Fundstelle GVBl. 2016 S. 94

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Gesetz

2170-4-A
  • Verwaltung
  • Sozialhilfe und Wohlfahrtswesen
2170-4-A

Bayerisches Betreuungsgeldgesetz
(BayBtGG)

vom 14. Juni 2016


Der Landtag des Freistaates Bayern hat das folgende Gesetz beschlossen, das hiermit bekannt gemacht wird.


Art. 1

Berechtigte

(1) Anspruch auf Betreuungsgeld hat, wer

1.
seine Hauptwohnung oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Freistaat Bayern hat,

2.
mit seinem Kind in einem Haushalt lebt,

3.
dieses Kind selbst betreut und erzieht,

4.
für dieses Kind im Zeitpunkt der Antragstellung die altersentsprechende Früherkennungsuntersuchung für Kinder gemäß den Kinder-Richtlinien durchgeführt hat und

5.
für dieses Kind keinen Platz in einer Kindertageseinrichtung oder in der Kindertagespflege in Anspruch nimmt, den der Freistaat Bayern kindbezogen nach dem Bayerischen Kinderbildungs- und -betreuungsgesetz fördert oder der in einem anderen Land in Erfüllung des § 24 Abs. 2 des Achten Buches Sozialgesetzbuch gefördert wird.

(2) 1Anspruch auf Betreuungsgeld hat abweichend von Abs. 1 Nr. 2 auch, wer

1.
mit einem Kind in einem Haushalt lebt, das er mit dem Ziel der Annahme als Kind aufgenommen hat,

2.
ein Kind des Ehegatten, der Ehegattin, des Lebenspartners oder der Lebenspartnerin in seinen Haushalt aufgenommen hat oder

3.
mit einem Kind in einem Haushalt lebt und die von ihm erklärte Anerkennung der Vaterschaft nach § 1594 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) noch nicht wirksam oder über die von ihm beantragte Vaterschaftsfeststellung nach § 1600d BGB noch nicht entschieden ist.

2Für angenommene Kinder und Kinder im Sinne des Satzes 1 Nr. 1 sind die Vorschriften dieses Gesetzes mit der Maßgabe anzuwenden, dass statt des Zeitpunktes der Geburt der Tag der Aufnahme mit dem Ziel der Annahme als Kind bei der berechtigten Person maßgeblich ist.

(3) 1Können die Eltern wegen einer schweren Krankheit, Schwerbehinderung oder Tod der Eltern ihr Kind nicht betreuen, haben Verwandte bis zum dritten Grad und ihre Ehegatten oder Lebenspartner Anspruch auf Betreuungsgeld, wenn sie die übrigen Voraussetzungen nach Abs. 1 erfüllen und von anderen Berechtigten Betreuungsgeld nicht in Anspruch genommen wird. 2Die Berechtigten nach Satz 1 haben einen Anspruch auf Betreuungsgeld abweichend von Abs. 1 Nr. 5, wenn für das Kind nicht mehr als 20 Wochenstunden im Durchschnitt des Monats ein Platz in einer Kindertageseinrichtung oder in der Kindertagespflege in Anspruch genommen wird.

(4) Ein nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer ist nur anspruchsberechtigt, wenn diese Person

1.
eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EU oder eine Niederlassungserlaubnis besitzt,

2.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, die zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigt oder berechtigt hat, es sei denn, die Aufenthaltserlaubnis wurde

a)
nach § 16 oder § 17 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) erteilt,

b)
nach § 18 Abs. 2 AufenthG erteilt und die Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit darf nach der Beschäftigungsverordnung nur für einen bestimmten Höchstzeitraum erteilt werden,

c)
nach § 23 Abs. 1 AufenthG wegen eines Kriegs in ihrem Heimatland oder nach den §§ 23a, 24, 25 Abs. 3 bis 5 AufenthG erteilt oder

d)
nach § 104a AufenthG erteilt oder

3.
eine in Nr. 2 Buchst. c genannte Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens drei Jahren rechtmäßig, gestattet oder geduldet im Bundesgebiet aufhält.

(5) 1Ein Anspruch entfällt, wenn die berechtigte Person im letzten abgeschlossenen Veranlagungszeitraum vor der Geburt des Kindes ein zu versteuerndes Einkommen nach § 2 Abs. 5 des Einkommensteuergesetzes in Höhe von mehr als 250 000 € erzielt hat. 2Erfüllt auch eine andere Person die Voraussetzungen des Abs. 1 Nr. 2 oder der Abs. 2 oder 3 Satz 1, entfällt abweichend von Satz 1 der Anspruch, wenn die Summe des zu versteuernden Einkommens beider Personen mehr als 500 000 € beträgt.


Art. 2

Höhe, Auszahlung und Bezugszeitraum

(1) Das Betreuungsgeld beträgt für jedes Kind 150 € pro Monat.

(2) Betreuungsgeld wird im Laufe des Monats gezahlt, für den es bestimmt ist.

(3) 1Betreuungsgeld kann in der Zeit vom ersten Tag des 15. Lebensmonats bis zur Vollendung des 36. Lebensmonats des Kindes bezogen werden. 2Vor dem 15. Lebensmonat wird Betreuungsgeld nur gewährt, wenn die Eltern die Monatsbeträge des Elterngeldes, die ihnen für ihr Kind nach § 4 Abs. 4 Satz 1 und 2 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes (BEEG) und nach § 4 Abs. 6 Satz 1 BEEG zustehen, bereits bezogen haben. 3Für jedes Kind wird höchstens für 22 Lebensmonate Betreuungsgeld gezahlt.

(4) 1Für angenommene Kinder und Kinder im Sinne von Art. 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 kann Betreuungsgeld ab dem ersten Tag des 15. Monats der Aufnahme mit dem Ziel der Annahme als Kind bei der berechtigten Person längstens bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes bezogen werden. 2Abs. 3 Satz 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden.

(5) 1Für einen Lebensmonat eines Kindes kann nur ein Elternteil Betreuungsgeld beziehen. 2Lebensmonate des Kindes, in denen einem Elternteil nach Art. 3 anzurechnende Leistungen zustehen, gelten als Monate, für die dieser Elternteil Betreuungsgeld bezieht.

(6) Der Anspruch endet mit dem Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung entfallen ist.

(7) 1Abs. 3 Satz 2 und Abs. 5 gelten in den Fällen des Art. 1 Abs. 2 und 3 Satz 1 entsprechend. 2Nicht sorgeberechtigte Elternteile und Personen, die nach Art. 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und 3 Betreuungsgeld beziehen können, bedürfen der Zustimmung des sorgeberechtigten Elternteils.


Art. 3

Verhältnis zu anderen Leistungen

1Dem Betreuungsgeld vergleichbare Leistungen, auf die eine nach Art. 1 berechtigte Person außerhalb Bayerns oder gegenüber einer über- oder zwischenstaatlichen Einrichtung Anspruch hat, werden auf das Betreuungsgeld angerechnet. 2Solange kein Antrag auf die in Satz 1 genannten vergleichbaren Leistungen gestellt wird, ruht der Anspruch auf Betreuungsgeld bis zur möglichen Höhe der vergleichbaren Leistung.


Art. 4

Zusammentreffen von Ansprüchen

(1) Erfüllen beide Elternteile oder Lebenspartner die Anspruchsvoraussetzungen, so wird das Betreuungsgeld demjenigen gezahlt, den sie zum Berechtigten bestimmen.

(2) Ein Wechsel in der Anspruchsberechtigung wird mit Beginn des folgenden Lebensmonats des Kindes wirksam.


Art. 5

Antragstellung

(1) 1Betreuungsgeld ist schriftlich zu beantragen. 2Es wird rückwirkend nur für die letzten drei Monate vor Beginn des Monats geleistet, in dem der Antrag eingegangen ist. 3In dem Antrag ist anzugeben, für welche Monate Betreuungsgeld beantragt wird.

(2) 1Der Antrag kann frühestens drei Monate vor dem beabsichtigten Leistungsbeginn gestellt werden. 2Zuvor gestellte Anträge sind unbeachtlich.

(3) Zur Erleichterung der Antragstellung darf die zuständige Behörde die im Rahmen des Vollzugs des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes erhobenen Daten verarbeiten und nutzen.


Art. 6

Rechtsweg

1Über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der Art. 1 bis 5 entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit. 2Widerspruch und Anfechtungsklage haben keine aufschiebende Wirkung.


Art. 7

Ordnungswidrigkeiten

(1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig

1.
entgegen § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch (SGB I) eine Angabe nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig macht,

2.
entgegen § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB I eine Mitteilung nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig macht oder

3.
entgegen § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB I eine Beweisurkunde nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig vorlegt.

(2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße von bis zu zweitausend Euro geahndet werden.


Art. 8

Verwaltungsverfahren

1Soweit dieses Gesetz keine ausdrückliche Regelung trifft, ist bei der Ausführung das Erste Kapitel des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch anzuwenden. 2Das Erste Buch Sozialgesetzbuch und § 331 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch finden entsprechende Anwendung; Art. 5 Abs. 3 bleibt unberührt.


Art. 8a

Änderung anderer Rechtsvorschriften

Art. 26a des Bayerischen Kinderbildungs- und -betreuungsgesetzes (BayKiBiG) vom 8. Juli 2005 (GVBl. S. 236, BayRS 2231-1-A), das zuletzt durch Art. 9a Abs. 17 des Gesetzes vom 22. Dezember 2015 (GVBl. S. 458) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1.
Der Wortlaut wird Abs. 1.

2.
Es wird folgender Abs. 2 angefügt:

„(2) Der Träger beziehungsweise der nach Art. 20 zuständige Träger der öffentlichen Jugendhilfe informiert die Eltern bei Abschluss des Betreuungsvertrages oder bei Vermittlung einer Tagespflegeperson, dass mit Inanspruchnahme der staatlich geförderten Kinderbetreuung der Anspruch auf Betreuungsgeld entfällt und die Inanspruchnahme gegebenenfalls der zuständigen Behörde unverzüglich mitzuteilen ist.“


Art. 9

Übergangsregelung

(1) 1Die Voraussetzung nach Art. 1 Abs. 1 Nr. 4 gilt nicht bei Anspruchsbeginn im Zeitraum vom 1. Januar 2015 bis 22. Juni 2016 (Übergangszeitraum). 2Entsprechende Anträge müssen spätestens am 22. September 2016 bei den zuständigen Behörden eingehen; Art. 5 Abs. 1 Satz 2 findet im Übergangszeitraum keine Anwendung.

(2) 1Ein Anspruch auf Betreuungsgeld besteht nicht für Monate, in denen für dieses Kind Betreuungsgeld auf Grundlage des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes bezogen wird. 2Monate, in denen für ein Kind Betreuungsgeld auf Grundlage des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes bezogen wurde, gelten als Monate im Sinne von Art. 2 Abs. 3 Satz 3.


Art. 10

Inkrafttreten

1Dieses Gesetz tritt mit Wirkung vom 1. Januar 2015 in Kraft. 2Abweichend davon treten die Art. 7 und 8a am 22. Juni 2016 in Kraft.

München, den 14. Juni 2016

Der Bayerische Ministerpräsident


Horst  S e e h o f e r