7846-L
Richtlinie für den Ausgleich von Fischotterschäden im Rahmen
eines Fischotter-Managements
Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für
Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Tourismus
vom 18. Dezember 2023, Az. L4-7984-1/214
1.
1Schäden durch den Fischotter gefährden zunehmend die Existenz der kleinteilig strukturierten Familienbetriebe der bayerischen Teichwirtschaft. 2Wegen des besonderen und strengen Schutzstatus gemäß Bundesnaturschutzgesetz und EU-Recht sind eingreifende Maßnahmen in die Otterpopulation nur sehr eingeschränkt möglich. 3Im Rahmen des Fischotter-Managementplanes werden daher die durch Fischotter verursachten Fraßschäden an Fischbeständen teilweise ausgeglichen. 4Damit soll ein Beitrag zur Existenzsicherung der fischwirtschaftlichen Betriebe und zum Erhalt der nachhaltigen Teichwirtschaft geleistet werden. 5Die Ausgleichszahlung wird auf Basis der „Rahmenrichtlinie für den Ausgleich von durch geschützte Tiere verursachten Schäden in der Fischerei und Aquakultur“ des Bundes in der jeweils gültigen Fassung1, als Billigkeitsleistung nach Art. 53 Bayerische Haushaltsordnung (BayHO) gewährt und erfolgt ohne Rechtsanspruch im Rahmen der hierfür veranschlagten Haushaltsmittel.
2.
1Die Ausgleichszahlung wird für monetär bezifferbare Fischverluste, die durch das Eindringen des Fischotters in die Teiche des Betriebes entstehen, gewährt. 2Ausgleichsfähig sind Schäden an typischen Fischarten der heimischen Teichwirtschaft, wie z. B. Forelle, Saibling, Huchen, Äsche, Edel- und Steinkrebs, Karpfen, Schleie, Hecht, Zander, Weißfische, Wels. 3Nicht berücksichtigt werden untypische Arten, wie z. B. nicht heimische Störarten, Zierfische oder Koi. 4Die endgültige Feststellung über die ausgleichsfähigen Fischarten trifft der Otterberater (s. auch Nr. 6.1).
3.
- 3.1
- Antragsberechtigung/Begünstigung
1Antragsberechtigt und damit Begünstigte sind teichwirtschaftliche Betriebe und Fischereivereine, die entweder
- mehr als 0,5 ha Teichfläche bewirtschaften oder
- mehr als 250 kg Fische/Jahr erzeugen oder
- Fische mit einem Gesamtwert von mehr als 750 €/Jahr erzeugen.
2Eine Ausgleichszahlung wird nur für Fraßschäden bei der Satz- oder Speisefischproduktion gewährt, nicht jedoch für Fischverluste in Angelteichen und freien Gewässern. 3Die betroffene Teichanlage muss in Bayern liegen.
- 3.2
- Ausschlüsse
- 3.2.1
- Von der Ausgleichszahlung ausgeschlossen sind Begünstigte, die
- durch Handel mit Fischen aus illegaler, nicht gemeldeter und unregulierter Fischerei einen schweren Verstoß nach Art. 42 der Verordnung (EG) Nr. 1005/2008 oder Art. 90 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1224/2009 begangen haben (Verstoß gegen die Vorschriften der Gemeinsamen Fischereipolitik (GFP)),
- einer Rückforderungsanordnung aufgrund eines früheren Beschlusses der Kommission zur Feststellung der Unzulässigkeit einer Beihilfe und ihrer Unvereinbarkeit mit dem Binnenmarkt nicht nachgekommen sind.
- 3.2.2
- Ebenfalls von der Antragstellung ausgeschlossen sind Unternehmen in Schwierigkeiten, es sei denn, die finanziellen Schwierigkeiten beruhen auf von Fischottern verursachten Schäden.
- 3.2.3
- Wird festgestellt, dass ein Begünstigter vorsätzlich falsche Angaben gemacht hat, so wird der betreffende Antrag von der Ausgleichszahlung ausgeschlossen und bereits gezahlte Mittel werden zurückgefordert.
4.
- 4.1
- Grundsätzliches
1Für die Gewährung einer Ausgleichszahlung gelten die nachfolgenden Voraussetzungen:
- a)
- Es werden folgende Aufzeichnungen zum Fischbestand geführt:
- Teichbuch: Das Teichbuch ist verpflichtend als fortlaufendes und eigenständiges Dokument zu führen, entsprechend der Vorlage, die im Förderwegweiser bereitgestellt wird. Darin müssen mindestens folgende Angaben enthalten sein: Teichname, Besatz (Datum, Art, Altersstadium, Menge, Gewicht, Herkunft), Haltung (Verluste: Ursachen, Datum, Menge), Abfischung (Datum, Menge, Gewicht, Empfänger).
Des Weiteren müssen
- Rechnungen oder sonstige Nachweise über Satzfischbezug, Futtermitteleinsatz und Abfischergebnis oder
- Unterlagen des Fischerzeugerrings, falls Mitglied, nachgewiesen werden können.
Die Unterlagen müssen jeweils plausibel und nachvollziehbar sein.
- b)
- Es werden Nachweise für das Auftreten des Fischotters (z. B. Fotos, Spuren, Kot, Fischreste mit spezifischem Schadbild) vorgelegt. Andere Ursachen (Fischfeinde wie Reiher, Kormoran, Gänsesäger, Fischadler, Fuchs und Mink etc. oder Krankheiten und ungünstige Haltungsbedingungen) müssen mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden können bzw. bei der Verlustberechnung berücksichtigt werden.
- c)
- Jeder Antragsteller muss eine landwirtschaftliche Betriebsnummer haben. Diese ist ggf. beim örtlich zuständigen Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) zu beantragen.
2Karpfenteichflächen, für die Ausgleichszahlungen beantragt werden, sollten beim zuständigen AELF digitalisiert werden, um eine eindeutige Zuordnung zu erleichtern.
- 4.2
- Präventionsmaßnahmen
1Im Schadensfall entscheidet der Otterberater vor Ort über verpflichtende Präventionsmaßnahmen bei der jeweiligen Teichanlage. 2Die empfohlenen Maßnahmen sind vom Otterberater zu dokumentieren. 3Sofern Präventionsmaßnahmen nicht erfolgreich waren, können vom Otterberater Änderungen oder Nachbesserungen gefordert werden. 4Eine weitere Ausgleichszahlung ist nur möglich, wenn dazu eine Bestätigung des Otterberaters vorliegt. 5Nicht durchgeführte Präventionsmaßnahmen führen zum Ausschluss von Ausgleichszahlungen.
5.
- 5.1
- Ausgleichsfähige Schäden
1Ausgleichsfähig sind die nach Nr. 2 beantragten und anerkannten Fischotterschäden. 2Die Berechnung der anerkannten Schadenssumme erfolgt in folgenden Schritten:
- Ermittlung des Gesamtverlustes in % =
[Besatzmenge in Stück minus Abfischmenge in Stück] / Besatzmenge * 100
- Ermittlung des Verlustes durch Otter in % =
[Gesamtverlust in % minus Verluste durch andere Ursachen in %]
- Berechnung der Verluste durch Otter in kg =
[Verlustanteil durch Otter in % * Besatzmenge in Stück * durchschnittliches Endgewicht/Stück]
- Berechnung der Schadenssumme durch Otterschäden in EUR =
[Verlust durch Otter in kg * Marktpreis der jeweiligen Fischart/kg]
3Die angegebenen Daten sind vom Otterberater auf Grundlage der betrieblichen Daten (z. B. Rechnungen) beim Vor-Ort-Termin zu plausibilisieren. 4Als andere Verlustursachen sind definiert: Theoretische Normalverluste (Abzug erfolgt immer), Krankheits-, Haltungs-, andere Raubtierverluste (Abzug erfolgt auf Basis der Betriebsdaten und der örtlichen Gegebenheiten).
- 5.2
- Höhe der Ausgleichszahlung
1Es können max. 100 % der anerkannten Schadenssumme ausgeglichen werden. 2Nicht ausgeglichen werden Schadensbeträge, die unter 500 € liegen (Bagatellgrenze). 3Nach Feststellung des Gesamtbetrags der anerkannten Schäden für alle Anträge, wird die Höhe der Ausgleichszahlung in Abhängigkeit von den zur Verfügung stehenden Haushaltsmitteln berechnet.
- 5.3
- Kumulierung
1Der Begünstigte hat gegenüber der Bewilligungsbehörde alle Zahlungen oder sonstigen geldwerten Leistungen Dritter (z. B. andere öffentliche Mittel, Versicherungsleistungen) offenzulegen. 2Die Bewilligungsbehörde berücksichtigt diese Angaben bei der Berechnung der Ausgleichszahlung. 3Diese dürfen nicht zu einer Überschreitung der Beihilfehöchstintensität führen.
6.
- 6.1
- Schadensfeststellung
1Der Betrieb meldet Fischotterschäden nach der Schadensfeststellung unverzüglich beim Otterberater an und dokumentiert die Schäden. 2Der Otterberater überprüft die Schäden vor Ort und berät den Betrieb über durchzuführende Präventionsmaßnahmen. 3Jeder Abfischtermin ist dem Otterberater rechtzeitig mitzuteilen, um diesem ggf. eine Teilnahme an der Abfischung zu ermöglichen. 4Mit der Abfischung ist der Gesamtschaden zu ermitteln, zu dokumentieren und vom Otterberater zu bestätigen. 5In besonderen Fällen beteiligt der Otterberater die Fachberatung für Fischerei des Bezirks. 6Kann der Otterberater bei der Abfischung nicht vor Ort sein, muss ihm die endgültige Schadensmeldung spätestens bis zum 31. Dezember des Schadensjahres zur Prüfung zugesandt werden. 7Schadensjahr ist das Kalenderjahr.
- 6.2
- Antragstellung
1Der Antragsteller reicht die vom Otterberater geprüfte und bestätigte Schadensmeldung mit dem Antrag auf Ausgleichszahlung bei der Bewilligungsbehörde bis spätestens 31. Mai des auf das Schadensjahr folgenden Jahres ein. 2Anträge, die nach dem 31. Mai eingehen, können nicht mehr berücksichtigt werden. 3Bewilligungsbehörde ist das Kompetenzzentrum Förderprogramme in Marktredwitz. 4Es kann höchstens ein Antrag pro Kalenderjahr gestellt werden.
- 6.3
- Bewilligung und Auszahlung
1Die Bewilligungsbehörde sammelt alle Anträge bis zum 31. Mai des auf das Schadensjahr folgenden Jahres. 2Sie prüft die grundsätzlichen Antragsvoraussetzungen und veranlasst die Auszahlung der Beträge sowie den Versand des Bescheids.
7.
Auf der Beihilfe-Website der EU werden folgende Informationen veröffentlicht:
- Kurzbeschreibung,
- voller Wortlaut der Beihilfemaßnahme,
- Name der Bewilligungsbehörde,
- Informationen einzelner Beihilfeempfänger, deren Beihilfewerte den Schwellenwert von 10 000 € überschreiten.
8.
1Die Bewilligungsstellen führen ausführliche Aufzeichnungen, um feststellen zu können, dass die Voraussetzungen für die Ausgleichszahlung erfüllt sind. 2Die Aufzeichnungen sind zehn Jahre lang aufzubewahren.
3Die Bewilligungsbehörde, das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Tourismus einschließlich seiner nachgeordneten Behörden und der Bayerische Oberste Rechnungshof (gem. Art. 91 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BayHO) haben das Recht, die Voraussetzungen für die Gewährung der Ausgleichszahlung entweder selbst zu prüfen oder durch Beauftragte prüfen zu lassen.
9.
1Die Aufhebung (Rücknahme oder Widerruf) von Bescheiden und die Erstattung gewährter Ausgleichszahlungen richten sich nach den einschlägigen Rechtsvorschriften und den im jeweiligen Bescheid enthaltenen Nebenbestimmungen. 2Die Erhebung von Kosten richtet sich nach dem Kostengesetz.
10.
1Diese Richtlinie tritt mit Wirkung vom 1. Januar 2024 in Kraft. 2Sie tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2026 außer Kraft.
Hubert Bittlmayer
Ministerialdirektor