Gesetz zur Änderung des Bayerischen Behindertengleichstellungsgesetzes
vom 24. Juli 2020
Der Landtag des Freistaates Bayern hat das folgende Gesetz beschlossen, das hiermit bekannt gemacht wird:
§ 1
Änderung des Bayerischen Behindertengleichstellungsgesetzes
Das Bayerische Behindertengleichstellungsgesetz (BayBGG) vom 9. Juli 2003 (GVBl. S. 419, BayRS 805-9-A), das zuletzt durch § 1 Abs. 359 der Verordnung vom 26. März 2019 (GVBl. S. 98) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:
1.Die Überschrift wird wie folgt gefasst:
„Bayerisches Behindertengleichstellungsgesetz (BayBGG)“.
2.Art. 1 wird wie folgt geändert:
a)In Abs. 2 werden die Wörter „Gleichstellung und soziale Eingliederung“ durch die Wörter „Gleichberechtigung sowie volle und wirksame Teilhabe in allen Lebensbereichen“ ersetzt und die Wörter „körperlicher, geistiger und seelischer“ gestrichen.
b)In Abs. 3 Satz 1 wird das Wort „Integration“ durch das Wort „Inklusion“ ersetzt.
3.Art. 2 wird wie folgt gefasst:
„Art. 2
Behinderung
1Menschen mit Behinderung im Sinn dieses Gesetzes sind Menschen, die langfristige körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, welche sie in Wechselwirkung mit von außen wirkenden Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft hindern können. 2Als langfristig gilt ein Zeitraum, der mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate andauert.“
4.Art. 3 wird wie folgt geändert:
a)Satz 1 wird wie folgt gefasst:
„1Um die Benachteiligung von Frauen mit Behinderung wegen mehrerer Gründe zu vermeiden, sind deren besondere Belange zu berücksichtigen, bestehende Benachteiligungen zu beseitigen und künftige Benachteiligungen zu verhindern.“
b)In Satz 2 werden die Wörter „behinderten Frauen“ durch die Wörter „Frauen mit Behinderung“ ersetzt.
5.Art. 4 wird wie folgt gefasst:
„Art. 4
Barrierefreiheit
1Barrierefrei ist, was für Menschen mit Behinderung in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe auffindbar, zugänglich und nutzbar ist. 2An der Barrierefreiheit fehlt es, wenn Menschen mit Behinderung die Mitnahme oder der Einsatz benötigter Hilfsmittel unmöglich ist, verweigert oder erschwert wird.“
6.Art. 5 wird wie folgt geändert:
a)Der Wortlaut wird Satz 1 und die Wörter „behinderte Menschen“ werden durch die Wörter „Menschen mit Behinderung“ ersetzt.
b)Folgender Satz 2 wird angefügt:
„2Die Versagung angemessener Vorkehrungen für Menschen mit Behinderung ist eine Benachteiligung im Sinn dieses Gesetzes.“
7.Art. 6 wird wie folgt geändert:
a)Die Überschrift wird wie folgt gefasst:
„Art. 6
Kommunikation von Menschen mit Hör- oder Sprachbehinderung“.
b)Abs. 3 wird wie folgt geändert:
aa)Satz 1 wird wie folgt gefasst:
„1Menschen mit Hör- oder Sprachbehinderung haben nach Maßgabe der einschlägigen Gesetze das Recht, die Deutsche Gebärdensprache, lautsprachbegleitende Gebärden oder andere geeignete Kommunikationshilfen zu verwenden.“
bb)Satz 2 wird aufgehoben.
cc)Satz 3 wird Satz 2.
8.Art. 7 wird wie folgt gefasst:
„Art. 7
Sicherung der Teilhabe
1Die zuständigen Staatsministerien entwickeln Fachprogramme zur Sicherstellung der Teilhabe von Menschen mit Behinderung am Leben in der Gesellschaft. 2Dabei soll insbesondere Menschen mit geistiger Behinderung oder Mehrfachbehinderung, Menschen mit schweren Verhaltensstörungen und Menschen mit psychischer Erkrankung, die großen Hilfebedarf haben, eine Teilhabe am Leben in der Gesellschaft ermöglicht werden.“
9.Art. 9 wird wie folgt geändert:
a)Abs. 1 wird wie folgt geändert:
aa)In Satz 1 werden die Wörter „sollen im Rahmen ihres jeweiligen Aufgabenbereichs die in Art. 1 genannten Ziele aktiv fördern und bei der Planung von Maßnahmen beachten“ durch die Wörter „fördern im Rahmen ihres jeweiligen Aufgabenbereichs die in Art. 1 genannten Ziele und beachten diese bei der Planung von Maßnahmen“ ersetzt.
bb)In Satz 3 werden die Wörter „behinderter Menschen gegenüber nicht behinderten Menschen“ durch die Wörter „von Menschen mit Behinderung gegenüber Menschen ohne Behinderung“ ersetzt.
cc)In Satz 4 werden die Wörter „behinderter Frauen“ durch die Wörter „von Frauen mit Behinderung“ ersetzt.
b)In Abs. 3 werden die Wörter „behinderten Menschen“ durch die Wörter „Menschen mit Behinderung“ ersetzt.
10.Art. 10 wird wie folgt geändert:
a)Abs. 1 wird wie folgt geändert:
aa)In Satz 1 werden die Wörter „Neubauten sowie große Um- oder Erweiterungsbauten“ durch die Wörter „Neu-, Um- und Erweiterungsbauten“ ersetzt.
bb)In Satz 2 Halbsatz 1 werden die Wörter „nach Art. 9 Abs. 1 Satz 1“ gestrichen.
b)Nach Abs. 1 werden die folgenden Abs. 2 und 3 eingefügt:
„(2) Die in Abs. 1 Satz 1 und 2 genannten Stellen sollen anlässlich der Durchführung von investiven Baumaßnahmen nach Abs. 1 bauliche Barrieren in den nicht von diesen Baumaßnahmen unmittelbar betroffenen Gebäudeteilen, soweit sie dem Publikumsverkehr dienen, feststellen und unter Berücksichtigung der baulichen Gegebenheiten abbauen, sofern die Feststellung und der Abbau nicht einen unverhältnismäßigen Aufwand darstellen.
(3) 1Die in Abs. 1 Satz 1 und 2 genannten Stellen sind verpflichtet, die Barrierefreiheit bei Anmietungen der von ihnen genutzten Bauten zu berücksichtigen. 2Künftig sollen möglichst nur barrierefreie Bauten angemietet werden, soweit die Anmietung nicht eine unangemessene wirtschaftliche Belastung zur Folge hätte.“
c)Der bisherige Abs. 2 wird Abs. 4.
11.Art. 11 wird wie folgt geändert:
a)Der Überschrift wird das Wort „ , Verordnungsermächtigung“ angefügt.
b)Abs. 1 wird wie folgt geändert:
aa)Satz 1 wird wie folgt gefasst:
„1Zur Wahrnehmung eigener Rechte im Verwaltungsverfahren können Menschen mit Hör- oder Sprachbehinderung nach Maßgabe der Rechtsverordnung nach Abs. 2 mit Trägern öffentlicher Gewalt in Deutscher Gebärdensprache, mit lautsprachbegleitenden Gebärden oder über andere geeignete Kommunikationshilfen kommunizieren.“
bb)In Satz 2 werden die Wörter „im Sinn des Art. 9 Abs. 1 Satz 1“ gestrichen.
c)In Abs. 3 werden die Wörter „die Staatsregierung“ durch die Wörter „das Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales (Staatsministerium)“ ersetzt.
12.Art. 12 wird wie folgt geändert:
a)Der Überschrift wird das Wort „ , Verordnungsermächtigung“ angefügt.
b)Abs. 1 wird wie folgt geändert:
aa)In Satz 1 werden die Wörter „im Sinn des Art. 9 Abs. 1 Satz 1“ gestrichen.
bb)Satz 2 wird wie folgt gefasst:
„2Zur Wahrnehmung eigener Rechte im Verwaltungsverfahren können blinde und sehbehinderte Menschen nach Maßgabe der Rechtsverordnung nach Abs. 2 insbesondere verlangen, dass ihnen Bescheide, öffentlich-rechtliche Verträge und Vordrucke ohne zusätzliche Kosten auch in einer für sie wahrnehmbaren Form zugänglich gemacht werden.“
c)In Abs. 2 wird das Wort „ , erblindeten“ gestrichen.
13.Nach Art. 12 wird folgender Art. 13 eingefügt:
„Art. 13
Verständlichkeit
1Träger öffentlicher Gewalt sollen Informationen zunehmend in besonders leicht verständlicher Sprache bereitstellen. 2Sie sollen besonders leicht verständliche Sprache im Rahmen der Verhältnismäßigkeit stärker einsetzen. 3Außerdem sollen sie ihre oder allgemein verfügbare Fähigkeiten auf- und ausbauen, Texte in besonders leicht verständlicher Sprache zu verfassen. 4Sprache ist besonders leicht verständlich, wenn sie sich an dafür eingeführte Standards hält.“
14.Der bisherige Art. 13 wird Art. 14.
15.Der bisherige Art. 14 wird Art. 15 und wird wie folgt geändert:
a)Satz 2 wird wie folgt gefasst:
„2Hierzu sollen insbesondere Fernsehprogramme untertitelt oder mit Gebärdensprache begleitet und mit Bildbeschreibungen versehen werden.“
b)In Satz 3 werden die Wörter „im Sinn des Art. 9 Abs. 1 Satz 1“ gestrichen.
16.Der bisherige Art. 15 wird Art. 16 und in Satz 1 werden die Wörter „behinderte Menschen“ durch die Wörter „Menschen mit Behinderung“ und die Angabe „Art. 13“ wird durch die Angabe „Art. 14“ ersetzt.
17.Der bisherige Art. 16 wird Art. 17 und wird wie folgt geändert:
a)Abs. 1 Satz 1 wird wie folgt geändert:
aa)Im Satzteil vor Nr. 1 wird die Angabe „§ 13“ durch die Angabe „§ 15“ ersetzt und werden die Wörter „nach Art. 9 Abs. 1 Satz 1“ gestrichen.
bb)In Nr. 1 wird die Angabe „Art. 13“ durch die Angabe „Art. 14“ ersetzt.
b)In Abs. 2 Satz 2 werden die Wörter „behinderter Mensch“ durch die Wörter „Mensch mit Behinderung“ ersetzt.
18.Der bisherige Art. 17 wird Art. 18 und wird wie folgt gefasst:
„Art. 18
Der oder die Beauftragte für die Belange von Menschen mit Behinderung
(1) 1Die Staatsregierung beruft für die Dauer einer Legislaturperiode zu ihrer Beratung und Unterstützung in Fragen der Behindertenpolitik einen Beauftragten oder eine Beauftragte für die Belange von Menschen mit Behinderung. 2Der oder die Beauftragte wird vom Ministerpräsidenten namens der Staatsregierung berufen. 3Wiederberufung ist zulässig.
(2) 1Der oder die Beauftragte
1.ist unabhängig und weisungsungebunden,
2.kann aus dem Amt vor Ablauf der Legislaturperiode nur abberufen werden, wenn eine entsprechende Anwendung der Vorschriften über die Amtsenthebung von Richtern auf Lebenszeit dies rechtfertigt,
3.ist öffentliche Stelle im Sinne des Bayerischen Datenschutzgesetzes und als Amtsträger zur Verschwiegenheit verpflichtet und
4.hat berufliche oder gewerbliche Tätigkeiten, die neben dem Amt wahrgenommen werden, offen zu legen.
2Er oder sie ist dem Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales zugewiesen, bei dem eine finanziell und personell angemessene und mit dem Notwendigen ausgestattete Geschäftsstelle angesiedelt ist. 3Art. 55 der Verfassung bleibt unberührt.
(3) Der oder die Beauftragte
1.ist ressortübergreifend tätig und
a)arbeitet zur Erfüllung der Amtsaufgaben mit allen Geschäftsbereichen zusammen,
b)regt Maßnahmen zur verbesserten Teilhabe von Menschen mit Behinderung an,
c)bearbeitet unbeschadet des Petitionsrechts und der Entscheidungsverantwortung der vollziehenden Stellen die an ihn oder sie gerichteten Anregungen von einzelnen Betroffenen, Verbänden, Selbsthilfegruppen, kommunalen Beauftragten und anderen Organisationen im thematisch einschlägigen Bereich,
d)wird zu allen Gesetzes-, Verordnungs- und sonstigen wichtigen Vorhaben der Staatsregierung frühzeitig angehört, soweit sie im Schwerpunkt thematisch einschlägige Fragen behandeln oder berühren,
2.unterrichtet den Ministerrat in der Regel alle zwei Jahre, spätestens aber sechs Monate vor dem Ende einer Wahlperiode des Landtags, über die Ergebnisse seiner Tätigkeit; der Ministerrat leitet den Bericht dem Landtag zu.“
19.Der bisherige Art. 18 wird Art. 19 und wird wie folgt geändert:
a)In Satz 1 werden die Wörter „(Beauftragter für die Belange von Menschen mit Behinderung)“ gestrichen.
b)Nach Satz 1 wird folgender Satz 2 eingefügt:
„2Die Beauftragten auf kommunaler Ebene sind in der Erfüllung ihrer Aufgaben weisungsfrei, soweit nicht durch Satzung etwas anderes bestimmt wird.“
c)Der bisherige Satz 2 wird Satz 3.
20.Der bisherige Art. 19 wird Art. 20 und wird wie folgt geändert:
a)Der Überschrift wird das Wort „ , Verordnungsermächtigung“ angefügt.
b)Abs. 2 wird wie folgt geändert:
aa)In Satz 3 werden die Wörter „der beauftragten Person“ durch die Wörter „dem oder der Beauftragten“ ersetzt.
bb)In Satz 5 wird das Wort „drei“ durch das Wort „fünf“ ersetzt.
cc)In Satz 6 werden die Wörter „für Familie, Arbeit und Soziales“ gestrichen.
c)In Abs. 4 werden die Wörter „für Familie, Arbeit und Soziales“ gestrichen.
§ 2
Weitere Änderung des Bayerischen Behindertengleichstellungsgesetzes
Art. 13 des Bayerischen Behindertengleichstellungsgesetzes (BayBGG), das zuletzt durch § 1 dieses Gesetzes geändert worden ist, wird wie folgt gefasst:
„Art. 13
Verständlichkeit
(1) 1Träger öffentlicher Gewalt sollen sich gegenüber Menschen mit Behinderung in dem nach ihrem jeweiligen Bedarf notwendigen Umfang einfach und verständlich ausdrücken. 2Wenn das nötig ist, sollen sie ihnen auf Verlangen insbesondere Bescheide, Allgemeinverfügungen, öffentlich-rechtliche Verträge und Vordrucke in einfachen und verständlichen Worten erläutern.
(2) 1Reicht das nicht aus, sollen sie auf Verlangen bei der Erläuterung in dem nach dem jeweiligen Bedarf notwendigen Umfang besonders leicht verständliche Sprache benutzen. 2Sprache ist besonders leicht verständlich, wenn sie sich an dafür eingeführte Standards hält.
(3) Mehrkosten dürfen den Betroffenen daraus nicht entstehen.
(4) Träger öffentlicher Gewalt sollen Informationen im Rahmen der Verhältnismäßigkeit in besonders leicht verständlicher Sprache im Sinn des Abs. 2 Satz 2 bereitstellen.“
§ 3
Änderung weiterer Rechtsvorschriften
(1) In § 1 Abs. 1 Satz 1 der Bayerischen E-Government-Verordnung (BayEGovV) vom 8. November 2016 (GVBl. S. 314, BayRS 206-1-1-D), die zuletzt durch §§ 1, 2 und 3 der Verordnung vom 11. Februar 2020 (GVBl. S. 36) geändert worden ist, wird die Angabe „Art. 13“ durch die Angabe „Art. 14“ ersetzt.
(2) In Art. 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. e des Bayerischen Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes (BayGVFG) vom 8. Dezember 2006 (GVBl. S. 969, BayRS 922-2-B), das zuletzt durch § 1 Abs. 368 der Verordnung vom 26. März 2019 (GVBl. S. 98) geändert worden ist, wird die Angabe „Art. 18“ durch die Angabe „Art. 19“ ersetzt.
(3) In Art. 10 Abs. 2 Nr. 9 des Bayerischen Erwachsenenbildungsförderungsgesetzes (BayEbFöG) vom 31. Juli 2018 (GVBl. S. 662, BayRS 2239-1-K), das durch § 2 Abs. 3 des Gesetzes vom 24. Juli 2019 (GVBl. S. 398) geändert worden ist, wird die Angabe „Art. 17“ durch die Angabe „Art. 18“ ersetzt.
§ 4
Inkrafttreten
1Dieses Gesetz tritt am 1. August 2020 in Kraft. 2Abweichend von Satz 1 tritt § 2 am 1. Januar 2023 in Kraft.
München, den 24. Juli 2020
Der Bayerische Ministerpräsident
Dr. Markus Söder