Vollzug des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) und des Bayerischen
Krankenhausgesetzes (BayKrG)
Notfallplan Corona-Pandemie: Allgemeinverfügung zur Bewältigung erheblicher
Patientenzahlen in Krankenhäusern
Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege
vom 11. Mai 2022, Az. G24-K9000-2020/134-278
Das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege erlässt auf der Grundlage von § 28 Abs. 1 Satz 1 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) in Verbindung mit § 65 Satz 2 Nr. 2 der Zuständigkeitsverordnung (ZustV), auf der Grundlage von Art. 5 Abs. 2 Satz 1 und Art. 24 in Verbindung mit Art. 22 Abs. 1 Nr. 1 des Bayerischen Krankenhausgesetzes (BayKrG), hinsichtlich der Universitätsklinika im Einvernehmen mit dem Bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst, folgende
Allgemeinverfügung
1.
- 1.1
- Alle nach § 108 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) zugelassenen Krankenhäuser sind im Rahmen ihres Versorgungsauftrags verpflichtet, die stationäre Versorgung der Bevölkerung einschließlich der Behandlung von COVID-19-Patienten sicherzustellen.
- 1.2
- Sie haben bei der Belegung ihrer Einrichtung mit Patienten, bei denen eine Verschiebung der Behandlung aus medizinischer Sicht vertretbar ist, den Infektionszahlen in Bezug auf das Coronavirus SARS-CoV-2 Rechnung zu tragen. In Abhängigkeit vom aktuellen Belegungsdruck vor Ort sind die Belegung der Krankenhausbehandlungskapazitäten zu koordinieren und die Patientenströme zu steuern.
2.
- 2.1
- Über die Steuerung der Patientenströme und die Belegung der Krankenhauskapazitäten mit COVID-19-Patienten ist möglichst dezentral in den Landkreisen und kreisfreien Städten innerhalb der regionalen Krankenhausstrukturen zu entscheiden.
- 2.2
- Zur pandemiebedingten überregionalen Steuerung bleibt für die Zeit bis zum Ablauf des 15. Juni 2022 für das Gebiet eines jeden Zweckverbands für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung (ZRF) die Funktion eines Ärztlichen Leiters Krankenhauskoordinierung eingerichtet. Bis zum 15. Juni 2022 kann die Regierung im Einvernehmen mit ihrem Ärztlichen Koordinator unter Gesamtwürdigung der Belegungssituation der Krankenhäuser im jeweiligen ZRF-Gebiet stets widerruflich das Ruhen des Einsatzes des Ärztlichen Leiters Krankenhauskoordinierung anordnen.
- 2.3
- Der Ärztliche Leiter Krankenhauskoordinierung wird durch den Landrat oder den Oberbürgermeister ernannt, der zum Zeitpunkt der Bekanntgabe dieser Allgemeinverfügung den Vorsitz des ZRF führt. Der Vorsitzende hat das Benehmen mit den übrigen Landräten und Oberbürgermeistern im ZRF herzustellen. Fachliche Voraussetzung für die Ernennung zum Ärztlichen Leiter Krankenhauskoordinierung ist die klinische Tätigkeit in der Akutmedizin, die fachliche Expertise für Krisenbewältigung sowie in der Regel mindestens die Funktion als Oberarzt. Der Ärztliche Leiter Krankenhauskoordinierung soll nach Möglichkeit über klinische Erfahrung in der Intensiv- und Notfallmedizin verfügen. Zur Vermeidung zeitlicher Inkompatibilitäten soll der Ärztliche Leiter Krankenhauskoordinierung nicht zugleich als Ärztlicher Leiter Rettungsdienst fungieren. Der Ärztliche Leiter Krankenhauskoordinierung ist in Ausübung seiner Funktion nicht an Weisungen des ZRF gebunden.
- 2.4
- Der Sitz des Ärztlichen Leiters Krankenhauskoordinierung wird durch den Vorsitzenden des Zweckverbandes bestimmt. Der Ärztliche Leiter Krankenhauskoordinierung kann innerhalb seines Zuständigkeitsbereichs landkreis- oder stadtbezogene Steuerungsverbünde bilden und hierfür jeweils einen Leiter zum Betten- und Behandlungskapazitätenmanagement sowie zur Steuerung der Patientenströme aller relevanten Einrichtungen vor Ort bestellen.
- 2.5
- Die Regierung bestellt für die Zeit bis zum Ablauf des 15. Juni 2022 für den jeweiligen Regierungsbezirk einen Ärztlichen Koordinator zur Unterstützung der Ärztlichen Leiter Krankenhauskoordinierung vor allem bei der überregionalen Steuerung von Behandlungskapazitäten und der Patientenströme. Er hat nach Möglichkeit die fachlichen Voraussetzungen gemäß Nr. 2.3 zu erfüllen. Die Regierung kann unter Gesamtwürdigung der Belegungssituation der Krankenhäuser im jeweiligen Regierungsbezirk stets widerruflich das Ruhen des Einsatzes des Ärztlichen Koordinators anordnen.
- 2.6
- Das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) bestellt für die Zeit bis zum 15. Juni 2022 aus dem Kreis seiner Mitarbeiter einen landesweiten Koordinator, der die Regierungen, die ZRF, die Ärztlichen Leiter Krankenhauskoordinierung und die Pandemiebeauftragten der Krankenhäuser in allen mit dem Infektionsgeschehen zusammenhängenden Fragen berät. Er bringt insbesondere bei der Beurteilung und der Prognose des Infektionsgeschehens die überregionale Expertise des LGL ein.
- 2.7
- Die auf Grundlage der Allgemeinverfügungen vom 30. September 2021 und vom 11. November 2021 (BayMBl. Nrn. 709 und 791) erfolgten Bestellungen zum Ärztlichen Leiter Krankenhauskoordinierung (Nr. 2.3), zum Ärztlichen Koordinator der Regierung (Nr. 2.5) oder zum landesweiten Koordinator des LGL (Nr. 2.6) gelten weiter.
3.
- 3.1
- Der Ärztliche Leiter Krankenhauskoordinierung hat die Aufgabe, innerhalb des jeweiligen ZRF-Gebiets auf die Gewährleistung der akutstationären Versorgung insbesondere der COVID-19-Erkrankten hinzuwirken. Er ordnet die erforderlichen Maßnahmen an, um Gefahren für Personen aufgrund einer drohenden oder bestehenden Überlastung der regulären Einrichtungen zur akutstationären Versorgung abzuwehren. Er stimmt sich eng mit der Integrierten Leitstelle (ILS), den Ärztlichen Leitern Rettungsdienst (ÄLRD) im Bereich des Rettungsdienstes und der COVID-19-Koordinierungsgruppe nach Nr. 3.4.1.2 ab. Eine enge Zusammenarbeit und Koordination ist darüber hinaus mit den im Gebiet des ZRF gelegenen Universitätsklinika, anderen Krankenhäusern der Maximalversorgung sowie Krankenhäusern der Schwerpunktversorgung sicherzustellen.
- 3.2
- Nach § 108 SGB V zugelassene Krankenhäuser haben den Anordnungen des Ärztlichen Leiters Krankenhauskoordinierung oder anderer nach dieser Allgemeinverfügung befugter Stellen im Rahmen ihres Versorgungsauftrags Folge zu leisten.
- 3.3
- Maßnahmen dürfen unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit nur insoweit und so lange angewendet werden, als die Erfüllung der Aufgaben dies erfordert. Unter mehreren möglichen und geeigneten Maßnahmen ist diejenige zu treffen, die den einzelnen und die Allgemeinheit am wenigsten beeinträchtigt. Ein durch die Maßnahme zu erwartender Schaden darf nicht erkennbar außer Verhältnis zu dem beabsichtigten Erfolg stehen. Maßnahmen sind zu beenden, wenn ihr Zweck erreicht ist oder sich zeigt, dass er nicht erreicht werden kann.
- 3.4
- Die konkreten Anordnungen richten sich in Abhängigkeit vom Infektionsgeschehen einerseits und von der Belegung der im Gebiet des ZRF gelegenen Krankenhäuser andererseits nach dem folgenden Stufenmodell. In Betracht kommen in dieser Reihenfolge insbesondere:
- 3.4.1
- Anordnungen der Stufe 1:
- 3.4.1.1
- Benennung der für die Behandlung von COVID-19-Erkrankten vorrangig zuständigen Krankenhäuser (COVID-19-Schwerpunktkrankenhäuser) nach Anhörung der im Gebiet des ZRF liegenden Krankenhäuser und in Abstimmung mit benachbarten Ärztlichen Leitern Krankenhauskoordinierung.
- 3.4.1.2
- Bildung von COVID-19-Koordinierungsgruppen der Krankenhäuser aus dem Kreis der Pandemiebeauftragten der Einrichtungen unter der Leitung des Ärztlichen Leiters Krankenhauskoordinierung. Je nach regionaler Notwendigkeit können auch kleinere (z. B. in Großstädten) oder größere (z. B. Landkreis und kreisfreie Stadt) Koordinierungsbezirke gebildet werden. Je nach regionalen Notwendigkeiten kann die Zahl der Mitglieder der COVID-19-Koordinierungsgruppe begrenzt oder festgelegt werden, welche Einrichtungen stets oder nur bei Bedarf in der COVID-19-Koordinierungsgruppe vertreten sind. Mitglied der COVID-19-Koordinierungsgruppe ist auch ein Vertreter der örtlichen ILS. Die Kreisverwaltungsbehörde, das Gesundheitsamt, der ÄLRD sowie die örtlichen Vertreter der Kassenärztlichen Vereinigung sind jederzeit berechtigt, an den Sitzungen der COVID-19-Koordinierungsgruppe teilzunehmen. Der Ärztliche Leiter Krankenhauskoordinierung kann im Rahmen seines Weisungsrechts gegenüber der COVID-19-Koordinierungsgruppe konkretisierende Vorgaben treffen sowie Entscheidungen der Koordinierungsgruppe ändern oder aufheben. Die COVID-19-Koordinierungsgruppe hat im Falle ihrer Einrichtung durch den Ärztlichen Leiter Krankenhauskoordinierung insbesondere folgende Aufgaben:
- 3.4.1.2.1
- Unterstützung der Ärztlichen Leiter Krankenhauskoordinierung bei der Organisation der Versorgungskapazitäten und der grundsätzlichen Steuerung der Patientenströme im Versorgungsgebiet.
- 3.4.1.2.2
- Koordination und situationsbezogene Entscheidung über die Zusammenarbeit der zugelassenen Krankenhäuser (z. B. Entscheidung über Abordnung von Personal oder Überlassung von medizinischer Ausstattung, kurzfristige Übernahme von Patienten, etc.).
- 3.4.1.2.3
- Kontinuierliche Beobachtung der Belegungsentwicklung und Information des Ärztlichen Leiters Krankenhauskoordinierung bei sich abzeichnenden Kapazitätsengpässen.
- 3.4.1.2.4
- Regelmäßige Unterrichtung des Ärztlichen Leiters Krankenhauskoordinierung, der Kreisverwaltungsbehörden, der ÄLRD sowie der regionalen Vertreter der Kassenärztlichen Vereinigung über die aktuelle Lage, wichtige Entscheidungen auf Krankenhausebene und die Auslastung der Kapazitäten.
- 3.4.2
- Anordnungen der Stufe 2:
- 3.4.2.1
- Der Ärztliche Leiter Krankenhauskoordinierung ist zur Steuerung der Patientenströme befugt. Dazu gehört bei Bedarf die Zuweisung von Patienten und die Verlegung von Patienten in andere Krankenhäuser. Dies gilt bei entsprechendem Versorgungsbedarf unabhängig von der Belegungssituation der aufnehmenden Klinik und unabhängig von Belegungsmeldungen im IVENA-Meldesystem. Bei seiner Tätigkeit stimmt sich der Ärztliche Leiter Krankenhauskoordinierung eng mit den ILS, den Ärztlichen Leitern Rettungsdienst und der COVID-19-Koordinierungsgruppe ab.
- 3.4.2.2
- Der Ärztliche Leiter Krankenhauskoordinierung kann nach § 108 SGB V zugelassene Krankenhäuser verpflichten, alle erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, um im Bedarfsfall kurzfristig Kapazitäten zur Behandlung von COVID-19-Erkrankten oder zur Entlastung anderer Krankenhäuser, die vorrangig für COVID-19-Erkrankte herangezogen werden, auszubauen. Dies betrifft sowohl die Organisation des notwendigen Personals als auch die Schaffung zusätzlicher räumlich-technischer Kapazitäten.
- 3.4.2.3
- Der Ärztliche Leiter Krankenhauskoordinierung kann nach § 108 SGB V zugelassene Krankenhäuser zur herausgehobenen Kooperation und Kommunikation freier Behandlungskapazitäten untereinander verpflichten. Insbesondere können Krankenhäuser, die im ersten Schritt nicht für die Behandlung von COVID-19-Erkrankten vorgesehen sind, verpflichtet werden, im Rahmen ihres Versorgungsauftrags und der zur Verfügung stehenden Kapazitäten Patienten der für die Versorgung von COVID-19-Erkrankten vorgesehenen Krankenhäuser zu übernehmen.
- 3.4.3
- Sind aufgrund des Infektionsgeschehens Anordnungen veranlasst, die über das Gebiet eines ZRF hinausgehen, erteilt die Regierung die Anordnungen nach Nr. 3.4.1 und Nr. 3.4.2. Die Anordnungen werden insoweit im Benehmen mit den betroffenen Ärztlichen Leitern Krankenhauskoordinierung, dem Ärztlichen Koordinator der Regierung und dem LGL-Koordinator erteilt. Die Regierung kann unbeschadet von Satz 1 Anordnungen des Ärztlichen Leiters Krankenhauskoordinierung nach Nr. 3.4.1 und Nr. 3.4.2 ändern oder aufheben.
4.
- 4.1
- In jedem nach § 108 SGB V zugelassenen Krankenhaus ist ein Krisenstab einzurichten und ein Pandemiebeauftragter zu benennen. Der Pandemiebeauftragte ist Koordinator in der jeweiligen Einrichtung und Ansprechpartner für den Ärztlichen Leiter Krankenhauskoordinierung, für Behörden und den Rettungsdienst. Je nach lokalem Infektionsgeschehen und vorbehaltlich von Anordnungen nach Nr. 3.4.2 koordinieren die Pandemiebeauftragten zusammen mit den ILS die Belegung der Krankenhäuser mit COVID-19-Erkrankten und im Bedarfsfall die Entlastung von Krankenhäusern im Wege der Patientenübernahme.
- 4.2
- Die in Nr. 3.2 in der Fassung der Allgemeinverfügung vom 28. Januar 2021 (BayMBl. Nr. 78) genannten Einrichtungen, Einrichtungen mit Versorgungsvertrag nach § 111a SGB V und Privatkliniken mit Zulassung nach § 30 der Gewerbeordnung, die nicht in den Krankenhausplan des Freistaates Bayern aufgenommen sind und über keinen Versorgungsvertrag mit den Krankenkassen verfügen (reine Privatkliniken), sind, soweit sie Patienten stationär behandeln, und vorbehaltlich genauerer Anordnungen nach Nr. 3 verpflichtet, die notwendigen Maßnahmen des Infektionsschutzes durchzuführen und die einschlägigen Hygiene- und Infektionsschutzvorgaben, insbesondere des Robert Koch-Instituts und des LGL zu beachten sowie Schutzkonzepte zu erstellen oder je nach Ausprägung des Infektionsgeschehens fortzuschreiben. Die Einrichtungen sind verpflichtet, die Hygiene- und Schutzkonzepte auf Verlangen der zuständigen unteren Behörde für Gesundheit (Gesundheitsamt) vorzulegen.
- 4.3
- Notwendige Maßnahmen des Infektionsschutzes nach Nr. 4.2 sind im Rahmen des Entlassmanagements nach § 39 Abs. 1a SGB V insbesondere:
- 4.3.1
- Nach § 108 SGB V zugelassene Krankenhäuser sowie reine Privatkliniken haben alle Patienten auf Testmöglichkeiten auf das Coronavirus SARS-CoV-2 im Zusammenhang mit ihrer Entlassung hinzuweisen.
- 4.3.2
- Bei einer Verlegung von Patienten in ein Alten- oder Pflegeheim, in eine stationäre Einrichtung für Menschen mit Behinderung, in eine Einrichtung nach Nr. 4.2 oder in eine ähnlich vulnerable Einrichtung müssen nach § 108 SGB V zugelassene Krankenhäuser im Zusammenwirken mit der jeweiligen Einrichtung für den Patienten auf dessen Wunsch hin ein Antigen-Schnelltestangebot organisieren. Diese Verpflichtung besteht nur, wenn der Krankenhausaufenthalt mindestens fünf Kalendertage betragen hat. Die Verpflichtung besteht nicht bei genesenen oder geimpften Personen im Sinne der COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung.
5.
- 5.1
- Bayernweit wird ein einheitliches, IT-gestütztes System zur Erfassung der Behandlungskapazitäten und Patienten, bei denen eine Infektion mit SARS-CoV-2 nachgewiesen wurde, genutzt. Die Fallzahlen und Belegungsdaten sind auf Grundlage des IT-Programms IVENA für alle Einrichtungen im Sinne von Nr. 4.2 in Bayern verbindlich, täglich bis 9 Uhr über einen Internetzugang zu erfassen. In IVENA ist ein Ansprechpartner für Rückfragen zu benennen. IVENA bündelt die Informationen für die Behandlungskapazitäten auf Ebene der ILS. Die Informationen sind allen Führungsebenen zur Verfügung zu stellen.
- 5.2
- Alle Einrichtungen im Sinne von Nr. 4.2 in Bayern bleiben weiterhin verpflichtet, einen Ansprechpartner mit Kontaktdaten an den Hersteller und Betreiber des ausgewählten Systems zur Erfassung der Behandlungskapazitäten zu melden und nach Vorliegen der Zugangskennung umgehend die im System abgefragten Daten einzugeben und aktuell zu halten.
6.
- 6.1
- Die Einrichtungen nach Nr. 3.2 in der Fassung der Allgemeinverfügung vom 28. Januar 2021 (BayMBl. Nr. 78) werden im Sinne des Beschlusses 2012/21/EU (DAWI-Freistellungsbeschluss), mit der Freihaltung, der Schaffung und dem Ausbau von Kapazitäten zur Versorgung von COVID-19-Erkrankten im Sinne dieser Allgemeinverfügung betraut.
- 6.2
- Soweit für die Erstattung von Kosten für die Erbringung der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse die Systeme der Gesetzlichen und Privaten Krankenversicherung sowie der Beamtenbeihilfe und andere Träger in Anspruch genommen werden können, entfällt die Zahlung von Ausgleichsleistungen aufgrund dieser Betrauung. Darüber hinaus ist eine Überkompensation im Einklang mit Art. 5 und 6 des DAWI-Freistellungsbeschlusses ausgeschlossen.
- 6.3
- Die betrauten Einrichtungen haben sämtliche Unterlagen im Zusammenhang mit dieser Betrauung während des Betrauungszeitraums und mindestens zehn Jahre ab Ende des Betrauungszeitraums aufzubewahren. Die Einrichtungen sind verpflichtet, in ihrer Buchführung die Kosten und Einnahmen in Verbindung mit der Erbringung der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse von allen anderen Tätigkeiten getrennt auszuweisen.
7.
Diese Allgemeinverfügung ist, soweit sie auf das Infektionsschutzgesetz gestützt ist, kraft Gesetzes sofort vollziehbar; im Übrigen wird die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse angeordnet.
8.
- 8.1
- Diese Allgemeinverfügung tritt am 12. Mai 2022 in Kraft und mit Ablauf des 31. Dezember 2022 außer Kraft. Abweichend von Satz 1 treten die Nr. 2 und 3 mit Ablauf des 15. Juni 2022 außer Kraft.
- 8.2
- Die Allgemeinverfügung vom 11. November 2021, (BayMBl. Nr. 791), zuletzt geändert durch Allgemeinverfügung vom 16. Dezember 2021 (BayMBl. Nr. 903), tritt mit Ablauf des 11. Mai 2022 außer Kraft.
Begründung
Das Coronavirus SARS-CoV-2 hat die Gesundheitssysteme weltweit in mehreren pandemischen Wellen vor größte Herausforderungen gestellt. Nur durch weitgehende staatliche Maßnahmen konnten die Infektionszahlen in Bayern auf ein für das Gesundheitswesen und insbesondere für die Krankenhäuser zu bewältigendes Maß gesenkt und die Krankenhäuser auf die Pandemielage vorbereitet werden. Die stationären Einrichtungen hatten die Lage trotz aller damit verbundenen Schwierigkeiten auch auf den Höhepunkten der Infektionszahlen ebenso wie in sogenannten „Hotspots“ stets unter Kontrolle.
Die positive Entwicklung des Infektionsgeschehens und die entgegen ersten Befürchtungen durchschnittlich geringere Fallschwere bei Infektionen mit der Omikron-Variante des Virus und die mittlerweile eingetretene positive Entwicklung des Infektionsgeschehens haben in den vergangenen Wochen Anlass zur Erleichterung gesellschaftlicher ebenso wie versorgungstechnischer Restriktionen gegeben.
Mit der vorliegenden Allgemeinverfügung werden die bislang geltenden Regelungen der deutlich gebesserten Pandemielage und der damit korrespondierenden allmählichen Normalisierung des Krankenhausbetriebs angepasst. Insbesondere werden die Bestellungen der Ärztlichen Leiter Krankenhauskoordinierung, der Ärztlichen Koordinatoren der Regierungen und des landesweiten Koordinators des Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit spätestens mit Ablauf des 15. Juni 2022 beendet. Damit einhergehend werden die auf das Katastrophenschutzrecht gegründeten Anordnungsbefugnisse der Ärztlichen Leiter Krankenhauskoordinierung und der Regierungen nicht mehr in die Allgemeinverfügung aufgenommen.
Die eintretende Entspannung im Krankenhausbetrieb ermöglicht es überdies, die zuvor krisenbedingt notwendige Heranziehung von Einrichtungen der Vorsorge und Rehabilitation sowie den Einsatz sogenannter Entlastungseinrichtungen mit sofortiger Wirkung zu beenden. Ebenfalls beendet werden die pandemiebedingten erweiterten Versorgungsaufträge für herangezogene Krankenhäuser und befristet an der akutstationären Versorgung teilnehmende Einrichtungen der Vorsorge und Rehabilitation (frühere Nr 6. 1 und 6.2 der Allgemeinverfügung); korrespondierend enden auch die pauschalen Befreiungen von Notfallabschlägen nach § 26 Abs. 2 Nr. 3 der der Regelungen des Gemeinsamen Bundesausschusses zu einem gestuften System von Notfallstrukturen in Krankenhäusern gemäß § 136c Abs. 4 SGB V (frühere Nr. 6.3 der Allgemeinverfügung).
Es bleibt jedoch bei Vorkehrungen, mit denen unter Nutzung der behördlichen Strukturen, der Kenntnisse des Rettungsdienstes sowie unter Einbeziehung der Krankenhausträger auch weiterhin im lokalen Bedarfsfall eine geordnete Organisation der Patientenströme gewährleistet wird. In diesem Zusammenhang ist auch klarzustellen, dass sämtliche stationäre Einrichtungen, die im Lauf des Krisengeschehens mit Mitwirkungspflichten belegt worden sind, jederzeit gewärtig sein müssen, bei einem erheblichen Wiederanstieg der Infektionszahlen und entsprechendem Bedarf erneut zur Bewältigung der Pandemie herangezogen zu werden.
Erhalten bleiben die über die gesamte Krisenzeit hinweg bewährten täglichen Meldungen im Meldesystem IVENA, die neben der Belegungssteuerung als solcher auch ein laufendes Monitoring des Infektionsgeschehens ermöglicht haben und so auch zur etwaigen Frühwarnung vor einer weiteren pandemischen Welle beitragen können. Ebenfalls aufrecht erhalten bleiben die beihilferechtlichen Betrauungen und die organisatorischen Maßgaben für den Infektionsschutz in stationären Einrichtungen.
Hierzu im Einzelnen:
Zu Nr. 1:
Alle nach § 108 SGB V zugelassenen Krankenhäuser sind weiterhin im Rahmen ihres Versorgungsauftrags verpflichtet, die stationäre Versorgung aller Patienten sicherzustellen. Bei der Aufnahme von Patienten, deren stationäre Behandlung vertretbarerweise verschoben werden kann, haben sie sich an der aktuellen Infektionslage und dem jeweils abzusehenden Belegungsdruck durch COVID-19-Patienten zu orientieren.
Zu Nr. 2:
Zur möglichst dezentralen Steuerung der Patientenströme bleibt für einen Übergangszeitraum bis 15. Juni 2022 für jeden Zuständigkeitsbereich eines ZRF in Bayern ein Ärztlicher Leiter Krankenhauskoordinierung mit umfassenden Weisungsrechten eingesetzt, der als weisungsunabhängiger Beauftragter auf Ebene der ZRF tätig wird. Bis zum 15. Juni 2022 kann die Regierung im Einvernehmen mit ihrem Ärztlichen Koordinator stets widerruflich das Ruhen der Funktion des Ärztlichen Leiters Krankenhauskoordinierung anordnen, wenn eine Gesamtwürdigung der Belegungslage der Krankenhäuser in der Region das Ende des Einsatzes des Ärztlichen Leiters Krankenhauskoordinierung rechtfertigt.
Auf Landesebene wird ebenfalls noch bis 15. Juni 2022 ein Koordinator des LGL bestimmt, der insbesondere für den Austausch mit dem Ärztlichen Koordinator der Regierung und bei Bedarf mit den nachgeordneten Strukturen zur Verfügung steht.
Zur überregionalen Kapazitätssteuerung werden die Ärztlichen Leiter bis zum 15. Juni 2022 ihrerseits durch den Ärztlichen Koordinator auf Ebene der Regierungsbezirke unterstützt. Bis zu diesem Zeitpunkt kann die Regierung stets widerruflich das Ruhen der Funktion des Ärztlichen Koordinators anordnen.
Bestellungen zum Ärztlichen Leiter Krankenhauskoordinierung (Nr. 2.3), zum Ärztlichen Koordinator der Regierung (Nr. 2.5) oder zum landesweiten Koordinator des LGL (Nr. 2.6), die auf Grundlage einer der früheren Allgemeinverfügungen erfolgt sind, gelten weiter.
Zu Nr. 3:
Der Ärztliche Leiter Krankenhauskoordinierung ist beauftragt, auf die Gewährleistung der akutstationären Versorgung hinzuwirken, soweit diese akut durch die Versorgung von COVID-19-Erkrankten gefährdet ist. Es bleibt für den Übergangszeitraum bis 15. Juni 2022 in Stufe 1 der möglichen Maßnahmen (Nr. 3.4.1) bei den Aufgaben und Befugnissen, die bereits vor Feststellung der Katastrophe geregelt waren. In Stufe 2 entfallen die Eingriffsbefugnisse gegenüber den Einrichtungen der Vorsorge und Rehabilitation. Gleichzeitig wird auch im Generellen die zuvor auf Katastrophenschutzrecht gestützte Befugnis des Ärztlichen Leiters, bei Bedarf Personal von stationären Einrichtungen in andere Krankenhäuser abzuziehen, nicht mehr in die Allgemeinverfügung aufgenommen. Die auf das Katastrophenschutzrecht gestützten Eingriffsbefugnisse nach Stufe 3 (frühere Nr. 3.4.3) – und damit insbesondere auch die Befugnis zum Erlass von Freihalteanordnungen oder zum Verbot aufschiebbarer Behandlungen – entfallen ersatzlos.
Zudem wird die Bestellung sogenannter Entlastungseinrichtungen, die mit der Aufnahme von Personen beauftragt wurden, die zwar keiner akutstationären Behandlung mehr bedurften, bei denen aber die Gefahr einer Erregerübertragung noch nicht ausgeschlossen werden konnte, beendet (frühere Nr. 3.4.6). Das abflauende Pandemiegeschehen und die geänderten Quarantäne- und Isolationsbestimmungen lassen den Bedarf für solche Einrichtungen entfallen.
Die hierfür vorgesehenen Entschädigungsleistungen sind bereits mit Ablauf des 30.04.2022 ausgelaufen.
Zu Nrn. 4 und 5
Die Nrn. 4 und 5 werden grundsätzlich unverändert aus den früher geltenden Allgemeinverfügungen übernommen. In Nr. 5 wird klargestellt, dass im Meldesystem IVENA Patienten mit SARS-CoV-2-Infektion auch dann zu erfassen sind, wenn diese keine infektionsspezifischen Symptome aufweisen.
Zu Nr. 6
Die Nr. 6 (frühere Nr. 7) wird unverändert aus den früher geltenden Allgemeinverfügungen übernommen.
Durch die Streichung der früheren Nr. 6 werden dagegen die pandemiebedingten erweiterten Versorgungsaufträge für herangezogene Krankenhäuser und befristet an der akutstationären Versorgung teilnehmende Einrichtungen der Vorsorge und Rehabilitation (frühere Nrn. 6. 1 und 6.2 der Allgemeinverfügung) gestrichen. Aufgrund der hohen Infektionsraten bei gleichzeitig stark verringerter Krankheitslast und der nicht bestehenden Überlastungssituation an den Krankenhäusern wird die bisher in Nr. 6.3 geregelte Ausnahme nach § 26 Abs. 2 Nr. 3 der Regelungen des Gemeinsamen Bundesausschusses zu einem gestuften System von Notfallstrukturen in Krankenhäusern gemäß § 136c Abs. 4 SGB V ebenfalls gestrichen.
Zu Nr. 7:
Gemäß § 28 Abs. 3 IfSG in Verbindung mit § 16 Abs. 8 IfSG ist diese Allgemeinverfügung, soweit sie auf das IfSG gestützt ist, kraft Gesetzes sofort vollziehbar. Soweit die Allgemeinverfügung auf das BayKrG gestützt ist, wird die sofortige Vollziehung gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) angeordnet. Die sofortige Geltung liegt im öffentlichen Interesse. Die angeordneten Maßnahmen sind notwendig, um im Interesse der öffentlichen Sicherheit die Patientenversorgung sowie deren Koordinierung effektiv sicherzustellen. Die Eindämmung der nach wie vor andauernden Corona-Pandemie erfordert entschlossenes Handeln, weshalb eine Entscheidung über mögliche Rechtsbehelfe nicht abgewartet werden kann; das öffentliche Interesse am effektiven Schutz von Gesundheit und Menschenleben überwiegt das Interesse von den Anordnungen Betroffener die Maßnahmen erst nach einer rechtskräftigen Entscheidung durchzuführen oder zu dulden. Dies gilt auch unter Berücksichtigung bereits erfolgter weitgehender Öffnungsschritte im Bereich des gesellschaftlichen Lebens. So ist weiterhin eine hohe Auslastung der Krankenhäuser mit COVID-19-Patienten zu verzeichnen, zugleich stehen Behandlungskapazitäten aufgrund des zunehmenden Mangels an Pflegepersonal derzeit nicht in dem Umfang zur Verfügung wie dies vor der Corona-Pandemie der Fall war. Diese Situation erfordert ein laufendes, fortgesetztes Monitoring, dessen auch nur vorübergehende Aussetzung nicht hingenommen werden kann.
Zu Nr. 8
Nr. 8 regelt das Inkrafttreten zum 12. Mai 2022 und die damit korrespondierende Aufhebung der Allgemeinverfügung vom 11. November 2021, (BayMBl. Nr. 791), zuletzt geändert durch Allgemeinverfügung vom 16. Dezember 2021 (BayMBl. Nr. 903). Mit dem Ende der Bestellung der Ärztlichen Leiter Krankenhauskoordinierung, der Ärztlichen Koordinatoren der Regierungen und des landesweiten Koordinators des Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit enden auch die korrespondierenden Aufgaben und Befugnisse. Abweichend von den übrigen Regelungen treten damit die Nrn. 2 und 3 mit Ablauf des 15. Juni 2022 außer Kraft.
gez.
Dr. Winfried Brechmann
Ministerialdirektor