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Schulversuch „Inklusives Bildungsangebot an Berufsfachschulen in Bayern“
Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus
vom 6. Juli 2021, Az. VI.4-BS9306.0/21/14
Mit Beginn des Schuljahres 2021/2022 erprobt das Bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus (Staatsministerium) ein inklusives Bildungsangebot an ausgewählten Berufsfachschulen für Ernährung und Versorgung sowie für Sozialpflege.
- 1.
- Grundlegende Ziele und Inhalte des Schulversuchs
- 1.1
- 1Mit dem Schulversuch an Berufsfachschulen für Ernährung und Versorgung sowie für Sozialpflege wird ein inklusives Bildungsangebot an Berufsfachschulen in Bayern erprobt, welches für Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf einen lernzieldifferenten Erwerb von beruflichen Handlungskompetenzen ermöglicht. 2Ungeachtet dessen ist dabei das Erreichen des Ausbildungsziels nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 und 3, Abs. 2 Nr. 1 und 3 der Berufsfachschulordnung Ernährung und Versorgung, Kinderpflege, Sozialpflege, Hotel- und Tourismusmanagement, Informatik (Berufsfachschulordnung – BFSO) nicht ausgeschlossen. 3Die Anforderungen an den jeweiligen Abschluss der Berufsausbildungen an Berufsfachschulen für Ernährung und Versorgung sowie für Sozialpflege bleiben unberührt.
4Für Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf kann die Schule differente Lernziele festlegen. 5In diesem Fall sind diese sowie ggf. deren rechtliche Betreuungspersonen schriftlich vor Beginn der Fachstufe darauf hinzuweisen, dass bei einem Abweichen von den in der BFSO festgelegten Ausbildungszielen der jeweilige Berufsabschluss nicht erworben werden kann.
- 1.2
- 1Der Schulversuch besteht aus
- a)
- einem Vorbereitungsjahr
- b)
- sowie einem inklusiven Bildungsangebot im Rahmen der zweijährigen Fachstufe an Berufsfachschulen für Ernährung und Versorgung sowie für Sozialpflege.
2Die Aufnahme in die Fachstufe ist auch ohne das Durchlaufen des Vorbereitungsjahres möglich.
- 1.3
- Der Schulversuch wird als vollzeitschulisches Angebot durchgeführt.
- 1.4
- Anzuwendende Vorschriften
Soweit im Folgenden keine abweichenden Regelungen getroffen werden, sind in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden:
- das Bayerische Gesetz über das Erziehungs- und Unterrichtswesen (BayEUG)
- das Bayerische Schulfinanzierungsgesetz (BaySchFG)
- das Gesetz über die Kostenfreiheit des Schulwegs (SchKFrG)
- die Bayerische Schulordnung (BaySchO)
- die Berufsfachschulordnung (BFSO)
- die Berufsschulordnung (BSO)
- 2.
- Der Schulversuch gliedert sich auf in ein fakultatives Vorbereitungsjahr (s. n. unter Nr. 2.1) und in eine obligatorische zweijährige Fachstufe (s. n. unter Nr. 2.2):
- 2.1
- Das Vorbereitungsjahr
- 2.1.1
- Ziel
Ziel des Vorbereitungsjahres ist eine Heranführung an die berufliche Bildung sowie ein Kennenlernen verschiedener Berufsfelder im hauswirtschaftlichen und sozialpflegerischen Bereich, auch für Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf (insbesondere im Bereich geistige Entwicklung).
- 2.1.2
- Eingesetztes (Lehr-)Personal
1Der theoretische und der praktische Unterricht wird durch die Lehrkräfte der Schule erteilt, die über eine einschlägige Qualifikation gemäß den Vorgaben des Staatsministeriums verfügen. 2Die Schulen arbeiten außerdem mit einem Kooperationspartner zusammen. 3Das vom Kooperationspartner eingesetzte Personal muss ebenfalls über einschlägige Qualifikationen gemäß den Vorgaben des Staatsministeriums verfügen. 4Der Kooperationspartner übernimmt die sozialpädagogische Betreuung sowie die Organisation und Begleitung der Praxisphasen. 5Alternativ kann die sozialpädagogische Betreuung auch durch eine Sozialpädagogin oder einen Sozialpädagogen der Schule durchgeführt werden. 6Hierfür sind 20 Zeitstunden pro Woche anzusetzen.
- 2.1.3
- Stundentafel
1Dem Unterricht des Vorbereitungsjahres (Nr. 1.2 Buchst. a) ist abweichend von Anlage 1 zu § 9 Abs. 1 BSO die als Anlage beigefügte Stundentafel zugrunde zu legen. 2Die Schülerinnen und Schüler, die abweichend von § 38 Abs. 3 und Abs. 5 BFSO an einer fachpraktischen Ausbildung außerhalb der Berufsfachschule und an Praktika nicht teilnehmen können, werden in dieser Zeit in der Schule betreut.
- 2.1.4
- Leistungsnachweise und Vorrücken
1Für die Leistungsnachweise des Vorbereitungsjahres gilt § 12 der Berufsschulordnung (BSO) in der jeweils geltenden Fassung entsprechend. 2Zum Ende des einjährigen Vorbereitungsjahres erhalten die Schülerinnen und Schüler eine Rückmeldung zu ihren schulischen Leistungen und ihrer Entwicklung. 3Dies erfolgt durch eine allgemeine Bewertung (Bescheinigung), die auch eine Empfehlung zu sinnvollen (schulischen) Anschlussmöglichkeiten umfasst, vgl. § 15 Abs. 1 Satz 3 BSO. 4Diese Bescheinigung umfasst nicht die Berechtigung des erfolgreichen Abschlusses der Mittelschule gemäß § 20 Satz 1 Nr. 3 MSO. 5Über die weiterführende Beschulung innerhalb der Maßnahme und das Vorrücken in die Fachstufe entscheidet die Schulleitung unter Berücksichtigung der Leistungen der Schülerin/des Schülers und der Möglichkeit der Wiederholung des Vorbereitungsjahres.
- 2.1.5
- Aufnahmevoraussetzungen, Schülerinnen und Schüler sowie Klassenbildung
1Über die Aufnahme in das Vorbereitungsjahr entscheidet die Schulleitung. 2Das Vorbereitungsjahr ist vorrangig für Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf vorgesehen und dient in erster Linie den in Nr. 2.1.1 genannten Zielen. 3Eine Teilnahme von Schülerinnen und Schülern ist jedoch auch ohne sonderpädagogischen Förderbedarf möglich, beispielsweise wenn die nötige Reife für den unmittelbaren Beginn einer Ausbildung an der Berufsfachschule für Ernährung und Versorgung bzw. der Sozialpflege noch nicht vorliegt. 4Die Aufnahme von Schülerinnen und Schülern erfolgt in der Regel zum Schuljahresbeginn, vgl. Art. 5 BayEUG. 5Für die Bildung einer Klasse des Vorbereitungsjahres sind mindestens acht Schülerinnen und Schüler erforderlich. 6Für das Vorbereitungsjahr soll die maximale Klassengröße von 16 Schülerinnen und Schüler nicht überschritten werden. 7Innerhalb dieser Klasse soll die Anzahl der Jugendlichen mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung höchstens sechs Schülerinnen und Schüler umfassen.
- 2.1.6
- Höchstausbildungsdauer
Das Vorbereitungsjahr kann einmal wiederholt werden.
- 2.2
- Die Fachstufe
- 2.2.1
- Ziel
1Ziel der Fachstufe ist es, Schülerinnen und Schüler mit und ohne sonderpädagogischem Förderbedarf gemeinsam in einer Klasse inklusiv zu beschulen. 2Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf wird dabei ein lernzieldifferenter Erwerb von beruflichen Handlungskompetenzen ermöglicht.
- 2.2.2
- Eingesetztes (Lehr-)Personal
1Der theoretische und der praktische Unterricht wird durch die Lehrkräfte der Schule erteilt. 2Die Schule übernimmt die sozialpädagogische Betreuung sowie die Begleitung der Praxisphasen in einem Umfang von 20 Zeitstunden pro Woche durch einschlägig qualifiziertes sozialpädagogisches Personal. 3Die hierfür notwendigen Mittel werden durch das Staatsministerium zur Verfügung gestellt.
- 2.2.3
- Die Stundentafel
1Für den Unterricht der Fachstufe (Nr. 1.2 Buchst. b) ist grundsätzlich die jeweilige Stundentafel der BFSO zugrunde zu legen. 2Eine Auswahl differenter Lernziele für Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf obliegt der Schule, in diesem Fall sind jedoch Nr. 1.1 Sätze 4 und 5 zu beachten.
- 2.2.4
- Leistungsnachweise und Vorrücken
1Für die Fachstufe gelten grundsätzlich die Vorgaben der BFSO. 2Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf können lernzieldifferent unterrichtet werden. 3Abweichend von §§ 40, 44 BFSO können Leistungserhebungen ebenfalls lernzieldifferent erhoben werden. 4Ungeachtet des § 47 Satz 1 bis 4 BFSO entscheidet die Klassenkonferenz über das Vorrücken der Schülerinnen und Schüler, die lernzieldifferent unterrichtet werden.
5Den lernzieldifferent unterrichteten Schülerinnen und Schüler wird von der Schule nach Beendigung der Maßnahme abweichend von § 66 BFSO eine Bescheinigung ausgestellt. 6Die Bescheinigung kann Beobachtungen zum Sozialverhalten, zum Lern- und Arbeitsverhalten und zur individuellen Lernentwicklung enthalten, die dem Übergang in das Berufsleben förderlich sind.
- 2.2.5
- Aufnahmevoraussetzungen, Schülerinnen und Schüler sowie Klassenbildung
1Für die Aufnahme in die Fachstufe gilt grundsätzlich § 26 BFSO. 2Bei Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischen Förderbedarf entscheidet abweichend von § 26 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 4 Satz 5 BFSO ggf. die Schulleitung über die Aufnahme in die Fachstufe. 3Abweichend von § 27 BFSO kann bei Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf auf eine Probezeit verzichtet werden. 4Die Schule soll bei der Klassenstruktur in der Fachstufe den inklusiven Ansatz berücksichtigen. 5Zur Bildung einer Klasse sind mindestens acht Schülerinnen und Schüler zu Unterrichtsbeginn des jeweiligen Schuljahres erforderlich; auf Grund der besonderen Anforderungen sollte die Klassengröße abweichend von § 29 Abs. 1 und 2 BFSO die Zahl von 16 Schülerinnen und Schülern nicht überschreiten. 6Innerhalb dieser Klasse soll die Anzahl der Jugendlichen mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung höchstens sechs Schülerinnen und Schüler umfassen. 7Abweichungen können auf Antrag der Schule von der zuständigen Regierung zugelassen werden.
- 2.2.6
- Höchstausbildungsdauer
Die Höchstausbildungsdauer bemisst sich nach § 33 BFSO.
- 3.
- Evaluation
1Der Schulversuch wird evaluiert. 2Die teilnehmenden Schulen verpflichten sich, an der Evaluation mitzuwirken und die dazu erforderlichen Auskünfte zu geben.
- 4.
- Laufzeit des Schulversuchs
Während der Laufzeit des Schulversuchs können Schülerinnen und Schüler jährlich in das Vorbereitungsjahr an den teilnehmenden Schulen aufgenommen werden, letztmalig zum Schuljahr 2025/2026.
- 5.
- Teilnehmende Schulen
1Die staatlichen Berufsfachschulen mit den Fachrichtungen Ernährung und Versorgung sowie Sozialpflege wurden mit Schreiben des Staatsministeriums auf die Möglichkeit der Bewerbung zur Teilnahme am Schulversuch informiert.
2Die Erlaubnis zur Teilnahme am Modellversuch geht der Schule ebenfalls mit Schreiben des Staatsministeriums zu.
- 6.
- Inkrafttreten, Außerkrafttreten
Diese Bekanntmachung tritt am 1. August 2021 in Kraft und mit Ablauf des 31. Juli 2028 außer Kraft.
Stefan Graf
Ministerialdirektor