300-12-6-J
Verordnung über die Aufbewahrung von Schriftgut der Gerichte, Staatsanwaltschaften und Justizvollzugsbehörden (Aufbewahrungsverordnung – AufbewV)
Vom 29. Juli 2010
Auf Grund des Art. 51b Abs. 1 des Gesetzes zur Ausführung des Gerichtsverfassungsgesetzes und von Verfahrensgesetzen des Bundes – AGGVG – (BayRS 300-1-1-J), zuletzt geändert durch § 2 des Gesetzes vom 22. Dezember 2009 (GVBl S. 632), erlassen das Bayerische Staatsministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, das Bayerische Staatsministerium des Innern, das Bayerische Staatsministerium der Finanzen und das Bayerische Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen folgende Verordnung:
§ 1
Die Aufbewahrungsfristen bestimmen sich nach der Anlage.
§ 2
(1) Gelten für Akten und Aktenteile (z. B. Urteile, Beschlüsse usw.) unterschiedliche Aufbewahrungsfristen, so bestimmt sich die Aufbewahrungsfrist für den die Urschriften dieser Akten oder Aktenteile ersetzenden Bild- oder anderen Datenträger nach der jeweils längsten Aufbewahrungsfrist, sofern eine fristgerechte Sperrung oder Löschung nicht oder nur mit unvertretbarem Aufwand möglich ist.
(2) 1Erscheint eine Aufbewahrungsfrist im Einzelfall aus besonderen Gründen zu kurz oder zu lang, so kann bei der Anordnung der Weglegung eine längere oder eine kürzere Aufbewahrungsfrist bestimmt werden. 2Eine längere oder kürzere Aufbewahrungsfrist kann im Einzelfall auch auf Antrag vom Verfahrensbeteiligten oder sonstigen Personen bestimmt werden, wenn ein berechtigtes Interesse nachgewiesen ist.
(3) Soweit in Spalte 4 der Anlage eine Aufbewahrungsfrist nicht angeordnet ist, ist das Schriftgut unmittelbar nach seiner Weglegung nach den dazu erlassenen besonderen Vorschriften auszusondern.
§ 3
(1) 1Die Aufbewahrungsfrist für das Schriftgut in Straf- und Bußgeldsachen beginnt mit dem Ablauf des Jahres, in dem die verfahrensbeendende Entscheidung – bei mehreren Beschuldigten oder Betroffenen die letzte Entscheidung – rechtskräftig geworden ist. 2Sofern die verfahrensbeendende Entscheidung keiner Rechtskraft bedarf, beginnt die Aufbewahrungsfrist mit Ablauf des Jahres, in dem diese Entscheidung getroffen worden ist.
(2) Wird nachträglich auf eine Gesamtstrafe erkannt, ist die Aufbewahrungsfrist für das Schriftgut über die in die Entscheidung einbezogenen Verurteilungen nach dem Tag der Rechtskraft der Gesamtstrafenentscheidung neu zu bestimmen.
(3) 1Ist zum Zeitpunkt des Weglegens der Akten die in der Anlage bestimmte – nach Abs. 1 berechnete – Frist für die Aufbewahrung des Schriftguts bereits abgelaufen, oder endet diese mit Ablauf des Jahres der Weglegung oder der beiden darauf folgenden Jahre, so ist das Schriftgut vom Beginn des auf die Weglegung folgenden Jahres für drei weitere Jahre aufzubewahren. 2Dies gilt nicht in den Fällen der Kennziffer 46 Buchst. a und der Kennziffer 628 Buchst. a der Anlage.
(4) 1Bei automationsunterstützter Schriftgutverwaltung kann abweichend von Abs. 1 die Aufbewahrungsfrist auch von einem früheren Zeitpunkt (z. B. vom Datum der Weglegungsverfügung) an berechnet werden. 2Die Entscheidung hierüber trifft die Behördenleitung.
§ 4
(1) Die Aufbewahrungsfrist für das in § 3 nicht genannte Schriftgut beginnt mit dem Ablauf des Jahres der Weglegung.
(2) Als Jahr der Weglegung gilt
- 1.
- bei Gefangenenbüchern mit den dazugehörigen Gefangenenkarteien und bei den Listen über die den Gefangenen abgenommenen Gegenstände sowie bei Büchern und Nachweisen über die den Gefangenen abgenommenen Gelder das Jahr, in dem der Vollzug bezüglich aller darin aufgeführten Gefangenen beendet ist;
- 2.
- für (Sammel)Akten mit den Unterlagen über die Schöffenwahl, Schöffenauslosung und Schöffengeschäftsstelle das Jahr des Ablaufs der jeweiligen Wahlperiode;
- 3.
- für Akten über sonstige Angelegenheiten, in denen eine Anordnung der Weglegung nicht erfolgt, das Jahr, in dem die letzte Verfügung zur Sache ergangen ist.
(3) § 3 Abs. 4 gilt entsprechend.
(4) Für Vormundschaften, Pflegschaften und Beistandschaften über Minderjährige sowie für die zur Zuständigkeit des Familiengerichts oder des Vormundschaftsgerichts gehörenden Angelegenheiten sonstiger Fürsorge für ein unter elterlicher Sorge stehendes Kind beginnt die Aufbewahrungsfrist abweichend von Abs. 1 mit Ablauf des Jahres, in dem das Kind – soweit mehrere Geschwister vorhanden sind, das jüngste an der Angelegenheit beteiligte Kind –volljährig geworden ist, auch wenn die Sache auf andere Weise vorher geendet hat.
(5) Wird ein Verfahren aufgenommen oder fortgesetzt, nachdem die Akten bereits weggelegt sind (z. B. durch einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens), so beginnt mit dem Ablauf des Jahres, in dem sie erneut weggelegt worden sind, eine neue Aufbewahrungsfrist.
§ 5
Für die Ablieferung von Schriftgut an die Staatsarchive gelten die dafür erlassenen besonderen Vorschriften.
§ 6
Diese Verordnung tritt mit Wirkung vom 1. Januar 2010 in Kraft.
München, den 29. Juli 2010
Bayerisches Staatsministerium der Justiz und für Verbraucherschutz
Dr. Beate M e r k , Staatsministerin
Bayerisches Staatsministerium des Innern
Joachim H e r r m a n n , Staatsminister
Bayerisches Staatsministerium der Finanzen
Georg F a h r e n s c h o n , Staatsminister
Bayerisches Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen
Christine H a d e r t h a u e r , Staatsministerin