2030.5.1-I
Arbeitszeit der Bayerischen Polizei
Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, für Sport und Integration
vom 8. Dezember 2023, Az. C5-0233-1-13
1.
1Für die Arbeitszeit der Beamtinnen und Beamten gilt auf der Grundlage des Art. 87 Abs. 1 BayBG die Bayerische Arbeitszeitverordnung (BayAzV). 2Durch diese Bekanntmachung werden für die Bayerische Polizei spezifische Regelungslagen festgelegt. 3Diese gelten auch für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gemäß § 13 BayAzV, soweit tarifvertragliche Vereinbarungen nicht entgegenstehen. 4Die Verbände regeln die nähere Ausgestaltung in eigener Zuständigkeit (§ 3 Abs. 1 Nr. 6 ZustV-IM) unter Beteiligung des zuständigen Personalrats (Art. 75 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BayPVG) und der Schwerbehindertenvertretung (§ 178 Abs. 2 Satz 1 SGB IX).
2.
1Bei den Regelungen zur Arbeitszeit im Bereich der Bayerischen Polizei sind die dienstlichen und örtlichen Verhältnisse, die besondere Aufgabenstellung der Polizei sowie die Personalstärke und die Interessen der Beschäftigten angemessen zu berücksichtigen. 2Ziel ist eine bedarfsorientierte, sozial ausgewogene und effiziente Verteilung der Arbeitszeit in partnerschaftlicher Form.
3.
3.1
1Für Beschäftigte mit gleitender Arbeitszeit (§ 7 BayAzV) oder fester Arbeitszeit (§ 8 BayAzV) ist die Dienstzeit im Rahmen der geltenden Bestimmungen und unter Berücksichtigung der vorgenannten Grundsätze zu regeln. 2Die gleitende und feste Arbeitszeit kann auch in Schichten analog dem planmäßig sonstig wechselnden Dienst (§ 9 BayAzV) angeordnet werden. 3Die feste Arbeitszeit kann angeordnet werden, wenn zwingende dienstliche Verhältnisse es erfordern. 4Die gleitende Arbeitszeit ist das bei der Bayerischen Polizei seit 1. Oktober 2004 eingeführte Regelarbeitszeitmodell. 5Auch in der gleitenden Arbeitszeit ist uneingeschränkt zu garantieren, dass einsatztaktische Belange durch die Gleitzeit nicht berührt und insgesamt entscheidende dienstliche Belange der öffentlichen Sicherheit und Ordnung nicht gefährdet oder gemindert werden.
3.2
1Schichtdienst liegt vor, wenn eine bestimmte Arbeitsaufgabe über einen erheblich längeren Zeitraum als die tägliche Arbeitszeit andauert und daher von mehreren Beschäftigten in einer geregelten zeitlichen Reihenfolge erbracht werden muss (BayVGH, Beschluss vom 3. November 2009, Az. 14 ZB 08.3174). 2Sonstig wechselnder Dienst liegt vor, wenn die Dienstzeit in der Weise geregelt ist, dass die Beschäftigten zu unterschiedlichen Zeiten einen vorgeschriebenen Dienst antreten und beenden müssen, aber die Voraussetzungen für den Schichtdienst nicht erfüllt werden. 3Schichtdienst und sonstig wechselnder Dienst kann angeordnet werden, wenn die Aufgaben es zwingend erfordern (§ 9 Abs. 1 BayAzV). 4Für die im Schichtdienst beziehungsweise sonstig wechselnden Dienst nach Dienstplan eingesetzten Beschäftigten scheidet die Dienstart der gleitenden Arbeitszeit aus einsatztaktischen und dienstbetrieblichen Gründen aus. 5Die Regelungen der Dienstvereinbarung für die Arbeitszeitmodelle und die Gewährung eines Arbeitszeitkorridors in Dienststellen mit Schichtdienst der Bayerischen Polizei (in der jeweils geltenden Fassung, Az. C5-0231-1-51) bleiben unberührt.
4.
4.1
1In der gleitenden Arbeitszeit können die Beschäftigten Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit sowie der Pausen innerhalb festgelegter Grenzen selbst bestimmen. 2Als Rahmenzeit (§ 7 Abs. 4 Satz 2 BayAzV) wird der Zeitraum von 06:00 Uhr bis 20:00 Uhr empfohlen. 3Als tägliche Sollzeit, die eine rein rechnerische Größe zur Ermittlung des Arbeitszeitsaldos darstellt, wird eine gleichmäßige Verteilung der regelmäßigen Arbeitszeit im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 BayAzV auf die Arbeitstage und die Zeitspanne zwischen 07:30 und 16:00 Uhr empfohlen. 4Die tägliche Präsenzzeit von mindestens vier Stunden ist als Zeitdauer (zum Beispiel fünf Stunden) oder Zeitraum (zum Beispiel von 08:30 bis 11:30 und 13:00 bis 15:00 Uhr) festzulegen. 5Unabhängig von festzulegenden Präsenzzeiten ist die Aufrechterhaltung des Dienstbetriebes beziehungsweise der ordnungsgemäße Arbeitsablauf sicherzustellen. 6Die Teilnahme an der gleitenden Arbeitszeit kann im Einzelfall aus bestimmtem Anlass zur Aufrechterhaltung des Dienstbetriebes und des ordnungsgemäßen Arbeitsablaufes durch die oder den Dienstvorgesetzten eingeschränkt werden (Abschnitt 11 Nr. 1.8 VV-BeamtR).
4.2
1Die feste Arbeitszeit in staatlichen Verwaltungen muss grundsätzlich spätestens um 08:30 Uhr beginnen und darf von Montag bis Donnerstag nicht vor 16:00 Uhr und am Freitag nicht vor 14:00 Uhr enden (§ 8 Abs. 1 Satz 4 BayAzV). 2Ausnahmen durch die Behördenleitung sind möglich.
4.3
1Das Schichtmodell wird nach den Vorgaben der Dienstvereinbarung für die Arbeitszeitmodelle und die Gewährung eines Arbeitszeitkorridors in Dienststellen mit Schichtdienst der Bayerischen Polizei festgelegt. 2Bei den Schichtmodellen wird zwischen „starren Schichtsystemen“, „modularen Systemen“ und „zeitautonomen Modellen“ unterschieden. 3Die Schichtzeiten der Regeldienste dürfen grundsätzlich eine 24-Stunden-Abdeckung nicht überschreiten. 4Korridorzeiten richten sich ebenfalls nach der vorgenannten Dienstvereinbarung. 5Die Schichtdienstplanung ist im Rahmen eines vorab festzulegenden, an den Einsatzerfordernissen und an der Personalstärke orientierten Schichtstärkeplans (sogenannte Höchst- und Mindeststärken) vorzunehmen. 6Dabei sind über- und unterdurchschnittlich einsatzbelastete Tages- und Wochenzeiten ebenso wie besondere Einsatzlagen zu berücksichtigen. 7Die im Dienstplan vorgegebenen Einsatzstärken sollen dabei weder unter- noch überschritten werden, soweit es insbesondere aus Einsatzgründen nicht erforderlich ist. 8Die Dienstplanung soll grundsätzlich 50 Stunden in der Woche nicht überschreiten. 9Im Schichtdienst und sonstig wechselnden Dienst soll im Zeitraum von drei Monaten grundsätzlich eine im Verhältnis zur regelmäßigen Arbeitszeit ausgeglichene Dienstplanung erfolgen (§ 9 Abs. 2 BayAzV). 10Bei der durchschnittlichen Arbeitszeit ist § 2 Abs. 4 BayAzV zu beachten.
4.4
1Im Zeitwirtschaftsprogramm wird ab 1. Januar 2024 in allen Dienstarten ein Stundenkonto geführt. 2Der Abrechnungszeitraum beträgt zwölf Monate, der Abrechnungsstichtag ist der 30. November eines jeden Kalenderjahres. 3Das Nähere wird durch die Dienstvereinbarung über dienstbetriebliche und technische Maßnahmen für einen nachhaltigen Umgang mit Mehrarbeit und Überstunden in der Bayerischen Polizei (in der jeweils geltenden Fassung, Az. C5-0235-1-13) bestimmt.
5.
1Wird die durchschnittliche regelmäßige Arbeitszeit aus Einsatzgründen oder vergleichbaren zwingenden dienstlichen Verhältnissen überschritten, liegen die grundsätzlichen Voraussetzungen für Mehrarbeit im Sinne des Art. 87 Abs. 2 BayBG vor. 2Sie muss in jedem Einzelfall angeordnet oder genehmigt werden. 3Mehrarbeits- oder Überstunden sind aus Fürsorgegründen durch Gewährung von Freizeit und grundsätzlich zeitnah auszugleichen. 4Gemäß Art. 87 Abs. 2 Satz 3 BayBG kann eine finanzielle Abgeltung von Mehrarbeit nur dann erfolgen, wenn aus zwingenden dienstlichen Gründen diese nicht durch Dienstbefreiung innerhalb eines Jahres ausgeglichen werden kann und unter der Voraussetzung, dass entsprechende Haushaltsmittel zur Verfügung stehen. 5Mehrarbeit und Überstunden werden getrennt vom Stundenkonto erfasst. 6Das Nähere wird durch die Dienstvereinbarung über dienstbetriebliche und technische Maßnahmen für einen nachhaltigen Umgang mit Mehrarbeit und Überstunden in der Bayerischen Polizei bestimmt.
6.
Besondere gesetzliche Vorschriften (etwa luftfahrtrechtliche für den Flugdienst der Polizeihubschrauberstaffel oder der Pkw-Fahrer-TV-L) bleiben unberührt.
7.
1Zur Dienstplanung und Zeitbewirtschaftung steht ein einheitliches Zeitwirtschaftsprogramm zur Verfügung. 2Die erforderlichen dezentralen elektronischen Zeiterfassungssysteme sind aus eigenen Mitteln zu beschaffen. 3Die Verfahrenskoordination liegt in der Zuständigkeit der Servicestelle Zeitmanagement beim Präsidium der Bayerischen Bereitschaftspolizei.
8.
Bereitschaftsdienst oder Rufbereitschaft darf nur angeordnet werden, wenn besondere dienstliche Verhältnisse es dringend erfordern.
8.1
1Bereitschaftsdienst liegt vor, wenn sich die Beamtin oder der Beamte an einem vom Dienstherrn bestimmten Ort außerhalb des Privatbereichs zu einem jederzeitigen unverzüglichen Einsatz bereitzuhalten hat (zum Beispiel sogenannte „sofortige Abmarschbereitschaft“) und erfahrungsgemäß mit einer dienstlichen Inanspruchnahme zu rechnen ist. 2Bereits bei der Anordnung muss die Inanspruchnahme wahrscheinlich sein. 3Bereitschaftsdienst in diesem Sinne ist Arbeitszeit. 4Für den Freizeitausgleich sowie im Ausnahmefall bei der Bemessung einer Mehrarbeitsvergütung durch finanzielle Abgeltung wird der Bereitschaftsdienst in vollem Umfang (1:1) angerechnet.
8.2
1Rufbereitschaft liegt vor, wenn sich die Beamtin oder der Beamte – frei von jeglicher dienstlichen Tätigkeit – an einem von ihnen anzuzeigenden Ort ihrer Wahl aufhalten können, wobei ihre ständige Erreichbarkeit sichergestellt ist, um den Dienst bei Bedarf auf Abruf alsbald aufnehmen zu können. 2Der anzuzeigende Ort kann die eigene Häuslichkeit oder ein anderer Ort der Wahl der Beamtin oder des Beamten sein, solange der Zweck der Bereithaltung gewährleistet ist. 3Unter der gleichen Voraussetzung genügt anstelle der Anzeige eines bestimmten Ortes die Anzeige der ständigen Erreichbarkeit (zum Beispiel per Mobiltelefon). 4Bei wertender Betrachtung sind die Zeiten angeordneter Rufbereitschaft als Freizeit zu verstehen, die allenfalls sporadisch von Einsätzen unterbrochen wird. 5Die inaktiven Zeiten einer Rufbereitschaft sind keine Arbeitszeit. 6Sie werden zu 2/10 auf die Arbeitszeit angerechnet und können in diesem Umfang nur durch Freizeit ausgeglichen werden. 7Die Vergütung als Mehrarbeit durch monetäre Abgeltung scheidet insoweit aus. 8Dies gilt nicht für die Zeiten der tatsächlichen Heranziehung zu einer Dienstleistung (aktive Zeiten) – diese sind Arbeitszeit. 9Entsprechend beginnt die Anrechnung der Dienstleistung mit einer Stundenfortschreibung im Verhältnis von 1:1 bei Soforteinsätzen mit dem Zeitpunkt der Heranziehung (zum Beispiel Telefonanruf), bei Zeitlagen mit der Übernahme des Dienstes (zum Beispiel im Telefonanruf wird lediglich ein späterer Dienstbeginn mitgeteilt).
8.3
1Bei mehrtägigen Einsatzlagen dienen festgelegte Ruhezeiten der Erholung und stehen somit zur freien Verfügung. 2Diese Ruhezeiten werden grundsätzlich nicht auf die Arbeitszeit angerechnet. 3Im Einzelfall kann bei Vorliegen besonderer Umstände von den Vorgaben der Nrn. 8.1 bis 8.3 Satz 2 abgewichen werden. 4Die Festlegung des Umfangs einer (zusätzlichen) Anrechnung auf die Arbeitszeit erfolgt im Interesse einer differenzierenden und abgestuften Gewährung unter Berücksichtigung der im Einzelfall bestehenden tatsächlichen Verhältnisse, insbesondere der Belastungen beziehungsweise Einschränkungen der Beamtinnen und Beamten sowie des im Übrigen grundsätzlich bestehenden Umfangs von Freizeitausgleich (1:1 bei Volldienst oder Bereitschaftsdienst; 2/10 bei Rufbereitschaft; keine Zeitschreibung bei Freizeit beziehungsweise Erholungszeiten, die mit keinen Bedingungen verbunden sind, somit den Kräften zur freien Verfügung stehen und daher uneingeschränkt Ruhezeiten darstellen). 5Die Entscheidung über einen begründeten Einzelfall obliegt grundsätzlich der Behördenleitung oder einer durch sie beauftragten Stelle. 6Eine Mehrarbeitsvergütung durch monetäre Abgeltung ist für solche zusätzlich angerechneten Zeiten ausgeschlossen.
9.
1Die Eigenart des Polizeidienstes macht es notwendig, dass die Beschäftigten auch außerhalb des Schichtdienstes an Samstagen, Sonn- und Feiertagen beziehungsweise auch an allgemein dienstfreien Tagen (24. und 31. Dezember gemäß § 5 Abs. 2 BayAzV) Dienst leisten. 2Soweit es die dienstlichen Verhältnisse erlauben, sollen die Freizeiten mindestens alle vier Wochen auf ein Wochenende fallen. 3Auch Dienststellen ohne Schichtdienst haben dafür zu sorgen, dass an Samstagen, Sonn- und Feiertagen und während der sonstigen dienstfreien Zeit anfallende dringende Aufgaben erledigt und die dazu erforderlichen Beschäftigten herbeigeholt werden können. 4Für gegebenenfalls anzuordnende Rufbereitschaften wird auf Nr. 8.2 verwiesen.
10.
1Die Dienststellenleitung oder beauftragte Vorgesetzte haben nach den dienstlichen Möglichkeiten Freizeit (Stundenabbau oder Arbeitszeitausgleich) zu gewähren. 2Diese kann auch in Verbindung mit sonst üblichen dienstfreien Tagen und unter Berücksichtigung der persönlichen Wünsche der oder des Beschäftigten genehmigt werden. 3Im Schichtdienst sind Freizeiten grundsätzlich durch zusätzliche Freischichten einzuplanen. 4Diese sollen auch an Wochenenden und für die Dauer einer Schichtfolge gewährt werden. 5Auf die Vorschriften zu den Ruhezeiten (§ 3 BayAzV) wird hingewiesen.
11.
1Diese Bekanntmachung tritt am 1. Januar 2024 in Kraft. 2Mit Ablauf des 31. Dezember 2023 treten die Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern über die Arbeitszeit der staatlichen Polizei vom 11. April 2003 (AllMBl. S. 179), das Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums des Innern über die Einführung von gleitender Arbeitszeit bei den Polizeiverbänden vom 6. Oktober 2004 (Az. IC5-0232-1) und das Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr über die Vergütung von Mehrarbeit vom 4. September 2014 (Az. IC5-0543-2) außer Kraft.
Dr. Erwin Lohner
Ministerialdirektor