3121.0-J
Immunität der Mitglieder der gesetzgebenden Körperschaften
Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz
vom 9. August 2024, Az. E8 - 1044 - II - 96/88
1.
Der Grundsatz der prozessualen oder formellen Immunität (Art. 46 Abs. 2 bis 4 des Grundgesetzes, Art. 28 der Verfassung, § 152a der Strafprozessordnung – StPO) bedeutet, dass Mitglieder einer gesetzgebenden Körperschaft nur mit Genehmigung der gesetzgebenden Körperschaft, der sie angehören, wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung zur Verantwortung gezogen oder verhaftet oder aus anderen Gründen in ihrer persönlichen Freiheit beschränkt werden dürfen.
2.
2.1
1Immunität steht dem Bundespräsidenten sowie den Mitgliedern des Deutschen Bundestages, der Bundesversammlung, des Bayerischen Landtags, der gesetzgebenden Körperschaften der anderen Länder und des Europäischen Parlaments zu. 2Diese können auf die Immunität nicht verzichten.
2.1.1
Die Immunität des Bundespräsidenten ergibt sich aus Art. 60 Abs. 4 in Verbindung mit Art. 46 Abs. 2 bis 4 des Grundgesetzes, die Immunität der Mitglieder des Deutschen Bundestages aus Art. 46 Abs. 2 bis 4 des Grundgesetzes und die Immunität der Mitglieder der Bundesversammlung aus § 7 des Gesetzes über die Wahl des Bundespräsidenten durch die Bundesversammlung in Verbindung mit Art. 46 Abs. 2 bis 4 des Grundgesetzes.
2.1.2
1Die Immunität der Mitglieder des Bayerischen Landtags ergibt sich aus Art. 28 der Verfassung. 2Entsprechende Vorschriften sind in den Verfassungen der anderen Länder enthalten (vgl. auch die amtliche Anmerkung 1 zu Nr. 191 der Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren – RiStBV). 3Landesgesetzliche Vorschriften über die Voraussetzungen, unter denen gegen Mitglieder eines Organs der Gesetzgebung eine Strafverfolgung eingeleitet oder fortgesetzt werden kann, sind auch für die anderen Länder der Bundesrepublik Deutschland und den Bund wirksam (§ 152a StPO).
2.1.3
1Die Immunität der Mitglieder des Europäischen Parlaments bestimmt sich nach Art. 9 des Protokolls Nr. 7 über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Union. 2Hiernach steht während der Dauer der Sitzungsperiode den Mitgliedern des Europäischen Parlaments aus der Bundesrepublik Deutschland derselbe Immunitätsschutz zu wie Mitgliedern des Deutschen Bundestages; Art. 46 des Grundgesetzes sowie die hierzu ergangenen Regelungen finden entsprechende Anwendung. 3Ausländische Mitglieder des Europäischen Parlaments dürfen im Inland weder festgehalten noch gerichtlich verfolgt werden.
2.2
Die Vorschriften über die Immunität können von Bedeutung sein in Ermittlungs- und Strafverfahren, Disziplinarverfahren, berufs- und ehrengerichtlichen Verfahren, soweit sie öffentlich-rechtlichen Charakter haben, sowie bei bestimmten Maßnahmen im Rahmen bürgerlich-rechtlicher Verfahren (vgl. Abschnitt A Nr. 14 der Anlage 6 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages [GO-BT]) und Bußgeldverfahren (vgl. Nr. 298 RiStBV).
2.3
2.3.1
1Der Immunitätsschutz beginnt in dem Zeitpunkt, in dem die in den Bundestag gewählte Person die Mitgliedschaft im Bundestag erwirbt, das heißt in der Regel nach der abschließenden Feststellung des Ergebnisses für das Wahlgebiet durch den Bundeswahlausschuss mit der Eröffnung der ersten Sitzung des Deutschen Bundestages nach der Wahl (§ 45 Abs. 1 des Bundeswahlgesetzes – BWahlG; zur Ersatzwahl vgl. § 45 Abs. 2 BWahlG). 2Bei einer Listennachfolge (§ 48 Abs. 1 BWahlG) oder einer Wiederholungswahl (§ 44 BWahlG) wird die Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag und damit der Immunitätsschutz mit dem frist- und formgerechten Eingang der auf die Benachrichtigung erfolgenden Annahmeerklärung beim zuständigen Wahlleiter, jedoch nicht vor Ausscheiden des ursprünglich gewählten Abgeordneten erworben (§ 45 Abs. 2 Satz 1 BWahlG). 3Liegt bei Ablehnung des Erwerbs der Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag durch einen gewählten Bewerber die Annahmeerklärung des Listennachfolgers bereits vor der ersten Sitzung des Deutschen Bundestages nach der Wahl vor, erwirbt der Listennachfolger das Mandat und damit den Immunitätsschutz mit der Eröffnung dieser Sitzung (§ 45 Abs. 2 Satz 2 BWahlG). 4Der Immunitätsschutz endet mit dem Verlust der Mitgliedschaft (§§ 46, 47 BWahlG) oder mit der Beendigung der Wahlperiode des Bundestages (Art. 39 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes).
2.3.2
- 2.3.2.1
- 1Immunitätsschutz besteht während der Tagung (Art. 28 Abs. 1 der Verfassung), die mit dem Zusammentritt des Landtags beginnt. 2Die Tagung endet mit dem Ablauf der Wahlperiode (vgl. Art. 16 Abs. 1 Satz 2 der Verfassung) oder mit Auflösung des Landtags, sofern dieser nicht nach Art. 17 Abs. 3 der Verfassung einen früheren Schluss der Tagung beschließt. 3Eine gewählte sich bewerbende Person erwirbt die Mitgliedschaft im Landtag und damit den Immunitätsschutz nach der Feststellung des Ergebnisses für sämtliche Wahlkreise durch den Landeswahlausschuss mit der Eröffnung der ersten Sitzung des Landtags nach der Wahl (Art. 49 Abs. 1 des Landeswahlgesetzes – LWG). 4Bei einer Listennachfolge (Art. 58 LWG) oder einer Wiederholungswahl (Art. 55 LWG) wird die Mitgliedschaft im Landtag mit dem frist- und formgerechten Eingang der auf die Benachrichtigung erfolgenden Annahmeerklärung beim Landeswahlleiter, jedoch nicht vor Ausscheiden des ursprünglich gewählten Abgeordneten erworben (Art. 49 Abs. 2 Satz 1 LWG). 5Liegt bei Ablehnung des Erwerbs der Mitgliedschaft im Landtag durch eine gewählte sich bewerbende Person die Annahmeerklärung des Listennachfolgers bereits vor der ersten Sitzung des Landtags nach der Wahl vor, erwirbt der Listennachfolger das Mandat und damit den Immunitätsschutz mit der Eröffnung dieser Sitzung (Art. 49 Abs. 2 Satz 2 LWG).
- 2.3.2.2
- Zwischen den Tagungen des Landtags steht Immunität nur den Abgeordneten zu, die dem Präsidium des Landtags oder dem Zwischenausschuss als Mitglieder oder als erste Stellvertreter angehören (Art. 20 Abs. 1 und 2, Art. 26, 28, 32 der Verfassung).
2.3.3
1Die Immunität der Mitglieder des Europäischen Parlaments besteht während der Dauer der fünfjährigen Wahlperiode und auch während der Reise zum und vom Tagungsort des Europäischen Parlaments (vgl. Nr. 192b Abs. 1 S. 3 RiStBV). 2Der Immunitätsschutz der gewählten Abgeordneten beginnt ab dem Zeitpunkt der amtlichen Bekanntgabe des Wahlergebnisses durch die zuständige staatliche Behörde.
3.
3.1
Bei Verfahren in Immunitätssachen sind neben den in Nrn. 1 und 2 genannten gesetzlichen Vorschriften auch §§ 6 Abs. 2 Nrn. 1 und 8 des Einführungsgesetzes zur Strafprozessordnung (EGStPO) sowie die Nrn. 191, 192, 192a, 192b und 298 RiStBV zu beachten.
3.2
1In Verfahren gegen Mitglieder des Deutschen Bundestages ist ferner § 107 in Verbindung mit Anlage 6 der GO-BT zu beachten, in der der „Beschluss des Deutschen Bundestages betr. Aufhebung der Immunität von Mitgliedern des Bundestages“ (im Folgenden: GO-BT-Beschluss) und die „Grundsätze in Immunitätsangelegenheiten und in Fällen der Genehmigung gemäß § 50 Abs. 3 StPO und § 382 Abs. 3 ZPO sowie bei Ermächtigungen gemäß § 90b Abs. 2, § 194 Abs. 4 StGB“ (im Folgenden: GO-BT-Grundsätze) enthalten sind. 2Der Bundestag bzw. der Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages pflegt diese Regelungen in der Regel jeweils zu Beginn einer Wahlperiode zu übernehmen.
3In Verfahren gegen Mitglieder des Bayerischen Landtags sind §§ 92, 93 in Verbindung mit Anlage 3 zur Geschäftsordnung für den Bayerischen Landtag (BayLTGeschO) zu beachten, in der die vereinfachte Handhabung des Immunitätsrechts geregelt ist. 4Der Bayerische Landtag pflegt diese Regelungen in der Regel jeweils zu Beginn einer Wahlperiode zu übernehmen.
5Bei Mitgliedern der gesetzgebenden Körperschaften der anderen Länder ist die jeweilige Geschäftsordnung der gesetzgebenden Körperschaft zu beachten.
6Bei Mitgliedern des Europäischen Parlaments ist die Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments zu beachten.
4.
Die folgenden Regelungen beziehen sich auf die Immunität von Mitgliedern des Deutschen Bundestages und des Bayerischen Landtags; etwaige abweichende Regelungen für Mitglieder des Europäischen Parlaments und Abgeordnete der anderen Länder sind zu beachten.
4.1
1Grundsätzlich ist für jede Amtshandlung, die darauf abzielt, die Richtigkeit oder Unrichtigkeit des Verdachtes einer mit Strafe bedrohten Handlung gegen einen Abgeordneten zu ermitteln, die vorherige Genehmigung der gesetzgebenden Körperschaft erforderlich (Art. 46 Abs. 2 Halbsatz 1, Abs. 3 des Grundgesetzes, Art. 28 Abs. 1 Halbsatz 1, Abs. 2 der Verfassung). 2Hierzu zählen grundsätzlich alle strafverfolgenden Maßnahmen gegen Abgeordnete, insbesondere:
- die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens und die entsprechende Eintragung in das Js-Register (vgl. zur stets erforderlichen Eintragung im AR-Register, solange die Immunität der Untersuchung entgegensteht, Nr. 8.1),
- die Vernehmung von Zeugen, die Erholung von Auskünften und die Beiziehung von Akten zum Zweck der Ermittlung,
- die Vernehmung von Abgeordneten als Beschuldigte oder zu informatorischen Zwecken,
- die Erholung einer Auskunft aus dem Bundeszentralregister,
- der Antrag, die Fahrerlaubnis vorläufig zu entziehen (§ 111a StPO),
- die Sicherstellung und Beschlagnahme des Führerscheins,
- weitere Ermittlungsmaßnahmen des Ersten Buches, Achter Abschnitt der StPO,
- Verhaftung und vorläufige Festnahme.
3Näheres zu den Fällen, in denen eine Genehmigung der gesetzgebenden Körperschaft für eine Maßnahme ausnahmsweise nicht erforderlich ist, ergibt sich aus Nr. 4.2.
4In den Fällen, in denen es einer Genehmigung der gesetzgebenden Körperschaft für eine Maßnahme bedarf, sind die Nrn. 5 und 6 zu beachten.
4.2
1Der Genehmigung der gesetzgebenden Körperschaft bedarf es ausnahmsweise nicht bei bestimmten genehmigungsfreien (Vor-)Verfahren (Nr. 4.2.1), bei Festnahmen bei Begehung der Tat (Nr. 4.2.2) und bei unaufschiebbaren Maßnahmen der Beweismittelsicherung (Nr. 4.2.3).
2Die unverzügliche und unmittelbare Unterrichtung der Präsidentin oder des Präsidenten der gesetzgebenden Körperschaft nach Nr. 191 Abs. 5 RiStBV ist zu beachten.
4.2.1
– zu Nr. 191 Abs. 3 Buchst. b bis e, Abs. 4 RiStBV –
1In den Fällen der Nr. 191 Abs. 3 Buchst. b bis e und Abs. 4 RiStBV ist eine Genehmigung der gesetzgebenden Körperschaft nicht erforderlich, insbesondere bei Einleitung eines Verfahrens gegen einen Abgeordneten zum Zwecke der Einstellung, wenn der Sachverhalt die Einstellung ohne Beweiserhebung rechtfertigt.
2Einstellung im Sinn von Nr. 191 Abs. 3 Buchst. b RiStBV ist neben der Einstellung eines Ermittlungsverfahrens nach § 170 Abs. 2 StPO auch die Einstellung eines Ermittlungsverfahrens nach §§ 153, 154 StPO und nach §§ 377, 376 StPO (vgl. Nr. 192 Abs. 4 RiStBV). 3Die Erholung einer Auskunft aus dem Bundeszentralregister ist zu diesem Zwecke ohne Genehmigung zulässig. 4Nimmt ein Mitglied einer gesetzgebenden Körperschaft zum Tatvorwurf Stellung, kann dies bei der Entscheidung über die Einstellung verwertet werden. 5Der Anzeigeerstatter ist auch dann nach § 171 Satz 2 bzw. § 172 Abs. 2 Satz 2 StPO zu belehren, wenn er ein Mitglied einer gesetzgebenden Körperschaft angezeigt hat. 6Bevor ein Ermittlungsverfahren zum Zwecke der Einstellung ohne Beweiserhebung eingeleitet, insbesondere vom Allgemeinen Register in das Js-Register umgetragen wird, ist zu prüfen, ob nicht schon die Ablehnung der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens in Betracht kommt (§ 152 Abs. 2 StPO im AR -Vorgang).
4.2.2
– zu Nr. 191 Abs. 3 Buchst. a und h RiStBV –
1Gemäß Art. 46 Abs. 2 letzter Halbsatz des Grundgesetzes bzw. Art. 28 Abs. 1 letzter Halbsatz der Verfassung hindert die Immunität eine Festnahme bei Begehung der Tat oder im Laufe des folgenden Tages nicht (vgl. Nr. 191 Abs. 3 Buchst. a RiStBV). 2In diesen Fällen ist eine Genehmigung der gesetzgebenden Körperschaft – auch für die Durchführung des Verfahrens – nicht erforderlich.
3Weiter ist es ohne Genehmigung der gesetzgebenden Körperschaft zulässig, dem Abgeordneten bei der Begehung der Tat oder spätestens im Laufe des folgenden Tages unter den Voraussetzungen des § 81a StPO eine Blutprobe zu entnehmen (Nr. 191 Abs. 3 Buchst. h RiStBV).
4.2.3
– zu Nr. 191 Abs. 3 Buchst. f und g RiStBV –
Ebenfalls ohne Genehmigung der gesetzgebenden Körperschaft zulässig sind die in Nr. 191 Abs. 3 Buchst. f und g RiStBV genannten Maßnahmen, insbesondere die unaufschiebbare Spurensicherung.
4.3
1Der Deutsche Bundestag und der Bayerische Landtag haben nach Art. 46 Abs. 4 des Grundgesetzes bzw. Art. 28 Abs. 3 der Verfassung das Recht, in jedem Stand eines Verfahrens gegen eines seiner Mitglieder die Aussetzung des Verfahrens, der Haft oder der sonstigen Beschränkung für die Dauer der Tagung zu verlangen (sog. Anforderungs- oder Reklamationsrecht). 2Die gesetzgebende Körperschaft kann auf diese Weise den Immunitätsschutz des betreffenden Mitglieds wiederherstellen oder auch erstmals herstellen, so dass ein Verfahrenshindernis eintritt, das bis zum Verlust der Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag bzw. im Bayerischen Landtag oder bis zur erneuten Aufhebung der Immunität besteht. 3Nr. 6.8 findet Anwendung. 4Die Reklamation der gesetzgebenden Körperschaft ist zu den Akten zu nehmen.
5Das Reklamationsrecht des Bayerischen Landtags ist gemäß Art. 28 Abs. 3 Satz 2 der Verfassung ausgeschlossen, wenn es sich um den Vorwurf eines unpolitischen Verbrechens handelt; ob dieser Fall vorliegt, entscheidet der Landtag (Art. 28 Abs. 3 Satz 3 der Verfassung).
5.
– Zu Nr. 192a RiStBV –
5.1
5.1.1
1Der Bundestag sowie die gesetzgebenden Körperschaften der Länder pflegen regelmäßig zu Beginn einer neuen Wahlperiode eine allgemeine Genehmigung zur Durchführung von Ermittlungsverfahren gegen Abgeordnete zu erteilen; ausgenommen sind Ermittlungen wegen Beleidigungsdelikten politischen Charakters (Nr. 192a Abs. 1 RiStBV). 2Der Umfang der allgemeinen Genehmigung ergibt sich aus Nr. 192a Abs. 1, 2 RiStBV und den Beschlüssen der gesetzgebenden Körperschaften (Anlage 6 der GO-BT und Anlage 3 zur BayLTGeschO). 3Die allgemeine Genehmigung wird im Einzelfall erst wirksam, nachdem der Präsidentin oder dem Präsidenten der gesetzgebenden Körperschaft eine Mitteilung nach Nr. 192a Abs. 3 RiStBV zugegangen ist und eine gegebenenfalls erforderliche Wartefrist (vgl. Nr. 5.2.1) eingehalten wurde. 4Greift die allgemeine Genehmigung im konkreten Einzelfall nicht, muss die Genehmigung der gesetzgebenden Körperschaft nach Nr. 6 eingeholt werden.
5.1.2
1Die allgemeine Genehmigung umfasst insbesondere nicht die Erhebung der öffentlichen Klage in jeder Form (Nr. 192a Abs. 2 Buchst. a RiStBV; Nr. 2 Buchst. a GO-BT-Beschluss; Nr. 2 Buchst. b der Anlage 3 zur BayLTGeschO) oder freiheitsentziehende und freiheitsbeschränkende Maßnahmen (vgl. Nr. 192a Abs. 2 Buchst. c RiStBV; Nr. 2 Buchst. c GO-BT-Beschluss; Nrn. 2 und 6 der Anlage 3 zur BayLTGeschO), insbesondere nicht die Vollstreckung von Freiheitsstrafen; diese Maßnahmen bedürfen der Genehmigung im Einzelfall (vgl. Nr. 6).
2Die allgemeine Genehmigung des Bayerischen Landtags umfasst jedoch den Antrag auf Erlass eines Strafbefehls wegen einer Straftat, die der Beschuldigte beim Führen eines Kraftfahrzeugs oder unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen hat, wenn der Beschuldigte damit einverstanden ist (Nr. 1 Buchst. c der Anlage 3 zur BayLTGeschO); der Antrag bedarf jedoch einer vorherigen, gesonderten Mitteilung nach Nr. 192a Abs. 3 RiStBV (vgl. Nr. 3 der Anlage 3 zur BayLTGeschO).
3Nach Auffassung des Deutschen Bundestages gilt die allgemeine Genehmigung (GO-BT-Beschluss) nicht für den Vollzug einer angeordneten Durchsuchung und Beschlagnahme gegen Abgeordnete; dieser bedarf also in Verfahren gegen Mitglieder des Deutschen Bundestages der Genehmigung im Einzelfall (vgl. Nr. 6). 4Nach Nr. 1 Buchst. b der Anlage 3 zur BayLTGeschO umfasst die allgemeine Genehmigung des Bayerischen Landtags dagegen auch den Vollzug einer angeordneten Durchsuchung oder Beschlagnahme; der Vollzug bedarf jedoch einer vorherigen, gesonderten Mitteilung nach Nr. 192a Abs. 3 RiStBV (vgl. Nr. 3 der Anlage 3 zur BayLTGeschO); Nr. 5.2.5 ist zu beachten. 5In den Räumen des Bayerischen Landtags darf eine Durchsuchung oder Beschlagnahme gemäß Art. 29 Abs. 2 der Verfassung allerdings nur mit Genehmigung der Präsidentin oder des Präsidenten vorgenommen werden, wobei dies unabhängig davon gilt, ob sich das Ermittlungsverfahren gegen ein Mitglied des Bayerischen Landtags richtet oder nicht.
5.2
5.2.1
1Nach Nr. 1 des GO-BT-Beschlusses darf ein Verfahren frühestens 48 Stunden nach Zugang der Mitteilung bei der Präsidentin oder bei dem Präsidenten des Deutschen Bundestages eingeleitet werden. 2Bei der Berechnung der Frist werden Sonntage, allgemeine Feiertage und Samstage nicht mitgerechnet. 3Die Präsidentin oder der Präsident des Deutschen Bundestages kann im Einvernehmen mit dem Vorsitzenden des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung die Frist angemessen verlängern.
4Nach Nr. 3 der Anlage 3 zur BayLTGeschO darf ein Verfahren frühestens 48 Stunden nach Zugang der erforderlichen Mitteilung bei der Präsidentin oder bei dem Präsidenten des Bayerischen Landtags eingeleitet werden. 5Fällt das Ende der Frist auf einen Samstag, einen Sonntag oder einen Feiertag, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktags. 6Auf die Ausnahmeregelung nach Nr. 3 Satz 5 und 6 der Anlage 3 zur BayLTGeschO wird hingewiesen (vgl. Nr. 5.4).
5.2.2
1In der Mitteilung an die Präsidentinnen und Präsidenten der gesetzgebenden Körperschaften ist über Nr. 192a Abs. 3 RiStBV hinaus auch kurz darauf einzugehen, warum die Einstellung des Verfahrens derzeit nicht in Betracht kommt, falls sich diese Frage aufdrängt. 2Die Mitteilung ist so zu fassen, dass nicht der Eindruck entsteht, das Mitglied der gesetzgebenden Körperschaft sei schon einer Straftat überführt. 3Bei Privatklagedelikten (§ 374 StPO), die die Staatsanwaltschaft verfolgen will, ist ausdrücklich zu erklären, dass ein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung nach gegenwärtigem Erkenntnisstand bejaht wird (§ 376 StPO). 4Im Übrigen wird auf die Nrn. 8 und 9 hingewiesen.
5.2.3
1Eine Abschrift der Mitteilung an die Präsidentin oder den Präsidenten der gesetzgebenden Körperschaft ist zur Akte zu nehmen. 2Ebenso zur Akte zu nehmen ist der Nachweis über den Zugang der Mitteilung bei der gesetzgebenden Körperschaft.
5.2.4
Vor Ausweitung des Ermittlungsverfahrens auf neue Taten im prozessualen Sinn ist erneut nach Nr. 1 des GO-BT-Beschlusses bzw. Nr. 3 der Anlage 3 zur BayLTGeschO zu verfahren, insbesondere ist eine erneute Mitteilung an die Präsidentin oder den Präsidenten des Deutschen Bundestages bzw. des Bayerischen Landtags erforderlich.
5.2.5
1Eine Durchsuchung und Beschlagnahme darf frühestens 48 Stunden nach Zugang der Mitteilung bei der Präsidentin oder dem Präsidenten des Bayerischen Landtags über die beabsichtigte Einleitung eines Ermittlungsverfahrens im Sinne von Nr. 3 der Anlage 3 zur BayLTGeschO beantragt und angeordnet werden.
2Dementsprechend kann auch die Mitteilung über den beabsichtigten Vollzug einer angeordneten Durchsuchung oder Beschlagnahme im Sinne von Nr. 3 in Verbindung mit Nr. 1 Buchst. b der Anlage 3 zur BayLTGeschO nicht mit der Mitteilung über die beabsichtigte Einleitung eines Ermittlungsverfahrens im Sinne von Nr. 3 der Anlage 3 zur BayLTGeschO verbunden werden, sondern muss zeitlich gesondert nach Einleitung des Ermittlungsverfahrens erfolgen.
3Im Fall von Anschlussdurchsuchungen ist erneut nach Nr. 3 in Verbindung mit Nr. 1 Buchst. b der Anlage 3 zur BayLTGeschO zu verfahren, insbesondere ist eine erneute Mitteilung an die Präsidentin oder den Präsidenten des Bayerischen Landtags erforderlich.
5.3
1Vor Absendung der Mitteilung an die gesetzgebenden Körperschaften ist dem Staatsministerium der Justiz unter Einhaltung des Dienstwegs zu berichten (Absichtsbericht). 2Dem Bericht ist ein Entwurf der Mitteilung beizufügen.
5.4
1Erklärt die Präsidentin oder der Präsident des Bayerischen Landtags vor Ablauf der 48-Stunden-Frist, dass die Angelegenheit dem Landtag zur Entscheidung vorgelegt wird, darf das Verfahren nicht eingeleitet bzw. die beabsichtigte Maßnahme nach Nr. 1 Satz 2 Buchst. b und c der Anlage 3 zur BayLTGeschO nicht durchgeführt werden (vgl. Nr. 3 Satz 5 und 6 der Anlage 3 zur BayLTGeschO). 2Genehmigt der Landtag die Verfahrenseinleitung nicht, besteht ein Verfahrenshindernis bis zum Verlust der Mitgliedschaft im Landtag oder bis zur Aufhebung der Immunität durch den Landtag. 3Nrn. 6.8, 7.2.3 und 7.2.4 finden Anwendung.
4Eine vergleichbare Regelung enthält die Anlage 6 der GO-BT nicht; das Recht des Deutschen Bundestages, die Aussetzung des Verfahrens zu verlangen (Art. 46 Abs. 4 des Grundgesetzes), bleibt aber unberührt.
6.
– Zu Nr. 192 RiStBV –
6.1
1Soweit eine Genehmigung erforderlich ist (vgl. Nr. 4) und ein Fall der allgemeinen Genehmigung (vereinfachte Handhabung) nicht vorliegt, ist die Aufhebung der Immunität bei der gesetzgebenden Körperschaft zu beantragen. 2Der Antrag an die Präsidentin oder den Präsidenten der gesetzgebenden Körperschaft ist wie folgt zu fassen:
„Es wird gebeten, eine Entscheidung des (Bezeichnung der gesetzgebenden Körperschaft) darüber herbeizuführen, ob die Genehmigung zur Durchführung der Strafverfolgung erteilt wird.“
3Gegebenenfalls sind die Wörter „zur Durchführung der Strafverfolgung“ durch die Bezeichnung des sonst in Betracht kommenden Verfahrens(-abschnitts) oder der Maßnahme im Sinne von Nr. 192 Abs. 1 RiStBV (zum Beispiel „Strafvollstreckung“) zu ersetzen.
6.2
1Für den Inhalt des Schreibens ist Nr. 192 Abs. 2 RiStBV zu beachten. 2Nr. 5.2.2 gilt entsprechend. 3Im Fall von Nr. 192a Abs. 5 RiStBV muss aus dem Schreiben zu ersehen sein, dass dem Mitglied der gesetzgebenden Körperschaft Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden ist.
6.3
1Die Genehmigung wird – auch bei gerichtlich anhängigen Verfahren – durch die Staatsanwaltschaft auf dem Dienstweg eingeholt, es sei denn, dass diese am Verfahren nicht beteiligt ist.
2Zur Vorbereitung ihrer Entscheidung, ob die Genehmigung zur Strafverfolgung wegen einer Beleidigung politischen Charakters eingeholt werden soll, teilt die Staatsanwaltschaft dem Abgeordneten den Vorwurf mit und stellt ihm anheim, hierzu Stellung zu nehmen (Nr. 192a Abs. 5 Satz 2 RiStBV).
6.4
Das Schreiben an die Präsidentin oder den Präsidenten der gesetzgebenden Körperschaft (Nr. 192 Abs. 3 RiStBV) und ein Begleitschreiben sind auf dem Dienstweg vorzulegen.
6.5
1Die Genehmigung zur zwangsweisen Vorführung oder Verhaftung ist in der Genehmigung zur Durchführung der Strafverfolgung nicht enthalten und muss daher, wenn erforderlich, gesondert beantragt werden. 2Der Antrag kann mit dem Antrag auf Genehmigung der Durchführung der Strafverfolgung verbunden werden; in dem unter Nr. 6.1 wiedergegebenen Antrag sind dann nach den Wörtern „Durchführung der Strafverfolgung“ die Wörter „einschließlich der Befugnis zur Verhaftung“ oder „zur zwangsweisen Vorführung“ einzufügen.
3Dagegen ist der Antrag auf Genehmigung der Vollstreckung einer Freiheitsstrafe grundsätzlich nicht mit dem Antrag auf Genehmigung der Durchführung der Strafverfolgung zu verbinden, sondern erst zu stellen, wenn das Strafverfahren rechtskräftig abgeschlossen ist. 4Kann ein Verurteilter nur durch Vorführung oder Verhaftung (§ 457 Abs. 2 StPO) zur Strafvollstreckung gebracht werden, so ist die Genehmigung hierfür gesondert zu beantragen; der Antrag kann mit dem Antrag, die Vollstreckung der Freiheitsstrafe zu genehmigen, verbunden werden.
6.6
1Der Genehmigungsbeschluss gibt in der Regel nicht an, zu welchem Strafverfahren und zu welchen einzelnen Straftaten die Genehmigung zur Strafverfolgung erteilt wird. 2Zur Bestimmung des Umfangs der Genehmigung sind daher der Antrag der Staatsanwaltschaft auf Erteilung der Genehmigung und die Verhandlungen des zuständigen Ausschusses heranzuziehen (BGHSt 15, 274). 3Die Verhandlungen der gesetzgebenden Körperschaften werden mitgeteilt, sofern der Umfang der Genehmigung zweifelhaft sein kann.
6.7
1Eine beglaubigte Abschrift des Antrags der Staatsanwaltschaft, mit dem die Genehmigung der gesetzgebenden Körperschaft erholt worden ist (Nr. 192 Abs. 3 Satz 2 RiStBV), und die Mitteilung über die erteilte Genehmigung sind zu den Akten zu nehmen. 2Das Gleiche gilt, sofern sie übermittelt werden, für die Ausfertigung des Beschlusses, mit dem die Genehmigung erteilt worden ist, und für die beglaubigte Abschrift der Verhandlungen der gesetzgebenden Körperschaft.
6.8
1Genehmigt die gesetzgebende Körperschaft die Einleitung eines Verfahrens nicht, besteht ein Verfahrenshindernis bis zum Mandatsverlust oder bis zur Aufhebung der Immunität. 2Bis dahin ruht gemäß § 78b Abs. 1 Nr. 2 StGB die Verjährung. 3Das Ruhen der Verjährung beginnt gemäß § 78b Abs. 2 StGB erst mit Ablauf des Tages, an dem die Staatsanwaltschaft oder eine Behörde oder ein Beamter des Polizeidienstes von der Tat und der Person des Täters Kenntnis erlangt oder eine Strafanzeige oder ein Strafantrag gegen den Täter angebracht wird. 4Aufgrund des Ruhens der Verjährung ist eine entsprechende Wiedervorlage, in der Regel für den Zeitpunkt nach Ablauf der Legislaturperiode, und nicht ein Weglegen der Akten zu verfügen. 5Auf Nr. 7 wird hingewiesen.
7.
– Zu Nr. 191 Abs. 2 RiStBV –
7.1
1Mitgebrachte Verfahren sind Verfahren, die vor dem zeitlichen Beginn des Immunitätsschutzes gegen das Mitglied der gesetzgebenden Körperschaft eingeleitet worden sind.
2Fortgesetzte Verfahren sind Verfahren gegen ein wiedergewähltes Mitglied der gesetzgebenden Körperschaft, deren Durchführung in der letzten Wahlperiode von der vorhergehenden gesetzgebenden Körperschaft genehmigt war.
3Der Deutsche Bundestag und der Bayerische Landtag behandeln mitgebrachte und fortgesetzte Verfahren unterschiedlich.
7.2
7.2.1
1Mitgebrachte und fortgesetzte Verfahren dürfen nur mit Genehmigung der gesetzgebenden Körperschaft fortgesetzt werden, der das Mitglied der gesetzgebenden Körperschaft zum Zeitpunkt des Beginns des (erneuten) Immunitätsschutzes (vgl. Nr. 2.3) angehört (vgl. Nr. 16 der GO-BT-Grundsätze; Nr. 191 Abs. 2 RiStBV); dies gilt nicht in Fällen des Art. 46 Abs. 2 letzter Halbsatz des Grundgesetzes.
2In den Fällen, in denen eine allgemeine Genehmigung nicht vorliegt, ist eine (erneute) Genehmigung entsprechend Nr. 6 zu erholen.
3Bei allgemein genehmigten Ermittlungsverfahren ist (erneut) entsprechend Nr. 192a RiStBV zu verfahren (vgl. Nr. 5.2).
4In Nr. 2 Buchst. d des GO-BT-Beschlusses ist festgelegt, dass die allgemeine Genehmigung des Deutschen Bundestages nicht die Fortsetzung eines Ermittlungsverfahrens umfasst, zu dem der Deutsche Bundestag in der vorausgegangenen Wahlperiode die Aussetzung der Ermittlungen gemäß Art. 46 Abs. 4 des Grundgesetzes verlangt hat.
7.2.2
1Bevor eine erneute Genehmigung erholt oder erneut entsprechend Nr. 192a RiStBV verfahren wird, ist zu prüfen, ob aufgrund von Änderungen in der tatsächlichen oder rechtlichen Situation die Einstellung des Verfahrens nunmehr geboten ist. 2Namentlich ist zu prüfen, ob ein öffentliches bzw. besonderes öffentliches Interesse an der Strafverfolgung inzwischen entfallen ist.
7.2.3
Ist von der vorhergehenden gesetzgebenden Körperschaft die Genehmigung nicht erteilt worden, so ist alsbald nach dem Zusammentritt der neuen gesetzgebenden Körperschaft deren Entscheidung über die Genehmigung einzuholen.
7.2.4
Zur Überprüfung einer späteren Fortsetzung des Verfahrens ist die Wiedervorlage der Akten zu verfügen.
7.3
7.3.1
- 7.3.1.1
- 1Für die Weiterführung eines vor dem Zusammentritt des Landtags eingeleiteten Verfahrens gegen ein neu gewähltes Mitglied oder eines genehmigten Verfahrens gegen ein wiedergewähltes Mitglied bedarf es keiner bzw. keiner neuen Genehmigung des Landtags nach Art. 28 Abs. 1 der Verfassung. 2Das Verfahren ist erst aufzuheben, wenn ein hierauf gerichtetes Verlangen des Landtags nach Art. 28 Abs. 3 der Verfassung (vgl. Nr. 4.3) vorliegt.
- 7.3.1.2
- Gleiches gilt, wenn ein Verfahren gegen ein wiedergewähltes Mitglied zwischen den Tagungen in zulässiger Weise (vgl. Nr. 2.3.2.2) eingeleitet worden ist.
- 7.3.1.3
- 1Hat bei wiedergewählten Abgeordneten der frühere Landtag die Genehmigung nicht erteilt oder hat dieser darüber nicht mehr entschieden und ist die Einleitung eines Verfahrens zwischen den Tagungen unzulässig (vgl. Nr. 2.3.2.2) oder unterblieben, ist erneut an den Landtag heranzutreten. 2Nr. 7.2.2 gilt entsprechend.
7.3.2
1Über Verfahren, die vor Beginn der Tagung des Landtags in zulässiger Weise eingeleitet worden sind, ist alsbald nach Beginn der Tagung dem Staatsministerium der Justiz ein Bericht zur Weiterleitung an den Landtag zu übersenden. 2Das Staatsministerium der Justiz gibt dem Landtag Gelegenheit, von seiner Befugnis nach Art. 28 Abs. 3 der Verfassung (sog. Reklamationsrecht) Gebrauch zu machen. 3Der Bericht soll Gegenstand und Stand des Verfahrens in gedrängter, aus sich heraus verständlicher Form wiedergeben; eine bereits eingereichte Anklageschrift und ergangene gerichtliche Entscheidungen sind gegebenenfalls beizufügen.
8.
8.1
1Vorgänge, die Anzeigen gegen Mitglieder von gesetzgebenden Körperschaften zum Gegenstand haben, sind abweichend von § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a aa der Aktenordnung für die Gerichte der ordentlichen Gerichtsbarkeit und Staatsanwaltschaften in Bayern (AktO) stets im Allgemeinen Register (AR) zu führen und als Vorermittlungsverfahren oder Prüfvorgang zu bezeichnen, solange die Immunität der Untersuchung entgegensteht. 2Richtet sich die Anzeige auch gegen eine andere Person, so ist für die Anzeige gegen den Abgeordneten zunächst ein gesonderter Vorgang anzulegen, soweit es sich nicht um offensichtlich unbegründete oder missbräuchliche Anzeigen handelt.
8.2
In diesen Vorgängen ist der Ausdruck „Beschuldigter“ oder „Beschuldigte“ zur Bezeichnung der Abgeordneten nicht zu verwenden.
8.3
Besteht Anlass, von Amts wegen einen Vorgang anzulegen, so ist entsprechend zu verfahren.
8.4
Schreiben an Abgeordnete zeichnet der Behördenleiter oder sein Vertreter (LOStA-Briefkopf).
9.
9.1
1Berichte und Mitteilungen sind vom Behördenleiter oder seinem Vertreter zu zeichnen (LOStA-Briefkopf) und im Original zu übermitteln. 2Sie müssen aus sich heraus verständlich und inhaltlich vollständig sein.
3Soweit sie an die Präsidentin oder den Präsidenten der gesetzgebenden Körperschaft gerichtet sind, sind die Mitteilungen immer in einem verschlossenen Umschlag mit dem Vermerk „Persönlich oder Vertreter im Amt“ zu übersenden. 4Wird die Mitteilung auf elektronischem Weg an die Präsidentin oder den Präsidenten des Bayerischen Landtags gerichtet, ist die E-Mail verschlüsselt an das hierzu bereitgestellte Funktionspostfach zu versenden. 5Mitteilungen, die an die gesetzgebende Körperschaft gerichtet sind, dürfen keine Namen und personenbezogenen Daten von anderen Beschuldigten enthalten. 6In solchen Berichten und Mitteilungen soll zudem die Angabe von Informationen, deren Bekanntwerden den Ermittlungserfolg gefährden könnte, soweit wie möglich vermieden werden.
9.2
Das Staatsministerium der Justiz ist auf schnellstem Weg von der vorläufigen Festnahme oder Verhaftung eines Mitglieds einer gesetzgebenden Körperschaft zu unterrichten (Nr. 2.1 der Bekanntmachung über die Berichtspflichten in Strafsachen [BeStra]).
9.3
1Wegen weiterer Berichts- und Mitteilungspflichten wird verwiesen auf § 8 EGStPO, Nr. 191 Abs. 5, Nr. 192 Abs. 3, Nr. 192a Abs. 3, Nr. 192b Abs. 5 RiStBV sowie auf Nrn. 5.3 und 7.3.2. 2Ferner ist dem Staatsministerium der Justiz gemäß JMS vom 31. Juli 2024, Az.: E8 - 1044 - II - 8059/1995 (88/1995), in sämtlichen Straf- und Ermittlungsverfahren gegen Mitglieder des Landtags ab 1. Dezember 2024 jeweils halbjährlich zu berichten, vgl. Nr. 4 der Anlage 3 zur BayLTGeschO.
9.4
Beabsichtigt die Staatsanwaltschaft, ein Ermittlungsverfahren nicht einzuleiten (§ 152 Abs. 2 StPO) oder ein Verfahren nach § 170 Abs. 2 StPO oder nach den §§ 153 ff. StPO ohne Beweiserhebung einzustellen und erscheint die Rechts- und Sachlage insoweit nicht völlig zweifelsfrei, so ist vor der abschließenden Verfügung der Staatsanwaltschaft dem Staatsministerium der Justiz unter Einhaltung des Dienstwegs zu berichten (Absichtsbericht) und Gelegenheit zu geben, etwaige Bedenken gegen die beabsichtigte Sachbehandlung geltend zu machen.
10.
1Diese Bekanntmachung tritt am Tag nach der Veröffentlichung in Kraft.
2Die Bekanntmachung über die Immunität der Mitglieder der gesetzgebenden Körperschaften vom 27. Dezember 2019 (BayMBl. 2020 Nr. 34) tritt zum gleichen Zeitpunkt außer Kraft.
Heinz-Peter Mair
Ministerialdirigent