400-6-J
Begründung der Verordnung zur Änderung der Mieterschutzverordnung
vom 1. August 2023
Die Begründung der Verordnung zur Änderung der Mieterschutzverordnung vom 1. August 2023 (GVBl. Nr. 16/2023, BayRS 400-6-J) wird im Hinblick auf § 556d Abs. 2 Satz 5 BGB bekannt gemacht.
- A. Allgemeines
- I. Einführung
Für Gebiete mit angespannten Wohnungsmärkten sieht das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) mehrere besondere Mieterschutzregelungen vor: die Begrenzung der zulässigen Anfangsmiete im Rahmen der sogenannten Mietpreisbremse (§§ 556d ff. BGB), die Senkung der für Mieterhöhungen geltenden Kappungsgrenze (§ 558 Abs. 3 BGB) und die Verlängerung der Kündigungssperrfrist bei Umwandlung vermieteter Wohnungen in Wohnungseigentum (§ 577a Abs. 2 BGB). Diese Regelungen sind jeweils nur in Gebieten anwendbar, die durch Rechtsverordnung der Landesregierung nach § 556d Abs. 2 Satz 1 BGB, § 558 Abs. 3 Satz 3 BGB und § 577a Abs. 2 Satz 2 BGB als Gebiete mit angespannten Wohnungsmärkten bestimmt worden sind.
Die Staatsregierung hat zuletzt mit der Mieterschutzverordnung (MiSchuV) vom 14. Dezember 2021 (GVBl. S. 674, BayRS 400-6-J) von allen drei Verordnungsermächtigungen Gebrauch gemacht. Hierdurch wurden die zuvor mit Verordnung vom 16. Juli 2019 (GVBl. S. 458, 552, BayRS 400-6-J) festgesetzten Gebiete mit angespanntem Wohnungsmarkt vollständig neu bestimmt.
Die Gebiete mit angespanntem Wohnungsmarkt nach der MiSchuV vom 14. Dezember 2021 wurden in einem zweistufigen Verfahren bestimmt: Im ersten Schritt wurde für alle bayerischen Städte und Gemeinden (im Folgenden: Gemeinden) anhand einheitlicher statistischer Kriterien analysiert, ob ihr Wohnungsmarkt eine Anspannungslage aufweist. Hierfür hat das Institut Wohnen und Umwelt (im Folgenden: IWU) im Auftrag des Staatsministeriums der Justiz eine Fortschreibung des Gutachtens zur Identifizierung von Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten in Bayern (im Folgenden: Fortschreibung) durchgeführt. Anschließend wurden im zweiten Schritt die von Gemeinden, kommunalen Spitzenverbänden und einschlägigen Interessenverbänden in einer Anhörung mitgeteilten örtlichen Erkenntnisse zur Wohnungsmarktlage in die Betrachtung einbezogen.
Anhand dieses Verfahrens hat der Gutachter insgesamt 203 Gemeinden identifiziert, die angespannte Wohnungsmärkte im Sinne der § 556d Abs. 2 Satz 2, § 558 Abs. 3 Satz 2 und § 577a Abs. 2 Satz 1 BGB aufweisen. Diese Gemeinden wurden gemäß gutachterlicher Empfehlung als Gebietskulisse der MiSchuV festgesetzt.
Mit der Gebietsbestimmungsverordnung Bau (GBestV-Bau) vom 6. September 2022 (GVBl. S. 578, BayRS 2130-16-B), zuletzt geändert durch Verordnung vom 25. April 2023 (GVBl. S. 206), hat die Staatsregierung Gebiete mit angespanntem Wohnungsmarkt nach den §§ 201a und 250 BauGB festgesetzt. Gebiete mit angespanntem Wohnungsmarkt sind in § 201a Satz 3 BauGB in gleicher Weise definiert wie in § 556d Abs. 2 Satz 2 BGB. Ebenso benennen beide Regelungen dieselben möglichen Indikatoren, auf die die Annahme eines Gebiets mit angespanntem Wohnungsmarkt gestützt werden kann (§ 201a Satz 4 BauGB bzw. § 556d Abs. 2 Satz 3 BGB). Vor diesem Hintergrund beauftragte das Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr in Vorbereitung der GBestV-Bau das IWU mit der Untersuchung, ob sich die in der Fortschreibung angewandte Ermittlungsmethodik und die Gebietskulisse der MiSchuV auch für die Zwecke des § 201a BauGB eignen. Der Gutachter gelangte zu dem Ergebnis, dass die Festsetzungen der MiSchuV sowohl hinsichtlich der Ermittlungsmethodik als auch hinsichtlich der festgestellten Ergebnisse – einschließlich der Ergebnisse des Anhörungsverfahrens – unverändert für die Zwecke des § 201a BauGB übernommen werden können.
Diesem Befund folgend wurde bei der Bestimmung der Gebiete mit angespanntem Wohnungsmarkt nach § 201a BauGB die Gebietskulisse der MiSchuV vom 14. Dezember 2021 zugrunde gelegt. Auf die Ausführungen hierzu in der Begründung zur GBestV-Bau vom 6. September 2022 (BayMBl. 2022 Nr. 507), insbesondere unter Punkt A. III. 1., sowie in der gutachterlichen Stellungnahme „Anwendbarkeit der Ermittlung von Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten im Sinne der bayerischen Mieterschutzverordnung für die Zwecke des § 201a BauGB in Bayern“ vom 29. März 2022, abrufbar auf der Internetseite des Staatsministeriums der Justiz (https://www.justiz.bayern.de/) unter der Rubrik Gesetzgebungsvorhaben und Gesetze, wird ergänzend Bezug genommen.
Auch die Gebietskulisse der GBestV-Bau wurde in einem zweistufigen Verfahren bestimmt. Das Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr hat die der MiSchuV entnommene vorläufige Gebietskulisse allen Gemeinden sowie den kommunalen Spitzenverbänden zur Kenntnisnahme übersandt und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Im Anhörungsverfahren haben der Bayerische Städtetag und der Bayerische Landkreistag sowie 45 Gemeinden Stellungnahmen eingebracht. Nach Auswertung der Stellungnahmen wurden im Ergebnis fünf Gemeinden, die aufgrund der negativen statistischen Indikation nach der Fortschreibung bislang nicht zur Gebietskulisse der MiSchuV gehörten, aufgrund der von ihnen mitgeteilten Erkenntnisse zur örtlichen Wohnungsmarktlage gemäß gutachterlicher Empfehlung zusätzlich in die Gebietskulisse der GBestV-Bau aufgenommen. Hierbei handelt es sich um die Städte Herzogenaurach und Trostberg, den Markt Stockstadt a.Main und die Gemeinden Marktschellenberg und Oberaudorf. Auf die Ausführungen hierzu in der Begründung zur GBestV-Bau (BayMBl. 2022 Nr. 507), insbesondere Punkt A. IV., wird wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen.
Im Ergebnis hat die Prüfung im Rahmen des Erlasses der GBestV-Bau zu der Feststellung geführt, dass auch die genannten fünf Gemeinden angespannte Wohnungsmärkte nach Maßgabe der Ermittlungsmethodik der MiSchuV aufweisen. Daher werden diese Gemeinden mit der vorliegenden Änderungsverordnung nun auch in die Gebietskulisse der MiSchuV aufgenommen.
Die Festsetzung der Gemeinden als Gebiete mit angespanntem Wohnungsmarkt gemäß § 556d Abs. 2 Satz 1 BGB wird nachfolgend nach Maßgabe des § 556d Abs. 2 Satz 5 bis 7 BGB begründet. Die Ausführungen beschränken sich dabei im Wesentlichen auf die neuen Erkenntnisse zu den betreffenden fünf Gemeinden, die deren Einstufung als Gebiete mit angespanntem Wohnungsmarkt rechtfertigen, sowie auf die Aktualisierung der getroffenen und geplanten Maßnahmen zur Verbesserung der Lage auf dem Wohnungsmarkt (§ 556d Abs. 2 Satz 7 BGB). Hinsichtlich der statistischen Grundlagen wird im Übrigen zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen in der veröffentlichten Begründung zur MiSchuV vom 14. Dezember 2021 (BayMBl. 2021 Nr. 944) sowie in den zugehörigen Unterlagen, abrufbar auf der Internetseite des Staatsministeriums der Justiz (https://www.justiz.bayern.de/) unter der Rubrik Gesetzgebungsvorhaben und Gesetze, vollumfänglich Bezug genommen.
- II. Analytische Indikation nach der Fortschreibung
Statistische Grundlage der MiSchuV vom 14. Dezember 2021 ist die durch das IWU durchgeführte Fortschreibung des Gutachtens zur Identifizierung von Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten in Bayern vom 15. Mai 2021. Darin wurden zur Bestimmung der Gebiete mit angespannten Wohnungsmärkten ausgehend von den in § 556d Abs. 2 Satz 3 BGB genannten Kriterien die fünf Indikatoren bzw. Teilbedingungen „hohes Wohnungsdefizit“ (§ 556d Abs. 2 Satz 3 Nr. 4 BGB), „niedrige Leerstandsrate“ (§ 556d Abs. 2 Satz 3 Nr. 4 BGB), „unzureichende Neubautätigkeit“ (§ 556d Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 BGB), „überdurchschnittlich hohe Mietbelastungsquote“ (§ 556d Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 BGB) und „überdurchschnittlich starke Mietpreissteigerung“ (§ 556d Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 BGB) herangezogen.
Anhand einer statistischen Auswertung und sachverständig ermittelter Schwellenwerte wurde für jede Gemeinde geprüft, inwieweit die einzelnen Indikatoren erfüllt sind. Zur Einstufung der Gemeinden legte der Gutachter unter Berücksichtigung der statistischen Zusammenhänge zwischen den Indikatoren bestimmte Auswahlregeln fest, welche Indikatoren kumulativ oder alternativ erfüllt sein müssen, um insgesamt eine besondere Gefährdung der Wohnversorgung zu angemessenen Bedingungen im Sinne der mietrechtlichen Vorschriften feststellen zu können. Hinsichtlich der Herleitung und Definition der Indikatoren, Schwellenwerte und Auswahlregeln im Einzelnen wird auf die Ausführungen in der Begründung zur MiSchuV vom 14. Dezember 2021 (BayMBl. 2021 Nr. 944) unter Punkt A. II. und III. Bezug genommen.
In der nachfolgenden Tabelle werden die von den fünf Gemeinden bei den fünf Indikatoren erzielten Einzelwerte wiedergegeben (Spalten 3 bis 7). Zugleich sind in den Spalten 8 bis 12 diejenigen Indikatoren bzw. Teilbedingungen mit „ja“ gekennzeichnet, die die jeweilige Gemeinde aufgrund ihrer Werte durch Über- oder Unterschreiten des Schwellenwerts erfüllt. Die Listung der Gemeinden erfolgt aufsteigend nach dem Amtlichen Gemeindeschlüssel (Spalte 1). Im Ergebnis waren bei sämtlichen Gemeinden die Voraussetzungen für die Annahme eines angespannten Wohnungsmarkts nach der analytischen Indikation nicht erfüllt: Eine entsprechende Indikation ergab sich weder aus der eigenen Indikatorenlage (Spalte 13) noch durch den Übersprungeffekt (Spalte 14).
1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 | 9 | 10 | 11 | 12 | 13 | 14 |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
AGS | Name |
Rechnerisches Wohnungsdefizit/ Wohnungsüberhang 2018 (v. H.) |
Leerstandsrate 2018 (v. H.) |
Veränderung des Wohnungsdefizits/ Überhangs 2013–2018 (Prozentpunkte) |
Mittlere gemeinde- strukturtypische Mietbelastungsquote 2018 (v. H.) |
Hedonisch bereinigte Medianmietpreis- steigerung im Jahresmittel 2014–2019 (v. H.) |
Hohes Wohnungsdefizit erfüllt (rechnerisches Wohnungsdefizit 2018 von 0,0 v. H. und mehr) |
Niedrige Leerstandsrate erfüllt (rechnerische Leerstandsrate 2018 von 3,0 v. H. und weniger) |
Unzureichende Neubautätigkeit erfüllt (Erhöhung des Wohnungsdefizits oder Rückgang des Überhangs 2013–2018 um 6,0 Prozentpunkte und mehr) |
Überdurchschnittlich hohe Mietbelastungsquote erfüllt (gemeinde- strukturtypische Mietbelastungsquote 2018 von 20 v. H. und mehr) |
Überdurchschnittlich starke Mietpreis- steigerung erfüllt (Veränderung der hedonisch bereinigten Medianmiete 2014–2019 um 6,0 v. H. p. a. und mehr) |
Angespannter Wohnungsmarkt nach Indikatorenlage |
Angespannter Wohnungsmarkt durch Übersprung aus Nachbargemeinden |
9172124 | Marktschellenberg | 3,40 | 2,60 | 6,80 | 14,00 | 5,40 | ja | ja | |||||
9187157 | Oberaudorf | 2,20 | 2,90 | 8,50 | 19,00 | 4,20 | ja | ja | ja | ||||
9189157 | Trostberg | -10,30 | 3,80 | -3,40 | 19,00 | 3,70 | |||||||
9572132 | Herzogenaurach | -6,10 | 3,40 | -3,20 | 20,00 | 4,60 | ja | ||||||
9671155 | Stockstadt a.Main | 2,30 | 3,40 | 4,50 | 14,00 | 3,80 | ja |
- III. Berücksichtigung örtlicher Erkenntnisse
Der Gutachter hat darauf hingewiesen, dass aufgrund der hohen Dynamik der Wohnungsmärkte und der durch die Datenlage begrenzten Analysegenauigkeit die Marktanspannung lokal anders zu beurteilen sein kann als aus den Indikatoren ersichtlich wird. Daher hat der Gutachter empfohlen, örtliche Erkenntnisse der Gemeinden, die ein Abweichen von der analytischen Indikation rechtfertigen, neben der Indikatorenlage in die Beurteilung einzubeziehen.
Zu diesem Zweck hat das Bayerische Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr die vorläufige, der MiSchuV vom 14. Dezember 2021 entnommene Gebietskulisse für die Verordnung nach § 201a BauGB mit Schreiben vom 14. April 2022 allen Gemeinden sowie den kommunalen Spitzenverbänden zur Kenntnisnahme übersandt und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Die Gemeinden Marktschellenberg, Oberaudorf, Trostberg, Herzogenaurach und Stockstadt a.Main haben im Anhörungsverfahren Erkenntnisse zur örtlichen Wohnungsmarktsituation vorgebracht, die nach gutachterlicher Auswertung zur Annahme eines Gebiets mit angespanntem Wohnungsmarkt und zu ihrer Aufnahme in die Gebietskulisse der GBestV-Bau nach § 201a BauGB geführt haben.
Auf den Volltext der gutachterlichen Stellungnahme „Anwendbarkeit der Ermittlung von Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten im Sinne der bayerischen Mieterschutzverordnung für die Zwecke des § 201a BauGB in Bayern, Stellungnahmen der Gemeinden“ vom 8. Juni 2022, abrufbar auf der Internetseite des Staatsministeriums der Justiz (https://www.justiz.bayern.de/) unter der Rubrik Gesetzgebungsvorhaben und Gesetze, wird ergänzend zu den nachstehenden Ausführungen Bezug genommen.
- 1. Stellungnahmen der Gemeinden
Die Gemeinde Oberaudorf hat im Wesentlichen folgende Erkenntnisse mitgeteilt:
- Der statistische Ansatz sei sachlich und mathematisch falsch, da Bayern und nicht das Bundesgebiet als Bezugsmaßstab gewählt wurde.
- Nahezu alle Gemeinden im regionalen Kontext wären als angespannte Wohnungsmärkte definiert worden, daher erscheine eine Anspannungssituation auch vor Ort plausibel.
- Die Mietpreisentwicklung sei durch informelle Aktivitäten geprägt, die eine Ermittlung des tatsächlichen Mietpreisniveaus erschwere. Es sei plausibel, dass die Mietpreisentwicklung der als Gebiet mit angespanntem Wohnungsmarkt eingestuften Nachbargemeinde Kiefersfelden entspreche.
- Es bestehe eine hohe Nachfrage nach preisgebundenem Wohnraum, der die Einschätzung als angespannter Wohnungsmarkt belege. Eine Nichteinstufung als ein solcher sei mit der Annahme gleichzusetzen, es bestehe ausreichend verfügbarer Wohnraum, was aber nicht der Fall sei.
Die Stadt Trostberg hat im Wesentlichen folgende Erkenntnisse mitgeteilt:
- Das Mietpreiswachstum in der Gemeinde liege im Zeitraum 2018 bis 2022 bei 17 % und damit über dem Vergleichswert für Deutschland (angegeben mit 14,46 %). Zudem wurde ausgeführt, dass mit den genannten Datenquellen auch Mietdaten in kleinen Gemeinden erhoben werden könnten.
- Die Mietbelastung eines Haushalts mit einem bestimmten Nettohaushaltseinkommen bei Anmietung einer Zweizimmerwohnung betrage in der Gemeinde 25,2 % und damit mehr als in Deutschland (angegeben mit 21,9 %). Damit seien die Bedingungen für die Gemeinde erfüllt.
- Die Berechnungen für den zukünftigen Bedarf ergäben einen Mehrbedarf von 513 Wohnungen, der nach Wohnungsgrößen und Bedarfsgruppen separat ausgewiesen wird. Dies würde ein Wohnungsdefizit begründen.
- Die regionale Lage erzeuge Übersprungeffekte auf den lokalen Wohnungsmarkt, insbesondere durch die Nähe zur Stadt Traunreut und die Lage im sog. bayerischen Chemiedreieck. Die Kriterien für das Vorliegen solcher Effekte seien im Gutachten restriktiv ausgelegt, eine entsprechende Tendenz sei aber festzustellen.
- Insgesamt erfülle die Gemeinde damit die Teilbedingungen „überdurchschnittliches Mietpreiswachstum“, „überdurchschnittliche Mietbelastungsquote“ und „Wohnungsdefizit“ und sei deshalb als Gebiet mit angespanntem Wohnungsmarkt auszuweisen.
Der Markt Stockstadt a.Main hat im Wesentlichen folgende Erkenntnisse mitgeteilt:
- Die Gemeinde Markt Stockstadt a.Main sei in der Verordnung zur Durchführung des Wohnungsrechts (DVWoR) in die höchste Förderklasse eingestuft worden.
- Der Gemeinde werde seitens des Staatsministeriums für Wohnen, Bau und Verkehr ein deutliches Bevölkerungswachstum bescheinigt, das sich voraussichtlich auch in Zukunft fortsetzen werde, woraus sich ein Bedarf an bezahlbarem Wohnraum ergebe.
- Die Lage im Ballungsraum Rhein-Main mit entsprechender Wohnungsnachfrage begründe eine Sondersituation in Stockstadt sowie in den Gemeinden im Westen des Landkreises Aschaffenburg. Dies würde durch den Fokus der Gebietskulisse auf das Land Bayern nicht adäquat berücksichtigt.
Die Stadt Herzogenaurach hat im Wesentlichen folgende Erkenntnisse mitgeteilt:
- Im Gutachten sei für die Gemeinde Herzogenaurach auf Grundlage der gemeindespezifischen Feststellung im Zensus 2011 zusammen mit einer Fortschreibung auf Kreisebene eine rechnerische Leerstandsrate von 3,4 % im Jahr 2018 ermittelt worden. Im Jahr 2011 habe die Leerstandsquote noch bei 4,0 %, im Jahr 2016 bei 3,7 % gelegen.
- Angesichts der dynamischen Entwicklung auf dem Wohnungsmarkt sei davon auszugehen, dass sich der Trend abnehmender Leerstandsraten nach dem Betrachtungszeitraum fortgesetzt habe und zum gegenwärtigen Zeitpunkt ein Unterschreiten des Schwellenwerts von 3,0 % gesichert angenommen werden könne.
- Die Fortschreibung sei außerdem auf Grundlage landkreisweiter Schätzergebnisse erfolgt, die der unterschiedlichen Dynamik der Wohnungsmarktentwicklung innerhalb des Kreises nicht gerecht werde. Zwischen ländlicher geprägten Kommunen und den Städten Herzogenaurach und Höchstadt a.d.Aisch bestehe ein Gefälle, das durch die kreisweite Betrachtung nicht berücksichtigt werde. Auch unter diesem Gesichtspunkt sei von einem Wert unter 3,0 % auszugehen.
Der Markt Marktschellenberg hat im Wesentlichen folgende Erkenntnisse mitgeteilt:
- Das Mietpreiswachstum in der Gemeinde liege im Zeitraum 2018 bis 2022 bei 14,78 % und damit leicht über dem Vergleichswert für Deutschland (angegeben mit 14,46 %). Damit sei es ein partieller, zusätzlicher Indikator für das Vorliegen eines angespannten Wohnungsmarktes.
- Die Mietbelastung eines Haushalts mit einem bestimmten Nettohaushaltseinkommen bei Anmietung einer Zweizimmerwohnung betrage in der Gemeinde 20,5 % und damit etwas weniger als das Bundesmittel (angegeben mit 21,9 %). Durch das Vorhandensein einiger weniger Hochverdiener sei die Verteilung der Einkommen jedoch verzerrt. Der Anteil an Geringverdienern in der Gemeinde liege über dem bayerischen Durchschnitt, insgesamt seien untere und mittlere Einkommensgruppen überproportional vertreten. Dies spreche dafür, dass der Indikator hohe Mietbelastungsquote erfüllt sei.
- Im Zeitraum 2011 bis 2020 stehe einem Anstieg der Einwohnerzahl ein Rückgang der Wohnungsbestände gegenüber. Daraus hätte sich ein Wohnungsmangel ergeben, der auch im Gutachten als Erfüllung der entsprechenden Bedingung erkannt worden sei. Auch das Kriterium geringer Leerstand werde im Gutachten als erfüllt angesehen.
- In der Gemeinde sei über einen Fünfjahreszeitraum ein Mehrbedarf von 66 Wohnungen ermittelt worden, der in der Stellungnahme nach Wohnungsgrößen und Bedarfsgruppen ausgewiesen wird. Bis 2035 bestehe ein Mehrbedarf von 208 Wohnungen. Dies begründe die Annahme eines hohen Wohnungsdefizits.
- Die regionale Lage erzeuge Übersprungeffekte auf den lokalen Wohnungsmarkt, insbesondere durch die Grenzlage und die Nähe zu Salzburg.
- 2. Bewertung der Stellungnahmen
Die Stellungnahmen wurden durch den Gutachter ausgewertet. Wie im Rahmen der MiSchuV hat der Gutachter bei der Verordnung nach § 201a BauGB eine Revision der statistischen Einordnung einer Gemeinde in folgenden Fällen in Betracht gezogen:
- Die Einstufung im Gutachten erfolgte mangels verfügbarer Informationen ohne Berücksichtigung von Sondersituationen vor Ort, die eine Neubeurteilung erforderlich machen.
- Die Gemeinde stellt einen Grenzfall dar, d. h. sie liegt hinsichtlich der Indikatoren der notwendigen und/oder hinreichenden Bedingung knapp unter oder über dem Grenzwert. Zugleich zeichnet sich über den Betrachtungszeitraum des Gutachtens eine klare Tendenz einer zu- oder abnehmenden Anspannung ab, die eine Änderung der Indikation unterstützt.
- Die Einstufung im Gutachten erfolgte anhand von Indikatoren, die sich mangels gemeindespezifischer Datenquellen auf kreisweite Erkenntnisse oder auf statistisch abgeleitete Strukturdaten vergleichbarer Gemeinden stützen mussten oder aufgrund der Einstufung der benachbarten Gemeinden vorgenommen worden ist. Eine Revision ist dann gerechtfertigt, wenn zu vermuten steht, dass diese Vorgehensweise zu einer Unter- oder Überschätzung der Indikatorenlage in der entsprechenden Gemeinde geführt hat. Dies betrifft konkret die Indikatoren fortgeschriebene Leerstandsrate und Mietbelastungsquote.
Zu den einzelnen Gemeinden hat der Gutachter im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:
Bei der Gemeinde Oberaudorf weist die Indikatorenlage auf einen Grenzfall hin, bei dem die erforderlichen Schwellenwerte nur sehr knapp verfehlt wurden. Sowohl die Trendkurven im Gutachten wie auch die von der Gemeinde vorgelegten Daten zeigen auf eine zunehmende Verschlechterung der Versorgungslage am aktuellen Rand. Dabei sind bei der Beurteilung die Effekte einer aufgrund der regionalen Lage vermuteten touristischen Nutzungskonkurrenz auf den Wohnungsmarkt noch nicht mitberücksichtigt worden. Gleichzeitig sind im näheren Umfeld der Gemeinde starke Marktanspannungen erkennbar, die eine Entlastung weitgehend verhindern dürften. In Kombination mit einer vergleichbaren Situation in den Nachbargemeinden wird daher empfohlen, die Gemeinde Oberaudorf in die Gebietskulisse der Verordnung aufzunehmen.
Bei der Stadt Trostberg wurden – wie sonst auch im Gutachten – immer vorrangig Mietangebote auf Gemeindeebene ausgewertet. Die genannten Datenquellen sind auch für die gutachterliche Ermittlung ausgewertet worden, zusätzlich aber auch noch andere überregionale und regionale Quellen. Insofern ermöglicht die Datenbasis der Stellungnahme eine breitere und damit statistisch besser abgesicherte Bewertung. Unter dem Vorbehalt einer aufgrund der geringen Zahl an Datenquellen höheren statistischen Unsicherheit der daraus berechneten relativen Wachstumsraten entspricht das vorgebrachte Mietpreiswachstum von 17 % umgerechnet einer Wachstumsrate von 4 % p. a. für die Jahre 2018 bis 2022. Die vergleichsweise erhobenen, jedoch zugunsten der hedonisch bereinigten Medianmieten nicht ausgewerteten Mittelwerte für die Jahre 2014 bis 2018 ergeben ein mittleres jährliches Mietpreiswachstum von 5,0 % p. a. und liegen über denen der von der Stellungnahme berichteten Werte am aktuellen Rand. Ob dies auf eine aktuell tatsächlich schwächere Mietpreisdynamik zurückzuführen ist, oder fallzahlbedingt ist, kann nicht gesichert festgestellt werden. Der Vergleich mit dem vorgebrachten und nicht verifizierbaren deutschlandweiten Mietpreiswachstum basiert auf einer von der gutachterlichen Festlegung der Schwellenwerte abweichenden Interpretation der gesetzlichen Bedingung eines „deutlich stärkeren“ Anstiegs der Mieten. Eine plausible Begründung, warum der Vergleichsmaßstab abweichend vom Gutachten in der vorliegenden Form gewählt wurde, bei der ein einfaches Überschreiten eines wie immer definierten Bundesmittels hierfür ausreichend sein soll, liegt nicht vor. Daher kann der gewählte Vergleichsmaßstab auch nicht auf Sachgerechtigkeit geprüft werden. Insgesamt können die vorgebrachten Zahlen daher keinen vom Gutachten abweichenden Sachverhalt empirisch absichern. Mietbelastungsquoten setzen Haushaltseinkommen in Relation zu konkreten Mietzahlungen, wobei sowohl Brutto- als auch Nettomieten üblich sind. Daraus lassen sich bei entsprechender Datenverfügbarkeit mittlere Mietbelastungsquoten auf Ebene einer konkreten Körperschaft ermitteln. Die hierfür erforderliche Datenbasis muss jedoch konkrete Informationen zu den Haushaltseinkommen der Grundgesamtheit der Mieterhaushalte, zur konkreten Wohnungsmiete und zur Haushaltsgröße beinhalten. Diese Datengrundlage wird inhaltlich in Deutschland nur in vierjährigem Abstand durch den Mikrozensus erhoben. Aufgrund des begrenzten Stichprobenumfangs kann eine direkte Ermittlung nur für Großstädte durchgeführt werden. Die Verwendung von gemeindespezifischen Daten der Steuerstatistik zur Ermittlung von Mietbelastungsquoten erlaubt dagegen keine sachgerechte Bewertung einer gemeindespezifischen Mietbelastungsquote. Weder sind aufgrund der Veröffentlichungssystematik der Statistik alle Einkommensgruppen enthalten (Kappung großer Einkommen, kein Ausweis von Personen, die nicht steuerpflichtig sind, etc.), noch kann hier speziell die Wohnkostenbelastung von Mieterhaushalten, deren Einkommen und Haushaltsgröße vermutlich nicht dem kommunalen Durchschnitt entspricht, ermittelt werden. Ebenso sind fiktive Annahmen zur Größe einer Wohnung (hier 80 m2) nicht geeignet, die tatsächlichen Wohnverhältnisse im Mittel der Mieterhaushalte vor Ort abzubilden. Zudem wird eine solche Rechnung auf Basis von Angebotsmieten anstelle der tatsächlichen Mietzahlung der Sachlage nicht gerecht, da Vertragsmieten im Regelfall deutlich darunter liegen. Aus den vorgenannten Gründen kann die vorgelegte alternative Berechnung keine genauere, auf Gemeindezahlen basierende Bewertungsgröße darstellen, da sie weder das tatsächlich mittlere Einkommen von Mieterhaushalten in der Gemeinde noch die tatsächlich mittlere Wohnungsgröße und Wohnungssituation vor Ort berücksichtigt. Eine Verbesserung oder Konkretisierung der im Gutachten verwendeten Berechnungsmethodik ist durch dieses fiktive Beispiel daher nicht begründbar. Ein unmittelbarer Vergleich der Ergebnisse der Berechnung ist auch nicht sachgerecht, da die Berechnungen auf unterschiedlichen Definitionen der Grundgesamtheit, abweichenden Mietbegriffen und Haushaltsgrößen beruhen. Der Vergleich mit dem vorgebrachten bundesweiten Berechnungsbeispiel ist als alternative Begründung einer Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen ebenfalls nicht als sachgerecht zu beurteilen. Zum einen gelten hinsichtlich der Berechnungsmethodik die gleichen Vorbehalte wie die oben für gemeindliche Mietbelastungsquoten diskutierten. Zum anderen basiert die Behauptung, bereits ein einfaches Überschreiten der bundesweiten Vergleichszahl würde die gesetzliche Bedingung erfüllen, auf einer von der gutachterlichen Festlegung der Schwellenwerte abweichenden Interpretation der gesetzlichen Bedingung eines „deutlich stärkeren“ Anstiegs der Mieten. Eine plausible Begründung, warum der Vergleichsmaßstab abweichend vom Gutachten so gewählt wurde, liegt nicht vor. Daher kann der gewählte Vergleichsmaßstab auch nicht auf Sachgerechtigkeit geprüft werden. Da die Datenbasis und Berechnungsgrundlage nicht vergleichbar sind, kann aus den unterschiedlichen Resultaten nicht auf eine andere Anspannungslage geschlossen werden. Ob die vorgebrachten alternativen Berechnungsmodalitäten überhaupt im Widerspruch zu den Ergebnissen des Gutachtens stehen, kann aufgrund der nicht vergleichbaren Datengrundlagen ebenfalls nicht festgestellt werden. Aus den vorgenannten methodischen Gründen wurde im Gutachten nach Prüfung auf eine entsprechende Berechnungsmethodik verzichtet, und auf eine gemeindestrukturtypische Mietbelastungsquote auf Grundlage des Mikrozensus abgestellt, da die oben genannten Vorteile dieser Datengrundlage die Nachteile überwiegen. Hinzunehmen ist daher, wie im zugrundeliegenden Gutachten diskutiert wurde, im Gegenzug eine eingeschränkte Berücksichtigungsfähigkeit lokaler Sondereffekte. Hinweise auf entsprechende Sondereffekte, wie ein lokal besonders niedriges Einkommensniveau in Bezug auf übergeordnete Körperschaften, sind der Stellungnahme jedoch nicht zu entnehmen. Insgesamt kann aus den vorgelegten Ergebnissen keine andere Beurteilung der Mietbelastung abgeleitet werden. Daher ist auch eine begründete Annahme, dass der jeweilige Schwellenwert der Mietbelastungsquote überschritten wird, nicht zu treffen. Zum Wohnungsdefizit: Die dargestellten zukünftigen Mehrbedarfe würden eine Verdopplung der bisherigen Wohnbautätigkeit über einen Fünfjahreszeitraum erfordern. Die Plausibilität eines derartigen Entwicklungssprungs erscheint angesichts der tatsächlich rückläufigen Bevölkerungsentwicklung grundsätzlich fraglich, kann aber hier nicht Gegenstand einer Beurteilung sein. Die genannten Zahlen können ungeachtet der Frage der Höhe nicht als Begründung für ein Wohnungsdefizit herangezogen werden, denn die gesetzliche Bedingung stellt auf bestehende Versorgungsdefizite ab und nicht auf längerfristige Annahmen zum demografischen Wandel. Unter einem Wohnungsdefizit wird im Gutachten daher ein bestehendes Missverhältnis zwischen Wohnungsangebot und Wohnungsnachfrage definiert. Prognosen über zukünftige Mehrbedarfe, die aus gesellschaftlichen und demografischen Trends heraus nach heutigem Wissensstand voraussichtlich entstehen werden, sind daher nicht mit dem aktuellen Wohnungsdefizit gleichzusetzen. Denkbar ist allerdings, dass ein Teil der vorgebrachten Mehrnachfrage bereits manifest ist und abweichend zum Gutachten ein erhebliches Wohnungsdefizit begründen kann. Eine Darstellung, zu welchen Anteilen die genannten Mehrbedarfe bereits jetzt ein Wohnungsdefizit begründen, ist jedoch nicht ersichtlich. Insofern kann die Beurteilung des Wohnungsdefizits nicht anhand der vorgebrachten Zahlen korrigiert werden. Zum Übersprungeffekt: In der Region sind die Gemeinden Traunreut und Traunstein als angespannte Wohnungsmärkte festgestellt worden. Dies lässt entsprechende Übersprungeffekte in Trostberg als plausibel erscheinen, wenngleich die formellen Kriterien hierfür nicht erfüllt wurden. Für die gutachterliche Feststellung sind Arbeitsmarktzahlen nicht unmittelbar maßgeblich, solange die durch das Arbeitsplatzangebot induzierte konkrete Wohnungsnachfrage für die Beurteilung herangezogen werden kann. Als erste Kennzahl hierfür dient die Bevölkerungsentwicklung. Hier weist die Gemeinde eine sehr geringe Wachstumsdynamik auf. Da angesichts der deutlich höheren Dynamik der Wohnbestandsentwicklung dies kaum eine Folge von Angebotsengpässen sein dürfte, wird der unterstellte Druck durch Nachfragewanderung in die Stadt Trostberg nicht durch die tatsächliche Entwicklung belegt. Aufgrund der vorbeschriebenen Sachverhalte kann aus den vorgebrachten zusätzlichen Informationen keine Neueinstufung der Teilbedingungen „überdurchschnittliches Mietpreiswachstum“, „überdurchschnittliche Mietbelastungsquote“ und „Wohnungsdefizit“ plausibilisiert werden. Angesichts der nur knappen Unterschreitung der Teilbedingungen „Mietbelastungsquote“ und „Leerstandsrate“ kann die Gemeinde jedoch als Grenzfall bezeichnet werden, für die unter bestimmten Umständen eine Neubewertung zu rechtfertigen ist. Es wird daher empfohlen, die Gemeinde Trostberg zusätzlich in die Gebietskulisse der Verordnung aufzunehmen.
Beim Markt Stockstadt a.Main wurde eine angespannte Wohnungsmarktlage in Form eines sehr ausgeprägten Wohnungsdefizits durch die gutachterliche Indikation festgestellt. Stockstadt liegt hinsichtlich der Bewertung des rechnerischen Wohnungsdefizits unter den 10 % der Städte und Gemeinden mit dem höchsten rechnerischen Wohnungsdefizit im Sinne des Gutachtens in Bayern im Jahr 2018. Dahingehend besteht kein Widerspruch zu den oben genannten Festlegungen Dritter. Die Ergebnisse der Bewertung im Rahmen der Gebietskulisse eines § 201a BauGB sind aber nicht notwendigerweise identisch mit denen anderer Gebietskulissen, die auf anderen Kriterien basieren und andere Zielsetzungen verfolgen. Die gutachterliche Einstufung fußt auf Kriterien, die aus der gesetzlichen Grundlage des § 201a BauGB abgeleitet wurden. Dazu gehören neben der Versorgungslage im engeren Sinne auch noch die übrigen Teilbedingungen des gesetzlichen Katalogs. Die Gemeinde wies im Untersuchungszeitraum ein Bevölkerungswachstum von knapp 4 % auf und einen Zuwachs der Wohnungsbestände um ca. den gleichen Wert. Damit lag der relative Bevölkerungszuwachs im Betrachtungszeitraum in 40 % der bayerischen Städte und Gemeinden über diesem Wert. Die Wachstumsrate ist damit im Betrachtungszeitraum nicht als überdurchschnittlich hoch einzuschätzen. Die prospektive weitere Entwicklungsdynamik war nicht Gegenstand der gutachterlichen Feststellung, da diese nicht in vergleichender Weise bayernweit festgestellt werden kann. Der in der Stellungnahme genannte Zuwachs von 7 996 auf 8 031 entspricht jedoch nicht einer Rate von 5 %, sondern von 0,5 % und damit deutlich weniger als im Mittel des Betrachtungszeitraums. Dies bestätigt die Beobachtung, dass sich das Bevölkerungswachstum nach 2015 etwas abgeschwächt hat. Eine Verschärfung der Situation gegenüber dem Betrachtungszeitraum kann daher aus den Einlassungen der Stellungnahme nicht abgeleitet werden. Raumplanerische Festlegungen sind nicht Gegenstand der Indikation gewesen, da allein aus der Zugehörigkeit zu einem Planungsraum oder einem Gebietstypus keine Feststellung der tatsächlichen Versorgungslage möglich ist. Notwendig ist vielmehr eine empirisch überprüfbare Feststellung der Situation, ohne eine ex-ante Festlegung auf einen Gebietstypus. Nur so können auch Versorgungsengpässe im ländlichen Raum überhaupt festgestellt werden. Auch die angrenzenden hessischen Kommunen sind nicht Gegenstand der dortigen Gebietskulisse im Sinne des § 201a BauGB. Die skizzierte Problematik verweist jedoch auf eine inhärente Schwierigkeit im Umgang mit städtischen Wohnungsmärkten, die gerade in kleineren kreisfreien Städten über die Gemeindegrenzen hinausreichen können, jedoch aufgrund der Datenlage möglicherweise nicht als solche adäquat abgebildet werden können. Eine solche Problematik kann sich bei der Abschätzung der strukturtypischen Mietbelastung ergeben. Hier kann die Verwendung von Mietenstufen nach dem Bundeswohngeldgesetz dazu beitragen, dass kleineren Gemeinden eine kreisweite Mietenstufe zugerechnet wird, die im Falle der Lage in einer hochpreisigen Wohnungsmarkregion tatsächlich zu einer statistischen Unterschätzung der tatsächlichen Mietbelastungsquote führen würde. Im vorliegenden Fall wurde Großostheim in die Mietenstufe III und alle übrigen benachbarten Gemeinden ebenso wie Stockstadt a.Main in die Mietenstufe II eingeordnet. Aschaffenburg war der Mietenstufe IV zugeordnet, was für ein erkennbares Mietpreisgefälle zwischen Stadt und Umland spricht. Diese grundsätzliche Situation ist auch in der Aktualisierung der Mietenstufen ab 2020 unverändert geblieben, wobei Großostheim sogar von der Mietenstufe III in die Stufe II zurückgestuft wurde. In keinem der genannten Fälle wurde für die Umlandgemeinden eine Mietbelastungsquote festgestellt, die den angesetzten Schwellenwert überschreitet. Es ist daher nicht ersichtlich, dass hier eine statistische Verzerrung in dem Umfang vorliegen würde, die eine so wesentlich höhere Belastungsquote ergeben würde, dass damit die erste der möglichen hinreichenden Bedingungen erfüllt wäre. Hinsichtlich der Untersuchung der Mietpreise musste mangels ausreichender empirischer Befunde aus der Gemeinde auf eine Untersuchung auf Ebene des Mittelbereichs Aschaffenburg zurückgegriffen werden, wodurch das lokale Mietpreisniveau und die Mietpreisdynamik vermutlich unterschätzt wurde, da die Stadt Aschaffenburg als Zentrum des Mittelbereichs nicht berücksichtigt wurde, innerhalb des Mittelbereichs jedoch ein erhebliches wirtschaftsgeographisches Gefälle zwischen den Gemeinden am Flusskorridor des Mains und solchen in Mittelgebirgslage zu vermuten ist. Nimmt man hilfsweise die Zahlen der in vergleichbarer Situation gelegenen Gemeinden Großostheim und Mainaschaff, für die ausreichende Fälle für eine gemeindespezifische Einordnung vorlagen, ergibt sich ein etwas höheres Mietpreiswachstum von ca. 4,6 % im Betrachtungszeitraum, das für sich genommen knapp nicht ausreicht, um die entsprechende Teilbedingung zu erfüllen. Ein anderer Aspekt betrifft die Feststellung der Zu- und Abnahme des Wohnungsdefizits/Überhangs. Hier besteht aufgrund der statistischen Unschärfe bei der Ermittlung der mittleren Haushaltsgröße die Möglichkeit, für einzelne Kalenderjahre Abweichungen vom (unbekannten) wahren Wert nach unten oder nach oben rechnerisch auszuweisen, mit unmittelbaren Auswirkungen auf die Höhe des Defizits und, falls das Jahr 2013 oder 2018 betroffen war, auf die Höhe des Indikators „unzureichende Neubautätigkeit“. Dies ist in Stockstadt möglicherweise für das Jahr 2018 zutreffend. Legt man hilfsweise eine lineare Trendkurve über die Zeitreihe „Wohnungsdefizit/Überhang“, kann daraus schätzungsweise ein um etwa zwei Prozentpunkte höheres wahres Defizit im Jahr 2018 abgeleitet werden. Daraus kann gefolgert werden, dass die Gemeinde Stockstadt mit hoher Wahrscheinlichkeit die Bedingung „unzureichende Neubautätigkeit“ zusätzlich erfüllt. Zusammen mit dem aufgrund der vorbeschriebenen regionalen Heterogenität vermutlich unterschätzten tatsächlichen Mietpreiswachstum kann Stockstadt als Grenzfall eingestuft werden, der die Bedingungen „unzureichende Neubautätigkeit“ und „starkes Mietpreiswachstum“ rechnerisch nur knapp verfehlt hat. In Verbindung mit dem festgestellten erheblichen Wohnungsdefizit wird daher empfohlen, den Markt Stockstadt in den Geltungsbereich der Verordnung aufzunehmen.
Bei der Stadt Herzogenaurach wird die Annahme einer nach dem Betrachtungszeitraum weiter abnehmenden Leerstandrate durch die Trends im Betrachtungszeitraum nicht gestützt. Erkennbar ist zunächst, dass die Zuwachsrate des Wohnungsbestands deutlich über der der Bevölkerung liegt. Daraus könnte eher eine zunehmende Leerstandsrate abgeleitet werden. Wird jedoch zusätzlich das Haushaltsbildungsverhalten mitberücksichtigt, ergibt sich aufgrund des unsteten Verlaufs der Haushaltszahlen kein klares Bild, ob und wie deutlich die Angebots- und nachfrageseitige Entwicklung auseinanderlaufen. Dies ist zum einen der statistischen Unschärfe bei der Ermittlung von Haushaltszahlen aus dem Mikrozensus geschuldet, mit der Folge, dass statistische Schätzwerte eines Jahres über dem wahren Wert, die des folgenden Jahres darunter liegen können. Ebenso denkbar ist, dass infolge der Flüchtlingszuwanderung 2015 die demografische Situation kurzzeitig starken Änderungen unterlag. Ein weiterhin abnehmender Trend ist daher nicht ausgeschlossen, aber aus dem Stützzeitraum 2013 bis 2018 nicht klar ersichtlich. Die möglichen Verzerrungseffekte durch eine kreisweite Ermittlung von Leerstandsraten anhand der gewählten Berechnungsmethodik in heterogenen Kreisen wurden im zugrundeliegenden Gutachten diskutiert. Es ist anzunehmen, dass aufgrund dieser Effekte die tatsächliche Leerstandsrate in Herzogenaurach überschätzt wurde. Wird für Herzogenaurach realistischerweise eine Entwicklung der Leerstandsrate unterstellt, die zwischen den im Gutachten verwendeten kreisweiten Werten und den im Verlauf deutlich niedrigeren Leerstandsraten der kreisfreien Städte Nürnberg, Fürth und Erlangen liegt, kann für das Jahr 2018 ein Schätzwert von etwa 3 % angenommen werden. Die empirischen Befunde stützen daher die Einschätzung der Stadt Herzogenaurach hinsichtlich der Leerstandsentwicklung. Insgesamt kann daher für die Stadt Herzogenaurach festgestellt werden, dass die gutachterliche Einschätzung die tatsächliche Entwicklung der Leerstandsrate vermutlich überschätzt hat, weshalb empfohlen wird, die Gemeinde in die Gebietskulisse der Verordnung aufzunehmen.
Zum Markt Marktschellenberg: Im Gutachten werden, soweit verfügbar, immer vorrangig Mietangebote auf Gemeindeebene ausgewertet. Erst, wenn diese aufgrund der Fallzahl eine zu geringe statistische Aussagekraft darstellen, um daraus empirisch abgesicherte Preisentwicklungen abzuleiten, werden großräumigere Aggregate gebildet. Dies ist auch im vorliegenden Prüffall notwendig gewesen. Die genannten Datenquellen sind auch für die gutachterliche Ermittlung ausgewertet worden, zusätzlich aber auch noch andere überregionale und regionale Quellen. Insofern kann die Datenbasis der Stellungnahme die breitere und damit statistisch besser abgesicherte Bewertung auf Ebene des zugehörigen Mittelbereichs nicht ersetzen, zumal nicht die Höhe des Mietpreises, sondern nur die Veränderung maßgeblich ist. Unter dem Vorbehalt einer aufgrund der geringen Fallzahl erheblichen statistischen Unsicherheit der daraus berechneten relativen Wachstumsraten entspricht das vorgebrachte Mietpreiswachstum von 14,8 % umgerechnet einer Wachstumsrate von 3,5 % p. a. für die Jahre 2018 bis 2022 und liegt damit deutlich unter der Rate im Betrachtungszeitraum. Das Mietpreiswachstum dürfte sich daher am aktuellen Rand eher abgeschwächt haben. Der Vergleich mit dem vorgebrachten und nicht verifizierbaren deutschlandweiten Mietpreiswachstum basiert auf einer von der gutachterlichen Festlegung der Schwellenwerte abweichenden Interpretation der gesetzlichen Bedingung eines „deutlich stärkeren“ Anstiegs der Mieten. Eine plausible Begründung, warum der Vergleichsmaßstab abweichend vom Gutachten in der vorliegenden Form gewählt wurde, bei der bereits ein einfaches Überschreiten eines wie immer definierten Bundesmittels hierfür ausreichend sein sollte, liegt nicht vor. Daher kann der gewählte Vergleichsmaßstab auch nicht auf Sachgerechtigkeit geprüft werden. Mietbelastungsquoten setzen Haushaltseinkommen in Relation zu konkreten Mietzahlungen, wobei sowohl Brutto- als auch Nettomieten üblich sind. Daraus lassen sich bei entsprechender Datenverfügbarkeit mittlere Mietbelastungsquoten auf Ebene einer konkreten Körperschaft ermitteln. Die hierfür erforderliche Datenbasis muss jedoch konkrete Informationen zu den Haushaltseinkommen der Grundgesamtheit der Mieterhaushalte, zur konkreten Wohnungsmiete und zur Haushaltsgröße beinhalten. Diese Datengrundlage wird inhaltlich in Deutschland nur in vierjährigem Abstand durch den Mikrozensus erhoben. Aufgrund des begrenzten Stichprobenumfangs kann eine direkte Ermittlung nur für Großstädte durchgeführt werden. Die Verwendung von gemeindespezifischen Daten der Steuerstatistik zur Ermittlung von Mietbelastungsquoten erlaubt dagegen keine sachgerechte Bewertung einer gemeindespezifischen Mietbelastungsquote. Weder sind aufgrund der Veröffentlichungssystematik der Statistik alle Einkommensgruppen enthalten (Kappung großer Einkommen, kein Ausweis von Personen, die nicht steuerpflichtig sind, etc.), noch kann hier speziell die Wohnkostenbelastung von Mieterhaushalten, deren Einkommen und Haushaltsgröße vermutlich nicht dem kommunalen Durchschnitt entspricht, ermittelt werden. Ebenso sind fiktive Annahmen zur Größe einer Wohnung (hier 80 m2) nicht geeignet, die tatsächlichen Wohnverhältnisse im Mittel der Mieterhaushalte vor Ort abzubilden. Zudem wird eine solche Rechnung auf Basis von Angebotsmieten anstelle der tatsächlichen Mietzahlung der Sachlage nicht gerecht, da Vertragsmieten im Regelfall deutlich darunter liegen. Aus den vorgenannten Gründen kann die vorgelegte alternative Berechnung keine genauere, auf Gemeindezahlen basierende Bewertungsgröße darstellen, da sie weder das tatsächlich mittlere Einkommen von Mieterhaushalten in der Gemeinde noch die tatsächlich mittlere Wohnungsgröße und Wohnungssituation vor Ort berücksichtigt. Dies zeigt allein die in der Stellungnahme hilfsweise vorgebrachte Begründung, warum die Ergebnisse der Steuerstatistik gerade in diesem Fall ein verzerrtes Ergebnis begründen würde. Eine Verbesserung oder Konkretisierung der im Gutachten verwendeten Berechnungsmethodik ist durch dieses fiktive Beispiel daher nicht begründbar. Ein unmittelbarer Vergleich der Ergebnisse der Berechnung ist auch nicht sachgerecht, da die Berechnungen auf unterschiedlichen Definitionen der Grundgesamtheit, abweichenden Mietbegriffen und Haushaltsgrößen beruhen. Der Vergleich mit dem vorgebrachten bundesweiten Berechnungsbeispiel ist als alternative Begründung einer Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen ebenfalls nicht als sachgerecht zu beurteilen. Zum einen gelten hinsichtlich der Berechnungsmethodik die gleichen Vorbehalte wie die oben für gemeindliche Mietbelastungsquoten diskutierten. Zum anderen basiert die Behauptung, bereits ein einfaches Überschreiten der bundesweiten Vergleichszahl würde die gesetzliche Bedingung erfüllen, auf einer von der gutachterlichen Festlegung der Schwellenwerte abweichenden Interpretation der gesetzlichen Bedingung eines „deutlich stärkeren“ Anstiegs der Mieten. Eine plausible Begründung, warum der Vergleichsmaßstab abweichend vom Gutachten so gewählt wurde, liegt nicht vor. Daher kann der gewählte Vergleichsmaßstab auch nicht auf Sachgerechtigkeit geprüft werden. Da die Datenbasis und Berechnungsgrundlage nicht vergleichbar sind, kann aus den unterschiedlichen Resultaten nicht auf eine andere Anspannungslage geschlossen werden. Ob die vorgebrachten alternativen Berechnungsmodalitäten überhaupt im Widerspruch zu den Ergebnissen des Gutachtens stehen, kann aufgrund der nicht vergleichbaren Datengrundlagen ebenfalls nicht festgestellt werden. Aus den vorgenannten methodischen Gründen wurde im Gutachten nach Prüfung auf eine entsprechende Berechnungsmethodik verzichtet und auf eine gemeindestrukturtypische Mietbelastungsquote auf Grundlage des Mikrozensus abgestellt, da die oben genannten Vorteile dieser Datengrundlage die Nachteile überwiegen. Hinzunehmen ist daher, wie im zugrundeliegenden Gutachten diskutiert wurde, im Gegenzug eine eingeschränkte Berücksichtigungsfähigkeit lokaler Sondereffekte. Hinweise auf entsprechende Sondereffekte, wie ein lokal besonders niedriges Einkommensniveau in Bezug auf übergeordnete Körperschaften, sind der Stellungnahme jedoch nicht zu entnehmen. Insgesamt kann aus den vorgelegten Ergebnissen keine andere Beurteilung der Mietbelastung abgeleitet werden. Daher ist auch eine begründete Annahme, dass der jeweilige Schwellenwert der Mietbelastungsquote überschritten wird, nicht zu treffen. Zur Veränderung des Wohnungsdefizits: Für das Jahr 2011 weist die amtliche Statistik abweichend zu den vorgebrachten Zahlen einen Wohnungsbestand von 836 Wohneinheiten aus. Da die übrigen Zahlen identisch sind, ist von einem Irrtum auszugehen. Damit ist der Wohnungsbestand im vorgebrachten Zeitraum 2011-2020 anders als vorgebracht um 0,6 % gestiegen. Dies liegt jedoch immer noch deutlich unter der Zuwachsrate der Bevölkerung. Werden zusätzlich die Veränderungen der Haushaltsstrukturen berücksichtigt, ergibt sich aus den Ergebnissen des Gutachtens eine starke Verschlechterung der Wohnversorgungsquote. Die relative Veränderung des Wohnungsdefizits/Überhangs 2013–2018 in Prozentpunkten lag entsprechend deutlich über dem Schwellenwert von 6,0 v. H. Die fortgeschriebene Leerstandsrate wurde 2018 mit 2,6 % ermittelt. Dies liegt unter dem Schwellenwert von 3,0 %. Auch diese Teilbedingung ist in Marktschellenberg erfüllt. Zum Wohnungsdefizit: Die dargestellten zukünftigen Mehrbedarfe entsprechen in etwa dem rechnerischen Mehrbedarf im Zeitraum 2013 bis 2018 und erscheinen daher realistisch, auch wenn angesichts der sehr geringen Bautätigkeit eine Bedarfsdeckung fraglich erscheint. Grundsätzlich ist jedoch anzumerken, dass zukunftsbezogene Projektionen im Rahmen einer Beurteilung der gegenwärtigen Wohnraumsituation nicht berücksichtigungsfähig sind. Das Ziel, bestehende Versorgungsengpässe auf dem Wohnungsmarkt durch Ausnahmeregelungen bauplanerischer Instrumentarien kurzfristig zu beheben, kann nicht mit der Notwendigkeit langfristiger Bedarfsprognosen allein begründet werden, sondern mit bestehenden Versorgungsdefiziten. Unter einem Wohnungsdefizit wird im Gutachten daher ein bestehendes Missverhältnis zwischen Wohnungsangebot und Wohnungsnachfrage definiert. Prognosen über zukünftige Mehrbedarfe, die aus gesellschaftlichen und demografischen Trends heraus nach heutigem Wissensstand voraussichtlich entstehen werden, sind daher nicht mit dem aktuellen Wohnungsdefizit gleichzusetzen. Denkbar ist allerdings, dass ein Teil der vorgebrachten Mehrnachfrage bereits manifest ist und abweichend zum Gutachten ein erhebliches Wohnungsdefizit begründen kann. Eine Darstellung, zu welchen Anteilen die genannten Mehrbedarfe bereits jetzt ein Wohnungsdefizit begründen, ist jedoch nicht ersichtlich. Insofern kann die Beurteilung des Wohnungsdefizits nicht anhand der vorgebrachten Zahlen korrigiert werden, zumal bereits eine erhebliche Verschlechterung der Versorgungslage festgestellt wurde und das alternative notwendige Kriterium Leerstandsrate ebenfalls erfüllt ist. Zum Übersprungeffekt: Grundsätzlich wurde durch die Verwendung von Mietdaten auf Ebene des zugehörigen Mittelbereiches bzw. Einkommensdaten-Daten auf Kreisebene dem überörtlichen Kontext der Wohnungsmarktlage bei kleineren Gemeinden Rechnung getragen. Die Möglichkeit, regionale Wohnungsmärkte im Kontext der Anspannung im näheren Umkreis zu betrachten, ist zusätzlich zum Gegenstand des Auswahlmechanismus im Gutachten gemacht worden. Hierzu wurde es als erforderlich angesehen, dass die Mehrheit der Nachbargemeinden einer Gemeinde als angespannt eingestuft werden, um ungeachtet der eigenen Einstufung selbst als angespannt gelten zu dürfen. Das Verfahren musste dabei aus anwendungspraktischen Gründen und aus Gründen der Vergleichbarkeit von typisierten Vorstellungen einer Wohnungsmarktregion ausgehen. Im örtlichen Umgriff der Gemeinde Marktschellenberg sind keine der angrenzenden Nachbargemeinden als angespannte Wohnungsmärkte im Sinne des Gutachtens ermittelt worden. Dies gilt auch für die nicht unmittelbar benachbarte Stadt Berchtesgaden. Auch eine Abschwächung der Kriterien kann daher nicht zu einer Einstufung durch Übersprung im Rahmen der typisierten Methodik führen. Grundsätzlich ist dem Argument, die Lage in der engeren Wohnungsmarktregion Salzburg würde eine Sondersituation darstellen, zuzustimmen. Angesichts der kaum vorhandenen Neubautätigkeit erscheint es aber als wenig plausibel, die Gemeinde als Entlastungsstandort zu betrachten, zumal bereits die örtlichen Bedarfe nur unzureichend gedeckt werden können. Eher erscheint es plausibel, die naturräumlichen Restriktionen bei der Siedlungsentwicklung, die durch die Vorgebirgslage entstehen, als erschwerenden Parameter zu betrachten, womit die deutlich unter dem Bedarf liegende Bautätigkeit plausibel erklärt werden könnte. Angesichts der vorbeschriebenen Sachverhalte ist die Gemeinde Marktschellenberg als Grenzfall einzustufen. Aufgrund der objektiv erkennbaren Schwierigkeiten, den Wohnungsbedarf zu decken, und der nur geringfügigen Unterschreitung der Teilbedingung Mietpreiswachstumsrate können die Teilbedingungen „unzureichende Neubautätigkeit“ und „überdurchschnittliche Mietpreissteigerung“ als erfüllt angenommen werden. Es wird daher empfohlen, die Gemeinde Marktschellenberg in den Geltungsbereich der Verordnung aufzunehmen.
- IV. Bestimmung der Staatsregierung
Den vorstehend beschriebenen gutachterlichen Darlegungen der ergänzenden Stellungnahme vom 8. Juni 2022 und den auf dieser Grundlage ermittelten Ergebnissen schließt sich die Staatsregierung nach umfassender Würdigung an und macht sie sich zu eigen.
Der Gutachter hat die von den Gemeinden mitgeteilten zusätzlichen Erkenntnisse anhand eines zunächst abstrakt unter Beachtung der datenbedingten Analysegenauigkeit der Fortschreibung entwickelten Maßstabs in die Beurteilung der jeweiligen örtlichen Marktsituation einbezogen und für jeden Einzelfall mit ausführlicher und nachvollziehbarer Erläuterung festgestellt, dass die vorgebrachten Tatsachen eine von der analytischen Indikation abweichende Einstufung der Gemeinden rechtfertigen. Auf diese Weise konnten auch solche Umstände und Daten, die durch die verwendeten Indikatoren nicht abgebildet sind, in der Auswertung berücksichtigt werden.
Hinsichtlich der Bewertung der vom Gutachter herangezogenen statistischen Grundlagen wird im Übrigen auf die unverändert fortgeltenden Ausführungen in der Begründung zur MiSchuV vom 14. Dezember 2021 (BayMBl. 2021 Nr. 944) unter Punkt A. III. 3. vollumfänglich Bezug genommen.
Im Ergebnis können die Städte Herzogenaurach und Trostberg, der Markt Stockstadt a.Main und die Gemeinden Marktschellenberg und Oberaudorf damit gemäß gutachterlicher Empfehlung als Gebiete mit angespanntem Wohnungsmarkt eingestuft und als solche auch in die Gebietskulisse der MiSchuV aufgenommen werden.
- V. Maßnahmen zur Verbesserung der Lage auf dem Wohnungsmarkt
Die Staatsregierung hat verschiedene wohnungspolitische Maßnahmen ergriffen bzw. plant, solche Maßnahmen zu ergreifen, um im Geltungszeitraum der MiSchuV der angespannten Wohnungsmarktlage in den bayerischen Gemeinden entgegenzuwirken. Diese Maßnahmen wurden in die Erwägungen zur Bestimmung des Anwendungsbereichs der §§ 556d ff. BGB einbezogen.
Im Einzelnen handelt es sich um folgende Maßnahmen:
- 1. Wohnraumförderung und Förderung von Wohnplätzen für Studierende
Die Staatsregierung hat ihre Anstrengungen für die Schaffung von preisgünstigem Wohnraum weiter fortgesetzt. Im Jahr 2023 stehen einschließlich der 150 Millionen Euro für das Kommunale Wohnraumförderungsprogramm (KommWFP) erstmals über eine Milliarde Euro für die Förderung von bezahlbarem Wohnraum in Bayern zur Verfügung. Die Mittelvergabe an die Bewilligungsstellen der Wohnraumförderung orientiert sich am jeweils gemeldeten Bedarf. Damit wird der besondere Bedarf für Gebiete mit angespannten Wohnungsmärkten berücksichtigt.
Die staatliche Mietwohnraumförderung ist ein langjährig bewährtes Instrument, um sozial gebundenen Wohnraum im Zusammenwirken mit der Wohnungswirtschaft bereitzustellen. Verbesserungen der Förderkonditionen haben in den letzten Jahren zu einer deutlichen Ausweitung des sozialen Wohnungsbaus beigetragen. Im Rahmen der Wohnraumförderung unterstützt der Freistaat Wohnungsunternehmen, Wohnungsgenossenschaften, private Investoren und Bauherren sowohl beim Bau von Mietwohnraum in Mehrfamilienhäusern als auch beim Neubau und Erwerb von Eigenwohnraum sowie der baulichen Anpassung von Miet- und Eigenwohnraum an die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderung. Darüber hinaus wird der Bau von Wohnheimplätzen für Menschen mit Behinderung mit staatlichen Mitteln unterstützt.
Neben der 25- und 40-jährigen Bindung wird seit 2023 eine 55-jährige Mietpreis- und Belegungsbindung angeboten, um so noch längerfristig tragbare Mieten für einkommensschwächere Haushalte zu erreichen.
Mit einem eigenen Förderprogramm unterstützt die Staatsregierung seit vielen Jahren im Rahmen der staatlichen Wohnraumförderung Studierendenwerke wie auch private Investoren bei der Schaffung und dem Erhalt von bezahlbarem Wohnraum für Studierende.
Die Richtlinien für das KommWFP wurden bis 2026 verlängert. Damit können die Kommunen weiterhin auf längere Sicht bezahlbaren Wohnraum schaffen.
- 2. Modellvorhaben des Experimentellen Wohnungsbaus
In den Modellvorhaben des Experimentellen Wohnungsbaus initiiert, begleitet und fördert das Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr seit mehr als 35 Jahren innovative, modellhafte Wohnprojekte. Im Rahmen des Experimentellen Wohnungsbaus wurden bislang ca. 240 Modellprojekte mit mehr als 8 000 kostengünstigen und nachhaltigen Wohnungen umgesetzt und mit über 300 Millionen Euro staatlich gefördert.
Angesichts des hohen und differenzierten Bedarfs nach bezahlbaren Wohnungen in Bayern geht es auch darum, kreativen und innovativen Ansätzen Raum zu geben und zukünftige Herausforderungen zu antizipieren. Im Modellvorhaben „Effizient Bauen, leistbar Wohnen – mehr bezahlbare Wohnungen für Bayern“ liegt der Fokus auf innovativen Wohnkonzepten und der Beschränkung der Baukosten für langfristig bezahlbaren Wohnraum ohne Einschränkung in der Wohnqualität. Seit April 2015 werden bayernweit 13 Projekte mit über 1 000 bezahlbaren Wohnungen umgesetzt.
Die neuesten Modellvorhaben „Klimaanpassung im Wohnungsbau“ und „Weiternutzen. Weiterentwickeln. Weiterbauen.“ befassen sich mit dem Klimawandel und seinen Auswirkungen auf das Wohnen und die Gesundheit sowie der klimagerechten Sanierung des Wohnungsbestands. Diese Modellvorhaben befinden sich in Planung bzw. Aufstellung.
- 3. Städtebauförderung
Auch im Rahmen der Städtebauförderung kann angespannten Wohnungsmärkten entgegengewirkt werden. Neben der Modernisierung und Instandsetzung des Baubestands zu Wohnzwecken zählt die Aufwertung des Wohnumfelds und des öffentlichen Raums zu den Kernaufgaben der städtebaulichen Sanierung.
Damit Stadtzentren und Ortskerne attraktiver werden, unterstützt die Städtebauförderung die Gemeinden und mit ihnen private Gebäudeeigentümerinnen und -eigentümer bei der Modernisierung ihrer Liegenschaften. Dabei soll vorhandener Wohnraum erhalten und preiswerter Wohnraum gesichert werden. Ein Förderschwerpunkt liegt zudem auf der Sanierung leerstehender Gebäude in Ortskern- bzw. Innenstadtlage mit dem Ziel, neuen Wohnraum zu schaffen. Um brachliegende Grundstücke des Militärs, der Bahn sowie von Gewerbe und Industrie für den Wohnungsbau nutzbar zu machen, können städtebauliche Maßnahmen der Kommunen wie etwa die Freilegung, Überplanung und Vorbereitung solcher Areale für die neue Nutzung staatlich gefördert werden.
- 4. Maßnahmen der staatlichen Wohnungsbaugesellschaften
Die drei staatlichen Wohnungsbaugesellschaften Siedlungswerk Nürnberg GmbH, Stadibau GmbH und BayernHeim GmbH tragen durch ambitionierte Neubauprogramme zu einer Entlastung der angespannten Wohnungsmarktlage bei.
Die Siedlungswerk Nürnberg GmbH (SWN) besteht seit 1919 und schafft geförderten sowie freifinanzierten Mietwohnraum im Großraum Nürnberg. Sie verwaltet aktuell 8 234 Wohnungen, 441 Wohnungen befinden sich im Bau.
Die Stadibau GmbH wurde 1974 gegründet und errichtet Wohnungen für Staatsbedienstete im Rahmen der staatlichen Wohnungsfürsorge, Schwerpunkt der Aktivitäten ist der Großraum München. Sie verwaltet aktuell 8 474 Wohnungen, 870 Wohnungen befinden sich im Bau.
Die 2018 gegründete BayernHeim GmbH schafft bayernweit preisgünstige Mietwohnungen, der Schwerpunkt liegt auf gefördertem Wohnraum in Gebieten mit erhöhtem Wohnungsbedarf. Seit der Gründung hat die BayernHeim GmbH trotz schwieriger Rahmenbedingungen bislang über 5 500 (Stand 1. Quartal 2023) bezahlbare Wohnungen auf den Weg gebracht. Bis Ende 2023 werden es voraussichtlich rund 5 800 (Stand 1. Quartal 2023) sein.
- 5. Baulandbeschaffung
Die Bauleitplanung ist Kernbereich der kommunalen Selbstverwaltung. Die Einflussmöglichkeiten des Staates sind daher begrenzt. Es besteht allein die Möglichkeit eines Appells an die Kommunen, die zur Verfügung stehenden vielfältigen Maßnahmen zur Wohnbauland-Mobilisierung (z. B. Neuausweisung von Bauland, Aktivierung vorhandenen Baulands, Möglichkeiten der Innenentwicklung/Nachverdichtung) auszuschöpfen.
Im Rahmen des Bayerischen Wohnungsgipfels am 26. Juli 2018 rief die Staatsregierung daher im Beisein der kommunalen Spitzenverbände zu gemeinsamer Anstrengung bei der Aktivierung von Wohnbauland auf und bot hierfür fachliche und finanzielle Hilfen für bauwillige Kommunen bei der ressourcenschonenden Entwicklung ihrer Grundstücke an.
Grundstückseigentümerinnen und -eigentümern ungenutzter Grundstücke können seitens des Staates nur begrenzt Vorgaben hinsichtlich der Ausnutzung bestehenden Baurechts zu Zwecken der Wohnraumschaffung gemacht werden. Die Staatsregierung setzt daher vor allem auf Information und Unterstützung der Grundstückseigentümerinnen und -eigentümer. Zu diesem Zweck hat das Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr im August 2021 die Informationsbroschüre „Grundstücke aktivieren – Wohnraum schaffen“ veröffentlicht. Die Broschüre enthält wichtige Informationen zu wesentlichen Fragen des Verkaufs und der baulichen Weiterentwicklung des eigenen Grundstücks. Neben baurechtlichen Gesichtspunkten wird darin auch über Fragen der Förderung und Finanzierung sowie steuerliche Aspekte aufgeklärt.
Am 23. Juni 2021 ist das Baulandmobilisierungsgesetz in Kraft getreten. Damit werden die bestehenden kommunalen Planungsinstrumentarien im Sinne einer Baulandaktivierung weiterentwickelt. Die Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau wurde als zu berücksichtigender Belang bei der Aufstellung von Bauleitplänen im Gesetz aufgenommen. Daneben bekommen die Gemeinden weitere Festsetzungsmöglichkeiten im Rahmen des sektoralen Bebauungsplans, um den sozial geförderten Wohnraum voranzubringen. Auch die erleichterte Möglichkeit, von Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten von Wohnbauvorhaben abzuweichen, kann zusätzliche Flächen für den Wohnungsbau aktivieren.
Zudem wurden im Jahr 2018 u. a. die Förderinitiative „Innen statt Außen“ im Rahmen der Städtebauförderung und das neue Programm zur Erfassung der Innenentwicklungspotentiale ins Leben gerufen.
Mit der Gebietsbestimmungsverordnung Bau (GBestV-Bau) vom 6. September 2022 hat die Staatsregierung Gebiete mit angespanntem Wohnungsmarkt nach § 201a BauGB festgesetzt. In den festgesetzten Gebieten gelten seither eine Reihe bauplanungsrechtlicher Instrumente zur Erleichterung der Nachverdichtung und der Aktivierung von Bauland. Hierzu gehören das erweiterte Vorkaufsrecht, erleichterte Befreiungsmöglichkeiten von den Festsetzungen der Bebauungspläne sowie ein erweitertes Baugebot.
Das erweiterte Vorkaufsrecht nach § 25 Abs. 1 Satz 1 BauGB dient dazu, Flächen für den Wohnungsbau verfügbar zu machen. In Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten können Gemeinden durch Satzung ein Vorkaufsrecht an brachliegenden Grundstücken, auf denen Wohnbebauung rechtlich zulässig wäre, begründen.
Kommt es zum Verkauf des Grundstücks, entsteht das Vorkaufsrecht zugunsten der Gemeinde und sie kann es anstelle des Käufers zur Bereitstellung von Wohnbauland erwerben.
Nach § 31 Abs. 3 BauGB kann in Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten unter erleichterten Bedingungen von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden. Auf diese Weise ist die Zulassung von Aufstockungen und anderen Nachverdichtungsmaßnahmen nun leichter möglich, ohne dass es einer zeitaufwendigen Änderung des Bebauungsplans bedarf.
Gemäß § 176 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BauGB gilt in Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten ein erweitertes Baugebot, nach dem die Gemeinde Grundstückseigentümerinnen und -eigentümer dazu verpflichten kann, ihr Grundstück binnen einer gewissen Frist mit einer oder mehreren Wohneinheiten zu bebauen, wenn die Wohnnutzung im Bebauungsplan zugelassen ist.
- 6. Steuerung der Belegung von sozial gebundenem Wohnraum
Nach Art. 5 des Bayerischen Wohnungsbindungsgesetzes i. V. m. § 3 DVWoR findet bei der Belegung von sozial gebundenem Wohnraum in Gebieten mit erhöhtem Wohnungsbedarf eine Belegungssteuerung statt. Das gemäß diesen Vorschriften anzuwendende Benennungsverfahren soll gewährleisten, dass insbesondere auch einkommensschwächere Personen oder Personen mit besonderen persönlichen Umständen eine Wohnung vermittelt bekommen.
Danach darf der Vermieter seine Wohnung nur einem von der zuständigen Stelle benannten Wohnungssuchenden überlassen. Die Stelle hat die Wohnungssuchenden unter Berücksichtigung des sozialen Gewichts des Wohnungsbedarfs und anhand der Bewohnerstrukturen sowie ergänzend nach der bisherigen Dauer des gewöhnlichen Aufenthalts zu benennen. Die Anknüpfung an die bisherige Dauer des gewöhnlichen Aufenthalts vermeidet eine Verschärfung der Situation für die bereits ansässigen Wohnungssuchenden in dem Gebiet mit erhöhtem Wohnungsbedarf.
Die für die Anwendung dieser Regelungen maßgebliche Einordnung als Gebiet mit erhöhtem Wohnungsbedarf wird regelmäßig – zuletzt mit Inkrafttreten der Verordnung zur Änderung der DVWoR zum 1. August 2021 – fortgeschrieben.
- 7. Genehmigungsvorbehalt für die Bildung von Wohnungseigentum in Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten gemäß § 250 BauGB
Die Staatsregierung hat am 25. April 2023 die Verordnung zur Änderung der GBestV-Bau beschlossen, die zum 1. Juni 2023 in Kraft getreten ist (GVBl. S. 206). Damit hat Bayern die im Zuge des Baulandmobilisierungsgesetzes neu eingefügte Ermächtigungsgrundlage des § 250 Baugesetzbuch (BauGB) durch Aufnahme einer entsprechenden Regelung in § 2 GBestV-Bau umgesetzt. Mit der Änderung der GBestV-Bau hat die Staatsregierung in der Anlage zu § 2 GBestV-Bau 50 bayerische Städte und Gemeinden mit angespannten Wohnungsmärkten bestimmt, in denen der Genehmigungsvorbehalt des § 250 BauGB für die Begründung oder Teilung von Wohnungseigentum oder Teileigentum nach § 1 des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) gilt. Nach § 2 Abs. 1 Satz 2 GBestV-Bau gilt das Genehmigungserfordernis nicht, wenn sich in dem Wohngebäude nicht mehr als zehn Wohnungen befinden.
Die Regelung des § 250 BauGB zielt darauf ab, ein ausreichendes Angebot an bezahlbaren Mietwohnungen zu erhalten. Gerade private Investoren und gewerbliche Immobilieneigentümerinnen und -eigentümer wandeln häufig Wohnungen in Gebäuden, die aus mehreren Wohneinheiten bestehen und größtenteils vermietet sind, in Wohnungseigentum um und veräußern diese Wohnungen nach einer aufwertenden Modernisierung gewinnbringend an Einzelerwerber. Dies führt im Ergebnis zu einer Verringerung des Angebots an bezahlbaren Mietwohnungen auf dem Wohnungsmarkt. Zudem können Umwandlungen von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen eine Änderung der Eigentümerstruktur und dadurch eine Verdrängungsgefahr für die angestammten Mieterinnen und Mieter bewirken.
Gemäß § 3 Satz 3 GBestV-Bau tritt der Genehmigungsvorbehalt nach § 250 BauGB mit Ablauf des 31. Dezember 2025 außer Kraft.
- 8. Genehmigungsvorbehalt bei der Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen in Erhaltungssatzungsgebieten
Mit der Verordnung zur Stärkung des städtebaulichen Milieuschutzes vom 4. Februar 2014 (GVBl. 2014, S. 39) hat die Staatsregierung die DVWoR geändert und in § 5 einen Genehmigungsvorbehalt für die Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen in Gebieten von Milieuschutzsatzungen, wie sie z. B. in der Landeshauptstadt München, in Erding und in Erlangen gelten, eingefügt. Damit sollen in Gebieten mit einer gewachsenen Bevölkerungsstruktur unerwünschte Strukturveränderungen verhindert werden. Die Einführung des Genehmigungsvorbehalts bewirkt damit mittelbar auch einen besseren Mieterschutz.
Die Verordnung trat am 1. März 2014 in Kraft. Vor Ablauf der fünfjährigen Geltungsdauer der Regelung wurde sie durch die Verordnung zur Änderung der Durchführungsverordnung Wohnungsrecht vom 15. Mai 2018 (GVBl. 2018, S. 350) verlängert und wird mit Ablauf des 28. Februar 2024 außer Kraft treten. Die Staatsregierung wird zu gegebener Zeit entscheiden, ob nochmals eine entsprechende Verordnung erlassen wird. Die Geltungsdauer einer neuen Verordnung darf wiederum höchstens fünf Jahre betragen (§ 172 Abs. 1 Satz 4 des Baugesetzbuchs – BauGB). Vor der Entscheidung über einen Neuerlass bzw. eine weitere Verlängerung wird die Frage nach dem Fortbestehen des Bedürfnisses nach einer Verordnung unter Berücksichtigung der Erfahrungen der Gemeinden mit dem Genehmigungsvorbehalt zu beantworten sein.
- 9. Genehmigungsvorbehalt bei der Zweckentfremdung von Wohnraum
Das Gesetz über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum ermächtigt Gemeinden mit angespannten Wohnungsmärkten durch Satzung zu bestimmen, dass im Gemeindegebiet Wohnraum nur mit ihrer Genehmigung anderen als Wohnzwecken zugeführt werden darf. Eine Zweckentfremdung liegt insbesondere vor, wenn Wohnraum zu mehr als 50 % der Gesamtfläche für gewerbliche oder berufliche Zwecke verwendet wird, mehr als insgesamt acht Wochen im Kalenderjahr für Zwecke der Fremdenbeherbergung genutzt wird, länger als drei Monate leer steht oder beseitigt wird.
- 10. Behördenverlagerungen
Die Verlagerung von Behörden und staatlichen Institutionen aus Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten in Gebiete, deren Wohnungsmarkt keine Versorgungsgefährdung mit Wohnraum aufweist, und der damit verbundene Nachzug der bei der Behörde Beschäftigten kann freien Wohnraum in den betroffenen Städten und Gemeinden schaffen. Der ehemals von den Behördenangehörigen und deren Familien bewohnte Wohnraum steht dem wohnungssuchenden Publikum erneut zur Verfügung. Durch die Schaffung von zukunftsfähigen, qualifizierten und sicheren Arbeitsplätzen außerhalb von Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten wird zudem einem weiteren Zuzug von Behördenangehörigen in Ballungsräume vorgebeugt.
Die von der Staatsregierung in den Jahren 2015 und 2016 beschlossenen Konzepte „Regionalisierung von Verwaltung“ und „Chancen im ganzen Land“ sehen daher bis 2025 die Verlagerung von 66 Behörden und staatlichen Einrichtungen mit Arbeitsplätzen für mehr als 2 500 Beschäftigte und Studienplätzen für 930 Studierende in alle Regierungsbezirke Bayerns vor. Zudem wurde im Jahr 2021 durch die Staatsregierung das Konzept „Behördenverlagerungen Bayern 2030 2. Stufe“ beschlossen, welches die Verlagerung von 14 weiteren Behörden und staatlichen Einrichtungen bis 2030 mit Arbeitsplätzen für insgesamt rund 2 670 Beschäftigte und Studienplätzen für 400 Studierende in alle Regierungsbezirke Bayerns beinhaltet. Insbesondere bislang im Verdichtungsraum München angesiedelte Behörden werden weitestgehend in Gebiete verlegt, die keinen angespannten Wohnungsmarkt aufweisen.
- B. Zu den einzelnen Bestimmungen
Durch § 1 werden die Städte Herzogenaurach und Trostberg, der Markt Stockstadt a.Main und die Gemeinden Marktschellenberg und Oberaudorf in die Anlage zur MiSchuV eingefügt und damit als Gebiete mit angespanntem Wohnungsmarkt nach § 556d Abs. 2 Satz 1 BGB, § 558 Abs. 3 Satz 3 BGB und § 577a Abs. 2 Satz 2 BGB festgesetzt.
§ 2 bestimmt das Inkrafttreten der Verordnung.