen Korruptionsverdacht hinzuweisen. 7Es ist notwendig, die Dienst- und Fachaufsicht konsequent auszuüben. 8Es wird empfohlen, Führungskräften als Hilfestellung für den Umgang mit Korruptionsgefahren einen Leitfaden an die Hand zu geben. 9Der vom Innenministerium für Führungskräfte erstellte Leitfaden gegen Korruption steht als Muster zur Verfügung.
2.4
Bei der Besetzung von Arbeitsbereichen, die als korruptionsgefährdet eingestuft werden, ist auf die Zuverlässigkeit der Bewerber besonderes Augenmerk zu legen.
2.5
1Durch Personalrotation kann Korruption vorgebeugt werden. 2In Bereichen mit besonderer systematischer Korruptionsgefährdung wird angestrebt, die Verwendungszeit der Beschäftigten in einem Arbeitsbereich grundsätzlich auf fünf Jahre zu begrenzen. 3Dem Wechsel des Arbeitsbereichs steht eine Änderung des Aufgabenzuschnitts gleich, mit der sichergestellt wird, dass sich die Zuständigkeit des Beschäftigten in seinem neuen Aufgabenbereich auf einen anderen Personenkreis erstreckt. 4Eine längere Verwendungszeit soll nur aus dringenden dienstlichen Gründen eingeräumt werden. 5Für diesen Fall sind sonstige korruptionspräventive Maßnahmen zu stärken. 6Die dringenden dienstlichen Gründe sowie zu ergreifende Ausgleichsmaßnahmen (zum Beispiel vermehrte Kontrollen) sind als organisatorische Verfügungen aktenkundig zu machen. 7Ein dringender dienstlicher Grund kann zum Beispiel das Fehlen geeigneten Personals oder einer Stelle gleicher Wertigkeit sein. 8Soweit es möglich ist, sollen die persönlichen Interessen der Beschäftigten, insbesondere im Hinblick auf den Zeitpunkt der Rotation, berücksichtigt werden.
2.6
1Über Nebentätigkeiten von Beschäftigten des öffentlichen Dienstes können Dritte persönliche Beziehungen zu diesen Beschäftigten aufbauen und für korruptes Handeln nutzen. 2Das geltende Nebentätigkeitsrecht (Art. 81 bis 86 des Bayerischen Beamtengesetzes, Bayerische Nebentätigkeitsverordnung, Bayerische Hochschullehrernebentätigkeitsverordnung, § 3 Abs. 4 des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst der Länder – TV-L, § 5 des Tarifvertrags für Ärztinnen und Ärzte an Universitätskliniken – TV-Ärzte) wirkt Loyalitätskonflikten, die im Rahmen von Nebentätigkeiten entstehen können, entgegen. 3Bei der Prüfung der Zulässigkeit von Nebentätigkeiten sind mögliche Interessenkonflikte besonders zu beachten.
2.7
1Nach § 42 des Beamtenstatusgesetzes (BeamtStG) ist die Annahme von Belohnungen oder Geschenken verboten. 2Ausnahmen bedürfen der Genehmigung. 3Dies gilt entsprechend für Arbeitnehmer (§ 3 Abs. 3 TV-L). 4Lediglich die Annahme gewisser geringwertiger Aufmerksamkeiten gilt als allgemein genehmigt. 5Nähere Einzelheiten zur Auslegung des § 42 BeamtStG sind in Abschnitt 9 Nr. 3 der Verwaltungsvorschriften zum Beamtenrecht geregelt. 6Zahlenmäßig festgeschriebene Wertgrenzen, unterhalb derer die Annahme von Belohnungen als allgemein genehmigt gilt, sind im Hinblick auf eine effektive Korruptionsprävention kritisch auf eine mögliche falsche Signalwirkung zu überprüfen.
- 3.
- Organisatorische Kontrollmechanismen
3.1
1Akten müssen die einzelnen Bearbeitungsschritte vollständig, nachvollziehbar und dauerhaft erkennen lassen. 2Vorgangsrelevante mündliche Erklärungen und Informationen sind schriftlich zu dokumentieren. 3Nähere Festlegungen finden sich in der Allgemeinen Geschäftsordnung für die Behörden des Freistaates Bayern. 4Für Vergabeverfahren wird insbesondere auf die Dokumentationspflicht der geltenden Vergabevorschriften hingewiesen.
3.2
1In korruptionsgefährdeten Arbeitsbereichen sind geeignete Maßnahmen zur Vorgangskontrolle im Geschäftsablauf vorzusehen, zum Beispiel Wiedervorlagen, Abschlussvermerke, stichprobenweise Überprüfung von Ermessensentscheidungen. 2Besonders korruptionsgefährdete Arbeitsbereiche verlangen darüber hinaus eine verstärkte Kontrolle, zum Beispiel Stichproben, gegebenenfalls auch durch die Aufsichtsbehörden. 3Sie dient dem Schutz der Beschäftigten und soll Außenstehenden deutlich machen, dass eine hohe Aufdeckungswahrscheinlichkeit besteht.
3.3
1Organisatorische Maßnahmen, insbesondere Zuständigkeitsregelungen, sind so zu treffen, dass die Korruptionsgefahr minimiert wird. 2Als wirksam erwiesen haben sich die in vielen Bereichen bestehenden Regelungen, nach denen mehrere Personen an Entscheidungen mitwirken müssen (Mehraugenprinzip). 3Dies kann durch die Aufteilung von Entscheidungskompetenzen oder durch eine Ausweitung von Kontrollmöglichkeiten geschehen. 4Soweit erforderlich, ist das Mehraugenprinzip zu stärken. 5Für den Bereich des Haushalts- und Vergaberechts ist das Mehraugenprinzip zudem gesetzlich vorgegeben (Art. 70 der Bayerischen Haushaltsordnung – BayHO – sowie Nr. 10.3 Verwaltungsvorschriften zur Bayerischen Haushaltsordnung hierzu; § 55 Abs. 2 der Vergabeverordnung, § 40 Abs. 2 der Unterschwellenvergabeordnung sowie § 14 Abs. 1 der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil A – VOB/A, § 14 EU Abs. 1 VOB/A, § 14 VS Abs. 1 VOB/A). 6Zu beachten ist die Beteiligung des Beauftragten für den Haushalt bei allen Maßnahmen von finanzieller Bedeutung gemäß Art. 9 Abs. 2 Satz 2 BayHO.
3.4
1Korruptes Handeln kann vielfach nur durch Kontrollen sichtbar gemacht werden. 2Revision hat das Ziel, sowohl durch planmäßige als auch unvorhersehbare Kontrollen das Entdeckungsrisiko zu erhöhen und dadurch abschreckend zu wirken. 3Darüber hinaus können im Rahmen der Revision Anzeichen mangelnder Korruptionsvorsorge entdeckt und abgestellt werden. 4Jedes Ressort soll mindestens eine Organisationseinheit mit der Aufgabe der Innenrevision für besonders korruptionsgefährdete Bereiche des Ressorts betrauen. 5Laufende und abgeschlossene Vorgänge sind in besonders korruptionsgefährdeten Bereichen stichprobenartig oder aufgrund besonderer Anlässe zu überprüfen. 6Zum Vorgehen bei Vorliegen eines Korruptionsverdachts vergleiche Nr. 5.
3.5
1Es sollen Ansprechpartner für Korruptionsvorsorge bestellt werden, die auch für mehrere Dienststellen zuständig sein können. 2Die Ansprechpartner nehmen ihre Aufgabe weisungsfrei wahr und sind direkt der Dienststellenleitung unterstellt. 3Sie können in ihrem Zuständigkeitsbereich ohne Einhaltung des Dienstweges um Rat und Unterstützung gebeten werden. 4Aufgaben eines Ansprechpartners für Korruptionsvorsorge können zum Beispiel sein:
- Erteilen von Auskünften in Fällen von versuchter Manipulation und Einflussnahme oder bei aufkommenden Verdachtsmomenten,
- Nachgehen von Hinweisen auf korruptives Verhalten sowie Information der Dienststellenleitung (vergleiche Nr. 5.1),
- Analyse von Schwachstellen in der dienstbetrieblichen Organisation,
- Vorschlag geeigneter Präventionsmaßnahmen, laufende Überprüfung und Anpassung bestehender Maßnahmen,
- Sensibilisierung der Beschäftigten für die Korruptionsproblematik.
5Besonderer Wert ist darauf zu legen, dass Ansprechpartner den Beschäftigten auch persönlich bekannt sind, um einen möglichst niederschwelligen Zugang zu gewährleisten. 6Die Mitwirkung bei Fortbildungsveranstaltungen oder Ähnlichem bietet sich hierzu besonders an.
- 4.
- Öffentlichkeitsarbeit
1Korruption kann nur wirksam bekämpft werden, wenn sie auch von der Bevölkerung als besonders sozialschädliches Verhalten erkannt und geächtet wird. 2Die Ablehnung der Korruption in der Gesellschaft ist durch sachgerechte Öffentlichkeitsarbeit zu stärken.
- 5.
- Verhalten bei Auftreten eines Korruptionsverdachtes
1Jeglicher Korruptionsverdacht muss aufgeklärt werden. 2Um einerseits Beschäftigte vor Unannehmlichkeiten aufgrund haltloser Vorwürfe zu schützen, andererseits die Strafverfolgungsbehörden frühzeitig zu informieren und in ihrer Ermittlungsarbeit zu unterstützen, ist folgendes Verfahren einzuhalten:
5.1
1Die Beschäftigten sind verpflichtet, ihre Vorgesetzten zu informieren, wenn sie nachvollziehbare Hinweise auf korruptes Verhalten erhalten. 2Tatsachen, aus denen sich ein Verdacht ergibt, dass Vorgesetzte in strafbare Handlungen verwickelt sind, sind den nächsthöheren Vorgesetzten oder einer vorgesetzten Dienststelle oder dem Ansprechpartner für Korruptionsvorsorge mitzuteilen. 3Die Mitteilung wird auf Wunsch soweit möglich vertraulich behandelt. 4Die Vorgesetzten, die vorgesetzte Dienststelle sowie der Ansprechpartner für Korruptionsvorsorge sind verpflichtet, Hinweisen auf korrupte Verhaltensweisen nachzugehen. 5Dabei ist darauf zu achten, dass spätere Ermittlungen der Strafverfolgungsbehörden nicht gefährdet werden. 6Bei konkretem Korruptionsverdacht hat der Vorgesetzte oder der Ansprechpartner für Korruptionsvorsorge die Dienststellenleitung oder die vorgesetzte Dienststelle unverzüglich zu unterrichten.
5.2
1Die Dienststellenleitung hat, gegebenenfalls in Abstimmung mit der vorgesetzten Dienststelle, einen konkreten strafrechtlich relevanten Korruptionsverdacht den Strafverfolgungsbehörden unverzüglich anzuzeigen. 2Außerdem sind in Abstimmung mit den Strafverfolgungsbehörden behördeninterne Ermittlungen und vorbeugende Maßnahmen gegen eine Verschleierung einzuleiten, zum Beispiel durch Entzug bestimmter laufender oder abgeschlossener Vorgänge, Sicherung des Arbeitsraums, der Aufzeichnungen mit dienstlichem Bezug oder der Arbeitsmittel.
5.3
1Die Dienststellen haben die Strafverfolgungsbehörden in ihrer Ermittlungsarbeit, insbesondere bei der Vorbereitung von Durchsuchungen und Beschlagnahmen sowie der Auswertung sichergestellten Materials, zu unterstützen. 2Sie haben alles zu unterlassen, was die Ermittlungen der Strafverfolgungsbehörden gefährden könnte, insbesondere führen sie ohne Abstimmung mit den Strafverfolgungsbehörden keine eigenen Ermittlungen zur Aufklärung des angezeigten Sachverhalts durch. 3Betroffene Beschäftigte sollen möglichst erst nach der Einschaltung der Strafverfolgungsbehörden angehört werden, beispielsweise zur Durchführung disziplinar-, dienst- oder arbeitsrechtlicher Maßnahmen.
- 6.
- Verfolgung von Korruptionstaten
6.1
Das Landeskriminalamt erstellt ein Lagebild „Korruption“ für den Freistaat Bayern mit dem Ziel
- den Ist-Zustand der Korruptionskriminalität möglichst exakt wiederzugeben,
- Maßnahmen zur Bekämpfung der Korruption aufzuzeigen,
- Bekämpfungsansätze zu empfehlen und
- einen prognostischen Ausblick auf die zukünftige Entwicklung dieses Deliktsbereichs zu erstellen.
6.2
Der bundesweite polizeiliche Austausch von Informationen über Korruptionsdelikte, der insbesondere dazu dient, Tat- und Täterzusammenhänge, Brennpunkte sowie neuartige oder typische Tatbegehungsweisen zu erkennen, wird konsequent fortgeführt.
6.3
1Die Bayerische Polizei hat einzelne Spezialdienststellen eingerichtet, bei denen sich besonders ausgebildete Beamtinnen und Beamte ausschließlich mit dem Deliktsfeld der Korruptionskriminalität befassen. 2Um eine weitere Professionalisierung zu erreichen, wird angestrebt, die Spezialisierung und Zentralisierung der Ermittlungen weiter voranzutreiben. 3Bei der Staatsanwaltschaft München I befasst sich seit 1994 eine Spezialabteilung nahezu ausschließlich mit der Ermittlung und Verfolgung von Korruptionsdelikten. 4Bei allen Staatsanwaltschaften sind Ansprechpartner für Straftaten der Korruption benannt.
6.4
1Eine Effizienzsteigerung bei der Verfolgung von Korruption wird durch gezielte Fortbildung von polizeilichen Ermittlern angestrebt. 2Obligatorische Grundlehrgänge für Personen, die erstmals auf dem Gebiet der Korruptionsermittlung tätig werden, werden durch Speziallehrgänge und den gesteuerten Erfahrungsaustausch ergänzt. 3Allen mit Korruptionsdelikten befassten Beamten wird eine vom Landeskriminalamt entwickelte Arbeitshilfe zur Verfügung gestellt.
6.5
1Fälle von Korruption – auch unterhalb der Strafbarkeitsschwelle – sind konsequent disziplinarrechtlich und dienst- oder arbeitsrechtlich zu verfolgen. 2Aus Gründen der Generalprävention wird – unter Berücksichtigung von Nr. 5.3 Satz 3 – weitestgehende Beschleunigung angestrebt. 3Soweit ein Beteiligter zur Aufklärung des Sachverhalts beiträgt, wird dies nach Möglichkeit mildernd berücksichtigt.
6.6
Schadensersatzansprüche gegen Beschäftigte und Dritte sind konsequent durchzusetzen.
- 7.
- Ergänzende Regelungen für spezielle Bereiche
7.1
- 7.1.1
- Allgemeines
1Die Vergabestellen haben durch geeignete Maßnahmen
- ein korrektes Verhalten aller an der Vergabe Beteiligten,
- einen nach den Umständen der Beschaffungsmaßnahme möglichst uneingeschränkten Wettbewerb,
- ein jederzeit transparentes und nachvollziehbares Verfahren und
- die Vergabe auf das wirtschaftlichste Angebot
sicherzustellen. 2Um Manipulationen im Vergabewesen zu verhindern oder möglichst zu erschweren, müssen die zur Beachtung der Vergabevorschriften erforderlichen organisatorischen Maßnahmen getroffen werden. 3Die Dienststellen haben insbesondere dafür zu sorgen, dass qualifizierte Beschäftigte in ausreichender Anzahl mit Vergabeangelegenheiten befasst werden; sie sind laufend fachlich fortzubilden.
- 7.1.2
- Strikte Beachtung der vergaberechtlichen Vorschriften
1Zur Verhinderung von Manipulationen im Vergabewesen sind die jeweils aktuell geltenden Vergabevorschriften unter Beachtung der ergänzenden Hinweise in Anlage 1 strikt einzuhalten. 2Soweit Vergabehandbücher (zum Beispiel VHB Bayern, VHL Bayern, VHF Bayern) eingeführt sind, haben deren Regelungen Vorrang gegenüber Anlage 1.
- 7.1.3
- Organisation von Beschaffungs- und Vergabestellen
Eine durchgehende Trennung von Bedarfs-, Vergabe- und Abrechnungsstellen ist anzustreben, soweit nicht überwiegende Gründe der Verwaltungsvereinfachung oder sonstige triftige Gründe entgegenstehen.
- 7.1.4
- Beauftragter für den Haushalt
Verpflichtungen zur Beteiligung der Beauftragten für den Haushalt (Information, Mitzeichnung) sind zu beachten.
- 7.1.5
- Ergänzende Dokumentation von Vergaben
1An jeder Dienststelle wird zentral eine Liste geführt, in der fortlaufend alle Beschränkten Ausschreibungen ohne Teilnahmewettbewerb und alle Freihändigen Vergaben oder Verhandlungsvergaben ohne Teilnahmewettbewerb sowie Direktaufträge ab 2 500 € (ohne Umsatzsteuer) erfasst werden. 2Zu erfassen sind dabei Gegenstand und Umfang der Vergabe, Auftragnehmer, Name des Sachbearbeiters, Verfahrensart und Grund für die Verfahrenswahl. 3Die Liste ist mindestens jährlich der Innenrevision zuzuleiten.
- 7.1.6
- Private Erfüllungsgehilfen des öffentlichen Auftraggebers
1Bei der Einschaltung von privaten Leistungserbringern, insbesondere von Gesellschaften mit beschränkter Haftung, im Rahmen einer Vergabe ist besonders auf deren Zuverlässigkeit zu achten. 2Wirtschaftliche Verflechtungen mit einschlägigen Unternehmen und Lieferanten, die bereits wegen Unzuverlässigkeit von der Vergabe öffentlicher Aufträge ausgeschlossen wurden, sind zu prüfen. 3Soweit erforderlich, ist eine schriftliche Erklärung zu verlangen, ob und gegebenenfalls mit welchen Unternehmen und Büros wirtschaftliche und finanzielle Verflechtungen bestehen, unter anderem auch Darlehen. 4Personen, die, ohne Amtsträger zu sein, bei einer oder für eine Behörde oder sonstigen Stelle Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnehmen, sind auf die gewissenhafte Erfüllung ihrer Obliegenheiten nach dem Verpflichtungsgesetz zu verpflichten (§ 11 Abs. 1 Nr. 4 des Strafgesetzbuches – StGB). 5Aus Gründen der Rechtssicherheit und einer einheitlichen Praxis der Vergabestellen ist nach § 1 Abs. 3 des Verpflichtungsgesetzes die Belehrung in einer Niederschrift festzuhalten und dazu das als Anlage 2 „Niederschrift über die Verpflichtung zur gewissenhaften Erfüllung von Obliegenheiten nach dem Verpflichtungsgesetz“ beigefügte Formblatt zu verwenden. 6Die am Schluss aufgeführten §§ 97b, 120 und 355 StGB können bei der Verpflichtung solcher Personen gestrichen werden, bei denen die Vorschriften nach Art der Obliegenheiten der zu verpflichtenden Personen nicht in Betracht kommen. 7Eine Aushändigung des Textes der Strafvorschriften ist nicht erforderlich. 8Die verpflichtete Person erhält eine Abschrift unmittelbar im Verpflichtungstermin. 9Bei der Verpflichtung im Rahmen einer Videokonferenz werden zwei Ausfertigungen der Niederschrift zunächst von der verpflichtenden Person unterschrieben. 10Diese Ausfertigungen werden dem Auftragnehmer mit der Aufforderung übersandt, ein Exemplar nach Gegenzeichnung durch die verpflichtete Person dem Auftraggeber zurückzusenden. 11Wer eine bereits erfolgte Verpflichtung nicht nachweisen kann, ist bei der Wahrnehmung von Aufgaben der öffentlichen Verwaltung erneut zu verpflichten.
- 7.1.7
- Einschaltung von vorgesetzten Stellen und Ermittlungsbehörden
1Liegen Anhaltspunkte für wettbewerbsbeschränkende Absprachen bei Ausschreibungen (§ 298 StGB) vor, ist die örtlich zuständige Staatsanwaltschaft einzuschalten; bei einem Verdacht auf Absprachen außerhalb von Ausschreibungen ist die Landeskartellbehörde im Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie, 80525 München, Telefon 089 2162-0, E-Mail: poststelle@stmwi.bayern.de, zu unterrichten. 2Bei Anhaltspunkten für korruptes Verhalten gelten die allgemeinen Grundsätze (vgl. Nr. 5).
- 7.1.8
- Informationsstelle für Vergabeausschlüsse
1Für den Bereich der bayerischen Staatsbau- und Wasserwirtschaftsverwaltung wird bis zur Inbetriebnahme des beim Bundeskartellamt einzurichtenden Wettbewerbsregisters nach dem Wettbewerbsregistergesetz eine verwaltungsinterne Ausschlussliste beim Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr geführt. 2Voraussetzung für die Eintragung ist, dass der Bieter nachweislich eine schwere Verfehlung begangen hat, die seine Zuverlässigkeit in Frage stellt. 3Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die in § 2 des Wettbewerbsregistergesetzes (WRegG) genannten Eintragungsvoraussetzungen vorliegen. 4Vor Erlass einer Ausschlussverfügung ist dem betroffenen Unternehmen Gelegenheit zur Äußerung gegebenenfalls mit mündlicher Anhörung zu geben. 5Die nachgeordneten Behörden sowie die sonstigen mit Bauaufgaben befassten Ressorts können die Liste in einem zugangsgeschützten Bereich im Intranet einsehen. 6In der Liste werden auch Unternehmen erfasst, die bei anderen öffentlichen Auftraggebern (zum Beispiel Kommunen) Verfehlungen begehen. 7Diese Auftraggeber erhalten auf Anfrage auch die in der Liste erfassten Unternehmen benannt. 8Die Ausschlussdauer beträgt nach Maßgabe von § 7 WRegG zwischen drei und fünf Jahre ab Unanfechtbarkeit der zum Ausschluss führenden gerichtlichen oder bußgeldrechtlichen Entscheidung. 9Eine kürzere Ausschlussdauer ist möglich, wenn das Unternehmen nach Maßgabe von § 125 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen erfolgreiche Selbstreinigungsmaßnahmen durchgeführt hat. 10Von einem Ausschluss kann abgesehen werden, wenn trotz bestehender Eintragungsvoraussetzungen Selbstreinigungsmaßnahmen zum Zeitpunkt der Anhörung der Vertreter des betroffenen Unternehmens vollständig nachgewiesen werden können. 11Dies gilt insbesondere, wenn
- a)
- personelle Konsequenzen bezüglich der involvierten Personen gezogen wurden, zum Beispiel Entlassung, Versetzung oder Ähnliches,
- b)
- organisatorische Maßnahmen getroffen wurden, die ein künftiges Fehlverhalten aller Voraussicht nach ausschließen, zum Beispiel Innenrevision, Mitarbeiterverpflichtung, sonstige Maßnahmen im Rahmen eines Ethikmanagements oder Ähnliches,
- c)
- der durch das Verhalten der Firma entstandene finanzielle Schaden beglichen wurde; in der Regel Schadensersatz,
- d)
- das Unternehmen unverzüglich nach Bekanntwerden der Verfehlung aktiv bei der Aufklärung des Sachverhalts mitgewirkt hat.
7.2
Ergänzende Regelungen können sich aus Sonderbestimmungen einzelner Geschäftsbereiche ergeben wie zum Beispiel Drittmittelrichtlinien.
- 8.
- Sponsoring
1Für den Umgang mit Sponsoring, Werbung, Spenden und mäzenatischen Schenkungen in der öffentlichen Verwaltung gilt die Sponsoringrichtlinie. 2Ergänzende ressortspezifische Regelungen sind gegebenenfalls daneben zu beachten.
- 9.
- Restriktivere Regelungen
Für bestimmte Bereiche getroffene restriktivere Regelungen bleiben unberührt.
- 9a.
- Die Veröffentlichungsbekanntmachung (VeröffBek) vom 15. Dezember 2015 (AllMBl. S. 541), die zuletzt durch Bekanntmachung vom 10. März 2020 (BayMBl. Nr. 114) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:
- 9a.1
- Nr. 2 wird wie folgt geändert:
- 9a.1.1
- Satz 1 wird Nr. 2.1.
- 9a.1.2
- Satz 2 wird Nr. 2.2 Satz 1 und die Wörter „der Staatsministerien vorbehaltlich Art. 51 Abs. 2 des Landesstraf- und Verordnungsgesetzes“ werden gestrichen.
- 9a.1.3
- Satz 3 wird Nr. 2.2 Satz 2.
- 9a.1.4
- Folgende Nr. 2.3 wird angefügt:
- „2.3
- 1Lassen sich die Grenzen des Geltungsbereichs einer Rechtsverordnung oder Satzung oder die Grenzen des Bereichs, in dem einzelne ihrer Vorschriften gelten, nicht hinreichend deutlich und anschaulich beschreiben oder durch Abdruck einer genauen Karte festlegen, so genügt es, wenn die Rechtsverordnung oder Satzung die Grenzen des Bereichs grob umschreibt und im Übrigen auf Karten (Maßstab mindestens 1 : 25 000) oder Verzeichnisse Bezug nimmt. 2Diese Unterlagen müssen von der in der Rechtsverordnung oder Satzung bezeichneten Behörde archivmäßig verwahrt werden und allgemein zugänglich sein oder im BayMBl. veröffentlicht werden.“
- 9a.2
- Nach Nr. 3.3 wird folgende Nr. 3.4 eingefügt:
- „3.4
- Nr. 2.3 gilt entsprechend.“
- 9a.3
- Die bisherige Nr. 3.4 wird Nr. 3.5 und die Angabe „3.3“ wird durch die Angabe „3.4“ ersetzt.
- 9a.4
- Nr. 7.2 wird wie folgt geändert:
- 9a.4.1
- Satz 4 wird aufgehoben.
- 9a.4.2
- Satz 5 wird Satz 4.
- 10.
- Inkrafttreten, Außerkrafttreten
1Diese Bekanntmachung tritt am 1. Mai 2021 in Kraft. 2Abweichend von Satz 1 tritt Nr. 9a mit Wirkung vom 1. Mai 2020 in Kraft und tritt mit Ablauf des 31. Juli 2021 außer Kraft. 3Mit Ablauf des 30. April 2021 tritt die Bekanntmachung der Bayerischen Staatsregierung über die Richtlinie zur Verhütung und Bekämpfung von Korruption in der öffentlichen Verwaltung (Korruptionsbekämpfungsrichtlinie – KorruR) vom 13. April 2004 (AllMBl. S. 87, StAnz. Nr. 17, KWMBl. I S. 124), die durch Bekanntmachung vom 14. September 2010 (AllMBl. S. 243) geändert worden ist, außer Kraft.
Der Bayerische Ministerpräsident
Dr. Markus Söder