2126-1-21-G
Begründung der Verordnung zur Änderung
der Siebzehnten Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung
vom 8. Dezember 2022
Die Begründung der Verordnung zur Änderung der Siebzehnten Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (17. BayIfSMV) vom 8. Dezember 2022 (BayMBl. Nr. 695) wird im Hinblick auf § 28b Abs. 5 Satz 1 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) bekannt gemacht.
Die vorliegende Verordnung beruht auf § 32 Satz 1 in Verbindung mit § 28 Abs. 1, § 28b Abs. 1 Satz 9 und 10, Abs. 2 IfSG und § 9 Nr. 5 DelV. Durch § 1 der Änderungsverordnung wird die Laufzeit der 17. BayIfSMV um sechs Wochen bis zum Ablauf des 20. Januar 2023 verlängert. Durch § 2 der Änderungsverordnung wird davon abweichend die Maskenpflicht im öffentlichen Personennahverkehr mit Ablauf des 9. Dezember 2022 aufgehoben.
Soweit Maßnahmen der 17. BayIfSMV fortgeführt werden, wird auf die Begründung der 17. BayIfSMV vom 30. September 2022 (BayMBl. Nr. 558) sowie auf die Begründung der Verordnung zur Änderung der 17. BayIfSMV vom 27. Oktober 2022 (BayMBl. Nr. 608) verwiesen.
Das maßgebliche Lagebild für die vorliegende Verordnung stellt sich wie folgt dar:
Nach wochenlanger Abnahme der täglichen Fallzahlen ab Mitte Oktober 2022, stagnierten die Fallzahlen in der Kalenderwoche 48 (28. November bis 4. Dezember 2022). Am 8. Dezember 2022 liegt die 7-Tage-Inzidenz der Meldefälle in Bayern bei 115,5. Damit weist Bayern am 8. Dezember 2022 eine 7-Tage-Inzidenz unter dem Bundesdurchschnitt von 214,2 auf. Die Reproduktionszahl lag in den vergangenen Tagen meist um den Wert von 1. Nach RKI-Berechnungen liegt der 7-Tage-R-Wert für Bayern am 8. Dezember 2022 bei 1,03, für Deutschland bei 1,02.
In der Gesamtbetrachtung zeigt sich in Bayern ein zwar weiterhin erhöhtes, aber zuletzt weitgehend stagnierendes Infektionsniveau.
Die binnen einer Kalenderwoche gemeldeten Sterbefälle sind mit Datenstand vom 7. Dezember 2022 mit 42 Sterbefällen in der Kalenderwoche 47 (21. November bis 27. November 2022) unter dem Niveau der Vorwoche (14. November bis 20. November 2022) mit 56 Sterbefällen. Die 7-Tage-Hospitalisierungsrate als Maßstab für die Krankheitsschwere befindet sich leicht über dem Niveau der Vorwoche. Am 8. Dezember 2022 wurden nach den Daten des RKI innerhalb der letzten sieben Tage 980 hospitalisierte Fälle registriert, was einer 7-Tage-Hospitalisierungsinzidenz von 7,44 entspricht (https://www.lgl.bayern.de/gesundheit/infektionsschutz/infektionskrankheiten_a_z/coronavirus/karte_coronavirus/index.htm#wKennzahlen). Eine Woche zuvor, am 1. Dezember 2022, waren es 943 hospitalisierte Fälle innerhalb der letzten sieben Tage (7-Tage-Hospitalisierungsinzidenz von 7,16).
Von Mitte Oktober 2022 bis etwa Ende November 2022 konnte bei den belegten Bettenkapazitäten insgesamt ein deutlicher Rückgang der Belegungszahlen mit COVID-19-Patienten festgestellt werden. Unter den üblichen tageweisen Schwankungen zeichnet sich derzeit eine Plateaubildung bei der Belegung mit COVID-19-Patienten ab.
Auch im Bereich der Intensivkapazitäten wurde analog zur COVID-19-Gesamtbelegung von Mitte Oktober 2022 bis etwa Mitte November 2022 ein Rückgang der COVID-19-Belegung gemeldet. Hier bewegt sich die Zahl der intensivmedizinisch versorgten COVID-19-Patienten unter tageweisen Schwankungen derzeit ebenfalls insgesamt auf einem Plateau.
Aktuell werden bayernweit 1 855 Patienten, bei denen eine Infektion mit SARS-CoV-2 nachgewiesen wurde, stationär behandelt (Meldungen der Krankenhäuser in IVENA vom 8. Dezember 2022). Davon werden derzeit 112 COVID-19-Fälle intensivmedizinisch behandelt (Meldungen der Krankenhäuser im DIVI-Intensivregister vom 8. Dezember 2022). Die durchschnittliche Auslastung der Intensivstationen liegt bayernweit bei rund 89,9 % (DIVI-Meldungen, Stand 8. Dezember 2022).
Angesichts der noch immer merklichen Belegung insbesondere der Normalstationen mit COVID-19-Patienten und der gleichzeitig zu verzeichnenden Personalausfälle sind die aktuelle Entwicklung der Hospitalisierung von COVID-19-Patienten sowie die Personalsituation der Kliniken weiterhin aufmerksam zu beobachten. Auch im Normalpflegebereich bringt die Behandlung von Patienten mit einer nachgewiesenen SARS-CoV-2-Infektion trotz der mit der Anpassung der AV Corona-Schutzmaßnahmen zum 16. November 2022 (BayMBl. Nr. 631) einhergehenden Erleichterungen einen zusätzlichen Isolationsaufwand mit sich. Personalengpässe führten seit einigen Wochen zu teilweise schwierigen Betriebssituationen in den Krankenhäusern. Ursächlich hierfür sind teils COVID-19-Infektionen, jahreszeit- und witterungsbedingte Infektionen sowie eine zunehmende Ermüdung des Personals, die teils in einer beruflichen Umorientierung mündet. Neben den Patientenzahlen ist das Vorhandensein des Personals für die Verfügbarkeit der Krankenhausbetten und somit für die Lagebeurteilung von entscheidender Bedeutung. So wird das System umso stärker belastet, je stärker sich die zu verzeichnenden Personalausfälle darstellen. Von den Personalausfällen sind nicht nur die bettenführenden Stationen betroffen, sondern auch die Notaufnahmen und Funktionsbereiche der Krankenhäuser, was die Versorgungssituation zusätzlich erschwert.
Die Lage der bayerischen Krankenhäuser wird daher als derzeit zwar angespannt, insgesamt aber weitgehend kompensiert eingeschätzt.
In Bayern haben (Stand 8. Dezember 2022) 9 909 046 Personen, und damit rund 75,2 %, eine Grundimmunisierung durch Impfung(en) erhalten. Die Impfquote der grundimmunisierten Personen ab 60 Jahren liegt in Bayern bei rund 88,2 %, die Impfquote der grundimmunisierten Personen im Alter von 18 bis 59 Jahren liegt bei rund 82,0 % und die Impfquote der grundimmunisierten Personen im Alter von 12 bis 17 Jahren bei rund 70,7 %. In Bayern wurden bisher 7 798 987 erste Auffrischungsimpfungen durchgeführt. Die Impfquote bei den ersten Auffrischungsimpfungen liegt damit bezogen auf die bayerische Bevölkerung derzeit bei rund 59,2 %. Bezogen auf die bayerische Gesamtbevölkerung liegt die Impfquote bei der zweiten Auffrischungsimpfung in Bayern hier aktuell bei rund 11,3 %, bei der Bevölkerung ab 60 Jahren liegt sie bei rund 31,2 %.
Weiterhin ist die Omikron-Sublinie BA.5 die in Deutschland dominierende SARS-CoV-2-Variante, ihr Gesamtanteil lag in der Kalenderwoche 46 bei 91 %. Dabei nimmt der Anteil bestimmter Unterformen von BA.5 (insbesondere BQ.1.1), die von der WHO als “Omikron-Subvarianten unter Beobachtung“ eingestuft werden, in Deutschland weiter auf über 13 % in der Kalenderwoche 46 zu. Der Anteil von BA.2 erhöhte sich auf über 5,9 % und auch der Anteil von BA.4 erhöhte sich auf 1,4 % in der Kalenderwoche 46. Andere Varianten wie Omikron BA.2 und BA.4 spielen nur eine geringe Rolle.
Das Coronavirus SARS-CoV-2 zirkuliert weiterhin in der Bevölkerung. Es verbreitet sich überall dort, wo Menschen ohne Schutzmaßnahmen zusammenkommen, insbesondere in geschlossenen Räumen. Der Anteil schwerer Erkrankungen und Todesfälle ist nicht mehr so hoch wie in den ersten vier Erkrankungswellen der COVID-19-Pandemie. Die höchste Gefährdung für schwere Erkrankungen betrifft jedoch nach wie vor Menschen höheren Alters und Menschen mit Vorerkrankungen oder unzureichendem Immunschutz. Ihr Schutz steht auch in der aktuellen Phase der Pandemie weiterhin im Vordergrund.
Der geringere Anteil schwerer Erkrankungen und die niedrigere Zahl der mit einer COVID-19-Erkrankung assoziierten Todesfälle während der Omikron-Welle im Vergleich zu den ersten vier Wellen sind zurückzuführen auf die zunehmende Grundimmunität in der Bevölkerung, insbesondere aufgrund der gut wirksamen Impfung, in Kombination mit einem grundsätzlich geringeren Anteil schwerer Erkrankungen bei Infektionen, die durch die Omikron-Variante hervorgerufen werden.
Auch andere – vor allem saisonal verstärkt auftretende – Atemwegserkrankungen, stellen zusätzlich zu COVID-19 eine individuelle gesundheitliche Belastung dar und tragen aktuell teilweise auch zu einer starken Belastung des Gesundheitssystems bei. Die nach der RKI-Surveillance für Atemwegserkrankungen für die Bevölkerung in Deutschland geschätzte Rate der akuten Atemwegserkrankungen (ARE-Rate) ist in den vergangenen Wochen stark angestiegen und liegt in der Kalenderwoche 48 sehr deutlich über dem Bereich der Vorjahre zu dieser Zeit und hat das Niveau, das zum Höhepunkt der starken Grippewelle 2017/18 beobachtet wurde, bereits überschritten. Dieser Anstieg ist vor allem durch Infektionen mit Influenza-Viren (51 % der Fälle in den Sentinelproben der Arbeitsgemeinschaft Influenza am RKI) sowie der Respiratorischen Synzytial-Viren (RSV, 15 % der Fälle) bedingt. SARS-CoV-2 spielt mit 4 % der Fälle nur noch eine untergeordnete Rolle.
Das Ziel der Schutzmaßnahmen ist es, eine Vielzahl schwerer Krankheitsverläufe durch SARS-CoV-2 zu verhindern und für vulnerable Personen einen Schutz herzustellen. Zudem gilt es schwere Erkrankungen und Todesfälle zu minimieren und Langzeitfolgen, die auch nach milden Krankheitsverläufen auftreten können und deren langfristige Auswirkungen noch nicht absehbar sind, zu vermeiden. Daher sollten von jedem Bürger und jeder Bürgerin möglichst alle empfohlenen Maßnahmen des Infektionsschutzes eigenverantwortlich umgesetzt werden: die Einhaltung des Mindestabstands, die Beachtung der Hygiene, das regelmäßige und gründliche Lüften von Innenräumen vor, während und nach dem Aufenthalt mehrerer Personen sowie das Tragen von Masken (AHA+L-Regeln). Diese Empfehlungen gelten auch für Geimpfte und Genesene, da Infektionen und Transmissionen auch in diesen Personengruppen auftreten können.
Bayern beobachtet das Pandemiegeschehen fortlaufend und hat das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) beauftragt, die Indikatoren des § 28b Abs. 7 Satz 2 IfSG sowie weitere wichtige Parameter wie z. B. Reproduktionszahl, Krankheitsschwere und Auftreten besonderer Ausbruchsgeschehen mittels eines Monitoring-Systems zu überwachen.
Das LGL hat zuletzt seinen Monitoringbericht mit Datenstand vom 1. Dezember 2022 vorgelegt. Der Bericht des LGL führt in dessen zusammenfassender Bewertung aus, eine konkrete Gefahr für das Gesundheitswesen liege derzeit nicht vor und weitergehende Maßnahmen zur Eindämmung des Pandemiegeschehens seien nicht angezeigt.
Auf Grundlage dieses Monitorings und des geschilderten Lagebilds ist es erforderlich, die bestehenden Maßnahmen mit Ausnahme der Maskenpflicht im ÖPNV für weitere sechs Wochen aufrechtzuerhalten. Über die bisher in der 17. BayIfSMV getroffenen Anordnungen hinausgehende Maßnahmen müssen derzeit nicht ergriffen werden.
Durch § 1 der Änderungsverordnung wird die Laufzeit der 17. BayIfSMV um sechs Wochen bis einschließlich 20. Januar 2023 verlängert. Die Befristung stellt zusammen mit der fortlaufenden Beobachtung und Bewertung des Pandemiegeschehens sowie der fortlaufenden Überprüfung der Maßnahmen sicher, dass die Regelungen nur in dem zur Gewährleistung der Funktionsfähigkeit des Gesundheitswesens und der sonstigen kritischen Infrastrukturen jeweils erforderlichen Maße aufrechterhalten werden. Mit Blick auf die relativ geringe Eingriffsintensität der aktuellen Maßnahmen erscheint eine Geltungsdauer von sechs Wochen angemessen.
§ 2 der Änderungsverordnung bestimmt, dass die Maskenpflicht in den Verkehrsmitteln des öffentlichen Personennahverkehrs mit Ablauf des 9. Dezember 2022 und damit zu dem Zeitpunkt, zu dem die 17. BayIfSMV ohne die hier vorgenommene Verlängerung außer Kraft getreten wäre, endet. Nach § 28b Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe b), Nr. 2 IfSG können die Länder Maskenpflichten in Verkehrsmitteln des öffentlichen Personennahverkehrs anordnen, soweit dies zur Verhinderung der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit 2019 (COVID 19) und zur Gewährleistung der Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems oder der sonstigen Kritischen Infrastrukturen erforderlich ist. Beachtlich erscheint, dass das Infektionsgeschehen mit SARS-CoV-2 in Bayern aktuell ein insgesamt niedriges Niveau aufweist und die derzeit hohe Zahl akuter Atemwegserkrankungen zu über 95 % nicht auf SARS-CoV-2, sondern auf andere Krankheitserreger zurückzuführen ist. Vor diesem Hintergrund erscheint eine an die Allgemeinheit gerichtete, bußgeldbewehrte Maskenpflicht in Verkehrsmitteln des öffentlichen Personennahverkehrs nicht mehr erforderlich im Sinne von § 28b Abs. 2 IfSG.
Dessen ungeachtet bleiben Masken ein wirksames Mittel, um Ansteckungen zu vermeiden. Auch nach dem Wegfall der Maskenpflicht bleibt deshalb die bereits zuvor in § 1 der 17. BayIfSMV festgelegte Empfehlung, in Innenräumen Maske zu tragen, bestehen. Die Änderung in § 1 der 17. BayIfSMV stellt klar, dass diese Empfehlung auch die Verkehrsmittel des öffentlichen Personennahverkehrs umfasst.
Derzeit weiterhin erforderlich und daher aufrechtzuerhalten ist die Maskenpflicht in Gebäuden und geschlossenen Räumen außerhalb privater Räumlichkeiten von Obdachlosenunterkünften und Einrichtungen zur gemeinschaftlichen Unterbringung von Asylbewerbern, vollziehbar Ausreisepflichtigen, Flüchtlingen und Spätaussiedlern. Das gleiche gilt für die die bundesrechtliche Maskenpflicht für Patienten und Besucher ergänzende landesrechtliche Maskenpflicht für Betreiber und Beschäftigte der in § 2 Abs. 1 Nr. 2 der 17. BayIfSMV genannten Einrichtungen zur medizinischen Versorgung.
Die von der landesrechtlichen Maskenpflicht erfassten Einrichtungen zur medizinischen Versorgung werden auch und gerade von vulnerablen Personen aufgesucht. Es besteht dort in der Regel ein enger Kontakt zu den Beschäftigten. Die genannten Sammelunterkünfte müssen auch von vulnerablen Personen genutzt werden und in ihnen besteht in der Regel über einen im Vergleich zur Dauer der Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs längeren Zeitraum hinweg Kontakt zu anderen Personen.
§ 2 Nr. 2 Buchstabe b) der Änderungsverordnung enthält redaktionelle Folgeänderungen.
§ 3 der Änderungsverordnung bestimmt das Inkrafttreten der Änderungen. Die Verlängerung tritt zum 9. Dezember 2022 in Kraft, die Bestimmungen zur Aufhebung der Maskenpflicht in den Verkehrsmitteln des öffentlichen Personennahverkehrs einschließlich der damit verbundenen redaktionellen Folgeänderungen und zur Anpassung der Empfehlungen des § 1 der 17. BayIfSMV treten zum 10. Dezember 2022 in Kraft.