Veröffentlichung BayMBl. 2022 Nr. 415 vom 20.07.2022

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Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration

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Sonstige Bekanntmachung

Aussetzung des Verbots der Nutzung elektronischer Geräte
zur Kommunikation ohne Freisprecheinrichtung (Funkgeräte)
nach § 23 Abs. 1a der Straßenverkehrs-Ordnung im Freistaat Bayern

Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, für Sport und Integration

vom 4. Juli 2022, Az. C4-3612-14-59

Das Bayerische Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration erlässt auf der Grundlage von § 46 Abs. 2 Satz 1 der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) in Verbindung mit Art. 2 Satz 1 Nr. 4, Art. 5 Satz 1 des Gesetzes über Zuständigkeiten im Verkehrswesen (ZustGVerk) folgende

Allgemeinverfügung

  1. 1. Den Führern von Kraftfahrzeugen ist es abweichend von § 23 Abs. 1a StVO für alle Verkehrsarten gestattet, im Rahmen der mit dieser Allgemeinverfügung verbundenen Nebenbestimmungen zu dienstlichen bzw. betrieblichen Zwecken eingesetzte Funkgeräte zur Benutzung aufzunehmen und zu halten und damit zu kommunizieren.
  2. 2. Die Ausnahmegenehmigung gilt für das Gebiet des Freistaates Bayern.
  3. 3. Diese Allgemeinverfügung ist nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO sofort vollziehbar.
  4. 4. Diese Allgemeinverfügung wird sofort wirksam und ist bis zum 30. Juni 2025 befristet.
  5. 5. Diese Allgemeinverfügung kann mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden. Dies gilt insbesondere, wenn die vom Bund angekündigte gesetzliche Regelung in Bezug auf die Nutzung von Funkgeräten erlassen wird oder eine ausreichende Marktlösung vorhanden ist.

Nebenbestimmungen

  1. 1. Von der Ausnahmegenehmigung darf mit Rücksicht auf die Verkehrssicherheit nur für solche Kommunikation Gebrauch gemacht werden, die dem dienstlichen bzw. betrieblichen Zweck des betreffenden Fahrzeugs oder der betreffenden Fahrzeuge unmittelbar dient und die mit Blick auf die Ordnung und Sicherheit des öffentlichen Straßenverkehrs keinen zeitlichen Aufschub zulässt.
  2. 2. Es ist zu gewährleisten, dass die Ausnahmegenehmigung nur unter gebührender Berücksichtigung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung, insbesondere der jeweiligen Verkehrslage, den Straßen-, Verkehrs-, Sicht- und Wetterverhältnissen, in Anspruch genommen wird.

Begründung

I.

Nach § 23 Abs. 1a StVO darf, wer ein Fahrzeug führt, ein elektronisches Gerät, das der Kommunikation, Information oder Organisation dient oder zu dienen bestimmt ist, nur benutzen, wenn hierfür das Gerät weder aufgenommen noch gehalten wird und entweder nur eine Sprachsteuerung und Vorlesefunktion genutzt wird oder zur Bedienung und Nutzung des Gerätes nur eine kurze, den Straßen-, Verkehrs-, Sicht- und Wetterverhältnissen angepasste Blickzuwendung zum Gerät bei gleichzeitig entsprechender Blickabwendung vom Verkehrsgeschehen erfolgt oder erforderlich ist. Unter das damit einhergehende Verbot der Benutzung aller übrigen elektronischen Geräte fallen auch betrieblich verwendete Funkgeräte, beispielsweise im Verkehr mit Taxen, bei der Ausbildung von Fahrschülern oder bei der Begleitung von Großraum- und Schwertransporten.

Für die insoweit verbotene, letztlich aber der Verkehrssicherheit dienende Nutzung von Funkgeräten sah § 52 Abs. 4 StVO eine Übergangsfrist vor, die zuletzt bis zum 30. Juni 2021 verlängert worden ist. Hintergrund dieser Übergangsfrist war die Feststellung, dass noch kein den vorgegebenen Anforderungen genügendes Angebot von Freisprecheinrichtungen für Funkgeräte auf dem Markt vorhanden war.

Nachdem auch nach Ablauf dieser gesetzlichen Übergangsfrist noch kein ausreichendes Angebot auf dem Markt vorhanden war, hat das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV, damals noch Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur) als Verordnungsgeber erklärt, dass es beabsichtige, im Rahmen der nächsten, voraussichtlich für das Jahr 2022 vorgesehenen StVO-Novelle, Funkgeräte vom Verbot des § 23 Abs. 1a StVO auszunehmen. Weiter bat das BMDV die Länder zwischenzeitlich von einer Kontrolle des Verbots nach § 23 Abs. 1a StVO in Bezug auf die Nutzung von Funkgeräten für alle Verkehrsarten abzusehen und wies auf die Möglichkeit der Erteilung von Ausnahmegenehmigungen hin.

Die ursprünglich für das Jahr 2022 avisierte StVO-Novelle ist bislang nicht erfolgt. Das Angebot von Freisprecheinrichtungen für betrieblich verwendete Funkgeräte ist auf dem Markt – unter anderem bedingt durch die SARS-CoV-2-Pandemie – auch über den 30. Juni 2022 hinaus weiterhin unzureichend. Eine Besserung ist vorerst auch nicht zu erwarten. Daher hat das BMDV nunmehr darum gebeten, bereits gewährte Ausnahmegenehmigungen zu verlängern bzw. von einer Kontrolle des Verbots des § 23 Abs. 1a StVO im Zusammenhang mit der Benutzung von Funkgeräten weiterhin abzusehen. Das BMDV als Verordnungsgeber möchte in der Zwischenzeit die beabsichtigte Änderung der Straßenverkehrs-Ordnung einer erneuten Prüfung unterziehen und die weitere Marktentwicklung abwarten.

Der Bitte des BMDV folgend wird im Interesse einer klaren und inhaltlich bestimmten und damit für alle nachvollziehbaren Regelung das Instrument der Ausnahmegenehmigung in Form der Allgemeinverfügung gewählt.

II.

Eine Ausnahme von der Vorschrift des § 23 Abs. 1a StVO wird ausschließlich für die Benutzung von Funkgeräten zur Kommunikation vorgesehen. Das Verbot des § 23 Abs. 1a StVO, elektronische Geräte, die der Information oder Organisation dienen oder zu dienen bestimmt sind, zu benutzen, wenn hierfür das Gerät aufgenommen oder gehalten wird, bleibt unberührt. Damit wird dem vorrangigen Zweck von betrieblich eingesetzten Funkgeräten zur Kommunikation und zur Sicherstellung des unabdingbaren Kerns der betrieblichen Dienstleistungen Rechnung getragen.

Die Benutzung von Funkgeräten wird damit nur für die Kommunikation erlaubt, die dem betrieblichen bzw. dienstlichen Zweck des betreffenden Fahrzeugs oder der betreffenden Fahrzeuge unmittelbar dient und die mit Blick auf die Ordnung und Sicherheit des öffentlichen Straßenverkehrs keinen zeitlichen Aufschub zulässt.

Diese beschränkte Ausnahme von der Vorschrift des § 23 Abs. 1a StVO ist aus Gründen der Verkehrssicherheit erforderlich und angemessen. Die besonderen Umstände, vor allem die Organisation betrieblicher Abläufe von Dienstleistungen, welche auch im öffentlichen Interesse liegen, machen es vor dem Hintergrund des weiterhin unzureichenden Angebots von Freisprecheinrichtungen für Funkgeräte auf dem Markt erforderlich, die Zeit bis zu einer Entscheidung durch den Verordnungsgeber zu überbrücken. Dies ist trotz der bisher gesetzlich eingeräumten Übergangsfristen auch dringlich, um die Dienstleistungen aufrechterhalten zu können.

Ein Ausweichen beispielsweise auf Mobilfunk kommt aufgrund der hierdurch nicht ohne Weiteres gegebenen Möglichkeit von Konferenzschaltungen und einer nicht flächendeckend sichergestellten hinreichenden Netzabdeckung nicht in allen erforderlichen Fällen in Betracht.

Das Interesse der Allgemeinheit an der Funktionsfähigkeit betrieblich erforderlicher Kommunikation zwischen Kraftfahrzeugführern untereinander bzw. mit staatlichen Stellen, wie des Führers eines privaten Begleitfahrzeugs für den Großraum- und Schwerverkehr mit der Polizei, die der Verkehrssicherheit dient, überwiegt hier in den aufgeführten Fällen das Interesse am Vollzug der Vorschrift des § 23 Abs. 1a StVO.

Die Allgemeinverfügung stellt eine Übergangsregelung dar. Das BMDV als Verordnungsgeber wird die ursprünglich beabsichtigte Änderung rechtlich prüfen und die weitere Marktentwicklung abwarten. Ein zeitlicher Horizont kann derzeit nicht skizziert werden, weshalb diese Allgemeinverfügung auf drei Jahre, bis 30. Juni 2025, befristet ist. Der Widerruf wird vorbehalten, vor allem, um auf weitere Entwicklungen reagieren zu können. Dies gilt insbesondere für den Fall, dass die vom Bund ursprünglich angekündigte gesetzliche Regelung erlassen wird oder eine ausreichende Marktlösung vorhanden ist.

Das dargestellte Ziel der Allgemeinverfügung, insbesondere die dienstliche bzw. betriebliche Kommunikation mit Funkgeräten weiterhin sicherzustellen, liegt im öffentlichen Interesse. Ebenso ist die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit im öffentlichen Interesse erforderlich. Denn damit wird, unter Wahrung der Sicherheit und Ordnung, insbesondere der Betrieb von Taxenverkehr, die Ausbildung von Fahrschülern, vor allem der Motorradklassen, und die Durchführung von Großraum- und Schwertransporten sichergestellt.

Das Wirksamwerden wird nach Art. 41 Abs. 4 Satz 4 in Verbindung mit Art. 43 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG bestimmt. Die Befristung und die Nebenbestimmungen stützen sich auf Art. 36 BayVwVfG in Verbindung mit § 23 Abs. 1a StVO.

Hinweise

  • Alle weiteren Vorschriften der Straßenverkehrs-Ordnung sowie die einschlägigen Bestimmungen der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung sind einzuhalten. Dies betrifft insbesondere das unverändert geltende Verbot des § 23 Abs. 1a StVO, elektronische Geräte, die der Information oder Organisation dienen oder zu dienen bestimmt sind, zu benutzen, wenn hierfür das Gerät aufgenommen oder gehalten wird.
  • Weisungen der zuständigen Straßenverkehrsbehörden sowie der Polizei ist nachzukommen.

Rechtsbehelfsbelehrung

Gegen diese Allgemeinverfügung kann innerhalb eines Monats nach ihrer Bekanntgabe Klage beim örtlich zuständigen Verwaltungsgericht schriftlich, zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle dieses Gerichts oder elektronisch in einer für den Schriftformersatz zugelassenen Form erhoben werden.

Örtlich zuständig ist das Verwaltungsgericht, in dessen Bezirk der Kläger seinen Sitz oder Wohnsitz hat:

  • Regierungsbezirk Oberbayern:
    Verwaltungsgericht München in 80335 München, Bayerstraße 30,
  • Regierungsbezirke Niederbayern und Oberpfalz:
    Verwaltungsgericht Regensburg in 93047 Regensburg, Haidplatz 1,
  • Regierungsbezirk Oberfranken:
    Verwaltungsgericht Bayreuth in 95444 Bayreuth, Friedrichstraße 16,
  • Regierungsbezirk Mittelfranken:
    Verwaltungsgericht Ansbach in 91522 Ansbach, Promenade 24–28,
  • Regierungsbezirk Unterfranken:
    Verwaltungsgericht Würzburg in 97082 Würzburg, Burkarderstraße 26,
  • Regierungsbezirk Schwaben:
    Verwaltungsgericht Augsburg in 86152 Augsburg, Kornhausgasse 4.

Für Kläger ohne Sitz oder Wohnsitz im Freistaat Bayern ist das Verwaltungsgericht München in 80335 München, Bayerstraße 30, örtlich zuständig.

Die Klage muss den Kläger, den Beklagten (Freistaat Bayern) und den Gegenstand des Klagebegehrens bezeichnen und soll einen bestimmten Antrag enthalten. Die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel sollen angegeben, die angefochtene Allgemeinverfügung soll in Abschrift beigefügt werden. Der Klage und allen Schriftsätzen sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.

Hinweise zur Rechtsbehelfsbelehrung

  • Gegen Verwaltungsakte des Staatsministeriums des Innern, für Sport und Integration ist ein Widerspruchsverfahren nicht vorgesehen. Durch die Einlegung eines Widerspruchs wird die Klagefrist nicht gewahrt.
  • Die Einlegung eines Rechtsbehelfs per einfacher E-Mail ist nicht zugelassen und entfaltet keine rechtlichen Wirkungen.
  • Nähere Informationen zur elektronischen Einlegung von Rechtsbehelfen entnehmen Sie bitte der Internetpräsenz der bayerischen Verwaltungsgerichtsbarkeit (www.vgh.bayern.de).
  • Kraft Bundesrecht wird in Prozessverfahren vor den Verwaltungsgerichten infolge der Klageerhebung eine Verfahrensgebühr fällig.

Karl Michael Scheufele

Ministerialdirektor