2033-1-1-1-F
Verordnung über das Heilverfahren nach Dienstunfällen (Bayerische Heilverfahrensverordnung – BayHeilvfV)
Vom 10. Dezember 2010
Auf Grund des Art. 50 Abs. 4 des Bayerischen Beamtenversorgungsgesetzes (BayBeamtVG) vom 5. August 2010 (GVBl S. 410, 528, ber. S. 764, BayRS 2033-1-1-F) erlässt das Bayerische Staatsministerium der Finanzen folgende Verordnung:
Teil 1
Allgemeines
§ 1
Arten des Heilverfahrens
Der Anspruch auf Durchführung des Heilverfahrens wird dadurch erfüllt, dass die notwendigen und angemessenen Kosten des Heilverfahrens erstattet werden, soweit nicht der Dienstherr das Heilverfahren selbst durchführt.
§ 2
Ärztliche Gutachten
1Soweit in oder auf Grund dieser Verordnung ein ärztliches Gutachten vorgesehen ist, kann auch das Gutachten eines Amtsarztes oder einer Amtsärztin, eines beamteten Arztes oder einer beamteten Ärztin oder von der Pensionsbehörde allgemein oder im Einzelfall bezeichneter Ärzte und Ärztinnen gefordert werden. 2Führt der Dienstherr das Heilverfahren selbst durch, treten an die Stelle der in dieser Verordnung bezeichneten Ärzte und Ärztinnen die jeweils für die Durchführung des Heilverfahrens bestimmten Ärzte und Ärztinnen.
Teil 2
Kostenerstattung
§ 3
Erstattungsverfahren
(1) 1Die Kostenerstattung ist bei der zuständigen Pensionsbehörde schriftlich und unter Vorlage der Originalbelege zu beantragen. 2Im Fall der Erstattung verbleiben die Belege bei der Pensionsbehörde.
(2) Mit Zustimmung der Anspruchsberechtigten können Kostenerstattungsbescheide in elektronischer Form übermittelt werden.
(3) 1Auf Antrag können vorläufige Zahlungen gewährt werden. 2Vorläufige Zahlungen stehen unter dem Vorbehalt, dass die Voraussetzungen der Kostenerstattung nachträglich festgestellt werden. 3Im Fall einer stationären Behandlung kann auf Antrag gegenüber dem Krankenhausträger die vorläufige Kostenübernahme erklärt werden; Ansprüche der Verletzten auf Unfallfürsorgeleistungen des Dienstherrn sind durch und in Höhe von unmittelbaren Zahlungen des Staates an den Krankenhausträger erfüllt. 4Liegen die Voraussetzungen für die Kostenerstattung nicht vor, sind die Verletzten zur Rückerstattung auch der an den Krankenhausträger verauslagten Kosten verpflichtet.
§ 4
Notwendigkeit und Angemessenheit
(1) 1Die angemessenen Kosten medizinisch notwendiger Maßnahmen werden in vollem Umfang erstattet. 2Die Abschnitte III bis V und § 45 der Bayerischen Beihilfeverordnung (BayBhV) mit den zugehörigen Anlagen gelten entsprechend, soweit in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist.
(2) 1Die Kosten werden unabhängig von der Erfüllung beihilferechtlicher Wartezeiten, dem Alter der Verletzten, oder den in §§ 17, 22 BayBhV genannten Indikationen erstattet. 2Die Kosten für eine Haushaltshilfe werden unter den Voraussetzungen des § 25 Satz 2 Nrn. 1 bis 3 BayBhV erstattet. 3Bei ambulanter Heilbehandlung werden die Kosten einer Haushaltshilfe erstattet, wenn der Haushalt wegen der Schwere des Gesundheitsschadens nicht vom Verletzten oder von einer anderen im Haushalt lebenden Person weitergeführt werden kann.
(3) 1Die Kosten für Hilfsmittel werden über die in der Bayerischen Beihilfeverordnung genannten Höchstbeträge hinaus erstattet, soweit keine günstigere Beschaffung möglich ist. 2Bei Kuren werden die Kosten für Unterkunft und Verpflegung bis zur Höhe des Tage- und Übernachtungsgeldes nach Art. 8 und 9 des Bayerischen Reisekostengesetzes (BayRKG) erstattet. 3Bei orthopädischen Schuhen haben die Verletzten einen Eigenanteil nach § 10 der Verordnung über die Versorgung mit Hilfsmitteln und über Ersatzleistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz (Orthopädieverordnung – OrthV) vom 4. Oktober 1989 (BGBl I S. 1834) in der jeweils geltenden Fassung zu tragen.
§ 5
Pflegekosten
(1) Die Kosten für eine notwendige Pflege werden erstattet, solange Verletzte infolge des Dienstunfalls bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität dauerhaft für wenigstens zwei Verrichtungen einmal täglich der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfe bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen.
(2) 1Bei der häuslichen Pflege durch berufsmäßige Pflegekräfte werden Pflegekosten nach Art und Schwere des Gesundheitsschadens unter Berücksichtigung der notwendigen Pflege in Höhe der beihilfefähigen Höchstbeträge nach § 32 Abs. 1 BayBhV erstattet. 2Wird nachgewiesen, dass höhere Kosten notwendig sind, um die notwendigen Pflegeleistungen zu erbringen, kann auch der über den Betrag nach Satz 1 hinausgehende Betrag erstattet werden.
(3) 1Wird die notwendige Pflege durch Familienangehörige erbracht, werden 75 v.H. der Pflegekosten nach Abs. 2 Satz 1 erstattet. 2Wenn ein Familienangehöriger einen Beruf aufgegeben hat, um die Pflege ausüben zu können und der Ausfall des Arbeitseinkommens die Pflegekosten nach Satz 1 übersteigt, kann der Ausfall des Arbeitseinkommens bis zur Höhe der Pflegekosten nach Abs. 2 Satz 1 erstattet werden.
(4) 1Wird die notwendige Pflege durch berufsmäßige Pflegekräfte und Familienangehörige erbracht, werden die Pflegekosten nach Abs. 2 Satz 1 erstattet. 2Betragen die Kosten für die berufsmäßige Pflegekraft weniger als 25 v.H. der Pflegekosten nach Abs. 2 Satz 1, werden nur die Kosten für die berufsmäßige Pflegekraft und die Pflegekosten nach Abs. 3 erstattet.
(5) 1Die Kosten für eine nicht nur vorübergehende stationäre Pflege in einer geeigneten und zugelassenen Pflegeeinrichtung (§ 72 Abs. 1 SGB XI) werden entsprechend dem Umfang der erforderlichen Hilfe erstattet, wenn die Pflege sonst nicht gewährleistet ist. 2Auf die erstattungsfähigen Kosten für erforderliche Pflege, Unterkunft und Verpflegung ist ein angemessener Betrag für Einsparungen im Haushalt anzurechnen. 3Anzurechnen ist der Wert für Verpflegung nach § 2 Abs. 1 der Verordnung über die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung von Zuwendungen des Arbeitgebers als Arbeitsentgelt (Sozialversicherungsentgeltverordnung – SvEV) vom 21. Dezember 2006 (BGBl I S. 3385) in der jeweils geltenden Fassung sowie bei Alleinstehenden zusätzlich der Wert für Unterkunft nach § 2 Abs. 3 SvEV.
(6) 1Die erstattungsfähigen Beträge können monatlich im Voraus gezahlt werden. 2Erfolgt die Pflege nicht für den gesamten Kalendermonat, sind die Leistungen entsprechend zu mindern. 3Der Anspruch auf Erstattung von Pflegekosten ruht bei stationärer Behandlung und Kuren. 4Die Zahlung kann ganz oder teilweise weiter erfolgen, wenn das Ruhen eine weitere Versorgung der Verletzten gefährden würde.
§ 6
Sonstige Kosten
1Erstattet werden auch die Kosten für
- 1.
- blindentechnische und vergleichbare spezielle Grundausbildungen (insbesondere Kosten für Lehrgang, Fahrt, Verpflegung und Übernachtung) nach vorheriger Genehmigung der Maßnahme durch die Pensionsbehörde,
- 2.
- die Unterkunft in einem Einbettzimmer bei einer voll- oder teilstationären Krankenhausbehandlung, wenn dies auf Grund besonderer dienstlicher Gründe erforderlich ist,
- 3.
- Hilfsmittel und Ersatzleistungen nach Maßgabe der Orthopädieverordnung mit Ausnahme von § 40 OrthV.
2Als Kosten für Hilfsmittel gelten auch die Kosten für Unterhalt, Wartung, Instandsetzung und Ersatz, wenn die Unbrauchbarkeit oder der Verlust nicht auf Missbrauch, Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit der Verletzten beruht. 3Bei Erstattung der Kosten für den Ersatz eines unbrauchbar gewordenen Hilfsmittels kann sein Verkaufswert angerechnet werden. 4Der Unterhalt eines Blindenhundes oder Aufwendungen für fremde Führung werden nach Maßgabe von § 14 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) erstattet.
§ 7
Besondere Erstattungsvoraussetzungen
(1) 1Die Kosten für Hilfsmittel und Zubehör und für eine notwendige Ausbildung in ihrem Gebrauch werden nur erstattet, wenn die Hilfsmittel schriftlich verordnet sind, und, soweit sie 1 000 € übersteigen, wenn die Pensionsbehörde die Erstattung vorher zugesagt hat. 2Ist die vorherige Anerkennung der Erstattungsfähigkeit unterblieben, werden die Kosten nur erstattet, wenn das Versäumnis entschuldbar ist und die sachlichen Voraussetzungen für eine Anerkennung der Erstattungsfähigkeit nachgewiesen sind oder wenn das Hilfsmittel während einer stationären Behandlung verordnet und angepasst wurde.
(2) 1Die Verletzten haben der Pensionsbehörde den Beginn einer Krankenhausbehandlung unverzüglich anzuzeigen. 2Hat diese auf Grund eines ärztlichen Gutachtens (§ 2) entschieden, dass eine Krankenhausbehandlung nicht notwendig ist, werden die Kosten hierfür nur bis zum Ablauf des auf den Tag der Zustellung der Entscheidung folgenden Tages erstattet.
Teil 3
Durchführung des Heilverfahrens durch den Dienstherrn
§ 8
Anwendungsbereich
Für die Beamten und Beamtinnen, die Anspruch auf freie Heilfürsorge haben (Art. 96 BayBesG), wird das Heilverfahren im Wege der freien Heilfürsorge durch den Dienstherrn durchgeführt.
Teil 4
Sonstige Leistungen
§ 9
Ausschlussuntersuchungen
Die Kosten für eine Untersuchung, Beobachtung und Begutachtung im unmittelbaren Anschluss an ein Unfallereignis werden auch dann erstattet, wenn diese Maßnahmen nur der Feststellung dienen, ob Unfallfolgen eingetreten sind.
§ 10
Verdienstausfall
1Den in Art. 55 des Bayerischen Beamtenversorgungsgesetzes (BayBeamtVG) genannten Personen kann für die Dauer einer Heilbehandlung der durch die Heilbehandlung entstandene Verdienstausfall erstattet werden. 2Der Erstattungsbetrag und ein Unterhaltsbeitrag (Art. 55 BayBeamtVG) dürfen zusammen den Unterhaltsbeitrag nach Art. 55 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BayBeamtVG nicht übersteigen. 3Ehrenbeamten und Ehrenbeamtinnen (Art. 63 BayBeamtVG) kann ein Verdienstausfall nach billigem Ermessen erstattet werden.
§ 11
Kleidungs- und Wäscheverschleiß
(1) Die durch die Folgen des Dienstunfalls verursachten außergewöhnlichen Kosten für Kleider- und Wäscheverschleiß (Art. 50 Abs. 3 BayBeamtVG) sind unter entsprechender Anwendung des § 15 BVG in Verbindung mit §§ 1 bis 4 der Verordnung zur Durchführung des § 15 des Bundesversorgungsgesetzes vom 31. Januar 1972 (BGBl I S. 105) in der jeweils geltenden Fassung zu ersetzen.
(2) 1Der Pauschbetrag wird monatlich im Voraus gezahlt. 2Die in Sonderfällen den Höchstsatz des Pauschbetrags übersteigenden Aufwendungen werden jeweils für das abgelaufene Kalenderjahr erstattet.
§ 12
Fahrtkosten
1Fahrtkosten werden außer in den in § 26 Satz 1 BayBhV genannten Fällen auch erstattet für
- 1.
- Fahrten zu ambulanten Behandlungen,
- 2.
- Begleitpersonen, wenn die Begleitung der Verletzten nach ärztlichem Gutachten erforderlich war,
- 3.
- Besuchsfahrten von Ehegatten, Kindern und Eltern der Verletzten bei einer Krankenhausbehandlung, wenn und soweit die Besuchsfahrt nach Befürwortung durch einen in § 2 bezeichneten Arzt zur Sicherung des Heilerfolgs dringend erforderlich war.
2Für die Erstattung von Fahrtkosten finden Art. 5 und 6 Abs. 6 BayRKG entsprechende Anwendung.
Teil 5
Durchführungsbestimmungen; Ausnahmen
§ 13
Durchführungsbestimmungen; Ausnahmen
(1) Das Staatsministerium der Finanzen erlässt die zur Durchführung dieser Verordnung erforderlichen Verwaltungsvorschriften.
(2) Die oberste Dienstbehörde, im staatlichen Bereich das Staatsministerium der Finanzen, kann in besonders begründeten Ausnahmefällen zur Vermeidung besonderer Härtefälle über diese Verordnung hinaus eine weitergehende Kostenerstattung zulassen.
Teil 6
Übergangs- und Schlussbestimmungen
§ 14
Inkrafttreten; Ersetzung von Bundesrecht; Übergangsvorschriften
(1) 1Diese Verordnung tritt am 1. Januar 2011 in Kraft. 2Sie ersetzt im Freistaat Bayern die Verordnung zur Durchführung des § 33 des Beamtenversorgungsgesetzes (Heilverfahrensverordnung – HeilvfV) vom 25. April 1979 (BGBl I S. 502), zuletzt geändert durch Art. 15 Abs. 30 des Gesetzes vom 5. Februar 2009 (BGBl I S. 160), in der am 31. August 2006 geltenden Fassung.
(2) 1Kosten, die bis einschließlich 31. Dezember 2010 entstanden sind, werden nach den bis zum Ablauf des 31. Dezember 2010 geltenden Vorschriften erstattet. 2Bei ärztlichen Untersuchungen und Behandlungen ist der Behandlungstag maßgebend, bei Arznei-, Verband- und Hilfsmitteln der Tag der ärztlichen Verordnung.
(3) 1Pflegebedürftige Verletzte, die bis einschließlich 31. Dezember 2010 Pflegegeld gemäß § 12 HeilvfV bezogen haben, werden mit Wirkung vom 1. Januar 2011 in eine Pflegestufe nach § 32 BayBhV eingestuft und erhalten Pflegekosten gemäß § 5. 2Übersteigt das bisher gezahlte Pflegegeld die Pflegekosten gemäß § 5, wird es als Pauschale weitergezahlt; ändern sich die der Einstufung zugrunde liegenden Verhältnisse erheblich, sind die Pflegekosten gemäß § 5 neu festzusetzen.
München, den 10. Dezember 2010
Bayerisches Staatsministerium der Finanzen
Georg F a h r e n s c h o n , Staatsminister