Veröffentlichung BayMBl. 2022 Nr. 608 vom 27.10.2022

Veröffentlichendes Ressort

Staatsministerium für Gesundheit, Pflege und Prävention

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Sonstige Bekanntmachung

2126-1-21-G

Begründung der Verordnung zur Änderung
der Siebzehnten Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung

vom 27. Oktober 2022

Die Begründung der Verordnung zur Änderung der Siebzehnten Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmen­verordnung (17. BayIfSMV) vom 27. Oktober 2022 (BayMBl. Nr. 607) wird im Hinblick auf § 28b Abs. 5 Satz 1 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) bekannt gemacht.

Die vorliegende Verordnung beruht auf § 32 Satz 1 in Verbindung mit § 28 Abs. 1, § 28b Abs. 1 Satz 9 und 10, Abs. 2 IfSG und § 9 Nr. 5 DelV. Durch die Änderungsverordnung wird die Laufzeit der 17. BayIfSMV um sechs Wochen bis 9. Dezember 2022 verlängert.

Soweit Maßnahmen der 17. BayIfSMV fortgeführt werden, wird auf die Begründung der 17. BayIfSMV vom 30. September 2022 (BayMBl. Nr. 558), die Begründung der 16. BayIfSMV vom 1. April 2022 (BayMBl. Nr. 211) sowie auf die Begründungen der Verordnungen zur Änderung der 16. BayIfSMV vom 29. April (BayMBl. Nr. 267), vom 27. Mai (BayMBl. Nr. 328), vom 24. Juni (BayMBl. Nr. 385), vom 30. Juni (BayMBl. Nr. 401), vom 21. Juli (BayMBl. Nr. 428), vom 18. August (BayMBl. Nr. 487), vom 8. September (BayMBl. Nr. 512) und vom 22. September 2022 (BayMBl. Nr. 538) verwiesen.

Das maßgebliche Lagebild für die vorliegende Verordnung stellt sich wie folgt dar:

Nach dem Anstieg der täglichen Fallzahlen ab Mitte September 2022, ist seit der Kalenderwoche 41 (10. Oktober bis 16. Oktober 2022) der Scheitelpunkt der Omikron-Herbstwelle überschritten und es sind wieder sinkende Fallzahlen zu verzeichnen. Am 27. Oktober 2022 liegt die 7-Tage-Inzidenz der Meldefälle in Bayern bei 421,7. Damit weist Bayern am 27. Oktober 2022 eine 7-Tage-Inzidenz unter dem Bundesdurchschnitt von 493,4 auf. Die Reproduktionszahl lag in den vergangenen Tagen stabil unter dem Wert von 1. Nach RKI-Berechnungen liegt der 7-Tage-R-Wert für Bayern am 27. Oktober 2022 bei 0,77, für Deutschland bei 0,84.

In der Gesamtbetrachtung zeigt sich in Bayern ein zwar weiterhin hohes, aber zuletzt kontinuierlich sinkendes Infektionsniveau.

Die binnen einer Kalenderwoche gemeldeten Sterbefälle sind mit Datenstand vom 26. Oktober 2022 mit 147 Sterbefällen in der Kalenderwoche 41 (10. Oktober bis 16. Oktober 2022) über dem Niveau der Vorwoche (3. Oktober bis 9. Oktober 2022) mit 132 Sterbefällen. Die 7-Tage-Hospitalisierungsrate als Maßstab für die Krankheitsschwere befindet sich deutlich unter dem Niveau der Vorwoche. Am 27. Oktober 2022 wurden nach den Daten des RKI innerhalb der letzten sieben Tage 1 674 hospitalisierte Fälle registriert, was einer 7-Tage-Hospitalisierungsinzidenz von 12,7 entspricht (https://www.lgl.bayern.de/gesundheit/infektionsschutz/infektionskrankheiten_a_z/coronavirus/karte_coronavirus/index.htm#wKennzahlen). Eine Woche zuvor, am 20. Oktober 2022, waren es 2 265 hospitalisierte Fälle innerhalb der letzten sieben Tage (7-Tage-Hospitalisierungsinzidenz von 17,19).

Nach einem Rückgang der Belegungen mit Patienten mit einem positiven SARS-COV-2-Nachweis im Sommer 2022 war seit Mitte September 2022 eine starke Zunahme der Belegung mit COVID-19-Patienten zu verzeichnen. Seit etwa Mitte Oktober ist allerdings unter tageweisen Schwankungen eine Tendenz zur Abnahme der Belegungszahlen mit COVID-19-Patienten festzustellen.

Auch im Bereich der Intensivkapazitäten war die Anzahl von COVID-19 Patienten nach einem Rückgang im Sommer 2022 seit Mitte September 2022 bayernweit wieder merklich angestiegen. Analog zur COVID-19-Gesamtbelegung zeichnet sich hier ebenfalls seit etwa Mitte Oktober unter tageweisen Schwankungen eine sinkende Tendenz ab.

Aktuell werden bayernweit 3 521 Patienten, bei denen eine Infektion mit SARS-CoV-2 nachgewiesen wurde, stationär behandelt (Meldungen der Krankenhäuser in IVENA vom 27. Oktober 2022). Davon werden derzeit 260 COVID-19-Fälle intensivmedizinisch behandelt (Meldungen der Krankenhäuser im DIVI-Intensivregister vom 27. Oktober 2022). Die durchschnittliche Auslastung der Intensivstationen liegt bayernweit bei rund 90,1 % (DIVI-Meldungen, Stand 27. Oktober 2022).

Angesichts der noch immer erheblichen Belegung insbesondere der Normalstationen mit COVID-19-Patienten und der gleichzeitig zu verzeichnenden Personalausfälle sind die aktuelle Entwicklung der Hospitalisierung von COVID-19-Patienten sowie die Personalsituation der Kliniken weiterhin sehr aufmerksam zu beobachten. Auch im Normalpflegebereich bringt die Behandlung von Patienten mit einer nachgewiesenen SARS-CoV-2-Infektion einen erheblichen zusätzlichen Isolationsaufwand mit sich. Personalengpässe führten in den vergangenen Wochen bereits zu teils schwierigen Betriebssituationen in den Krankenhäusern. Neben den Patientenzahlen ist das Vorhandensein des Personals für die Verfügbarkeit der Krankenhausbetten und somit für die Lagebeurteilung von entscheidender Bedeutung. So wird das System umso stärker belastet, je stärker sich die zu verzeichnenden Personalausfälle, etwa infolge von Quarantäne- oder Isolationsmaßnahmen, darstellen. Beim Klinikpersonal kommt es laut Rückmeldungen aus der Praxis aktuell noch immer zu teils hohen Ausfällen. Ursächlich hierfür sind neben COVID-19-Infektionen auch zunehmend jahreszeit- und witterungsbedingte Infektionen. Die hierauf zurückzuführenden Ausfälle haben bereits jetzt ein erhebliches Ausmaß erreicht, das perspektivisch weiter steigen kann. Von den Personalausfällen sind nicht nur die bettenführenden Stationen betroffen, sondern auch die Notaufnahmen und Funktionsbereiche der Krankenhäuser, was die Versorgungssituation besonders empfindlich trifft. Kliniken berichten in diesem Zusammenhang weiterhin über die Notwendigkeit, das elektive Behandlungseschehen zumindest teilweise einzuschränken oder vorübergehend ganz auszusetzen.

Die Patientenversorgung ist somit aktuell nur durch erhebliche Anstrengungen der Kliniken gewährleistet. Die Lage der bayerischen Krankenhäuser wird insgesamt als derzeit zwar beherrschbar, aber durchaus nach wie vor als herausfordernd und teils sehr angespannt eingeschätzt. Da sich auch in den Krankenhäusern die Situation stets mit einem zeitlichen Verzug zum eigentlichen Infektionsgeschehen entwickelt, ist davon auszugehen, dass die Belastung in den Kliniken in den nächsten Tagen bzw. Wochen weiter anhält und sich allenfalls leicht verbessert.

In Bayern haben (Stand 27. Oktober 2022) 9 905 451 Personen, und damit rund 75,2 %, eine Grundimmunisierung durch Impfung(en) erhalten. Die Impfquote der grundimmunisierten Personen ab 60 Jahren liegt in Bayern bei rund 88,2 %, die Impfquote der grundimmunisierten Personen im Alter von 18 bis 59 Jahren liegt bei rund 82,0 % und die Impfquote der grundimmunisierten Personen im Alter von 12 bis 17 Jahren bei rund 70,6 %. In Bayern wurden bisher 7 778 329 erste Auffrischungsimpfungen durchgeführt. Die Impfquote bei den ersten Auffrischungsimpfungen liegt damit bezogen auf die bayerische Bevölkerung derzeit bei rund 59,0 %. Bezogen auf die bayerische Gesamtbevölkerung liegt die Impfquote bei der zweiten Auffrischungsimpfung in Bayern hier aktuell bei rund 9,2 %, bei der Bevölkerung ab 60 Jahren liegt sie bei rund 25,8 %.

Weiterhin ist die Omikron-Sublinie BA.5 die in Deutschland dominierende SARS-CoV-2-Variante, ihr Gesamtanteil lag in der Kalenderwoche 40/2022 bei 96 %. Darunter befinden sich auch die beiden BA.5-Sublinien BQ.1 und BQ.1.1, welche seit Kalenderwoche 35 einen deutlichen Anstieg verzeichnen. Andere Varianten wurden fast vollständig verdrängt. Die Varianten BA.2 und BA.4 machten auch in dieser Woche nur einen geringen Anteil von je ca. 2 % aus.

Das Coronavirus SARS-CoV-2 zirkuliert weiterhin in erheblichem Maße in der Bevölkerung. Es verbreitet sich überall dort, wo Menschen ohne Schutzmaßnahmen zusammenkommen, insbesondere in geschlossenen Räumen. Der Anteil schwerer Erkrankungen und Todesfälle ist nicht mehr so hoch wie in den ersten vier Erkrankungswellen der COVID-19-Pandemie. Die höchste Gefährdung für schwere Erkrankungen betrifft jedoch nach wie vor Menschen höheren Alters und Menschen mit Vorerkrankungen oder unzureichendem Immunschutz. Ihr Schutz steht auch in der aktuellen Phase der Pandemie weiterhin im Vordergrund.

Der geringere Anteil schwerer Erkrankungen und die niedrigere Zahl der mit einer COVID-19-Erkrankung assoziierten Todesfälle während der Omikron-Welle im Vergleich zu den ersten vier Wellen sind zurückzuführen auf die zunehmende Grundimmunität in der Bevölkerung, insbesondere aufgrund der gut wirksamen Impfung, in Kombination mit einem grundsätzlich geringeren Anteil schwerer Erkrankungen bei Infektionen, die durch die Omikron-Variante hervorgerufen werden.

Zu beachten sind zudem auch andere – vor allem saisonal verstärkt auftretende – Atemwegserkrankungen, die zusätzlich zu COVID-19 eine individuelle gesundheitliche Belastung darstellen und auch zu einer starken Belastung des Gesundheitssystems beitragen können. Die nach der RKI-Surveillance für Atemwegs­erkrankungen für die Bevölkerung in Deutschland geschätzte Rate der akuten Atemwegserkrankungen (ARE-Rate) ist in der 41. KW 2022 im Vergleich zur Vorwoche insgesamt gesunken (7,3 %; Vorwoche: 8,2 %). Die Gesamt-ARE-Rate lag allerdings in der 41. KW im oberen Wertebereich der vorpandemischen Jahre.

Das Ziel der Schutzmaßnahmen ist es, eine Vielzahl schwerer Krankheitsverläufe zu verhindern und für vulnerable Personen einen Schutz herzustellen. Zudem gilt es, schwere Erkrankungen und Todesfälle zu minimieren und Langzeitfolgen, die auch nach milden Krankheitsverläufen auftreten können und deren langfristige Auswirkungen noch nicht absehbar sind, zu vermeiden. Daher sollten von jedem Bürger und jeder Bürgerin möglichst alle empfohlenen Maßnahmen des Infektionsschutzes eigenverantwortlich umgesetzt werden: die Einhaltung des Mindestabstands, die Beachtung der Hygiene, das regelmäßige und gründliche Lüften von Innenräumen vor, während und nach dem Aufenthalt mehrerer Personen sowie das Tragen von Masken (AHA+L-Regeln). Diese Empfehlungen gelten auch für Geimpfte und Genesene, da Infektionen und Transmissionen auch in diesen Personengruppen auftreten können.

Bayern beobachtet das Pandemiegeschehen fortlaufend und hat das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) beauftragt, die Indikatoren des § 28b Abs. 7 Satz 2 IfSG sowie weitere wichtige Parameter wie z. B. Reproduktionszahl, Krankheitsschwere und Auftreten besonderer Ausbruchsgeschehen mittels eines Monitoring-Systems zu überwachen.

Das LGL hat seinen Monitoringbericht zuletzt am 20. Oktober 2022 vorgelegt. Der Bericht des LGL führt in dessen zusammenfassender Bewertung aus, eine konkrete Gefahr für das Gesundheitswesen liege derzeit nicht vor und weitergehende Maßnahmen zur Eindämmung des Pandemiegeschehens seien nicht angezeigt.

Auf Grundlage dieses Monitorings und des geschilderten Lagebilds ist es erforderlich, die bestehenden Maßnahmen für weitere sechs Wochen aufrechtzuerhalten. Über die bisher in der 17. BayIfSMV getroffenen Anordnungen hinausgehende Maßnahmen müssen derzeit nicht ergriffen werden.

Durch § 1 Nr. 1 der Änderungsverordnung wird in § 3 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 der 17. BayIfSMV klarstellend aufgenommen, dass für einen Selbsttest im Sinn des § 3 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 der Verordnung wie nach den bundesrechtlichen Vorgaben auch ein Produkt mit CE-Kennzeichnung ausreicht. Selbsttests ohne CE-Kennzeichnung, die eine Sonderzulassung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) erhalten haben, können daneben weiterhin verwendet werden.

Durch die Änderung von § 6 der 17. BayIfSMV wird der Zeitpunkt des Außerkrafttretens der Verordnung auf den 9. Dezember 2022 festgelegt. Die Befristung stellt zusammen mit der fortlaufenden Beobachtung und Bewertung des Pandemiegeschehens sowie der fortlaufenden Überprüfung der Maßnahmen sicher, dass die Regelungen nur in dem zur Gewährleistung der Funktionsfähigkeit des Gesundheitswesens und der sonstigen kritischen Infrastrukturen jeweils erforderlichen Maße aufrechterhalten werden. Mit Blick auf die relativ geringe Eingriffsintensität der aktuellen Maßnahmen erscheint eine Geltungsdauer von sechs Wochen angemessen.