Fundstelle GVBl. 2023 S. 371

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Gesetz

2132-1-B, 91-1-B, 97-1-B

97-1-B

Gesetz zur Stärkung des Radverkehrs in Bayern (Bayerisches Radgesetz – BayRadG)

vom 24. Juli 2023

Der Landtag des Freistaates Bayern hat das folgende Gesetz beschlossen, das hiermit bekannt gemacht wird:

Teil 1
Radinfrastruktur

Art. 1
Radnetz Bayern

(1) 1Der Freistaat Bayern erstellt mit den kommunalen Gebietskörperschaften ein Netz für den Radverkehr in Bayern (Radnetz Bayern), das bei Bedarf weiterentwickelt wird. 2Das Radnetz Bayern gliedert sich in ein Radnetz für den Alltagsverkehr und ein Radnetz für den Freizeitverkehr. 3Das Radnetz Bayern umfasst Alltagsradverbindungen zwischen Städten und Gemeinden sowie Fernradrouten in ganz Bayern. 4Es soll den Bedarf für zukünftige Neu- und Ausbauvorhaben aufzeigen und Radverkehrsverbindungen darstellen.

(2) Es wird den kommunalen Gebietskörperschaften empfohlen, das eigene Radnetz auf lokaler Ebene weiter zu verdichten.

Art. 2
Ausbau Radinfrastruktur

(1) 1Der Anteil des Radverkehrs am Gesamtverkehrsaufkommen soll deutlich erhöht werden. 2Bis zum Ende des Jahres 2030 sollen in Bayern gegenüber dem Ende des Jahres 2022 1 500 Kilometer neue Radwege gebaut werden.

(2) 1Der Freistaat Bayern baut die Radinfrastruktur in seiner Baulast aus. 2Er erstellt einen Ausbauplan

1.für den Ausbau nach Satz 1 und

2.in Abstimmung mit den kommunalen Gebietskör­perschaften für den Ausbau von Radschnellver­bindungen.

3Grundlage ist nach Fertigstellung das Radnetz Bayern.

(3) Der Freistaat Bayern fördert den Ausbau der Radverbindungen in der Baulast der Gemeinden und Landkreise sowie deren Zusammenschlüsse.

(4) Der Freistaat Bayern fördert den Bau und Ausbau von öffentlich zugänglichen Abstellanlagen für Fahrräder an wichtigen Quellen und Zielen des Radverkehrs.

(5) Die Finanzierung und Förderung aus Mitteln des Freistaates Bayern erfolgen nach Maßgabe des Staatshaushalts.

Art. 3
Beschilderung

1Der Freistaat Bayern wirkt auf ein einheitliches Erscheinungsbild der nichtamtlichen Wegweisungen an Radverbindungen hin. 2Er fördert nach Maßgabe des Staatshaushalts diese nichtamtliche wegweisende Beschilderung an Radverbindungen im Radnetz Bayern nach einheitlichen, durch das Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr (Staatsministerium) bekannt zu machenden Standards.

Art. 4
Zentralstelle Radverkehr

(1) 1Bei der Landesbaudirektion Bayern besteht eine Zentralstelle Radverkehr. 2Die Zentralstelle Radverkehr unterstützt die Gemeinden, Landkreise sowie deren Zusammenschlüsse bei Bedarf bei der Planung und Umsetzung von herausgehobenen Infrastrukturprojekten für den Radverkehr.

(2) Zu ihren Aufgaben zählen insbesondere die Koordinierung und Steuerung interkommunaler Radinfrastrukturprojekte sowie die Begleitung und Beratung der in Abs. 1 genannten kommunalen Gebietskörperschaften und deren Zusammenschlüsse.

Art. 5
Nachhaltige Flächennutzung

Den Straßenbaubehörden wird empfohlen, bei der Planung von Radverbindungen vorhandene Straßen und Wege einzubeziehen und zu prüfen, ob insbesondere innerorts unter Berücksichtigung der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs Fahrbahnen zu Gunsten einer Radverbindung verschmälert werden können.

Art. 6
Sonderbaulast für Radschnellverbindungen

1Auf Antrag einer Gemeinde mit bis zu 25 000 Einwohnern kann der Freistaat Bayern durch öffentlich-rechtlichen Vertrag Planung und Bau für im Ausbauplan nach Art. 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 enthaltene Radschnellverbindungen übernehmen. 2Art. 42 Abs. 1 Satz 2 bis 4 des Bayerischen Straßen- und Wegegesetzes gilt entsprechend.

Art. 7
Fahrradmitnahme im Schienenpersonennahverkehr

(1) Als Aufgabenträger für den Schienenpersonennahverkehr schafft der Freistaat Bayern durch Abschluss öffentlicher Dienstleistungsaufträge oder durch Erlass allgemeiner Vorschriften gemäß Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 ein Ticketangebot, das neben einer für die jeweilige Person geltenden gültigen Fahrkarte für ein zusätzliches Entgelt von einem Euro je Fahrrad und Fahrt die Mitnahme eines Fahrrads ermöglicht.

(2) Das in Abs. 1 genannte Ticketangebot gilt im Schienenpersonennahverkehr in ganz Bayern einschließlich der Verkehrsverbünde.

(3) 1Ein Anspruch auf Fahrradmitnahme besteht nur im Rahmen der jeweils angebotenen Beförderungskapazität für Fahrräder und gemäß der jeweiligen Beförderungsbedingungen. 2Vom Geltungsbereich des Tickets ausgenommen werden können einzelne Strecken oder bestimmte Zeiträume, wenn andernfalls eine erhebliche Überlastung des Schienenpersonennahverkehrs zu erwarten ist.

(4) Der Freistaat Bayern bezieht den Bedarf an zusätzlicher Beförderungskapazität für Fahrräder bei Neuausschreibungen von Verkehrsdurchführungsverträgen in die Angebotsplanung ein.

(5) Das in Abs. 1 genannte Entgelt kann regelmäßig an die Entwicklung der Verkehrspreise angepasst werden.

Teil 2
Sicherheit im Radverkehr, Radallianz Bayern

Art. 8
Verkehrssicherheitsprogramm

1Der Freistaat Bayern erarbeitet in einem Verkehrssicherheitsprogramm Empfehlungen für die beteiligten Akteure und schreibt dieses fort. 2Maßnahmen zur Förderung der Verkehrssicherheit im Radverkehr sind darin angemessen zu berücksichtigen.

Art. 9
Schulische Verkehrserziehung

1Im Rahmen des Schulunterrichts ist der Verkehrserziehung besondere Aufmerksamkeit zu widmen. 2Die Grundschulen üben das Fahrradfahren entsprechend der amtlichen Vorgaben und führen in Zusammenarbeit mit der Polizei eine theoretische und praktische Radfahrausbildung durch.

Art. 10
Sicherheit und Leichtigkeit des Radverkehrs

1Die Straßenbaubehörden berücksichtigen bei der Planung, dem Bau und der Unterhaltung ihrer Straßen samt Kreuzungen und Einmündungen die Sicherheit und Leichtigkeit des Radverkehrs. 2Ihnen wird empfohlen, geeignete Lichtsignalanlagen technisch so vorzubereiten, dass auch eine vorrangige oder getrennte Freigabe des Radverkehrs möglich ist.

Art. 11
Fahrradstraßen

Den Straßenbaubehörden wird empfohlen, geeignete Gemeindestraßen, soweit dies für die Leichtigkeit des Radverkehrs zweckmäßig ist und die Belange anderer Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer nicht unverhältnismäßig beeinträchtigt werden, in die Planung des örtlichen Verkehrs so zu integrieren, dass diesen die Funktion einer Fahrradstraße zugewiesen werden kann.

Art. 12
Radallianz Bayern

1Das Staatsministerium kann zur Beratung in Angelegenheiten des Radverkehrs Vertreterinnen und Vertreter der maßgeblichen Akteure und Interessengruppen heranziehen (Radallianz Bayern). 2Die Mitglieder der Radallianz Bayern werden vom Staatsministerium für die Dauer der jeweiligen Legislaturperiode des Landtags berufen. 3Die Mitwirkung erfolgt ehrenamtlich; auf sie besteht kein Rechtsanspruch.

Teil 3
Schlussvorschriften

Art. 13
Finanzierung

1Der Freistaat Bayern unterstützt die kommunalen Gebietskörperschaften bei der Umsetzung dieses Gesetzes. 2Er stellt nach Maßgabe des Staatshaushalts finanzielle Mittel zur Verfügung. 3Subjektive Rechte und klagbare Rechtspositionen werden durch oder auf Grund dieses Gesetzes nicht begründet.

Art. 13a
Änderung weiterer Rechtsvorschriften

(1) Das Bayerische Straßen- und Wegegesetz (BayStrWG) in der in der Bayerischen Rechtssammlung (BayRS 91-1-B) veröffentlichten bereinigten Fassung, das zuletzt durch § 1 des Gesetzes vom 10. Februar 2023 (GVBl. S. 22) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1.Art. 18 Abs. 1 wird wie folgt geändert:

a)Nach Satz 1 wird folgender Satz 2 eingefügt:

2Die besondere Gefährdung des Geh- und Radverkehrs im Straßenverkehr ist bei der Entscheidung zu berücksichtigen, soweit nicht andere überwiegende Belange entgegenstehen.“

b)Der bisherige Satz 2 wird Satz 3.

2.In Art. 18b Abs. 1 Satz 1 wird nach dem Wort „Auto­wracks“ das Wort „ , Zweiradwracks“ eingefügt.

(2) In Art. 81 Abs. 1 Nr. 4 der Bayerischen Bauordnung (BayBO) in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. August 2007 (GVBl. S. 588, BayRS 2132-1-B), die zuletzt durch Gesetz vom 23. Juni 2023 (GVBl. S. 250) geändert worden ist, werden nach dem Wort „Verkehrsinfrastruktur“ die Wörter „ , der Anrechnung von Fahrradstellplätzen auf die Zahl notwendiger Stellplätze“ eingefügt.

Art. 14
Inkrafttreten; Außerkrafttreten

(1) Dieses Gesetz tritt am 1. August 2023 in Kraft.

(2) Art. 13a tritt am 1. Februar 2024 außer Kraft.

München, den 24. Juli 2023

Der Bayerische Ministerpräsident

Dr. Markus Söder